Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 14/06

(BPatG: Beschluss v. 14.02.2007, Az.: 26 W (pat) 14/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Für die Dienstleistungen Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Geldgeschäfte, Immobilienwesen; Bauwesen, Reparaturwesen, Installationsarbeitenist die Wortmarke 304 45 160.6 Bodensee Massivhausangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem Wort "Massivhaus" handele es sich um einen reinen Sachbegriff, nämlich ein Haus, bei dem die stützenden Wände aus Stein oder mineralischen Stoffen errichtet seien. Auch die geografische Angabe "Bodensee" sei als rein beschreibend zu qualifizieren. Namen von Flüssen, Seen oder Bergen, die zwar selbst keine notwendige geografische Herkunftsangabe darstellten, könnten einem Freihaltebedürfnis unterliegen, wenn sie die angrenzenden Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichneten. Dies sei in Bezug auf den Bodensee ebenso wie in der "Chiemsee"-Entscheidung des EuGH zu bejahen (vgl. GRUR 1999, 723, 726). Zudem seien hinsichtlich eines Freihaltebedürfnisses an Ortsangaben nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen, sondern auch künftige Entwicklungen. Die Angabe "Bodensee" bezeichne eine geografische Region, in der es zahlreiche Bauunternehmungen gebe, die Massivhäuser herstellten. Auch die Kombination der Einzelelemente begründe keine Eintragungsfähigkeit, da eine schutzbegründende Verbindung der Bestandteile nicht festzustellen sei.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, der Begriff "Massivhaus" sei keine bloße Beschaffenheitsangabe, sondern drücke einen besonderen Qualitätsanspruch aus. Ein Freihaltebedürfnis an der Ortangabe "Bodensee" bestehe nicht, zumal für diese angebliche Region keine genauen Abgrenzungen bestünden. Zumindest sei die Wortfolge in ihrer Gesamtheit nicht beschreibend, sondern stelle die Kombination zweier nicht miteinander in Zusammenhang stehender Begriffe dar.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke "Massivhaus Bodensee" weist keinerlei Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens aufgefasst zu werden (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2005, 258, 259 - Roximycin). Insbesondere ist die Unterscheidungskraft einer Marke zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann und es sich auch sonst nicht um ein Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 74 m. w. N.).

Bei dem Bestandteil "Bodensee" handelt es sich um eine klar beschreibende geografische Herkunftsangabe, wozu auch Namen von Flüssen und Seen oder Bergen zählen, sofern sie zugleich angrenzende Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichnen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 228 m. w. N.; EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee). Wie sich aus den Recherchen der Markenstelle im Parallelverfahren 26 W (pat) 12/06, die hier unmittelbar herangezogen werden können, ergibt, bezeichnet "Bodensee" nicht nur das Gewässer als solches sondern eine ganze geografische Region. Dass für dieses Gebiet keine genauen Abgrenzungen benannt werden können, trifft nicht zu. Zwar ist die Uferregion des Bodensees in verschiedene Einzelgebiete untergliedert wie z. B. Allgäu, Vorarlberg, Thurgau. die die einzelnen Abschnitte in diesem Gebiet geografisch genauer bezeichnen. Da diese Regionen aber alle im geografischen Gebiet rund um den Bodensee anzusiedeln sind, ist die übergreifende Bezeichnung "Bodensee" trotzdem für einen bestimmten (dann entsprechend größeren und weitläufigeren) geografischen Raum geläufig und üblich. Die Gebietsbezeichnung ist breiten Verkehrskreisen - nicht zuletzt als beliebtes Feriengebiet - auch hinreichend bekannt.

Der Bestandteil "Massivhaus" stellt eine glatt beschreibende Beschaffenheitsangabe und nicht etwa - wie von der Anmelderin angenommen - eine Qualitätsangabe dar, wobei indes auch dies die Annahme einer beschreibenden Bezeichnung nicht hindern würde. Wie sich auch aus der Internet-Recherche der Markenstelle in der Parallelsache 26 W (pat) 12/06 ergibt, bezeichnet der Begriff "Massivhaus" einen bestimmten Bautyp von Häusern, die in herkömmlicher Bautechnik aus Mauerwerk, Natur- oder Kunststein oder Beton von zahlreichen Anbietern errichtet werden. Im Gegensatz dazu stehen sog. Fertighäuser, die aus vorgefertigten Bauelementen montiert werden. Es ist davon auszugehen, dass der beschreibende Bedeutungsgehalt von "Massivhaus" den angesprochenen Verkehrskreisen als feststehende Bauform auch ohne Weiteres geläufig ist.

Auch in ihrer Gesamtheit erscheint die angemeldete Marke nicht schutzfähig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, denn sie geht nicht über die Zusammenfügung der beschreibenden Elemente hinaus, sondern erschöpft sich vielmehr nur in deren Summenwirkung (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD; GRUR Int. 2005, 1012, 1024 - BioID). Die angemeldete Marke "Bodensee Massivhaus" enthält die lediglich beschreibende Gesamtaussage, dass sich die angebotenen Dienstleistungen auf die Errichtung von Massivhäusern in der Bodensee-Region beziehen bzw. in dieser Region (u. U. von einer dort ansässigen Firma, wobei dies aber nicht zwingende Voraussetzung ist) angeboten und durchgeführt werden. Aus der Zusammenstellung beider Begriffe geht diese Sachinformation eindeutig hervor; ob sich daneben noch weitere Begriffsdeutungen ergeben können, ist irrelevant (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 - DOUBLEMINT). Die angesprochenen Verkehrskreise werden daher in der angemeldeten, sprachüblich gebildeten Wortfolge keinen betriebskennzeichnenden Hinweis erkennen.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin trifft der beschreibende Begriffsgehalt auf alle angebotenen Dienstleistungen zu. Es ist ein zunehmender Trend feststellbar, wonach Anbieter komplette Dienstleistungspakete "Rund ums Bauen" offerieren. Dies umfasst neben den "klassischen" Bau-, Reparatur- und Installationsarbeiten etwa auch Grundstücksangebote, die Baufinanzierung, benötigte Versicherungen, Unterstützung bei Behördengängen oder Beantragung finanzieller Mittel (vgl. z. B. unter www.schwaebischehauskonzepte.de/...: "... Unser Angebot umfasst die komplette Dienstleistung "Rund ums Bauen. ..."). Demnach fallen die Dienstleistungen "Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Geldgeschäfte, Immobilienwesen" der vorliegenden Anmeldung ohne Weiteres unter typische Zusatzleistungen eines Baudienstleisters. Die Argumentation der Anmelderin, die betreffenden Dienstleistungen in Bezug auf "Massivhäuser" müssten nicht notwendigerweise aus der Bodensee-Region stammen, führt zu keiner anderen Beurteilung, denn das Dienstleistungsverzeichnis umfasst zwangsläufig auch die Dienstleistungen für diese Region.

Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob für die angemeldete Marke auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist.






BPatG:
Beschluss v. 14.02.2007
Az: 26 W (pat) 14/06


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