Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 153/02

(BPatG: Beschluss v. 01.10.2002, Az.: 33 W (pat) 153/02)

Tenor

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 17. Juli 2000 die Wortmarke Seasonsfür die Waren der Klasse 16

"Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften"

sowie die Dienstleistungen der Klasse 35

"Veranstaltungen von Ausstellungen und Messen"

später präzisiert durch den Zusatz

"zu wirtschaftlichen und Werbezwecken sowie für kulturelle und Unterhaltungszwecke"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Patentamts hat die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG lediglich teilweise beanstandet, nämlich ausdrücklich nur im Umfang der Waren der Klasse 16.

Gleichwohl ist die Anmeldung insgesamt durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß der Markenstelle vom 13. Februar 2002 zurückgewiesen worden.

Die Anmelder haben gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt, in der sie die Nichtbeachtung der Bestimmung des § 37 Abs 5 MarkenG rügen, die Abhilfe der Beschwerde anregen und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen Verfahrensfehlers verlangen.

Daraufhin ist der Beschwerde teilweise abgeholfen worden, indem der Beschluß vom 13. Februar 2002 teilweise, nämlich hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen, durch Beschluß derselben Markenstelle vom 3. April 2002 aufgehoben worden ist.

Die Beschwerdeführer haben vorgetragen, eine Teilabhilfe sei nicht zulässig. Die Teilabhilfe sei auch sinnlos, weil sie nur zu einer Verzögerung des Verfahrens führe. Der Teilaufhebungsbeschluß, durch den die Anmelder weder beschwert noch begünstigt seien, sei rechtlich ohne Konsequenzen. Bei diesem Beschluß handele es sich bloß um eine Stellungnahme der Markenstelle zu der Beschwerde.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Berichterstatter des Senats haben die Anmelder auf die Waren

"Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften"

im Warenverzeichnis verzichtet und erklärt, die Beschwerde habe sich dadurch erledigt.

Die Anmelder beantragen nunmehr nur nochdie Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

II Der Senat hält die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs 3 iVm Abs 4 MarkenG aus Billigkeitsgründen für angebracht.

Die Beschwerde ist in der Hauptsache erledigt.

Soweit die Anmeldung durch Beschluß der Markenstelle vom 13. Februar 2002 auch im Umfang der beanspruchten Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist, beruhte dies zweifellos auf dem schwerwiegenden Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 59 Abs 2 MarkenG), weil die Anmeldung insofern von der Markenstelle zuvor nicht beanstandet worden war.

Der Teilaufhebungsbeschluß vom 3. April 2002 stellt, wie die Markenstelle in den Gründen auch ausgeführt hat, eine teilweise Abhilfe der Beschwerde der Anmelder dar. Sie soll offensichtlich die Zurückweisung der Anmeldung insoweit zurücknehmen, als sie unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen ist.

Der zunächst vertretenen Ansicht der Beschwerdeführer, der Teilabhilfebeschluß sei rechtlich ohne Bedeutung, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Senat erachtet den Teilabhilfebeschluß vielmehr als - die Anmelder begünstigende - rechtswirksame Entscheidung. Er ist weder nichtig noch bloß eine Stellungnahme zu der Beschwerde.

Die Abhilfe ist in einseitigen Verfahren gemäß § 66 Abs 5 Satz 1 und 2 MarkenG geboten, wenn die Markenstelle, deren Beschluß angefochten wird, die Beschwerde für begründet hält. Ebenso wie die Anmeldung im Falle des § 37 Abs 5 MarkenG nur für einen Teil der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zurückgewiesen wird, kann eine Beschwerde teilweise begründet und der angefochtene Beschluß nur insofern aufzuheben sein. Der Senat sieht kein materiellrechtliches Problem darin, daß eine solche Entscheidung grundsätzlich auch im Wege der (teilweisen) Abhilfe durch eine Markenstelle des Patentamts getroffen werden kann. Auch im Abhilfeverfahren nach § 572 Abs 1 ZPO beispielsweise ist eine Teilabhilfe möglich (vgl Thomas/Putzo, ZPO, 24. Auflage 2002, § 572 Rdn 3, 4, 8).

Eine nur teilweise Abhilfe ist zwar im Patenterteilungsverfahren als nicht zulässig angesehen worden (vgl BPatGE 27, 157, 162 f). Die Begründung hierfür, eine nur teilweise Abhilfe führte wegen der grundsätzlichen Unteilbarkeit des Anmeldungsgegenstandes nicht zu einer Beschränkung des Nachprüfungsumfanges der Beschwerde und schlösse auch nicht eine erneute Befassung des Beschwerdegerichts mit den "erledigten" Beschwerdepunkten aus, trifft auf markenrechtliche Anmeldeverfahren jedoch nicht zu. Denn der Beschwerdegegenstand der Markenanmeldung ist hinsichtlich der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen durchaus teilbar (vgl §§ 37 Abs 5, 40 MarkenG). Erfolgt eine Abhilfe gemäß § 66 Abs 5 Satz 1 und 2 MarkenG nur teilweise, reduziert sich der Beschwerdegegenstand auf den verbliebenen Teil der Zurückweisung der Anmeldung, so daß nur noch darüber vom Patentgericht im Beschwerdeverfahren zu entscheiden ist, und zwar ebenso wie wenn die Markenstelle von vornherein nur diesen Teil der Anmeldung zurückgewiesen hätte. Dieser Rechtsansicht des Senats haben sich die Beschwerdeführer mittlerweile angeschlossen, indem sie die Beschwerde - nach Rücknahme der Anmeldung für die Waren der Klasse 16 - nunmehr als erledigt ansehen.

Eine teilweise Abhilfe begegnet aber erheblichen verfahrensrechtlichen Bedenken, obwohl sie grundsätzlich die Rechtswirksamkeit einer solchen Abhilfeentscheidung nicht berührt.

Die Abhilfe dient nicht dazu, den Markenstellen des Patentamts die Gelegenheit zu verschaffen, ihre Einsicht in Fehler ihrer Entscheidungen durch Selbstkorrektur zu demonstrieren. Vielmehr hat das Abhilfeverfahren den Sinn, vom Patentgericht Beschwerden fernzuhalten, deren Begründetheit vom Patentamt auf Grund des Beschwerdevorbringens erkannt wird (vgl BGH GRUR 1985, 919, 920 - Caprolactam; BPatGE 27, 157, 162 f; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Auflage 2000, § 66 Rdn 52). Der gesetzgeberische Zweck der Abhilfe liegt in der Verfahrensökonomie (Althammer/Ströbele, aaO). Diese Verfahrensökonomie wird aber mit einer lediglich teilweisen Abhilfe nicht in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Zielsetzung erreicht, weil die Beschwerde dennoch dem Patentgericht gemäß § 66 Abs 5 Satz 4 iVm Abs 1 MarkenG vorzulegen ist.

Eine teilweise Abhilfe mag zwar unter Umständen wegen der Reduzierung des Beschwerdegegenstandes zu einer gewissen Vereinfachung des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht führen, dieser Effekt rechtfertigt aber nicht eine dadurch verursachte Verzögerung des Verfahrens. Der Gesetzgeber hat die Vorlagefrist im Markengesetz (§ 66 Abs 5 Satz 4 MarkenG, § 66 Abs 6 Satz 4 MarkenG aF) gegenüber der zuvor geltenden Regelung von drei Monaten auf einen Monat verkürzt, um das Beschwerdeverfahren zu beschleunigen. Diese einmonatige Vorlagefrist wird bei einer teilweisen Abhilfe in der Regel nicht eingehalten werden können. So ist im vorliegenden Falle die am 4. März 2002 eingegangene Beschwerde dem Patentgericht erst am 23. April 2002 vorgelegt worden; dies rügen die Beschwerdeführer zu Recht. Wenngleich die sorgfältige Prüfung der Abhilfe durch die Markenstelle durchaus anzuerkennen ist, kommt eine Teilabhilfe jedoch verfahrensrechtlich normalerweise nur ausnahmsweise in Betracht, da eine Verfahrensverzögerung nicht in Kauf genommen werden darf. Im übrigen kann die in einer teilweisen Abhilfeentscheidung erforderliche Abgrenzung der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen neue Rechtsprobleme aufwerfen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht hier der Billigkeit, weil eine nur teilweise Abhilfe in der patent- und markenrechtlichen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 66 Rdn 55 mwN) überwiegend abgelehnt wird und die Beschwerdeführer sich in erster Linie auf Grund der infolge der Teilabhilfeentscheidung ungewiß erscheinenden Rechtslage zur Einlegung der Beschwerde genötigt sahen. Allein wegen der Zurückweisung der Anmeldung lediglich hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 16 hätten die Anmelder wahrscheinlich keine Beschwerde eingelegt, wie der inzwischen erklärte Verzicht auf diese Waren im Warenverzeichnis zeigt.

Winkler Kätkerv. Zglinitzki Cl






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Beschluss v. 01.10.2002
Az: 33 W (pat) 153/02


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