Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Februar 2010
Aktenzeichen: 26 W (pat) 6/09

(BPatG: Beschluss v. 11.02.2010, Az.: 26 W (pat) 6/09)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. August 2006 aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der

"Dienstleistungen eines Internet-Service-Providers, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk sowie Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen hierüber"

zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 28, 35, 38, 41 und 42 bestimmten Wortmarke 304 09 862 freenet iPhonewegen mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und aufgrund eines der Eintragung entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) teilweise zurückgewiesen. Im Umfang der für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 zurückweisenden Entscheidung lasse sich nach Auffassung der Markenstelle dem Anmeldezeichen der beschreibende und freizuhaltende Begriffsinhalt als "Internettelefon(ie) über ein (gebühren-) freies Internet" entnehmen.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Januar 2010 das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen auf die Klasse 38 "Dienstleistungen eines Internet-Service-Providers, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk sowie Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen hierüber" eingeschränkt. Sie verweist darauf, dass der Beschwerde im Hinblick auf die Verkehrsdurchsetzung ihrer Marken 399 61 999 "FREENET" und 399 65 816 "freenet.de" für die vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 38 stattzugeben sei.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts aufzuheben.

Vorsorglich regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof an.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach Beschränkung der Anmeldung auf die verfahrensgegenständlichen, aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Dienstleistungen begründet. Insoweit steht einer Eintragung der angemeldeten Marke "freenet iPhone" keines der Schutzhindernisse der § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenoder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 -Libertel; GRUR 2002, 804, 809 -Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 -BRAVO). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 -URLAUB DIREKT; 2001, 1151, 1152 -marktfrisch). Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung fremdsprachige Begriffe den entsprechenden deutschen gleichzustellen, sofern sie geläufige warenbeschreibende Bezeichnungen darstellen, die von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1047, 1048 -LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).

Für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 38 kann hiernach der angemeldeten Marke die für eine Eintragung hinreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Für die Dienstleistungen "Bereitstellung von Internet-Zugängen" sind die Wortmarken 399 61 999 "FREENET" und 399 65 816 "freenet.de" vom Deutschen Patentund Markenamt als verkehrsdurchgesetzte Marken nach § 8 Abs. 3 MarkenG eingetragen worden (vgl. Anlage 7 zur Beschwerdebegründung). Die Dienstleistungen "Bereitstellung von Internet-Zugängen" weisen zahlreiche Überschneidungen und eine erhebliche Sachnähe zu den verfahrensgegenständlichen "Dienstleistungen eines InternetService-Providers, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk sowie Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen hierüber" auf, so dass entgegen der im angegriffenen Beschluss geäußerten Auffassung der Markenstelle die Verkehrsdurchsetzung der Wortmarken "FREENET" und "freenet.de" bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit des Anmeldezeichens für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen nicht unberücksichtigt bleiben darf. Enthält ein Kombinationszeichen einen im Verkehr durchgesetzten Bestandteil (hier: "freenet"), der -was auf den Streitfall zutrifft -innerhalb des Gesamtzeichens unübersehbar als Betriebskennzeichen hervortritt, so kann dieses eingetragen werden, weil das Kombinationszeichen nicht ausschließlich aus schutzunfähigen Bestandteilen besteht (vgl. BGH GRUR 1983, 243, 245 -BEKA Robusta; Fuchs-Wissemann in HK-MarkenR, 2. Aufl. 2009, § 8 Rn. 68; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 386). Für die Eintragungsfähigkeit ist nicht erforderlich, dass jeder Bestandteil eines angemeldeten Kombinationszeichens durchgesetzt ist. Insoweit können keine weitergehenden Anforderungen gestellt werden als bei Kombinationszeichen, die von vornherein einen unterscheidungskräftigen Bestandteil enthalten. Auch ist nicht erforderlich, dass der durchgesetzte Bestandteil das das Gesamtzeichen beherrschende Element ist, demgegenüber die übrigen Bestandteile völlig zurücktreten. Bei einem aus zwei Worten bestehenden Zeichen, von denen eines im Verkehr durchgesetzt ist, kann in der Regel die Unterscheidungskraft des Zeichens als Ganzes nicht verneint werden (vgl. BGH a. a.O. -BEKA Robusta). Dies trifft auch auf den Streitfall zu.

Der verkehrsdurchgesetzte Bestandteil "freenet" verleiht der angemeldeten Kombinationsmarke im Umfang der verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen darüber hinaus insgesamt einen "schutzbegründenden" Überschuss und führt dazu, dass insoweit auch ein lediglich beschreibender Charakter der angemeldeten Marke, der ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG begründen könnte, ausscheidet (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 337, 386).

Bei dieser Sachlage ist für die von der Anmelderin für den Fall der Zurückweisung ihrer Beschwerde angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kein Raum.

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Lehner Bb






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Beschluss v. 11.02.2010
Az: 26 W (pat) 6/09


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