Oberlandesgericht München:
Urteil vom 2. Februar 2012
Aktenzeichen: 29 U 4176/11

(OLG München: Urteil v. 02.02.2012, Az.: 29 U 4176/11)

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 20.09.2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das vorliegende Urteil und das in Ziffer 1. bezeichnete Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., macht gegen die Beklagte, eine Kraftfahrzeughändlerin, einen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit der nachstehend wiedergegebenen Anzeige aus der S. Zeitung vom 24.07./25.07.2010 (Anlage K 2) wegen Verstoßes gegen die Informationspflichten bezüglich der Überführungskosten geltend.

Das Landgericht hat die Beklagte auf den von der Klägerin in erster Instanz zuletzt gestellten Antrag hin mit Urteil vom 20.09.2011 wie folgt verurteilt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr handelnd in Zeitungsinseraten oder sonst werblich gegenüber Verbrauchern für Kraftfahrzeuge unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis zu werben, wenn die Überführungskosten in dem beworbenen Preis nicht enthalten sind, wenn dies geschieht wie nachfolgend eingelichtet:

[es folgt die Wiedergabe der vorstehend wiedergegebenen Anzeige]

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2011 zu bezahlen.

Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,

das Urteil des Landgerichts München I vom 30.08.2011 - Az.: 33 O 21404/10 zugestellt am 11.10.2011, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 02.02.2012 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Unterlassungsverurteilung gemäß Ziffer I. des Tenors des landgerichtlichen Urteils.

a) Der Unterlassungsantrag (Klageantrag Ziffer I.) - und Entsprechendes gilt für Ziffer I. des Tenors des landgerichtlichen Urteils - ist hinreichend bestimmt.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH GRUR 2011, 936, Rn. 17 - Double-opt-in-Verfahren m.w.N.). Die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags ist in der Regel unproblematisch, wenn der Kläger das Verbot einer Handlung begehrt, so wie sie begangen worden ist (BGH GRUR 2011, 934, Rn. 14 - Original Kanchipur m.w.N.). So verhält es sich insbesondere dann, wenn die Klagepartei - wie im Streitfall - das Verbot einer Werbeanzeige erstrebt und der Unterlassungsantrag eine Kopie dieser Werbeanzeige enthält (BGH GRUR 2009, 1075 Rn, 10 - Betriebsbeobachtung). Wird der beklagten Partei in einem solchen Fall untersagt, erneut mit dem beanstandeten Inserat zu werben, kann für sie nicht zweifelhaft sein, wie sie sich in Zukunft zu verhalten hat (BGH GRUR 2011, 934, Rn. 14 - Original Kanchipur m.w.N.). Vergleichbar liegt der Fall hier. Im Streitfall hat die Klägerin durch die Wendung "wenn dies geschieht wie nachfolgend eingelichtet" deutlich gemacht, dass Gegenstand des Unterlassungsantrags allein die konkrete Verletzungsform gemäß Anlage K 2 ist (vgl. BGH GRUR 2011, 340, Rn. 21 - Irische Butter; BGH GRUR 2011, 742, Rn. 17 - Leistungspakete im Preisvergleich m.w.N.).

Die von der Klägerin hinzugefügten Zusätze ("im geschäftlichen Verkehr handelnd in Zeitungsinseraten oder sonst werblich gegenüber Verbrauchern für Kraftfahrzeuge unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis zu werben, wenn die Überführungskosten in dem beworbenen Preis nicht enthalten sind") können naturgemäß nicht auf ein Klageziel gerichtet sein, das über die konkrete Verletzungsform hinausgeht (vgl. BGH GRUR 2011, 934, Rn. 13 - Original Kanchipur). Sie stellen im Blick auf das von der Klägerin erstrebte Verbot der konkreten Verletzungsform eine ebenso unschädliche wie verzichtbare Überbestimmung des Unterlassungsantrags dar (vgl. BGH GRUR 2011, 934, Rn. 13 - Original Kanchipur). Erweist sich die beanstandete Anzeige aufgrund des vorgetragenen und festgestellten Lebenssachverhalts als wettbewerbswidrig, ist das Verbot auszusprechen, auch wenn nicht die in die abstrakte Umschreibung aufgenommenen, sondern andere Gesichtspunkte die Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH GRUR 2011, 742, Rn. 18 - Leistungspakete im Preisvergleich).

b) Der Klägerin steht der ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3, § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 UWG zu.

aa) Zu Recht hat das Landgericht die Aktivlegitimation der Klägerin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG für den geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG bejaht. Hiergegen werden von der Beklagten in der Berufungsinstanz auch keine spezifischen Einwendungen erhoben.

bb) Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die beanstandete Werbeanzeige gemäß Anlage K 2 als Angebot im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG eingestuft.

(1) Nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Werden Waren unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten u.a. folgende Informationen als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben (vgl. § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG):

der Endpreis oder in Fällen, in denen ein solcher Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Zustellkosten oder in Fällen, in denen diese Kosten nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können.

(2) § 5a Abs. 3 UWG, mit dem Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken ins deutsche Recht umgesetzt wird, ist richtlinienkonform im Sinne der genannten Richtlinie auszulegen. Der in Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG verwendete Ausdruck "Aufforderung zum Kauf" bezeichnet nach Art. 2 Buchst, i) der genannten Richtlinie jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen. Der Ausdruck "den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt; einen Kauf zu tätigen" in Art. 2 Buchst, i) der Richtlinie 2005/29/EG ist dahin auszulegen, dass eine Aufforderung zum Kauf vorliegt, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - C-122/10, Rn. 33, juris - Ving Sverige). Art. 2 Buchst, i) der Richtlinie 2005/29/EG ist ferner dahin auszulegen, dass die Voraussetzung der Angabe des Produktpreises erfüllt sein kann, wenn die kommerzielle Kommunikation einen "ab"-Preis nennt, also den niedrigsten Preis, zu dem das beworbene Produkt oder die beworbenen Produktgruppen erworben werden können, obwohl es das beworbene Produkt oder die beworbenen Produktgruppen zugleich auch in anderen Ausführungen oder mit anderen Merkmalen zu Preisen gibt, die nicht angegeben werden (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - C-122/10, Rn. 41, juris - Ving Sverige). Nur eine nicht restriktive Auslegung des Begriffs der Aufforderung zum Kauf steht mit einem der Ziele der Richtlinie 2005/29/EG in Einklang, nämlich mit dem Ziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen (EuGH, Urt. v. 12.05.2011 - C-122/10, Rn. 29, juris - Ving Sverige). Um die besonderen Informationspflichten gemäß § 5a Abs. 3 UWG auszulösen, müssen nicht alle essentialia negotii vorliegen (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5a, Rn. 30a). Weder ein bindendes Angebot noch auch nur eine invitatio ad offerendum ist erforderlich, um die besonderen Informationspflichten gemäß § 5a Abs. 3 UWG auszulösen (Köhler/Bornkamm aaO § 5a, Rn. 30a; Alexander, WRP 2012, 125, 130).

(3) Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht die beanstandete Werbeanzeige gemäß Anlage K 2 zu Recht als Angebot der Beklagten im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG eingestuft.

Die beanstandete Werbeanzeige gemäß Anlage K 2 informiert den Durchschnittsverbraucher hinreichend über die Merkmale des beworbenen Modells Opel Corsa Limited, das mit detaillierten Angaben (3-türig, mit 1,2 TWINPORT®, ecoFLEX-Motor mit 51 kW (70 PS), MT-5, Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) innerorts/außerorts/kombiniert/CO2-Emission (kombiniert) in g/km: 6,9/4,5/5,3/124) beschrieben wird. Außerdem wird auch ein hinreichend konkreter Preis im Sinne einer Preisuntergrenze genannt. Die Informationspflichten gemäß § 5a Abs. 3 UWG gelten zwar nicht für bloße Imagewerbung; erfasst wird hingegen die Werbung des Händlers, wenn dieser - wie das hier der Fall ist - für konkrete Produkte wirbt (vgl. Köhler/Bornkamm, aaO § 5a, Rn. 30c; Senat, WRP 2012, 230). Die Werbeanzeige gemäß Anlage K 2, in der ausdrücklich von einem bis zum 31.08.2010 gültigen Angebot die Rede ist, ist so konkret gehalten, dass sie dem Durchschnittsverbraucher jedenfalls eine geschäftliche Entscheidung für einen Gattungskauf ("ein Exemplar des Modells Opel Corsa Limited mit den in der Werbeanzeige beschriebenen Eigenschaften ohne weitere Sonderausstattung zum Preis von 8.990,- € zuzüglich Überführungskosten") ermöglicht. Damit liegt ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG vor. An der vorstehenden Beurteilung ändert nichts, dass für den Entschluss zum Kauf eines Pkws vielfach auch weitere Faktoren wie Farbe, sonstige Ausstattung, Fahrverhalten (Probefahrt) o.ä. relevant sein mögen (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.1983 - I ZR 75/81, juris, Rn. 16 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung zu § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV).

(4) Das genannte Angebot ist, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, der Beklagten zuzurechnen.

(a) Maßgeblich für die Frage, ob in der Werbeanzeige eines Händlers, die auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers Bezug nimmt, eine händlerseitige Preisangabe zu erblicken ist oder lediglich eine neutrale Information über den Inhalt einer Hersteller-Preisempfehlung, ist die Auffassung des Verkehrs, wie sie sich anhand des Gesamteindrucks der Anzeige bildet (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.1983 - I ZR 75/81, juris, Rn. 23 - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung). Dabei kommt es auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers an. Regelmäßig sieht dieser in einer Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers eine Preisinformation, die ihm bei der Bildung der Preisvorstellung zustatten kommt und ihn in die Lage versetzt, das Angebot des Händlers in preislicher Hinsicht besser prüfen zu können (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1989 - I ZR 70/87, juris, Rn. 26 - Unverb. Preisempfehlung). Bei einer Anzeige, bei der der Händler die Preisempfehlung des Herstellers in seine Werbeaussage einbezieht, kann allerdings in Betracht kommen, dass der Durchschnittsverbraucher - weil es der Händler ist, der im Zusammenhang mit einer seinen geschäftlichen Interessen dienenden Anzeige eine Preisempfehlung des Herstellers herausstellt - diese Information nicht nur als neutrale, objektive Unterrichtung über die Hersteller-Preisempfehlung ansieht, sondern als eine Preisangabe, die sich der Händler zu Eigen macht (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1989 - I ZR 70/87, juris, Rn. 26 - Unverb. Preisempfehlung m.w.N.). Eine solche Annahme liegt insbesondere dann nahe, wenn der Händler der Hersteller-Preisempfehlung keinen eigenen Preis gegenüberstellt und auch sonst keine Hinweise (wie zum Beispiel Händlerpreis auf Anfrage) auf einen abweichenden Händlerpreis gibt (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1989 -1 ZR 70/87, juris, Rn. 26 - Unverb. Preisempfehlung; Völker in Harte-Henning, UWG, 2. Aufl., § 1 PAngV, Rn. 13).

(b) Zutreffend hat das Landgericht unter Berücksichtigung dieser Grundsätze im Streitfall angenommen, dass die Preisangabe "schon ab 8.990,- €" in der beanstandeten Werbeanzeige in der S. Zeitung vom 24.07./25.07.2010 nach dem Gesamteindruck als ein von der Beklagten selbst angebotener "Grundpreis" zu verstehen ist (UA S. 11 ff. unter I. 2. der Entscheidungsgründe). In der genannten Anzeige ist das Schlagwort "H..." aus der Firmenbezeichnung der Beklagten, einer Kraftfahrzeughändlerin, blickfangmäßig im unteren Teil der Anzeige vor einem orangefarbenen Hintergrund, der den überwiegenden Teil der Anzeige beherrscht, hervorgehoben. Ferner sind die Adressen und Telefonnummern der Zentrale und der Niederlassungen der Beklagten sowie deren Internetadresse www.h...de genannt. Darüber hinaus wird blickfangmäßig ein Preisvorteil von 2.410,- € "nur für kurze Zeit" beworben. In der Fußnote 2 wird hierzu ausgeführt: "Preisvorteil für den Corsa Limited gegenüber dem bisherigen Basismodell Opel Corsa Selection. Angebot gültig bis 31.08.2010". Im Übrigen enthält die Anzeige keinen Hinweis auf einen von der Hersteller-Preisempfehlung abweichenden Händlerpreis und auch keine Gegenüberstellung von Hersteller-Preisempfehlung und Händlerpreis. Aufgrund der genannten Umstände versteht der Durchschnittsverbraucher die genannte Anzeige als eine eigene Händlerwerbung der Beklagten und die Hersteller-Preisempfehlung als eine Preisangabe, die sich die Beklagte zu Eigen macht. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochten Urteil auf Seite 12 - 13 unter I. 2. a) bis g) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Die vorstehenden Feststellungen zum Verkehrs Verständnis kann der Senat selbst treffen. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (vgl. BGH GRUR 2010, 1125, Rn. 50 - Femur-Teil; Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG, Rn 3.10; jeweils m. w. N.). Da die Mitglieder des Senats zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören und im Übrigen durch die ständige Befassung mit - auch im Bereich der Werbung für Kfz-Neufahrzeuge angesiedelten - Wettbewerbsstreitigkeiten besondere Sachkunde bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses besitzen, haben sie das im Streitfall erforderliche Erfahrungswissen, so dass auf die Erholung eines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens hinsichtlich des Verkehrsverständnisses, wie dies die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 21.02.2011, Seite 10 und Seite 13 beantragt hat, verzichtet werden kann (vgl. BGH WRP 2012, 75, Rn. 14 - Zertifizierter Testamentsvollstrecker, BGH GRUR 2006, 937, Rn. 27 - Ichthyol II m. w. N.).

cc) Die Anzeige gemäß Anlage K 2 genügt den Anforderungen gemäß § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG nicht, weil in ihr die Kosten für die Überführung zur Beklagten, die nach dem unbestritten gebliebenen und durch die Anlage K 6 belegten Vorbringen der Klägerin 670,00 € betragen, nicht angegeben werden. Allerdings verlangt § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG - auf diese Vorschrift hat sich die Klägerin in der Klageschrift vom 17.11.2010 ausdrücklich bezogen - ebenso wenig wie Art. 7 Abs. 4 Buchst, c) der Richtlinie 2005/29/EG, dass im Voraus berechenbare Fracht-, Liefer- und Zustellkosten immer in den Endpreis hineingerechnet werden (vgl. Dreyer in Harte-Henning aaO § 5a UWG, Rn. 63). Fracht-, Liefer- und Zustellkosten - hierunter fallen auch die Überführungskosten in Höhe von 670,00 € im Streitfall - müssen jedoch jedenfalls gesondert angegeben werden (vgl. Dreyer in Harte-Henning aaO § 5a UWG, Rn. 63). Das hat die Beklagte in der genannten Anzeige nicht getan.

dd) Ist wie im Streitfall eine Informationspflicht gemäß § 5a Abs. 3 UWG verletzt, steht nach § 5a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2, Abs. 3 UWG fest, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten worden ist (Köhler/Bornkamm aaO § 5a, Rn. 57). Damit steht ebenfalls fest, dass die Verletzung der Informationspflicht zu einer relevanten Fehl Vorstellung führt (BGH GRUR 2010, 852, Rn. 21 - Gallardo Spyder; Köhler/Bornkamm aaO § 5a, Rn. 57). Beim Tatbestand der Irreführung durch Unterlassen nach § 5a Abs. 3 UWG wird unwiderleglich vermutet, dass sich die Informationspflichtverletzung auf die geschäftliche Entscheidung des Kunden auswirken kann (BGH GRUR 2011, 82, Rn. 33 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer).

ee) Der Senat hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV zur Frage der Auslegung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG erwogen, hält ein solches Vorabentscheidungsersuchen aber nicht für veranlasst. Denn die Auslegung von Art, 7 Abs. 4 der genannten Richtlinie ist durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12.05.2011 - C 122/10, juris - Ving Sverige hinreichend geklärt.

c) Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahinstehen, ob der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte außerdem nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 PAngV sowie nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 PAngV zusteht.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte des Weiteren gegen die Zahlungsverurteilung gemäß Ziffer II. des Tenors des landgerichtlichen Urteils. Der Klägerin steht der ausgeurteilte Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkostenpauschale nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Die Höhe der geltend gemachten Pauschale ist unbestritten geblieben.

3. Der Zinsausspruch des Landgerichts hat eine Grundlage in § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

4. Die Kostenentscheidung bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz Nr. 1 ZPO hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.






OLG München:
Urteil v. 02.02.2012
Az: 29 U 4176/11


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