Landgericht Bochum:
Urteil vom 18. Oktober 2012
Aktenzeichen: 17 O 62/10

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt,

es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd, für eine Ai1 QL Luft-Wasser-Wärmepumpe

1.1 zu werben mit der AngabeJahresarbeitszahl 4,2 nach VDI 4560,

und/oder

1.2 zu werben mit der AngabeJahresarbeitszahl bei W35 nach VDI 4650, Beispiel

Essen 4,2, ohne darauf hinzuweisen, dass der Standort Essen zu den Klimaregionen

mit den günstigsten Bedingungen gehört und das Erreichen der Jahresarbeitszahl

standortabhängig ist,

wie zu 1.1 und 1.2 geschehen in dem aus der Anlage K 1 zur Klageschrift vom 14.07.2010 ersichtlichen Prospekt.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 139,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 04.03.2010 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 83 % und der Kläger 17 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch in Bezug auf den Ausspruch zu 1.1 und 1.2 nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 € und im Übrigen nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die Klage ist ganz überwiegend begründet.

I.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er ist ein Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Insoweit folgt dies nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. NJWE-WettbR 1996, 18) aus dem Umstand, dass sämtliche Industrie- und Handelskammern - und damit auch die Industrie- und Handelskammer im mittleren Ruhrgebiet zu Bochum, die u.a. für Herne zuständig ist - Mitglieder des Klägers sind und der örtlichen Industrie- und Handelskammer wiederum Unternehmen auch aus der Branche angehören, in der die Beklagte tätig ist.

II.

Der Kläger kann nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 UWG die Unterlassung der Werbung mit der Jahresarbeitszahl 4,2, wie auf der ersten Seite des Prospekts geschehen, verlangen.

Insoweit richtet sich die Werbung der Beklagten gerade nicht nur an fachkundige Personen aus der Sanitär- und Heizungstechnik, sondern ersichtlich in erster Linie an die Verbraucher, die sich für Wärmepumpen interessieren. Belegt wird diese Ausrichtung der Werbung schon dadurch, dass es unten auf der ersten Seite des ProspektesNutzen Sie das Potenzial der längsten Erfahrung, nicht zuletzt bei unseren langjährigen Partnerinstallateuren in Ihrer Nähe! heißt. Darüber hinaus ist die Werbung ohne Einschränkungen für jedermann im Internet abrufbar.

Das Verständnis der von der Werbung somit angesprochenen Verkehrskreise - zu denen sich auch das Gericht zählt - geht dahin, dass die auf Seite angegebene Jahresarbeitszahl von 4,2 ohne Einschränkungen, d.h. insbesondere ohne Einschränkungen in örtlicher Hinsicht, gilt. Jedenfalls ein relevanter Teil der Verkehrskreise wird wohl die Vorstellung haben, dass diese Jahresarbeitszahl an jedem Ort zu erreichen sei. Dass sich Einschränkungen der Werbeaussage aus anderen Teilen des Prospekts ergeben können, entlastet nicht. Denn die Jahresarbeitszahl von 4,2 ist gut sichtbar auf der ersten Seite platziert, so dass sie von den Teilen des Verkehrs, der sich nicht die Mühe macht, die umfangreichen weiteren Seiten des Prospektes zu studieren, allein wahrgenommen wird und folglich eine isolierte Betrachtung geboten ist.

Die von der Werbeaussage ausgehende Vorstellung ist unzutreffend, weil tatsächlich die Jahresarbeitszahl von 4,2 bei der weit überwiegenden Zahl der Orte in der Bundesrepublik Deutschland nicht erreichbar ist. Die unzutreffende Vorstellung kann auch für die Entschließung der Verbraucher relevant sein. So ist die öffentliche Förderung solcher Anlagen vom Erreichen bestimmter Werte abhängig. Naheliegend ist es daher, dass sich potenzielle Kunden an besonders günstig erscheinenden Werten orientieren, wenn sie Kontakt zu einem bestimmten Anbieter aufnehmen. Umstände, die dazu führen könnten, dass die somit von der Werbung auf ersten Seite des Prospektes ausgehende Irreführung hinzunehmen sein könnte, sind nicht ersichtlich.

III.

Der Kläger kann nach §§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 UWG auch die Unterlassung der Werbung mit der Jahresarbeitszahl 4,2Beispiel Essen, wie auf der vierten Seite des Prospekts geschehen, verlangen.

Das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise richtet sich bei dieser Angabe der Jahresarbeitszahl dahin, dass diese ohne Einschränkungen jedenfalls in Essen erreichbar ist.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Angabe einer Jahresarbeitszahl von 4,2 für das Beispiel Essen nur für die bestehenden Gebäude, die noch nicht nach der EnEV 2002 errichtet sind, zutreffend ist. Damit ist die Angabe auf Seite 4 des Prospektes für alle nach der EnEV 2002 errichteten und für alle noch künftig zu errichtenden Gebäude unzutreffend und damit irreführend. Die Relevanz dieser irreführenden Angaben ist gleichermaßen wie bei der Angabe auf Seite 1 des Prospektes gegeben. Denn gerade Bauherren, die neue Gebäude errichten und damit nach der EnEV 2002 bauen, können durch diese Angabe zu einer Kontaktaufnahme zur Beklagten veranlasst werden. Umstände, die dazu führen könnten, dass die damit von den Angaben auf Seite 4 des Prospektes ausgehende Irreführung hinzunehmen sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen. Dieser hat jedenfalls im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens in der Sitzung vom 18.09.2012 die maßgebenden Fragen sachkundig und nachvollziehbar beantworten können. Er ist den Einwänden, die gegen sein Gutachten vorgebracht worden sind, überzeugend entgegen getreten. Soweit der Kläger einen Rechenfehler aufgezeigt hat, hat der Sachverständige diesen eingeräumt, dabei gleichzeitig nachvollziehbar verdeutlicht, dass dessen Auswirkungen die Aussage des Gutachtens nicht tangieren.

Die Sichtweise der Beklagten, der in der mündlichen Verhandlung vom 18.09.2012 gestellte Hilfsantrag stelle einen anderen Streitgegenstand dar, teilt das Gericht nicht. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Werbung der Beklagten mit der Jahresarbeitszahl 4,2, wie sie auf den Seiten 1 und 4 des Prospektes geschehen ist. Der sich aus § 8 Abs. 1 UWG ergebende Unterlassungsanspruch geht dahin, dass jeweils konkrete Verhalten des Verletzers zu untersagen. Soweit der Kläger der Beklagten zur Werbung auf Seite 4 des Prospektes mit seiner Ausformulierung des Antrages... ohne darauf hinzuweisen, dass ... in der Klageschrift - aber auch im Rahmen des Hilfsantrages - einen Weg aufzeigt, wie die Beklagte nach seiner Auffassung ihre Werbeaussage durch ergänzende Hinweise wettbewerbskonform gestalten kann, ist dies weder erforderlich noch schädlich. Es hat aber bezogen auf den Antrag eine einschränkende Wirkung, weil damit aus dem Kreis der durch den Unterlassungsanspruch potenziell untersagten Werbung eine bestimmte Ausformung, nämlich die Werbung mit der Jahresarbeitszahl 4,2Beispiel Essen bei gleichzeitigem Hinweis, wie er vom Kläger formuliert worden ist, nach dem Willen des Klägers von vornherein ausgenommen wird. Alle anderen denkbaren kerngleichen Ausformungen der Werbung bleiben vom Klageantrag zu 1.2 abgedeckt, was im Übrigen auch für die im Hilfsantrag zum Ausdruck kommende Ausformung gilt.

Da das Gericht somit dem Antrag zu 1.2 in der Form der Klageschrift gefolgt ist, war über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden.

IV.

Der Kläger kann nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 139,10 € verlangen. Ein weitergehender Erstattungsanspruch besteht nicht. Die Abmahnung vom 02.02.2010 war im Hinblick auf die Werbung mit der Jahresarbeitszahl 4,2 nach den obigen Ausführungen berechtigt. Bezüglich der Angaben zum Schalldruckpegel hat der Kläger anlässlich der Klagerücknahme im Schriftsatz vom 08.11.2010 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er zur strittigen Frage des Schalldruckpegels keine Beweisaufnahme wünscht. Insoweit muss der Kläger als beweisfällig angesehen werden, mit der Folge, dass die Berechtigung der Abmahnung insoweit vom Gericht nicht festgestellt werden kann.

Da ausgehend von der Bedeutung der jeweiligen Angaben für die potenziellen Kunden 2/3 des Wertes der Abmahnung auf die Angaben zur Jahresarbeitszahl und 1/3 auf die Angaben zum Schalldruckpegel entfallen, war der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten um ein Drittel zu kürzen.

Die Höhe der für die gesamten Abmahnung pauschal angesetzten Kosten von 208,65 € ist nicht zu beanstanden. Das Gericht kann mit Rücksicht auf die Erfahrung aus einer Vielzahl anderer Verfahren im Rahmen des § 287 ZPO einzuschätzen, dass diese Kosten angemessen sind.

Die Höhe des Zinsanspruchs war auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu kürzen, weil die hier geltend gemachte Forderung im Verhältnis der Parteien auf Schadensersatz und nicht auf eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB gerichtet ist.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 268 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wobei das Gericht insbesondere berücksichtigt hat, dass die durchgeführte Beweisaufnahme sich nicht auf den zurückgenommenen Teil der Klage und nicht auf den Antrag zu 1.1, sondern nur auf den Antrag zu 1.2 bezogen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.






LG Bochum:
Urteil v. 18.10.2012
Az: 17 O 62/10


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