Landgericht Wuppertal:
Urteil vom 16. Oktober 2008
Aktenzeichen: 13 O 26/08

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 05.05.2008 wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist ein gewerblicher Spielvermittler im Sinne des § 3 Nr. 6 des Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Sie fasst ihre Kunden zu sogenannten Lotto-Tipp-Gemeinschaften zusammen, erbringt die hierfür erforderlichen Geschäftsbesorgungsleistungen und bringt die für die Teilnahme am Spiel erhaltenen Entgelte der Teilnehmer gemäß dem GlüStV bei den einzelnen Landeslotteriegesellschaften zur Einweisung. Die Verfügungsklägerin ist auch in Nordrhein-Westfalen aktiv und verfügt hierzu über die Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß § 25 Abs. 2 GlüStV. Die Verfügungsbeklagte veranstaltet als nordrheinwestfälische Landeslotteriegesellschaft unter anderem das Lottospiel "6aus49" und das Zusatzspiel "Super6".

Am 7. April 2008 nahm die seinerzeit 17jährige R über die Annahmestelle B in C an der Lotterie "6aus49" teil. Die Lottoannahmestelle nahm den Lottoschein ohne Nachfrage nach ihrem Alter entgegen. Dies tat auch der seiner minderjährige Herr D, geboren am 17. Juli 1990, in der Annahmestelle der Verfügungsbeklagten auf der G-Straße in N. Mit anwaltlichem Schreiben mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte unter dem 24.04.2008 ab und verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, und für den Fall der Nichtabgabe drohte sie gerichtliche Schritte an (vgl. Bl. 25 Anlageband). Hierauf antwortete die Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 28.04.2008. In diesem Schreiben gaben die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten bekannt, dass sie die Interessen der Verfügungsbeklagten vertreten und fügten eine Vollmacht vom 24.04.2008 bei (vgl. Bl. 57 ff. Anlageband). In dieser Vollmacht heißt es, dass die Verfügungsbeklagte ihren Verfahrensbevollmächtigten Vollmacht erteilt "wegen Abmahnung wegen Verstoßes gegen den GlüStV". Weiter heißt es vorformuliert unter anderem:

"Diese Vollmacht erstreckt sich insbesondere auf folgende Befugnisse:

...

7. Vertretung und Verteidigung in allen gerichtlichen und behördlichen Angelegenheiten in allen Instanzen, ...

9. Entgegennahme von Zustellungen, Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln sowie Verzicht auf solche, Erhebung und Rücknahme von Widerklagen,

..."

Antragsgemäß hat das Gericht der Verfügungsbeklagten durch Beschluss vom 05.05.2008 im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Teilnahme an Lotterieveranstaltungen zuzulassen oder anzubieten, wenn der Spielinteressent Minderjährig ist. Die Verfügungsklägerin hat die Zustellung der einstweiligen Verfügung durch einen Gerichtsvollzieher am 13.05.2008 gegenüber der Verfügungsbeklagten und nicht gegenüber ihren Verfahrensbevollmächtigten bewirkt. Gegen die einstweilige Verfügung hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die einmonatige Vollziehungsfrist sei nicht gewahrt, die Verfügungsklägerin habe entgegen § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung nicht an ihre Verfahrensbevollmächtigten bewirkt.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung ist rechtmäßig. Das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs und -grundes steht außer Streit. Die Verfügungsklägerin hat einen Verfügungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 und 3 GlüStV glaubhaft gemacht. Ein Verfügungsgrund besteht gemäß § 12 Abs. 2 UWG.

Die einstweilige Verfügung ist nicht unwirksam wegen einer zu späten Vollziehung gemäß §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO. Denn die Vollziehungsfrist von einem Monat ist gewahrt. Die Zustellung vom 13.05.2008 gegenüber der Verfügungsbeklagten persönlich ist wirksam. Denn diese Zustellung verstößt nicht gegen § 172 Abs. 1 ZPO. Danach hat eine Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Diese Vorschrift ist auch im einstweiligen Verfügungsverfahren anzuwenden. Es steht zwischen den Beteiligten außer Streit, dass die Bestellung im außergerichtlichen/vorgerichtlichen Streit für sich gerade noch keine Bestellung für das Gerichtsverfahren darstellt (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2001, 1086, 1087). Dies gilt auch dann, wenn der Anspruchsteller gerichtliche Schritte zuvor angedroht hat (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Ferner kann die Bestellung auch allein gegenüber dem Gegner angezeigt werden und muss nicht gegenüber dem Gericht erfolgen (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1986, 587). Das Bestellungsschreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten vom 28. April 2008 nebst der Vollmacht vom 24.04.2008 enthält nicht hinreichend sicher auch die Bestellung im einstweiligen Verfügungsverfahren, sondern beschränkt sich lediglich auf das vorgerichtliche Abmahnverfahren. Zunächst ist dem Schreiben vom 28. April 2008 keine Bestellung für eine gerichtliche Tätigkeit zu entnehmen. Der Hinweis auf die Vertretung der Interessen der Verfügungsbeklagten kann nicht so interpretiert werden. Denn das Schreiben bezieht sich lediglich auf die Abmahnung und enthält keinen weiteren Hinweis auf die Bestellung für ein sich etwaig anschließendes Gerichtsverfahren. Dies durfte die Verfügungsklägerin auch gerade deshalb so interpretieren, weil sie zuvor gerichtliche Schritte angedroht hatte. Aus der Sicht der Verfügungsklägerin wäre zu erwarten gewesen, dass die Verfügungsbeklagte hierauf ausdrücklich eingeht, beispielsweise mit dem Hinweis, für die Zustellung einer einstweiligen Verfügung zustellungsbefugt zu sein.

Die Vollmacht vom 24.04.2008 ist dahingehend zu interpretieren, dass die im Betreff genannte Angelegenheit "wegen Abmahnung wegen Verstoßes gegen den GlüStV" sich auf Grund dieses Wortlauts nur hinreichend sicher auf ein vorgerichtliches Abmahnverfahren bezieht. Andernfalls hätte es nahegelegen, dass die Verfügungsbeklagte die Angelegenheit lediglich mit "Verstoß gegen den GlüStV" festlegt. Nicht erheblich ist der vorformulierte Katalog, worauf sich die Vollmacht insbesondere erstrecken soll. Denn nur im Rahmen des zuvor gesteckten Umfangs kommen diese Befugnisse zum Tragen. Durch die Gestaltung der Vollmacht ist aus Sicht der Verfügungsklägerin nicht hinreichend sicher, dass hier gezielt auch eine Prozessvollmacht erteilt wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Streiwert: 50.000,00 €.






LG Wuppertal:
Urteil v. 16.10.2008
Az: 13 O 26/08


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