Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Februar 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 266/99

(BPatG: Beschluss v. 07.02.2001, Az.: 32 W (pat) 266/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Bezeichnung Cacaocinofür Getränkepulver zur Herstellung von Instant-Kakaogetränken, im wesentlichen bestehend aus Kakaopulver und/oder Milchpulver und/oder Zuckerunter der Nr 395 15 682 in das Register eingetragen worden.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke 2 027 860 Chococinodie ua Schutz genießt für Kakaogetränke, koffeinhaltige, teehaltige und kakaohaltige Getränke; kakaohaltige und schokoladehaltige Getränkepulver; Trinkschokolade.

Die Markenstelle für Klasse 30 hat den Widerspruch mit Beschluß vom 17. Juli 1997 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, trotz teilweise gegebener Warenidentität seien Verwechslungen rechtserheblichen Umfangs auszuschließen. Bereits in klanglicher Hinsicht unterschieden sich die beiderseitigen Wortbildungen "Cacaocino" und "Chococino" hinreichend voneinander, da die Markenwörter insbesondere in den Konsonanten krasse Unterschiede aufwiesen. Demgegenüber könne die Gemeinsamkeit im hinteren Wortbereich - "cino" - eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, da Wortendungen im allgemeinen weniger beachtet würden und der von "Cappuccino" abgeleiteten Endung eine gewisse Originalitäts- und somit Kennzeichnungsschwäche innewohne. Auch im Schriftbild sei die Gefahr von Verwechslungen nicht gegeben, da die Abweichungen in der Buchstabenfolge und -charakteristik am stärker beachteten Wortanfang für eine optisch klare Verschiedenheit im Gesamteindruck sorgten. Zudem wiesen die Vergleichsmarken in dem jeweils ersten Bestandteil einen unterschiedlichen und deutlich hervortretenden Bedeutungsgehalt auf.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat die Markenstelle - besetzt durch eine Beamtin des höheren Dienstes - durch Beschluß vom 23. November 1998 ebenfalls wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe auch nicht die Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden sei ein gemeinsamer Sinngehalt zu verneinen, wenn auch der Verkehr umgangssprachlich "heiße Schokolade" und "heißen Kakao" synonym verwende. Indes sei dieser Sinngehalt rein beschreibend, so daß der Verkehr keinen Anlaß habe, hierin einen Hinweis ausschließlich auf den Betrieb der Widersprechenden zu sehen. Zudem sei die Widerspruchsmarke durch die beschreibende Angabe "Choco" und durch die wie bei "Cappuccino" verwendete kennzeichnungsschwache Endung "-cino" insgesamt kennzeichnungsschwach, so daß bereits geringe Unterschiede ausreichten, um rechtserhebliche Verwechslungen zu verhindern.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie macht geltend, die Vergleichsworte seien klanglich und schriftbildlich verwechselbar. Da "ao" in "Cacao" oft wie "o" ausgesprochen werde, stimmten beide Marken in drei von vier Silben klanglich überein. Die italienisch anmutende Endung "-ocino" sei bei einer deutschen Marke phantasievoll. Auch schriftbildlich bestehe eine Verwechslungsgefahr, da beide Marken mit "-ocino" endeten und am Anfang den Buchstaben "C" aufwiesen. Zudem habe auch die Markenstelle bereits festgestellt, daß der Verkehr umgangssprachlich "heiße Schokolade" und "heißen Kakao" synonym verwende. Selbst wenn unterstellt werde, daß der Sinngehalt beider Marken rein beschreibend sei, handele es sich bei der älteren Marke um eine phantasievolle Zusammenstellung eines beschreibenden Begriffs mit der Endung "-cino". Diese sei von der jüngeren Marke übernommen worden, wobei lediglich der ohnehin nur beschreibende Bestandteil "Choco" und "Cacao" ausgetauscht und die ungewöhnliche Schreibweise mit zwei "C" übernommen worden sei.

Sie beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Widersprechende leite die Verwechslungsgefahr aus einer unzulässigen zergliedernden Betrachtungsweise ab. Demgegenüber sei entscheidend auf die Gesamtbegriffe abzustellen, bei denen eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden könne.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§ 66 Abs 1, 2 und 5 MarkenG), in der Sache jedoch unbegründet, da eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht besteht.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998; 389 "Sabèl/Puma"). Dabei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke (BGH GRUR 1999, 496, 497 "TIFFANY").

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, daß die sich gegenüberstehenden Waren zum Teil identisch sind, so daß grundsätzlich strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind (BGH GRUR 1995, 216, 219 "Oxygenol II"). Demgegenüber ist indes eine erhebliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. "Chococino" enthält die in Verbindung mit den geschützten Waren ohne weiteres erkennbare beschreibende Angabe "Choco" als Kurzform von Schokolade. Die Hinzufügung der Endung "-cino" vermag an der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit nichts zu ändern. Denn außer der Anlehnung an die entsprechende Endung von "Cappuccino" ist dem Verkehr zumindest die Endung "ino" als die der italienischen Sprache entlehnte Verkleinerungsform geläufig, mit der auf eine geringere Größe der Produkte hingewiesen wird.

Darüber hinaus ergibt sich die Kennzeichnungsschwäche auch aus einer Vielzahl von Markeneintragungen, die den Bestandteil "Choco" aufweisen (Marken Lexikon 2000, 1 964 f). Sind in die Zeichenrolle für gleiche oder benachbarte Warengebiete eine Reihe ähnlicher Marken gelangt, ohne daß deren Inhaber gegen weitere Anmeldungen eingeschritten sind, kann dies ein wichtiger Fingerzeig dafür sein, daß es sich um eine naheliegende, verbrauchte Wortbildung von geringer Originalität handelt (BGH GRUR ,1967, 246, 249 "Vitapur"; 1999, 241, 243 "Lions").

Ausgehend von der Warennähe und einer erheblichen Kennzeichnungsschwäche der Gegenmarke reichen die an den erfahrungsgemäß stärker beachteten Wortanfängen befindlichen Unterschiede - "Cacao" gegenüber "Choco" - aus, um schriftbildliche und klangliche Verwechslungen beachtlichen Ausmaßes ausschließen zu können. Denn der Verkehr ist gerade wegen des häufigen Vorkommens von ähnlichen Bezeichnungen im Bereich der Klasse 30 gezwungen, verstärkt auf die Unterschiede zu achten (vgl BGH GRUR 2000, 605, 606 "comtes/ComTel"). Dem Verkehr werden deshalb die Unterschiede in den Wortanfängen nicht entgehen. Diese Abweichungen sorgen für eine ausreichende Unterscheidbarkeit. Auch wenn beide Marken mit "C" beginnen, ist schriftbildlich doch das in "Chococino" folgende "h" gegenüber dem zweiten Buchstaben "a" in "Cacaocino" auffällig und gibt der Widerspruchsmarke in Verbindung mit der Wiederholung des "o" gegenüber "ao" in der jüngeren Marke ein deutlich unterschiedliches Gesamterscheinungsbild. Darüber hinaus sorgen die unterschiedlichen Begriffsgehalte von "Choco" als Abkürzung für Schokolade und von "Cacao" als auf dem vorliegenden Warengebiet durchaus übliche Schreibweise von "Kakao" für eine deutliche Unterscheidungshilfe (vgl BGH GRUR 1992, 132 "BALL/Bally").

Darüber hinaus besteht auch keine klangliche Verwechslungsgefahr. Während die Widerspruchsmarke in ihrem ersten Bestandteil wie "Tschoko" ausgesprochen wird, tritt "Cacao" bei der üblichen Aussprache wie "Kakau" (vgl Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 20. Aufl, S 376) klanglich härter in Erscheinung, so daß trotz der Übereinstimmung in der Endung "cino" und in Anbetracht der unterschiedlichen begrifflichen Anklänge nicht zu befürchten ist, daß die Vergleichsmarken klanglich miteinander verwechselt werden.

Schließlich besteht auch nicht die Gefahr, daß der Verkehr die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen könnte (§ 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbs MarkenG). Diese Bestimmung erfaßt nicht jegliche wie auch immer geartete gedankliche Assoziation (BGH GRUR 1996, 200, 202 "Innovadiclophlont"), sondern entspricht im wesentlichen den bisher zum Warenzeichengesetz entwickelten Grundsätzen der mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens (Amtliche Begründung zum MarkenG, Sonderheft BlPMZ 1994, 65). Bei Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr ist große Zurückhaltung geboten. Sie setzt grundsätzlich voraus, daß der Markeninhaber den Verkehr bereits durch die Benutzung mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken an einen Stammbestandteil gewöhnt hat oder sonstige Umstände bei Konfrontation mit der jüngeren Marke auf die Widersprechende schließen lassen (vgl Althammer/ Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, Rdn 213). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Abgesehen davon, daß die Widersprechende nicht über entsprechend gebildete Serienmarken verfügt, eignet sich das gemeinsame Element "cino" schon wegen seiner Anlehnung an die entsprechende Endung in "Cappuccino" nicht als Stammbestandteil mit Hinweischarakter gerade auf die Widersprechende.

Soweit die Widersprechende eine gedankliche Brücke daraus herleiten will, daß der Verkehr die Begriffe "heiße Schokolade" und "heißer Kakao" synonym verwendet, läßt sich hieraus eine gedankliche Verbindung im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbs MarkenG ebenfalls nicht herleiten. Abgesehen davon, daß unter diese Bestimmung nicht jegliche wie auch immer geartete gedankliche Assoziation fällt, tritt diese begriffliche Brücke nicht so deutlich hervor, daß der Verkehr sie ohne weiteres zwanglos erkennen und dadurch die Zeichen aus der Erinnerung heraus verwechseln könnte. Zudem läßt sich eine gedankliche Verbindung nicht aus schutzunfähigen Bestandteilen wie "Choco" herleiten (vgl BPatG GRUR 1989, 825, 826 "MARILUND/Merryland").

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Eine Kostenauferlegung ist nach der Sach- und Rechtslage nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Sekretarukbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 07.02.2001
Az: 32 W (pat) 266/99


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