Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Dezember 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 313/02

(BPatG: Beschluss v. 18.12.2002, Az.: 7 W (pat) 313/02)

Tenor

Auf den Einspruch wird das Patent beschränkt aufrechterhalten mit den am 18. Dezember 2002 überreichten Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 7, Beschreibung, 2 Seiten Zeichnungen).

Gründe

I Gegen die am 7. Februar 2002 veröffentlichte Erteilung des Patents 199 61 017 mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Steuern von Druckmedium, insbesondere für Lenkungen von Kraftfahrzeugen"

ist am 20. März 2002 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, daß der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende beruft sich auf den Stand der Technik gemäß den deutschen Patentschriften 197 54 011 (Entgegenhaltung 5, kurz E5) und 196 50 476 (E6), im weiteren Verfahren noch auf den gemäß der deutschen Offenlegungsschrift 44 46 123 (E7). Sie macht geltend, daß dieser Stand der Technik den Gegenstand des angefochtenen Patents zumindest nahe lege.

Sie stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin, die in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 7 sowie eine neue Beschreibung (Spalten 1 bis 4 der Patentschrift mit handschriftlichen Korrekturen und Beiblatt 1) und zwei Blatt Zeichnungen (Figuren 1 und 2) vorgelegt hat, stellt den Antrag, den Einspruch zurückzuweisen und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den am 18. Dezember 2002 überreichten Patentansprüchen 1 bis 7 mit Beschreibung und 2 Blatt Zeichnungen (Figuren 1 und 2).

Sie vertritt die Auffassung, daß der Patentgegenstand in der verteidigten Fassung gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Steuern von Druckmedium, insbesondere für Lenkungen von Kraftfahrzeugen, mit einer Servopumpe, die aus einem Druckmittelbehälter Druckmedium zu einem Lenkventil fördert, das mit einem Lenkhandrad in Wirkverbindung steht, einer Rücklaufleitung zum Druckmittelbehälter und einem Servomotor, der über zwei mit jeweils einem Dämpfungsventil versehene Leitungen mit dem Lenkventil verbunden ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t, daß ein regelbares Ventil zwischen dem Lenkventil und dem Servomotor integriert ist und mit den zwei Dämpfungsventilen so in Wirkverbindung steht, daß eine parameterabhängige Dämpfung dargestellt werden kann."

Zum Wortlaut der Ansprüche 2 bis 7, die auf Merkmale gerichtet sind, mit denen die Vorrichtung zum Steuern von Druckmedium nach Anspruch 1 weiter ausgebildet werden soll, wird auf die Akte verwiesen.

II Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 2 PatG in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des Geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.

Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der geltenden Fassung eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

Die Patentansprüche sind zulässig, denn ihre Merkmale sind ursprünglich offenbart und erweitern auch nicht den Schutzbereich des erteilten Patents. Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 gehen aus dem erteilten Anspruch 1 in Verbindung mit dem beschriebenen Ausführungsbeispiel hervor (Patentschrift Fig. 1 und Beschreibung Sp 3 Z 4 bis 9). Die Merkmale der geltenden Ansprüche 2 bis 6 entsprechen inhaltlich denen der erteilten Ansprüche 2 bis 6 mit der Maßgabe, daß sie nunmehr - gemäß Ausführungsbeispiel - auf zwei Dämpfungsventile gerichtet sind. Der geltende Anspruch 7 entspricht dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 8.

Die Änderungen in der Beschreibung sind ebenfalls zulässig, denn sie betreffen im wesentlichen die Einfügung einer Würdigung des im Einspruchsverfahren neu hinzugekommenen druckschriftlichen Standes der Technik und die Streichung der Figuren 3 und 4 mit zugehörigen Beschreibungsteilen.

Die Vorrichtung zum Steuern von Druckmedium für Lenkungen gemäß dem geltenden Anspruch 1 von Fahrzeugen ist neu. Keine der Entgegenhaltungen offenbart ein zwischen einem Lenkventil und einem Servomotor integriertes regelbares Ventil, das mit dem Dämpfungsventil in jeder der beiden Leitungen zwischen Lenkventil und Servomotor im Sinne einer parameterabhängigen Steuerung der Dämpfung zusammenwirkt.

Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Vorrichtung zum Steuern von Druckmedium bei Fahrzeuglenkungen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 umfaßt unstreitig Komponenten, die bereits in jeder der entgegengehaltenen Druckschriften DE 197 54 011 C1 (E5), DE 196 50 476 C1 (E6) und DE 44 46 123 A1 (E7) beschrieben sind, ua eine Servopumpe, die aus einem Vorratsbehälter Druckmedium zu einem mit dem Lenkrad wirkverbundenen Lenk- bzw. Servoventil fördert, welches über zwei Leitungen an einem Servomotor angeschlossen ist, wobei in jeder dieser Leitungen ein Dämpfungsventil angeordnet ist (Fig. 1 und zugehörige Beschreibungsteile).

Aufgabengemäß sollen derartige Vorrichtungen dahingehend fortentwickelt werden, daß von außen auf den Servomotor einwirkende Störgrößen bzw. Störeinflüsse (beispielsweise Reifenunwuchten, Fahrbahnunebenheiten) so gedämpft werden, daß sie der Fahrer nicht mehr wahrnehmen kann (geltende Beschreibung bzw. Patentschrift Sp 1 Z 49 bis 53 iVm Z 45,46).

Im Kern schlägt der geltende Patentanspruch zur Lösung dieser Aufgabe vor, eine parameterabhängige Dämpfungseinstellung dadurch zu ermöglichen, daß mittels eines (einzigen) regelbaren Ventils, das zwischen dem Lenkventil und dem Servomotor integriert ist, jedem Dämpfungsventil ein mehr oder weniger großer Volumenstrom an Druckmedium zuführbar ist (Patentschrift Sp 2 Z 8 bis 17).

Der Fachmann, hier ein Maschinenbauingenieur, der auf dem Gebiet hydraulischer Lenksysteme mehrjährige Entwicklungserfahrung besitzt, erhält zur diesbezüglichen Lehre des Patentanspruchs 1 keine Anregungen aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik.

Zwar offenbaren die Entgegenhaltungen E5 und E7 bereits Lösungen der dem angefochtenen Patent zugrundeliegenden Aufgabe (E5 Sp 1 Z 59 bis 62 u Sp 7 Z 57 bis 67; E7 Titelseite u Sp 5 Z 3 bis 12). Diese Lösungen, die unstreitig auch schon eine parameterabhängige Dämpfungseinstellung erlauben (E5 Sp 2 Z 4 bis 8; E7 Sp 5 Z 9 bis 23), unterscheiden sich jedoch konzeptionell vom Gegenstand des geltenden Anspruchs 1. Bei den bekannten Lenkvorrichtungen sind nämlich jedes Dämpfungs- oder Drosselventil für sich (E5 Anspruch 1 u Sp 7 Z 23 bis 25; E7 Fig. 1 Steuerschieber 6', 14') oder ggf. zwei Drosselventile gemeinsam (E7 Anspruch 4 u Fig. 2 iVm Sp 5 Z 3 bis 9) elektromagnetisch verstellbar ausgebildet und zur parameterabhängigen Verstellung unmittelbar von einer elektrischen Steuervorrichtung ansteuerbar. Gemäß der streitgegenständlichen Lehre wird dagegen ein separates Regelventil in den hydraulischen Kreis zwischen dem Lenkventil und dem Servomotor eingesetzt, das - wie vom Fachmann im Anspruch 1 gedanklich mitgelesen wird - von einer Steuereinrichtung ansteuerbar ist und parameterabhängig jeweils Druckmedienströme einstellt, die den beiden Dämpfungsventilen aufgeschaltet werden. Diese Dämpfungsventile können daher relativ einfach, d.h. ohne zusätzliche, elektrisch ansteuerbare Verstelleinrichtungen gestaltet sein. Die Entgegenhaltungen 5 und 7 offenbaren keine Gedanken in diese konzeptionelle Richtung.

Die Lenkvorrichtung nach der DE 196 50 476 C1 (E6) liegt weiter ab vom Patentgegenstand als die vorstehend gewürdigten Entgegenhaltungen, denn die Dämpfungsventile sind dort als Drosselventile mit temperaturabhängig arbeitenden Federanordnungen (Bimetallfedern, Federn aus Formgedächtnislegierungen) ausgebildet, um die Änderung der Viskosität des Hydraulikmediums in Abhängigkeit der Temperatur zu kompensieren.

Die im Verfahren vor der Patenterteilung berücksichtigten, auf der Titelseite der Patentschrift genannten Druckschriften waren schon im Prüfungsverfahren als nicht patenthindernd beurteilt worden. Sie haben im Einspruchsverfahren keine Rolle mehr gespielt.

Der Patentgegenstand in der eingeschränkten Fassung des geltenden Anspruchs 1 ist nach alledem rechtsbeständig.

Gleiches gilt für die Gegenstände der geltenden Patentansprüche 2 bis 7, die auf die weitere Ausgestaltungen der Steuervorrichtung nach Patentanspruch 1 gerichtet sind und von deren Patentfähigkeit mitgetragen werden.

Dr. Schnegg Eberhard Dr. Pösentrup Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 18.12.2002
Az: 7 W (pat) 313/02


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