Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 6. Januar 2003
Aktenzeichen: 2 Wx 39/02

(OLG Köln: Beschluss v. 06.01.2003, Az.: 2 Wx 39/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung des Oberlandesgerichts Köln geht es um die Abberufung eines Nachtragsliquidators. Der Beschwerdeführer, der Beteiligte zu 1, wurde 1995 als Nachtragsliquidator für eine insolvente GmbH bestellt. Das Registergericht hatte zuvor das Konkursverfahren eingestellt und die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen. Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten mehrfach die Abberufung des Beteiligten zu 1, da sie Pflichtverletzungen und Versäumnisse bei der Abwicklung der Gesellschaft befürchteten. Das Registergericht forderte den Beteiligten zu 1 mehrfach zur Stellungnahme auf, doch er reagierte nicht.

Das Amtsgericht Köln hob daraufhin die Bestellung des Beteiligten zu 1 als Nachtragsliquidator auf. Das Landgericht Köln bestätigte diese Entscheidung und wies die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurück. Der Beteiligte zu 1 legte daraufhin sofortige weitere Beschwerde beim Oberlandesgericht Köln ein.

Das Oberlandesgericht entschied, dass die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 zulässig, jedoch unbegründet ist. Es wurde festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 aufgrund seines Verhaltens nicht mehr geeignet ist, das Amt des Nachtragsliquidators ordnungsgemäß auszuführen. Obwohl noch keine konkreten Nachteile für die Gesellschaft entstanden waren, bestand die Befürchtung, dass der Beteiligte zu 1 die Abwicklung der Gesellschaft nicht mehr mit der nötigen Sorgfalt und Zuverlässigkeit durchführen würde. Das Landgericht hatte jedoch unrechtmäßig festgestellt, dass der Beteiligte zu 1 geschäftsunfähig sei, da dies nicht ausreichend geprüft wurde.

Das Oberlandesgericht wies die weitere Beschwerde daher zurück und bestätigte die Abberufung des Beteiligten zu 1 als Nachtragsliquidator. Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass gegebenenfalls ein neuer Abwickler bestellt werden muss, falls weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind. Die Kosten des Verfahrens und die Auslagen der Beteiligten zu 2 und 3 wurden dem Beteiligten zu 1 auferlegt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig und hat einen Streitwert von 3.000 EUR.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Beschluss v. 06.01.2003, Az: 2 Wx 39/02


Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteilig-ten zu 1) vom 2. Oktober 2002 gegen den Beschluß der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 13. September 2002 - 89 T 16/02 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens sowie die den Betei-ligten zu 2) und 3) entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1.

Im Handelsregister war seit dem 29. März 1985 unter HR B xxx die Firma J. Wohn- und Gewerbebau GmbH eingetragen. Am 21. Januar 1986 erfolgte von Amts wegen die Eintragung der Löschung dieser Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit in das Handelsregister. Durch Beschluß vom 13. März 1986 (Bl. 28 d.GA.) ist der Beteiligte zu 1) zum Nachtragsliquidator der gelöschten Firma mit dem Aufgabenbereich "Abwicklungsmaßnahmen für die gelöschte GmbH" bestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6. August 1986 (Bl. 34 d.GA.) hat die Notarin Dr. L. beantragt, die Abberufung des Beteiligten zu 1) als Liquidator, die Fortsetzung der Gesellschaft, die Änderung der Firma in "W. Wohn- und Gewerbebau GmbH" sowie die Bestellung des Beteiligten zu 1) als Geschäftsführer in das Handelsregister einzutragen. Entsprechende Eintragungen sind am 8. September 1986 vorgenommen worden.

Nachdem durch Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 15. Oktober 1993 - 73 N 490/92 - (Bl. 97 d.GA.) zunächst die Eröffnung des Konkursverfahrens gemäß § 107 KO abgewiesen und durch Beschluß vom 29. November 1994 - 73 N 7/94 - (Bl. 114 d.GA.) das Konkursverfahren gemäß § 204 KO mangels einer die weiteren Verfahrenskosten deckenden Massen eingestellt worden ist, hat das Registergericht unter dem 22. Mai 1995 die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit in das Handelsregister eingetragen. Auf Antrag des Beteiligten zu 1) und seiner Ehefrau vom 12. Juni 1995 hat das Registergericht mit einem nicht näher begründeten Beschluß vom selben Tage (Bl. 123 d.GA.) die Nachtragsliquidation angeordnet und den Beteiligten zu 1) zum Nachtragsliquidator bestellt.

Mit Schriftsätzen vom 23. Februar 1999 (Bl. 135 ff. d.GA.), 18. April 1999 (Bl. 139 ff. d.GA.), 18. August 1999 (Bl. 143 ff. d.GA.), 26. März 2002 (Bl. 151 ff. d.GA.) und 22. Juli 2002 (Bl. 157 ff. d.GA.) haben der Beteiligten zu 2) bzw. der Beteiligte zu 3) die Abberufung des Beteiligten zu 1) als Nachtragsliquidator beantragt. Seit dem Jahre 1999 hat das Registergericht bei dem Beteiligten zu 1) wiederholt angefragt, ob die Nachtragsliquidation zwischenzeitlich beendet sei oder welche Aktivitäten noch erfolgten. Nachdem die Anfragen unbeantwortet geblieben sind, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 21. August 2002 (Bl. 164 d.GA.) den Beteiligten zu 1) als Nachtragsliquidator abberufen. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Juli 2001 (16 Wx 58/01) ausgeführt, der Beteiligte zu 1) sei geschäftsunfähig und nicht in der Lage das Amt eines Nachtragsliquidators weiter auszuüben. Ferner bestehe für eine Fortführung der Nachtragsliquidation durch den Beteiligten zu 1) keinen Anlaß, weil dieser trotz Aufforderung des Gerichts nicht geantwortet und dargelegt habe, daß überhaupt noch Liquidationstätigkeiten ausgeübt werden.

Diese nicht zugestellte Entscheidung hat der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 31. August 2002 (Bl. 165 ff. d.GA.) unter anderem mit der Begründung angegriffen, es "bedürfe einer Nachtragsliquidation um ihn und seine Familie zu schützen". Durch Beschluß vom 13. September 2002 - 89 T 16/02 - hat die Kammer für Handelssachen des Landgerichts diese Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese am 18. September 2002 (Bl. 183 d.GA.) zugestellte Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1) mit der am 2. Oktober 2002 per Fax bei Gericht eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde vom selben Tage (Bl. 186 d.GA.). Er rügt, das Landgericht habe zu Unrecht seine Geschäftsunfähigkeit angenommen. Die Tätigkeit als Nachtragsliquidator sei noch nicht beendet. Der GmbH stünden noch "etliche Forderungen zu, die er einzutreiben versuche".

2.

a)

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist zulässig; sie ist insbesondere in rechter Frist erhoben worden (§§ 29 Abs. 4, 22 Abs. 1 FGG). Statthaft ist hier gemäß § 29 Abs. 2 FGG die fristgebundene sofortige weitere Beschwerde, da gegen die Entscheidung des Amtsgerichts die sofortige Beschwerde (§§ 148 Abs. 1 i.V.m. §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 2 Satz 1 FGG bzw. § 273 Abs. 5 AktG entsprechend) gegeben ist (vgl. KG, NJW 1957, 1722 [1723] zu § 2 Abs. 3 LöschG a.F.; OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 101 [102]; OLG Schleswig, NJW-RR 2000, 769 [770] = FGPrax 2000, 73; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Auflage 1999, § 141a Rn 16 m.w.N.; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Auflage 2000, § 66 Rn 39 für die Anfechtung der Bestellung; Rowedder/Rasner, GmbH, 3. Auflage 1997, Anh nach § 60 Rn 21 für die Anfechtung der Bestellung; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Auflage 2002, § 66 Rn 23, 55). Der Beteiligte zu 1) ist auch zur Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde befugt (§§ 29 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG), da er als abberufener Nachtragsliquidator unmittelbar betroffen und seine Erstbeschwerde verworfen worden ist (§ 20 Abs. 1 FGG; vgl. allgemein: OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 101 [102); Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Auflage 2000, § 66 Rn. 11; Michalski/Nerlich, GmbHG, 2002, § 66 Rn 69; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 66 Rn 47 i.V.m. Rn 23)).

b)

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis auf keiner Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO) beruht.

aa)

Rechtliche Bedenken begegnen allerdings die Ausführungen des Landgerichts zu der "ersichtlichen Amtsunfähigkeit" des Beteiligten zu 1). Zwar kann eine natürliche Person nur zum (Nachtrags-)Liquidator einer GmbH bestellt werden, wenn sie unbeschränkt geschäftsfähig ist (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 66 Rn 5), so daß eine später eintretende Geschäftsunfähigkeit eines bereits bestellten (Nachtrags-)Liquidators ohne weiteres zur Beendigung seines Amtes führt (vgl. allgemein: BayObLG BB 1987, 1625 [1627]; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 66 Rn 5, 26). Geschäftsunfähigkeit ist gegeben, wenn sich ein Beteiligter in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet (§ 104 Nr. 2 BGB). Dabei ist neben den Fähigkeiten des Verstandes vor allem auch die Freiheit des Willensentschlusses von Bedeutung. Es kommt darauf an, ob eine freie Entscheidung auf Grund einer Abwägung des Für und Wider, eine sachliche Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil der Betroffene fremden Willenseinflüssen unterliegt oder die Willensbildung von unkontrollierten Trieben und Vorstellungen ähnlich mechanischen Verknüpfungen von Ursache und Wirkung bestimmt wird (vgl. z.B. BayObLGZ 1986, 338 [339] m.w.N.; BayObLG, NJW 1989, 1628).

Im allgemeinen ist indes im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein volljähriger Beteiligter so lange als geschäftsfähig anzusehen, als nicht das Gegenteil feststeht (vgl. z.B. BayObLGZ 1966, 261 [263] m.w.N.). Die objektiven Tatsachen, die die Annahme einer Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigen, hat im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit das Tatsachengericht (Amtsgericht und Landgericht) unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 12 FGG) festzustellen. Hier ergibt die Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung, daß das Landgericht in diesem Punkt den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend erforscht und damit gegen § 12 FGG verstoßen hat. Die Kammer hat sich bei der Feststellung der von ihr angenommenen Geschäftsunfähigkeit vornehmlich auf eine Entscheidung des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Juli 2001 (16 Wx 58/01) gestützt. In diesem Beschluß hat indes der 16. Zivilsenat zu der Frage der Geschäftsfähigkeit des Beteiligten zu 1) zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Nachtragsliquidators nicht Stellung genommen; er ist vielmehr ohne weitere Ermittlungen und ohne sachverständige Beratung ausschließlich auf der Grundlage einer von dem Beteiligten zu 1) in dem dortigen Verfahren verfaßten Beschwerdeschrift vom "22.02.20001" zu der Überzeugung gelangt, daß der hiesige Beteiligte zu 1) für das dortige Verfahren nicht die notwendige Prozeßfähigkeit besitzt. Soweit sich die Kammer auf die in dem vorliegenden Verfahren am 31. August 2002 zu den Akten gereichte Beschwerdeschrift gestützt hat, fehlen jegliche Feststellungen dazu, aus welchen Umständen die Kammer ihre Folgerungen hinsichtlich der Geschäftsunfähigkeit zieht.

bb)

Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Abberufung des Beteiligten zu 1) als Nachtragsliquidator sind indes nach den rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts aus einem anderen Gesichtspunkt erfüllt.

Das Amtsgericht hat den Beschwerdeführer nach Einstellung des Konkursverfahrens mangels einer die weiteren Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 204 KO a.F.) und der damit verbundenen Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister (§ 2 LöschG a.F.) mit Beschluß vom 12. Juni 1995 in analoger Anwendung des § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG (vgl. hierzu allgemein: Senat, GmbHR 1993, 823 [824]; BGHZ 53, 264 [268] = NJW 1970, 1044 [1045]; BGH, NJW 1979, 1987; BGH, NJW 1989, 220; BayObLG, BB 1984, 446 [447]; OLG Hamm, GmbHR 1997, 75 [76]; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1990, 100; OLG Stuttgart, GmbHR 1995, 595; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 60 Rn 64; Michalski/Nerlich, a.a.O., § 66 Rn 91 f.; Rowedder/Rasner, GmbHG, 3. Auflage 1997, Anh nach § 60 Rn 20) zur Durchführung noch notwendiger nachträglicher Abwicklungsmaßnahmen zum Nachtragsliquidator bestellt. Ob zum damaligen Zeitpunkt überhaupt die Voraussetzungen für eine Bestellung eines Nachtragsliquidators vorlagen, insbesondere ob die Notwendigkeit von Abwicklungsmaßnahmen konkret glaubhaft gemacht worden sind (vgl. hierzu z.B.: BayObLG, BB 1984, 446 [447]; OLG Hamm, OLGZ 1991, 13 [19]; Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Auflage 1997, § 36 Rn 36; MüKo/Hüffer, AktG, 2001, § 273 Rn 37 ff.), bedarf hier keiner weiteren Nachprüfung durch den Senat, da auf jeden Fall die Voraussetzungen für seine Abberufung gegeben sind.

Die Abberufung richtet sich nach § 66 Abs. 3 Satz 1 GmbHG. Der außerordentliche Abberufung nach dieser Vorschrift unterliegt auch der durch das Registergericht für eine Gesellschaft in entsprechender Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG bestellte Nachtragsliquidator. Die Vorschriften über die Liquidation finden entsprechende Anwendung, da die Nachtragsliquidation als eine Fortsetzung der Abwicklung zu betrachten ist (Hachenburg/Hohner, a.a.O., § 74 Rn 39). Nach § 66 Abs. 3 Satz 1 GmbHG kann die Abberufung durch das Gericht unter denselben Voraussetzungen wie die Bestellung stattfinden. Mithin kann ein in entsprechender Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG bestellter Nachtragsabwickler abberufen werden, wenn ein wichtigter Grund dies notwendig macht. Ein solcher wichtiger Grund besteht zum Beispiel bei der Gefahr eines Interessenwiderstreits oder dem Abschluß eigennütziger, schädlicher Geschäfte bzw. bei begründetem Mißtrauen gegenüber der notwendigen Unparteilichkeit (vgl. allgemein: BayObLG, BB 1987, 1625 {1627]; OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 101 [102]; Scholz, K. Schmidt, a.a.O., § 66 Rn 45). Auch ein Verhalten eines Nachtragsliquidators, das dieser zur Zeit seiner Amtsausführung zeigte, kann eine Abberufung erforderlich machen (BayObLG, NJW 1955, 1678; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 66 Rn 45), wobei ein Verschulden des Abzuberufenden nicht erforderlich ist. Maßgeblich ist allein, ob ohne das Eingreifen des Gerichts ein ordnungsgemäßer, reibungsloser und ungestörter Ablauf der Abwicklung ohne Benachteiligung nicht mehr gewährleistet und somit der Abwicklungszweck, die Vollbeendigung der Gesellschaft, gefährdet ist (BayObLG, BayObLGR 1996, 26 m.w.N.).

Die Würdigung der rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachen dahin, daß vorliegend zumindest aus diesem Grunde die Voraussetzungen für eine Abberufung des Beteiligten zu 1) als Abwickler gegeben sind, hält einer Überprüfung durch den Senat stand. Insoweit obliegt zunächst allein dem Tatrichter, die einzelnen Tatumstände festzustellen, die für das Vorliegen eines solchen Grundes sprechen. Ob sie in ihrer Gesamtheit oder bereits im einzelnen die Merkmale für eine Abberufung erfüllen, ist eine Rechtsfrage und unterliegt daher der vollen Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (Senat, a.a.O.; BayObLG GmbHR 1987, 306 [307]; BayObLG, GmbHR 1996, 129 [130]). Durch die Bestellung eines Nachtragsliquidators in entsprechender Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG soll dem konkreten Abwicklungsbedarf bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten Gesellschaft Rechnung getragen werden, der auch wegen nichtvermögensrechtlichen Abwicklungsmaßnahmen entstehen kann, z.B. bei der Ausstellung von Arbeitszeugnissen, der Zustellung von Steuerbescheiden, der Herausgabebewilligung für hinterlegte Gegenstände, der Vornahme von Registeranmeldungen oder der Mitwirkung bei der Löschung von Grundpfandrechten (Hachenburg/Hohner, a.a.O., § 74 Rn 32; Michalski/Nerlich, a.a.O., § 66 Rn 91 f.; Rowedder/Rasner, a.a.O., Anh nach § 60 Rn 20 jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung). Zur ordnungsgemäßen Abwicklung im Interesse der Gesellschaft ist die Bestellung einer unparteiischen, fachlich geeigneten und zuverlässigen Person erforderlich (vgl. allgemein: MüKo/Hüffer, a.a.O., § 273 Rn 38).

Zutreffend ist das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht davon ausgegangen, daß diese Voraussetzungen in der Person des Beteiligten zu 1) nicht (mehr) gegeben sind, so daß ein Einschreiten des Gerichts geboten war, wobei konkrete Nachteile für die Gesellschaft noch nicht eingetreten sein müssen (vgl. allgemein: Michalski/Nerlich, a.a.O., § 66 Rn. 41). Mehrfach ist von den Beteiligten zu 2) und 3) die Abberufung des Beteiligten zu 1) wegen vorgetragener Pflichtverletzungen beantragt worden. Diese Schreiben sind dem Nachtragsliquidator jeweils von dem Gericht zur Kenntnis gebracht worden, ohne daß er jemals den Vorwürfen entgegengetreten ist. Eine entsprechende, klärende Reaktion hätte sich indes schon deshalb angeboten, da von den Antragstellern im Zusammenhang mit der Amtsführung des Abwicklers ganz erhebliche Vorwürfe erhoben worden sind, die möglicherweise ein Einschreiten des Registergerichts bedingten. Ab Ende 1999 hat das Amtsgericht zudem den Beteiligten zu 1) mehrfach, teilweise mit Fristsetzung, um Mitteilung gebeten, ob die Nachtragsliquidation zwischenzeitlich beendet ist bzw. welche Abwicklungstätigkeiten noch notwendig sind. Auch diese gerichtlichen Anfragen hat der Beteiligte zu 1) über mehrere Jahre hinweg unbeantwortet gelassen und somit wegen der fehlenden Auskünfte dem Registergericht die Prüfung erschwert, ob noch die Voraussetzungen für die mit Beschluß vom 12. Juni 1995 erfolgte Anordnung gegeben waren. Dieses Verhalten des gerichtlich bestellten Nachtragsliquidators rechtfertigt die Befürchtung, der Beteiligte zu 1) übe die Aufgaben des Abwicklers nicht mit der gebotenen Sorgfalt aus und besitze für die Tätigkeit als Abwickler nicht (mehr) die notwendige Zuverlässigkeit, um im Interesse der Gesellschaft die Gewähr für einen ordnungsgemäßen, reibungslosen und ungestörten Ablauf der Abwicklung mit dem Ziel der Vollbeendigung zu bieten.

Das neue tatsächliche Vorbringen des Beteiligten zu 1) kann in dem Verfahren der weiteren Beschwerde nicht berücksichtigt werden. Die weitere Beschwerde im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist eine Rechtsbeschwerde (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO n.F.), und das Rechtsbeschwerdegericht ist hier nach den §§ 27 Abs. 1 FGG, 559 ZPO n.F. an den von dem Tatrichter festgestellten Sachverhalt gebunden, sofern nicht mit einer zulässigen und begründeten Rüge ein Rechtsfehler bei dieser Tatsachenfeststellung beanstandet wird. Neue Tatsachen können daher im Rechtsbeschwerdeverfahren weder von den Verfahrensbeteiligten noch durch das Gericht eingeführt werden (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, a.a.O., § 27 Rn 43 m.w.N.). Unberücksichtigt bleiben muß deshalb insbesondere der umfangreiche, vornehmlich andere, frühere Verfahren betreffende Vortrag des Beteiligten zu 1) in seinem Schreiben vom 18. Dezember 2002, unabhängig davon ob das Schreiben überhaupt den Anforderungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 FGG genügt.

Nur ergänzend weist der Senat den Beteiligten zu 1) darauf hin, daß Gegenstand des vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahrens ausschließlich die mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten vom 2. Oktober 2002 gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 13. September 2002 erhobene weitere Beschwerde ist. Insoweit sind die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt worden. Die Entscheidung des Landgerichts vom 13. November 2002 über die von dem Beteiligten zu 1) mit Schreiben vom 2. Oktober 2002, vom 26. Oktober 2002 und 28. "September" 2002 gestellten Anträge ist - ausweislich der dem Senat vorgelegten Akten - nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen worden.

Vorsorglich weist der Senat das Registergericht darauf hin, daß für den Fall, daß sich weitere Abwicklungsmaßnahmen für die wegen Vermögenslosigkeit gelöschte GmbH konkret als nötig erweisen, gegebenenfalls ein neuer, geeigneter Abwickler bestellt werden muß.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde:

3.000 EUR (gemäß §§ 30 Abs. 2 Satz 1, 131 Abs. 2 KostO)

Zugleich wird der Streitwert für das Verfahren der Erstbeschwerde entsprechend auf 3.000,00 EUR abgeändert. Der Senat sieht es als sachdienlich an, das Landgericht nochmals darauf hinzuweisen, daß für die Festsetzung des Geschäftswerts einer Beschwerde gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO das Gericht zuständig ist, das die Entscheidung in der Sache trifft, und damit im Verfahren vor der Kammer für Handelssachen die Kammer in der Besetzung mit drei Mitgliedern, nicht dagegen der Vorsitzende der Kammer allein. Die Bestimmung des § 349 Abs. 1 Nr. 11 ZPO, nach der über den Wert des Streitgegenstandes der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen allein entscheidet, ist im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar (vgl. Senat, Beschluß vom 11. Dezember 2002, 2 Wx 37/02; BayObLGZ 1988, 248 [258 f.]; BayObLG, MDR 1990, 634 f.; BayObLG, JurBüro 1996, 267 f.; Hartmann, Kostengesetze, 31. Auflage 2002, § 31 KostO, Rn 10).






OLG Köln:
Beschluss v. 06.01.2003
Az: 2 Wx 39/02


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