Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 197/01

(BPatG: Beschluss v. 05.06.2002, Az.: 32 W (pat) 197/01)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. August 2000 und vom 10. Mai 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für Speiseeisist die dreidimensionale Markesiehe Abb. 1 am Ende Die Markenstelle für Klasse 30 Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft in zwei Beschlüssen, wovon einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie weisen darauf hin, dass hinsichtlich der Unterscheidungskraft bei 3D-Marken, die die Form der Ware darstellen, keine strengeren Anforderungen als bei anderen Markenformen gestellt werden dürfen. Im Bereich der Waffeleise gebe es keine besondere Warenvielfalt, sondern nur klassische Hörnchen, Sandwichwaffeln und halbkreisförmige Waffeln. Die Dreiecksform sei deshalb signifikant. Ein Freihaltebedürfnis bestehe ohnehin nicht.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der Marke steht weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) noch das einer Bezeichnung iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus um das Schutzhindernis zu überwinden (st Rspr; vgl BGH BlPMZ 2001, 215 - Omega). Bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, lassen die tatsächlich auf dem Markt vorhandenen Gestaltungsformen einen Schluss darauf zu, ob der Verkehr der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft entnimmt. Die Marke weist drei Merkmale auf: Einen Schokoladenüberzug mit Nuss- oder Mandelstücken an zwei Seiten, eine abgerundete Waffelseite und die Dreiecksform.

Ein Teilüberzug mit Schokolade und Nusssplittern findet sich bei folgenden Produkten: "Schöller Manhattan Sandwich", "Langnese Winner Taco", "Eisbär Minitos", "Eismann Taco", "Typ Minitacos" und "Eismann Minitaco". Bei den Produkten "Langnese Winner Taco" und "Eismann Taco" ist der Schokoladenüberzug auf den Rand des Produkts wie bei der angemeldeten Marke beschränkt.

Eine abgerundete Waffelseite findet sich bei den Produkten "Eismann Taco", "Eismann Minitaco", "Typ Minitacos", "Eisbär Minitos" und "Langnese Winner Taco". Die Tatsache, dass diese Gestaltungsmerkmale von vielen Anbietern verwendet werden schließt es aus, dass der Verkehr insoweit einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht. Diese Ausführungen gelten jedoch nicht für die Dreiecksform. Diese ist nicht feststellbar; es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Verkehr - zumindest in Kombination mit den weiteren Merkmalen - einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft entnimmt. Dies auch deshalb, weil die Anmelder mit der angemeldeten Marke umfangreich auf dem Markt präsent sind. Sie haben vorgetragen, dass seit 2000 jährlich pro Jahr 25 Millionen Stück der gegenständlichen dreidimensionalen Form, dh über 6 Millionen Viererpackungen verkauft wurden. Damit ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass auch der hier gegenständlichen dreidimensionalen Marke von nicht unbeträchtlichen Teilen des Verkehrs ein Herkunftshinweis entnommen wird.

Die Marke besteht auch nicht ausschließlich aus Zeichen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Eine Warenabbildung kann ohne weiteres zur Bezeichnung der Art der Ware dienen. Da dies "ausschließlich" sein muss, besteht ein Schutzhindernis nur insoweit, als dies die Ware an sich betrifft. Warengestaltungen, die nicht das funktionale oder ästhetische Erscheinungsbild der Ware als solches betreffen, sondern eine hiermit in keinem inneren Zusammenhang stehende, also hiervon gleichsam losgelöste Form aufweisen, gehen über diesen, dem Schutzhindernis zugrunde liegenden bezeichnenden (= beschreibenden) Charakter hinaus. Daneben handelt es sich - auch wenn man das Schutzhindernis im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl zB BGH WRP 2001, 269, 273 - Rado Uhr) sehr weit auslegt auch um ein Zeichen, dem Markenschutz von Hause aus zukommen kann. Vergleicht man das Eisangebot verschiedener Jahre, so kann man herstellerunabhängig feststellen, dass für jedes Jahr eine neue Eiskarte erstellt wird. Dies liegt nicht nur an der geänderten Preisgestaltung, sondern auch daran, dass Eisformen hinzu kommen oder auch eingestellt werden. Dies rechtfertigt die Annahme, dass es sich - von den Klassikern, wie Hörnchen und Sandwichwaffeln abgesehen - um kurzlebige Formgebungen handelt.

Winkler Sekretaruk Klante Fa Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/32W(pat)197-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 05.06.2002
Az: 32 W (pat) 197/01


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