Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. September 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 88/04

(BPatG: Beschluss v. 16.09.2004, Az.: 25 W (pat) 88/04)

Tenor

Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Markenabteilung 3.1. des DPMA vom 28. April 2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Markenabteilung 3.1. des DPMA zurückverwiesen.

Gründe

I.

Der Inhaber der angegriffenen Marke und Antragssteller begehrt mit der Beschwerde die Aufhebung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses der Markenabteilung 3.1. des DPMA vom 28. April 2004 und Neufestsetzung der von der Widersprechenden, der G... AG, als Kostenschulderin zu er- stattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens. Dieser waren aufgrund der rechtskräftigen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 vom 21. Februar 2003 und 27. Oktober 2003 die Kosten des Verfahrens mit der Begründung auferlegt worden, dass sie bereits bei Widerspruchserhebung aufgrund der Übertragung der Marke auf die Rechtsnachfolgerin, die "e... AG"in H..., und der schon be- antragten Umschreibung nicht mehr widerspruchsberechtigt gewesen sei und der Widerspruch deshalb erkennbar unzulässig und aussichtslos gewesen sei.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 3. Februar 2004 Festsetzung der von der Widersprechenden, der "G... AG", als Kostenschuldnerin zu erstattenden Kosten in Höhe von 1189, 46 EURO beantragt, ausgehend von einem Gegenstandswert von 30000, - EURO. Die Markenabteilung 3.1. hat mit Beschluss vom 28. April 2004 gegen die - unzutreffend als Widersprechende bezeichnete - e... AG als Kostenschuldnerin die dem Inhaber der angegriffenen Marke zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß § 63 Abs 3 MarkenG auf 446, 02 EURO festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Im einzelnen hat sie als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 10 000,- EURO und eines wegen des zusätzlichen Erinnerungsverfahrens erhöhten Aufwandes wie folgt festgesetzt -10/10 Geschäftsgebühr § 118(1) Nr 1 BRAGO 364,50 EURO

-Postauslagen § 26 BRAGO 20,00 EURO 384,50 EURO

-Mehrwertsteuer 16% 61,52 EURO 446,02 EURO Dieser Beschluss ist am 5. Mai 2004 mittels Empfangsbekenntnis dem Verfahrensbevollmächtigten der e... AG, der zugleich auch Verfahrensbevollmäch- tigter der Widersprechenden, der G... AG ist, zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde insoweit, als er geltend macht, dass aufgrund der Besonderheiten des Falles - abweichend vom Regelwert 10 000,- EURO - der Kostenberechnung ein Gegenstandswert von 30 000,- EURO zugrunde zu legen sei. Die Erhöhung sei geboten, da es sich bei der von der Widersprechenden angegriffenen Marke nicht nur um eine bereits in Benutzung genommene Marke handele, sondern diese auch als Firmenschlagwort verwendet und zudem Basismarke für eine - von ihrem Bestand abhängige - IR Marke darstelle mit der Folge, dass ihre Löschung auch den Verlust des Markenschutzes im Ausland bedeutet hätte. Schon wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Markenschutzes in nicht weniger als sieben europäischen Staaten sei deshalb vorliegend in Abweichung vom Regelwert ein Gegenstandswert von mindestens 30 000,- EURO angemessen. Mithin berechne sich der festzusetzende Betrag wie folgt:

-10/10 Geschäftsgebühr § 118(1) Nr 1 BRAGO 758,000 EURO

-Postauslagen § 26 BRAGO 20,00 EURO

-Mehrwertsteuer 16% 214,48 EURO 902,48 EURO Hilfsweise werde darauf aufmerksam gemacht, dass auch bei einer Bemessungsgrundlage von 10 000,- EURO der auf DM 364,50 EURO festgesetzte Betrag tatsächlich 486,00 betrage, so dass sich ein Gesamtbetrag von 586, 96 EURO ergebe.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. April 2004 aufzuheben und die zu erstattenden Kosten für das Widerspruchsverfahren aufgrund der rechtskräftigen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 vom 21. Februar 2003 und 27. Oktober 2003 gemäß § 63 Abs 3 MarkenG gegen die G... AG als Kostenschuldnerin auf 902,48 EURO festzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

II.

Die nach § 63 Abs 3 Satz 3 MarkenG zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

1) Der angefochtene Beschluss ist bereits deshalb aufzuheben, weil er als Kostenschuldnerin die am Widerspruchverfahren nicht beteiligte Rechtsnachfolgerin der Widersprechenden, die e... AG, aufführt und auch ihrem Verfahrens- bevollmächtigten zugestellt worden ist, obwohl bis zum Abschluss des Widerspruchs- und Kostenfestsetzungsverfahren Beteiligte des Verfahrens lediglich die Widersprechende, die G... AG, war. Der Vertreter des In- habers der angegriffenen Marke hatte zudem zutreffend auch seinen Kostenfestsetzungsantrag gegen die G... AG als Kostenschuldnerin und nicht gegen die nicht verfahrensbeteiligte e... AG gerichtet. Der Umstand, dass letztere schon bereits zu Beginn des Widerspruchverfahren materiellberechtigte Markeninhaberin war und zudem im Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung bereits die Umschreibung im Markenregister vollzogen war, führt zu keiner abweichenden Beurteilung der hier maßgeblichen Frage, wer tatsächlich Beteiligter und Kostenschuldner des Kostenfestsetzungsverfahren war.

Auch kommt es vorliegend insoweit nicht auf die Frage an, ob im Falle einer vollzogenen Umschreibung einer an den Rechtsnachfolger übertragenen Marke der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu folgen ist, wonach der Rechtsübergang einer Marke während eines anhängigen Verfahrens nicht ohne Einfluss auf die Verfahrensbeteiligung ist und § 265 Abs 2 Satz 1 ZPO entsprechend Anwendung findet, mithin der bisher beteiligte Rechtsinhaber unabhängig von der materiellen Rechtslage auch weiterhin als gesetzlicher Prozessstandschafter Beteiligter des Verfahrens bleibt, solange nicht der neuen Rechtsinhaber das Verfahren übernimmt (vgl grundlegend BGH GRUR 1998, 940 - Sanopharm; aA Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 28 Rdn 24).

Denn die e... AG war bereits von Beginn des Widerspruchverfahrens an ma- teriell berechtigte Markeninhaberin und hatte einen Umschreibungsantrag gestellt, so dass kein Fall einer (nach Rechtshängigkeit eingetretenen) Rechtsnachfolge im Sinne des § 265 ZPO vorlag. Deshalb konnte nur die Widersprechende und verfahrensbeteiligte G... AG richtige Kostenschuldnerin sein, unabhängig davon, dass ein Wechsel des Kostenschuldners auch deshalb ausgeschlossen war, weil das der Kostenfestsetzung zugrunde liegende Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen war und im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich keine Sachprüfung oder Änderung des zugrundeliegenden Erstattungstitels erfolgen darf und allein darauf abzustellen ist, wer danach Kostenschuldner ist. Da auch keine vollstreckbare Ausfertigung gegen die e... AG als Rechtsnachfolgerin beantragt worden war (§ 63 Abs 3 Satz 5 MarkenG iVm §§ 795, 727 ZPO) und der Antrag auf Kostenfestsetzung auch ausdrücklich und zutreffend gegenüber der G... AG geltend gemacht worden war, bestand auch aus sonstigen Gründen kein Anlass, die e... AG als Kostenschuldnerin im angefochtenen Beschluss aufzuführen. Der angefochtene Beschluss war bereits aus diesem Grund als verfahrensfehlerhaft aufzuheben.

2) Die dem Antragssteller zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens werden deshalb gegenüber der richtigen Kostenschulderin, der G... ... AG, neu festzusetzen sein, wobei der Antragssteller auch zutreffend darauf hinweist, dass auch die aus einem Gegenstandswert von 10 000,- EURO errechnete 10/10 Geschäftsgebühr nach § 118 Abs 1 Nr 1 BRAGO (DM 364,50 EURO) sich rechnerisch als unzutreffend erweist.

Der Senat sieht sich mangels Beteiligung der richtigen Kostenschulderin am bisherigen Verfahren gehindert, dem weiteren Antrag auf konkrete Festsetzung der Kosten zu entsprechen und verweist deshalb das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers an das DPMA zurück. Insoweit sieht der Senat sich ohne vorherige Anhörung und Beteiligung der richtigen Kostenschuldnerin auch gehindert, endgültig die Höhe des vorliegend zugrunde zu legenden Gegenstandswert zu bestimmen. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, insbesondere im Hinblick auf die tatsächliche Benutzung der angegriffenen Marke und ihre wirtschaftliche Bedeutung als Basismarke für eine - gemäß Art. 6 Abs 3 MMA noch von ihrem Bestand abhängige - IR Marke mit Markenschutz in nicht weniger als sieben europäischen Staaten, in Abweichung vom Regelwert (vgl BPatG GRUR 1999, 64 - Gegenstandswert für Widerspruchverfahren) die Festsetzung eines erhöhten Gegenstandswerts gerechtfertigt erscheint, der dem wirtschaftlichen Interesse des Markeninhabers an dem Bestand der Eintragung der angegriffenen Marke entspricht. Insoweit wird auch auf die bisherige Rechtsprechung des BPatG verwiesen, wonach unter Berücksichtigung des Einzelfalles erhöhte Streitwerte festgesetzt worden sind (vgl zB PAVIS PROMA, Brandt, 32 W (pat) 284/01 - Streitwert im Widerspruchs-Beschwerdeverfahren von 25 000,- EURO, PAVIS PROMA, Brandt, 30 W (pat) 056/01 - Streitwert im Löschungsverfahren von 15 000,- EURO, PAVIS PROMA, Knoll, 29 W (pat) 375/98 - Streitwert im Widerspruchs-Beschwerdeverfahren von 25 000,- DM, PAVIS PROMA, Püschel, 24 W (pat) 240/03 - Streitwert im Löschungsverfahren von 25 000,- EURO, PAVIS PROMA, Kliems, 33 W (pat) 124/97 - Streitwert im Löschungsverfahren 100 000,- DM, PAVIS PROMA, Kliems, 26 W (pat) 016/02 - Streitwert im Löschungsverfahren 50 000,- EURO).

Die Kosten werden deshalb unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats von der Markenstelle neu gegenüber der Widersprechenden als der richtigen Kostenschulderin festzusetzen sein (§ 63 Abs 3 Satz 2 MarkenG iVm § 572 Abs 3 ZPO, § 11 Abs 2 Satz 4 RPflG).

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