Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 4. April 2007
Aktenzeichen: 4 A 74.07

(VG Berlin: Urteil v. 04.04.2007, Az.: 4 A 74.07)

Tenor

Nummer 4 Halbsatz 2 (€Aufwendungen werden nicht erstattet€) des Tenors des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2006 des Widerspruchsausschusses beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet zu entscheiden, dass er den Klägern die Kosten ihrer Vertretung im Widerspruchsverfahren zu erstatten hat.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen eine Kostenentscheidung und streben Kostenerstattung an.

Der Beklagte übertrug mit Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 23. Juni 2005 ein Grundstück an eine 27-teilige Erbengemeinschaft, darunter drei in ihrer Zusammensetzung unbekannten Erbengemeinschaften, zurück, das 1947 im Eigentum einer ungeteilten Erbengemeinschaft gestanden hatte, zu der u.a. Hanna (Johanna) K . gehört hatte. Für ihre unbekannten Erben sowie für die von Paul K . hatte das Amtsgericht Charlottenburg 1999 Günter J . zum Nachlasspfleger bestellt. Er ist Rechtsanwalt. Im Dezember 1999 hatte er sich zu dem Rückübertragungsverfahren gemeldet. Am 30. Juni 2005 bestätigte er den Empfang des Bescheids vom 23. Juni 2005.

Am Montag, dem 25. Juli 2005, erhob er Widerspruch gegen den Bescheid in Bezug auf die Rückübertragung an die Erbengemeinschaft nach einem früheren Eigentümer. Er rügte, dass die Kläger in dem Bescheid nicht als Berechtigte aufgeführt seien, obgleich die Erblasserin in der Begründung erwähnt sei. Zudem bewirkte er beim Amtsgericht die Präzisierung seiner Bestellung dahin, dass sich die Nachlasspflegschaft nur auf 14/84 des Nachlasses Johanna K . erstreckt. Die Frist zur Stellung des Vergütungsantrags verlängerte es bis drei Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft.

Der Beklagte lehnte es ab, dem Widerspruch abzuhelfen, weil er mit Verweis auf § 2a VermG meinte, die Erbgänge nach Johann K . seien teilweise geklärt und die nicht geklärten würden durch die Nachlasspflegschaften abgedeckt. Der Nachlasspfleger erhielt den Widerspruch nach Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Beklagten aufrecht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2006 des Widerspruchsausschusses beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen gab der Beklagte dem Widerspruch der Kläger statt (Tenor Nr. 1) und änderte den die Rückübertragung anordnenden Tenor zu Nr. 1 dahin, dass er die Benennung der rückübertragungsberechtigten Erbengemeinschaft änderte und die Kläger hinsichtlich eines 14/84 Anteiles am Nachlass von Johanna K . ausdrücklich aufführte (Tenor Nr. 2). Mit Nr. 3 des Widerspruchsbescheids wies er den Widerspruch im Übrigen zurück. Nummer 4 des Tenors lautet: €Das Verfahren ist kostenfrei; Aufwendungen werden nicht erstattet.€ In der Begründung heißt es, dass die Kostenentscheidung auf § 38 VermG beruhe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Widerspruchsbescheids wird auf die von den Klägern zur Akte gereichte Ablichtung davon (Bl. 5 bis 8 d. A.) verwiesen.

Die Kläger haben am 5. Oktober 2006 Klage erhoben und machen geltend: Anwaltliche Vertretung sei im Widerspruchsverfahren erforderlich gewesen, da jeder anwaltlichen Rechtsrat eingeholt hätte. Dem Nachlasspfleger stehe gegen sie ein Aufwendungsersatzanspruch zu. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Seiten 2 f. der Klageschrift (Bl. 2 f. d. A.) sowie die Schriftsätze vom 9. Januar 2007 (Bl. 19 bis 22 d. A.) und vom 6. März 2007 (Bl. 26 d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

dem Beklagten die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, der Klageantrag sei verfehlt. Der Bestellungsurkunde sei nicht zu entnehmen, dass der Wirkungskreis auch die Vertretung im Verwaltungsverfahren erfasse. Die Vergütung für die Tätigkeit des Nachlasspflegers erfolge aus dem Nachlass. Mit dem gesetzlichen Vergütungs- und Aufwendungsersatz gemäß § 1835 f. BGB werde die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren abgegolten. Ein zusätzlicher Erstattungsanspruch führte zu einer Doppelvergütung. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sei nicht notwendig gewesen, weil die Kläger bereits durch einen Pfleger vertreten gewesen seien. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 28. November 2006 (Bl. 14 d. A.) und vom 19. Februar 2007 (Bl. 25 d. A.) verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die den Rückübertragungsbescheid betreffenden Verwaltungsvorgänge sowie der Widerspruchsvorgang W-3001/06 haben vorgelegen.

Gründe

A. Infolge des Einverständnisses der Beteiligten hat gemäß den §§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen.

Das Gericht versteht den Wortlaut des Klageantrags dahin (§ 88 VwGO), dass

Nummer 4 Halbsatz 2 des Tenors des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2006 des Widerspruchsausschusses beim Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen aufgehoben und der Beklagte verpflichtet wird zu entscheiden, dass er ihnen die Kosten ihrer Vertretung im Widerspruchsverfahren zu erstatten hat.

In diese Richtung ist der berechtigte Einwand des Beklagten gegangen, dem sich die Kläger nicht widersetzt haben. Die Klagebegründung bestätigt dieses Verständnis und gibt insbesondere keinen Anhalt dafür, dass die Kläger die im ersten Halbsatz des Tenors zu Nr. 4 wiederholte Regelung des § 38 Abs. 1 VermG in Frage stellen wollen, wonach das Verwaltungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens kostenfrei ist.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zutreffenderweise auf eine Teilregelung des Widerspruchsbescheids beschränkte Klage ist zulässig, insbesondere besteht für die Kläger ein Rechtsschutzinteresse, an dem es allerdings fehlen könnte, wenn ihnen offensichtlich keine Kosten der Vertretung im Widerspruchsverfahren entstanden sind etwa weil etwaige Ersatzansprüche des Nachlasspflegers infolge Zeitablaufs erloschen sind (z. B. nach § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB). Mit Blick auf die Verlängerungsentscheidung des Amtsgerichts kann von einem offensichtlichen Erlöschen keine Rede sein.

B. Die Klage ist begründet, weil es der Beklagte unter Verletzung eines entsprechenden Anspruchs der Kläger unterließ zu entscheiden, dass er ihnen die Kosten ihrer Vertretung im Widerspruchsverfahren zu erstatten hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid ist in dem hier nur fraglichen Umfang rechtswidrig. Denn nach § 38 Abs. 2 Satz 3 VermG ist bei der Entscheidung zur Sache über die Tragung der Kosten mitzuentscheiden. Dazu gehört im Falle eines Widerspruchsverfahrens, in dem die Widerspruchsführer vertreten waren, ob und inwieweit die dadurch entstandenen Aufwendungen erstattet werden. Dies unterließ der Beklagte. Der Tenor zu Nr. 4 scheint nur eine umfassende Regelung der Kostenfragen zu sein. Tatsächlich übersah der Beklagte die Notwendigkeit der hier streitigen Regelung.

Dieses Unterlassen verletzt die Kläger in ihrem Anspruch nach § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG, der sich auch ohne ausdrückliche Regelung in der Norm gegen den Beklagten als den Rechtsträger der Behörde richtet, die den angefochtenen Verwaltungsakt erließ.

1. Der Anspruch setzt voraus, dass der Widerspruch begründet war. Das ist hier ohne Einschränkung der Fall. Zwar vermittelt der Widerspruchsbescheid den Eindruck, dass der Widerspruch über die Aufführung der Kläger in der Liste der Mitglieder der rückübertragungsberechtigten Erbengemeinschaft hinausging. Doch zeigt das Vorbringen im Widerspruchsverfahren, das die Kläger nichts anderes begehrten als ihnen der Widerspruchsbescheid zusprach.

2. Den Klägern sind Kosten ihrer Vertretung im Widerspruchsverfahren entstanden.

a. Die Kläger waren in dem Widerspruchsverfahren durch den Nachlasspfleger vertreten. Es trifft zwar zu, dass sich aus der Bestellungsurkunde nicht ergibt, dass der Wirkungskreis die Vertretung der Kläger im Verwaltungsverfahren erfasst. Indes versteht sich das eingedenk der gesetzlichen Zweckbestimmung eines Nachlasspflegers in § 1960 Abs. 1 Satz 1 BGB von selbst und bedurfte keiner ausdrücklichen Erwähnung. Anerkanntermaßen ist der Nachlasspfleger der gesetzliche Vertreter des endgültigen Erben für dessen vermögensrechtliche Verhältnisse. Er vertritt ihn etwa bei der Geltendmachung von Vermögensrechten (vgl. Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 4. Aufl. 1995, § 38 IV 4 b, Seite 937, und § 38 IV 4 f, Seite 939 f.). Das umfasst ohne weiteres ein Verwaltungsverfahren nach dem Vermögensgesetz. Für eine Beschränkung auf das Verwaltungsverfahren bis zum Erlass des Ausgangsbescheids gibt es keinen tragfähigen Grund. Vielmehr erstreckt sich die gesetzliche Vertretungsbefugnis auch auf ein Widerspruchsverfahren. Angemerkt sei, dass dies auch die Auffassung des Widerspruchsausschusses gewesen sein muss, anderenfalls dem Widerspruch nicht hätte stattgegeben werden dürfen.

b. Für die Vertretung im Widerspruchsverfahren durch den Nachlasspfleger sind den Klägern Kosten entstanden, wie auch der Beklagte anerkennt, wenn er geltend macht, die Vergütung des Nachlasspflegers erfolge aus dem Nachlass, also einem Teil des Vermögens der Kläger. In die gleiche Richtung geht der Einwand des Beklagten, dass mit dem gesetzlichen Vergütungs- und Aufwendungsersatz gemäß § 1835 f. BGB die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren abgegolten werde. Genau um diesen Aufwendungsersatzanspruch geht es hier mittelbar. Haben die Kläger nämlich nach § 1835 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB dem Nachlasspfleger für seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren Aufwendungsersatz zu leisten, dann sind ihnen in Höhe dieses Ersatzanspruchs Kosten ihrer Vertretung im Widerspruchsverfahren entstanden, deren Erstattung auf Grund des § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG in Betracht kommt. Diese Erstattung ist nicht € wie wohl der Beklagte fürchtet - doppelte Vergütung des Rechtsanwalts, sondern deckt den Aufwand der Kläger für die (einfache/erstmalige/einzige) Vergütung.

Dem Nachlasspfleger steht ein solcher Ersatzanspruch zu. § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB verweist für die Pflegschaften, mithin auch die Nachlasspflegschaft, auf die für die Vormundschaft geltenden Vorschriften. Zu diesen gehören die §§ 1835 ff. BGB. § 1835 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BGB begründet einen Ersatzanspruch für den Vormund (hier: Nachlasspfleger) für Aufwendungen des Vormunds für Zwecke der Führung der Vormundschaft (hier: Nachlasspflegschaft). Als Aufwendungen in diesem Sinne gelten nach § 1835 Abs. 3 BGB auch solche Dienste des Vormunds, die zu seinem Beruf gehören. Das Führen eines Widerspruchsverfahrens gehört zum Beruf eines Rechtsanwalts, denn er ist gemäß § 3 Abs. 1 BRAO der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Allerdings kann auch die Nachlasspflegschaft berufsmäßig und damit ausnahmsweise entgeltlich geführt werden (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), wie dies im Falle des hier bestellten Nachlasspflegers der Fall ist. Ein als Berufspfleger bestellter Rechtsanwalt kann eine Pflegertätigkeit gemäß § 1835 Abs. 3 BGB nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, wenn sich die zu bewältigende Aufgabe als eine für den Beruf des Rechtsanwalts spezifische Tätigkeit darstellt. Denn der Nachlass soll keinen Vorteil daraus ziehen, dass sein Pfleger auf Grund einer besonderen Qualifikation etwas verrichten kann, wozu ein anderer Pfleger berechtigterweise die entgeltlichen Dienste eines Dritten in Anspruch nehmen würde (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 118/03 -, NJW 2007, 844 [846]). Mag man meinen, dass die damit angesprochene Abgrenzung von Vergütung und Aufwendungsersatz im Grundsatz keine Schwierigkeiten bereitet (so Wagenitz in Münchener Kommentar zum BGB, FamR II, 4. Aufl. 2002, § 1836 Rn. 34), so scheint sie in einzelnen Punkten nicht durch einen klaren Obersatz zwingend begründbar zu sein (vgl. Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 1835 Rn. 13: €bleibt es bei der allgemeinen Vergütung, wenn es sich um Dienste handelt, die von jedermann geleistet werden können € und zum anderen umgekehrt, wenn es sich zwar um berufstypische Aufgaben handelt, zu ihrer Erledigung aber keine besondere Professionalität erforderlich ist€; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Juni 2000 - 1 BvR 23/00 -, FamRZ 2000, 1280 [1282]). Ob ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (vgl. Pfälz. Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. August 2001 - 3 W 114/01 -, Rpfleger 2001, 593 ) oder ob Tätigkeiten vorgenommen wurden, für die üblicherweise ein Rechtsanwalt beauftragt worden wäre (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 25. Juli 2002 - 19 WF 185/02 -, FamRZ 2003, 936; Oberlandesgericht Frankfurt a. M., Beschluss vom 23. Februar 2004 - 20 W 49/04 -, NJW-RR 2004, 1664 für einen zum Ergänzungspfleger für den Wirkungskreis ausländerrechtliche und asylrechtliche Betreuung eines Minderjährigen bestellten Rechtsanwalt, der für den Betreuten einen Asylantrag stellte), erfordert Wertungen, die kaum näher begründbar sind. Das gilt auch, wenn man auf die Schwierigkeit und Komplexität der Rechtsmaterie abstellt (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt a.M. und Kammergericht, aaO). In Anbetracht dessen hält das Gericht dafür, dass hier ein Laie berechtigter-/vernünftiger-/üblicherweise einen Rechtsanwalt zum Widerspruchsverfahren zugezogen hätte. Dabei berücksichtigt es, dass es zur Amtstätigkeit des Nachlasspflegers (nur) gehört, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen und die Erben zu ermitteln. Er hat aber nicht die Aufgabe zu klären, wer von mehreren Anwärtern der wahre Erbe ist (vgl. Lange/Kuchinke, aaO, § 38 IV c, Seite 937 Fn. 145) oder deren erbrechtliche Stellung zu gestalten. Wird man bei einem Nachlasspfleger erbrechtliche Kenntnisse annehmen dürfen, so ging aber das hier erforderliche Wissen über das normalerweise wohl vorhandene hinaus. Denn die Erbfolge nach Johanna K . war vielfach gegliedert; erst bei genauer Betrachtung der drei Teilerbscheine ergab sich, dass der Nachlass nur zu 70/84 bestimmten Personen zugeordnet werden konnte. Zu dieser erbrechtlichen Schwierigkeit trat die Verknüpfung mit dem Vermögensgesetz, das man nicht zu den Normenkomplexen zählen darf, die auch juristische Laien wenigstens in Grundzügen kennen. Obgleich § 2a Abs. 1 Satz 1 VermG bestimmt, dass der Vermögenswert der Erbengemeinschaft nach dem zu bezeichnenden Erblasser als solcher zurückzuübertragen ist, wenn Rechtsnachfolger des von Maßnahmen nach § 1 VermG Betroffenen eine Erbengemeinschaft ist, deren Mitglieder nicht sämtlich namentlich bekannt sind, ging der Beklagte aufwändig der Rechtsnachfolge nach den drei Mitgliedern der zuletzt als Eigentümer eingetragenen Erbengemeinschaft nach und ermittelte eine aus mehr als 27 Personen bestehende Erbengemeinschaft, ohne die Kläger zu nennen. Ob das zu einem Rechtsnachteil für die Kläger führte, der durch Widerspruch abzuwenden war, hätte nach Ansicht des Gerichts kein ordnungsgemäß wirkender juristischer Laie, der einen Nachlass zu pflegen hat, ohne anwaltliche Hilfe geklärt.

3. Mit diesen Erwägungen steht auch fest, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Allerdings unterscheiden sich die Maßstäbe des § 1835 Abs. 3 BGB und des § 38 Abs. 2 Satz 2 VermG. Während ersterer objektiver Art ist, nimmt letzterer auch die persönlichen Verhältnisse des Widerspruchsführers in Blick. Nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich die Notwendigkeit zur Zuziehung eines Rechtsanwalts danach, welche Anforderungen in dem konkreten Fall eine - zweckentsprechende - Rechtsverfolgung gestellt hat. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist damit die Schwierigkeit der Sache, die jedoch nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung der Sachkunde und der (persönlichen) Verhältnisse des Widerspruchsführers festzustellen ist. Insoweit können insbesondere auch die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer sowie dessen besondere Arbeits- oder Geschäftsbelastung berücksichtigt werden. Hierbei kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Widerspruchsführers an, sondern darauf, wie ein verständiger Dritter in dessen Situation gehandelt hätte. Die Beurteilung ist nach der Sachlage vorzunehmen, wie sie sich im Zeitpunkt der Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten dargestellt hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Mai 2000 € BVerwG 7 C 8.99 -, Buchholz 438 Nr. 5 zu § 38 VermG). Das führt hier auf die oben im Rahmen des § 1835 Abs. 3 BGB vorgenommene Wertung. Denn im Zeitpunkt der Zuziehung des Rechtsanwalts waren die Kläger unbekannt. Seinerzeit ließ sich nicht sagen, dass ihnen die Sache keine Schwierigkeiten bereitete. Unerheblich ist, dass ihr Vertreter damit wohl keine Schwierigkeiten hatte. Denn auf seine Verhältnisse ist nicht abzustellen. Für die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten folgenlos ist es, dass derjenige, um dessen Kosten es geht, nicht von den Klägern bevollmächtigt wurde, sondern ihr gesetzlicher Vertreter ist. Denn sogar der €sich selbst vertretende€ Rechtsanwalt hat für sein Tätigwerden im Vorverfahren Anspruch auf Gebühren in derselben Höhe wie bei Vertretung Dritter (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 162 Rn. 19). Unbeachtlich ist dann auch, dass die gesetzliche Vertretung zu einem Zeitpunkt begründet worden ist, als man die Zuziehung eines Bevollmächtigten noch nicht für notwendig halten musste, sondern von normaler Amtstätigkeit des Nachlasspflegers ausgehen durfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO zu befinden gewesen. Für die Zulassung der Revision hat es keinen Grund gegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 VermG, §§ 135, 132 Abs. 2 VwGO).






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Urteil v. 04.04.2007
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