Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 105/99

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 26 W (pat) 105/99)

Tenor

1. Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch aus der Marke 2 020 382 "TRAUM STATION" gegen die Marke 396 10 504 "TRAUMHAUS Der Betten- und Matratzen-Fachmarkt" (Wort-Bild-Marke) sowie die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen, weil zwischen den Marken trotz einer teilweisen Identität der Waren keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Die Widersprechende hat dagegen Beschwerde erhoben, ihren Widerspruch aber in der mündlichen Verhandlung am 16. Februar 2000 zurückgenommen.

Die Markeninhaberin beantragt nunmehr sinngemäß, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sowie den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren festzusetzen.

Sie hält einen Gegenstandswert in Höhe von 150.000,-- DM für angemessen. Zur Begründung trägt sie vor, der Gegenstandswert habe die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens zu berücksichtigen. Im vorliegenden Verfahren sei insoweit von Belang, daß die Widersprechende mit großem Engagement versucht habe, ihre Marktstellung im Verfahren zu präsentieren. Der Antrag, der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, sei deshalb gerechtfertigt, weil die Beschwerde von Beginn an keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe, weshalb der Widerspruch letztlich auch zurückgenommen worden sei.

Die Widersprechende beantragt demgegenüber, den Antrag, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen, zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine Kostenauferlegung entspreche insbesondere deshalb nicht der Billigkeit, weil erst in der mündlichen Verhandlung neu in das Verfahren eingeführte Aspekte, wie die Vorlage eines Rollenauszuges zu Marken mit dem Bestandteil "TRAUM", deren Benutzung aber nicht liquide sei, sowie drei Werbebeispiele zu solchen Marken die Widersprechende bewogen hätten, den Widerspruch zurückzunehmen. Im übrigen bestimme § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, daß bei einer unterbliebenen Kostenentscheidung jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trage. Deshalb sei nach Schluß der mündlichen Verhandlung für eine Kostenentscheidung kein Raum mehr. Sie hält im übrigen den für nach 1994 anhängig gewordene Widerspruchsbeschwerdeverfahren von den Senaten des BPatG angenommenen Regelgegenstandswert von 20.000,00 DM auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren für angemessen.

II.

1. Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist der Senat dann, wenn die mündliche Verhandlung in der Hauptsache nach der Rücknahme des Widerspruchs geschlossen worden ist, ohne daß eine Bestimmung über die Kosten nach § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG getroffen wurde, grundsätzlich nicht gehindert, eine solche Bestimmung später auf Antrag eines der Verfahrensbeteiligten noch vorzunehmen.

Zwar trägt gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst, "soweit eine Bestimmung über die Kosten nicht getroffen wird". Ergibt sich aber aus den Entscheidungsgründen oder, sofern wie im vorliegenden Verfahren eine Entscheidung in der Hauptsache wegen der Rücknahme des Widerspruchs nicht mehr möglich ist, aus den Umständen, daß die Kostenfrage unerörtert geblieben ist, so schließt § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG einen Antrag auf Beschlußergänzung (§ 82 MarkenG i.V.m. § 321 ZPO) bzw., sofern ein Beschluß nicht ergangen ist, einen Antrag auf nachträgliche selbständige Kostenentscheidung nicht aus. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG entbindet das BPatG nämlich für den Regelfall der eigenen Kostentragung nur von einem Kostenausspruch, nicht jedoch von einer Prüfung der Kostenfrage (i.w. gleicher Ansicht: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 71 Rdn 8).

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist die Kostenfrage nach Rücknahme des Widerspruchs erkennbar nicht geprüft und entschieden worden. Dies hat zur Folge, daß nicht von einem Eintritt der in § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG vorgesehenen gesetzlichen Kostenfolge nach Schluß der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2000 ausgegangen werden kann.

Der Antrag, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

Gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG setzt ein Abweichen vom Grundsatz der eigenen Kostentragung im markenrechtlichen Widerspruchs-Beschwerdeverfahren voraus, daß es ausnahmsweise nicht der Billigkeit entspricht, einem Verfahrensbeteiligten die ihm entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst tragen zu lassen. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen und damit ein Abgehen von der Regel der eigenen Kostentragung erfordert die Feststellung besonderer Umstände, die dann gegeben sind, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Ein mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbarendes Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht ( BGH GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung; Ingerl/Rohnke aaO, Rdn 12). Die Rücknahme des Widerspruchs oder der Beschwerde stellt für sich allein betrachtet keinen Grund für eine Kostenauferlegung dar, wie sich bereits aus der Regelung in § 71 Abs. 4 MarkenG ergibt, die auch für diese Fälle im Regelfall die eigene Kostentragung vorsieht.

Von einer völlig aussichtslosen und daher mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbarenden Weiterverfolgung des Widerspruchs konnte im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch nicht die Rede sein. Der Widerspruch hatte zwar wegen der Unterschiedlichkeit der Gesamtmarken und der im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens zunehmend deutlicher erkennbaren Kennzeichnungsschwäche des beiden Marken gemeinsamen Wortbestandteiles "TRAUM" keine sicheren Erfolgsaussichten. Zumindest diskussionsfähig war und blieb aber die Frage einer unmittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr der den Gesamteindruck der beiden Marken möglicherweise prägenden Wörter "TRAUMHAUS" und "TRAUMSTATION".

2. Der Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts ist gemäß § 10 BRAGO zulässig, weil die Markeninhaberin im Widerspruchsverfahren durch Rechtsanwälte vertreten war und es an einem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert fehlt.

Für das vorliegende Widerspruchs-Beschwerdeverfahren erscheint die Festsetzung eines Gegenstandswerts in Höhe von 20.000,-- DM angemessen.

Der Gegenstandswert ist nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO). Er richtet sich nach dem im Einzelfall gegebenen wirtschaftlichen Interesse des Inhabers der angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung seines Markenschutzes (vgl. BPatGE 11, 166; Senatsbeschlüsse vom 8. März 1995 - 26 W (pat) 47/94 - und vom 11. Dezember 1996 - 26 W (pat) 186/94). Dieses wirtschaftliche Interesse ist für unbenutzte Marken bei nach 1994 anhängig gewordenen Widerspruchs-Beschwerdeverfahren im Regelfall mit 20.000,-- DM zu bemessen (im Anschluß an die Beschlüsse des 24. Senats vom 23. Juni 1998 (BPatGE 40, 147, 148) und des 29. Senats vom 29. Juli 1998, BPatGE 40, 182, 183 f.).

Gründe: dafür, diesen Regelgegenstandswert vorliegend weiter zu erhöhen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dafür, daß die angegriffene Marke bereits benutzt wird, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die angegriffene Marke ist auch nicht zugleich die Firma der Markeninhaberin. Das von der Markeninhaberin für eine Erhöhung des Gegenstandswertes geltend gemachte hohe Engagement der Widersprechenden bei der Darstellung ihrer Marktstellung beeinflusst nicht das wirtschaftliche Interesse der Inhaberin der angegriffenen Marke an deren Marke und kann deshalb ebenfalls nicht zu einer Erhöhung des Regelgegenstandswerts führen.

Schülke Kraft Rekerprö






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