Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. Mai 2003
Aktenzeichen: 38 O 26/03

(LG Düsseldorf: Urteil v. 30.05.2003, Az.: 38 O 26/03)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Endverbraucher unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken anzurufen bzw. anrufen zu lassen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Gründe

Der Kläger ist der Dachverband der Wettbewerbszentralen in Deutschland. Er ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 Unterlassungsklagengesetz eingetragen.

Die Beklagte vermittelt ausweislich des Handelsregisters Spielverträge im Namen von Wettgemeinschaften. Sie tritt im Internet als Organisator von Tippgemeinschaften zur Teilnahme am staatlich konzessionierten Lottospiel auf.

Zwischen den Parteien war ein Rechtsstreit anhängig, in welchem der Kläger der Beklagten vorwarf, sich zur Kundenwerbung verschiedener Telefonmarketing-Firmen zu bedienen, deren Mitarbeiter wiederum unaufgefordert bei Verbrauchern zu Hause angerufen hätten. Die Beklagte ist dem Klageantrag entsprechend verurteilt worden, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Endverbraucher unaufgefordert und ohne ihr vorheriges Einverständnis zu gewerblichen Zwecken anzurufen bzw. anrufen zu lassen. Im Berufungsrechtszug hat die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wegen deren genauen Wortlauts auf Bl. 89 bis 91 der beigezogenen Gerichtsakte 12 O 342/01 Landgericht Düsseldorf verwiesen wird. Der Rechtsstreit ist daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt worden, die Beklagte hatte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Hinblick auf die lediglich konkrete Fassung der Unterlassungserklärung verfolgt der Kläger nunmehr mit identischem Klageantrag sein Unterlassungsbegehren weiter. Er trägt vor, im September 2002 sei eine Verbraucherin, die als Zeugin benannte Frau C unaufgefordert von einer Telefonmarketing-Firma angerufen worden, deren sich die Beklagte zur Kundengewinnung bediene.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, es sei unrichtig, dass sie gewerbliche Lottospielgemeinschaften betreibe. Sie habe keine privaten Kunden und bediene sich nicht Telefonmarketing-Firmen, die Verbraucher unaufgefordert zu Hause anriefen.

Frau C habe sich durch ausdrückliche Erklärung damit einverstanden erklärt, dass ihr von der Firma D telefonisch Angebote unterbreitet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt und die zur Ergänzung des Parteivorbringens beigezogene Akte 12 O 342/01 des Landgerichts Düsseldorf verwiesen.

Entscheidungsqründe

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der im Tenor beschriebenen Verhaltensweise gemäß den §§ 13 Abs. 2 Nr. 3 und 1 UWG.

Die Berechtigung des Klägers, Unterlassungsansprüche der vorliegenden Art im Interesse des Verbraucherschutzes geltend zu machen, ist nicht substantiiert bestritten. Der Kläger hat seine Satzung und eine Ablichtung der Bescheinigung des Bundesverwaltungamtes vorgelegt, an deren Echtheit kein vernünftiger Zweifel besteht.

Die Beklagte hat sich wettbewerbsrechtlich sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG verhalten. Sie ist wettbewerbsrechtlich als Störerin anzusehen. Das Verhalten der Firma D Marketinggesellschaft muß sie sich gemäß § 13 Abs. 4 UWG anrechnen lassen. Diese Firma ist als ihr Beauftragter anzusehen. Auf die genaue Einordnung der rechtlichen Beziehungen der Beklagten zu dieser Firma kommt es nicht an. Sie mag Handelsvertreterin sein und selbständig arbeiten. Jedenfalls aber ist es Teil des Vertriebskonzeptes der Beklagten, von der Firma D Kontakte zu potentiellen Kunden knüpfen zu lassen, die letztlich dahin münden, entgeltliche Leistungen durch die Beklagte oder eine für sie tätigen Gesellschaft zu erbringen.

Das Bestreiten der Beklagten bezüglich der vom Kläger behaupteten Geschäftstätigkeit ist mangels Substantiierung unbeachtlich. Sowohl aus dem Handelsregister wie aber insbesondere auch aus dem eigenen Parteivortrag im Vorprozess ergibt sich eindeutig, dass die gewerbliche Vermittlung von Spielverträgen im Namen von Wettgemeinschaften eine der Geschäftstätigkeiten der Beklagten ist. Ob sie inzwischen dazu übergegangen ist, vorwiegend Tochter- oder Schwestergesellschaften einzuschalten, die bestimmte Aufgaben übernehmen, kann unentschieden bleiben. Die Beklagte tritt nach außen - wie ihr Internetauftritt zeigt - als einheitliche Firma unter der Bezeichnung "M" auf, um ihre Gesellschaftsziele zu verwirklichen. Dementsprechend muss sie sich auch so behandeln lassen, als gebe es nur eine Firma, ohne dass gesellschaftsrechtliche Besonderheiten Beachtung finden. Vor dem Hintergrund des eigenen Verhaltens im Rechtsstreit 12 O 342/01, das in der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und der Anerkennung der prozessualen Kostentragungslast gipfelte, genügt die Beklagte nicht ihrer Erklärungspflicht über alle Tatsachen, wenn sie den Vortrag des Klägers schlicht bestreitet.

Die Behauptung, Frau C habe sich ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass ihr telefonische Angebote unterbreitet werden, ist rechtlich nicht erheblich. Die Einwilligung ist nämlich in einer Weise und unter Umständen erklärt worden, die eine Störung der Privatsphäre im Auftrag der Beklagten nicht zu rechtfertigen geeignet ist. Das Einverständnis wurde erteilt, wie im Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 27. 10. 2002 beschrieben: Danach hat Frau C an einem Internetgewinnspiel "n" der Firma D GmbH & Co. KG teilgenommen und bei Abgabe ihres "Tippscheins", auf entsprechende Aufforderung eine Erklärung des Inhalts angeklickt, damit einverstanden zu sein, "dass meine Daten für zukünftige Aktivitäten des Veranstalters weiterverarbeitet und mir interessante Angebote - auch telefonisch - unterbreitet werden".

Schon ihrem objektiven Erklärungsinhalt nach bezieht sich eine solche Erklärung nicht auf eine Vielzahl weiterer Glücksspielveranstalter, sondern lediglich "des Veranstalters", also des Veranstalters des Spiels "n". Dies war nicht die Beklagte. Zudem ist die Angabe "interessante Angebote" so unpräzise und weit gefasst, dass tatsächlich keinerlei Beschränkung vorliegt. Ohne dass dies für einen Durchschnittsverbraucher, der an einem Gewinnspiel teilnimmt, auch nur ansatzweise deutlich wird, ermöglicht eine solche Art der Zustimmung objektiv jederzeitige Störungen der Privatsphäre für Werbezwecke aller Art. Es ist auszuschließen, dass eine solche Tragweite demjenigen bewusst ist, der anlässlich der Teilnahme an einem Glücksspiel durch "Anklicken" eine solche Erklärung abgibt. Da somit vom Fehlen einer wirksamen Einwilligung auszugehen ist, wurde Frau C unberechtigt zu Werbezwecken privat angerufen.

Zwischen den Parteien besteht kein Streit mehr darüber, dass ein derartiges Verhalten aus den Gründen des Urteils der 12. Zivilkammer vom 27. März 2002, auf das Bezug genommen wird, wettbewerbswidrig und daher zu unterlassen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.






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Urteil v. 30.05.2003
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