Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. September 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 137/08

(BPatG: Beschluss v. 15.09.2009, Az.: 27 W (pat) 137/08)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 22. Oktober 2007 angemeldete Wort-/Bildmarkeist für folgende Waren bestimmt:

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke; Klebstoffe und Klebematerialien für gewerbliche Zwecke; Farben, Firnisse, Lacke; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen; Maschinen und Werkzeugmaschinen; handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit in Klasse 16 enthalten); Pinsel und Farbroller; Dichtungs-, Packungs-, Füllund Isoliermaterial; Baumaterialien, nicht aus Metall, insbesondere Materialien zur Herstellung oder zum Ausbessern oder Renovieren von Fußböden; Tapeten, nicht aus textilem Material; Wandverkleidungen, Wandbespannungen; Papiertapeten; Bordüren; Teppiche, Vorleger, Matten, Fußmatten und andere Bodenbeläge".

Die Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vom 7. Mai 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Wortbestandteil des Zeichens setze sich durch die piktrogrammhafte Gestaltung deutlich erkennbar aus den verkehrsüblichen Begriffen "Farbe, Boden, Tapete, Werkzeug" zusammen. Diese Bezeichnungen seien z. B. in einem Baumarkt gängige Hinweise auf das jeweilige Sortiment aus diesem Themenbereich und die dazugehörigen Materialien und Werkzeuge. Es entspreche der Natur der Sache, dass in einer Abteilung "Farben" neben einer umfangreichen Farbenauswahl an Wandfarben auch sonstige Färbemittel, Lacke in den verschiedensten Farben, Firnisse und dazu auch Beizen angeboten würden. Genauso verhalte es sich mit den anderen Handwerksbereichen wie "Boden", wo eine große Sortimentsauswahl an den verschiedensten Bodenbelägen (PVC, Laminat, Parkett und sonstige Materialien zum Ausbessern, Verfugen und Renovieren von Böden mit dem entsprechenden Werkzeug) und auch bei "Tapeten" (Wandverkleidungen, Kleister, mit den zugehörigen Hilfsmitteln) angeboten würden. Und ganz natürlich seien in einem Themenbereich "Werkzeuge" auch die verschiedensten Werkzeuge zu finden. Dieser inhaltsbeschreibende Hinweis auf die jeweiligen Handwerksbereiche würde von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden werden.

An dem im Vordergrund stehenden Aussagegehalt des Zeichens ändere auch der Umstand einer bildhaften Gestaltung nichts, denn auch diese besitze in ihrer piktogrammhaften (schwarz/weißen) Gestaltung keine Wirkung, die eine Unterscheidungskraft begründen würde. Die vier Bilder stellten lediglich eine typische Abbildung der jeweiligen Warengruppen dar, Teil eines Bodens für "Boden", Ausschnitt einer Tapete für "Tapeten", ein typischer Pinselstrich für "Farbe" und ebenso eine detaillgetreue Abbildung eines Pinsels für "Werkzeug". Die Graphik weise somit keine solch charakteristischen Merkmale auf, die die Schutzfähigkeit begründen könnten, denn der Verbraucher habe sich durch häufige werbemäßige Verwendung von Piktogrammen auch in einer bildhaften Ausgestaltung gewöhnt.

Die nicht begründete Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 7. August 2008 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen und dazu ausgeführt, alles was mit Bautätigkeit und Renovierung, auch mit derjenigen der eigenen vier Wände, zusammenhänge, werde mehr denn je auch mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Es sei heutzutage üblich, dass die angesprochenen Verkehrskreise großen Wert auf die Funktionalität, die optische Wirkung sowie die Relation zwischen Preis und Qualität der so benannten Waren legten. Das angesprochene Publikum sei daher immer für Ideen auf dem einschlägigen Warengebiet aufgeschlossen. Es werde daher in der Wort-/Bildmarke lediglich einen die Eignung und Bestimmung der so benannten Waren auf dem einschlägigen Warensektor beschreibenden Hinweis erkennen, nicht aber einen betrieblichen Herkunftshinweis.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 27 des Deutschen Patentund Markenamts vom 7. Mai 2008 und vom 7. August 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Die Anmelderin hält die Marke allein schon wegen des Wortbestandteils "Farbe, Boden, Tapete, Werkzeug" für unterscheidungskräftig. Die Wortfolge stelle eine neuartige und ungewöhnliche Wortverbindung dar. Abgesehen davon sei die Marke auch wegen ihrer Bildbestandteile unterscheidungskräftig. Bei der dargestellten Tapete handle es sich nicht um eine gewöhnliche Tapete -beispielsweise Raufasertapete -, sondern um eine mit einem außergewöhnlichen und ineinander verschlungenen Schneckenmuster. Auch die "Farbe" sei nicht einfach durch irgendeine "Farbe" dargestellt. Vielmehr sehe man mehrere übereinander geschichtete Pinselstriche. Der "Boden" zeichne sich dadurch aus, dass dieser durch helle Quadrate durchsetzt sei, welche parallel zueinander angeordnet seien. Hinsichtlich des Bildbestandteils "Werkzeug" weist die Anmelderin darauf hin, dass ein Pinsel im Sprachgebrauch nicht als "Werkzeug" verstanden werde (im Gegensatz beispielsweise zu einem Schraubenzieher). Die Bildbestandteile wiesen in ihrer jeweiligen Ausformung und in der Zusammenstellung eine erhebliche Gestaltungshöhe auf und könnten in ihrer Gesamtheit durchaus als "Kunstwerk" bezeichnet werden.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr., EuGH Int. 2005, 1012, Nrn. 27 ff. -BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 -FUSSBALL WM 2006). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 18). Enthält eine Bezeichnung danach einen beschreibenden Begriffsinhalt, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass das Publikum sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard).

Ist -wie hier -die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen. Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. BGH BlPMZ 2000, 161 -Radio von hier). Dies ist vorliegend der Fall.

Die Wortbestandteile "Farbe, Boden, Tapete, Werkzeug" sind entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht geeignet, der Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. In Bezug auf die beanspruchten Waren wird das angesprochene Publikum diesen Wörtern lediglich einen beschreibenden Hinweis auf deren Art, Eignung und Bestimmung entnehmen. Dafür spricht insbesondere, dass jedes Wortelement im beanspruchten Warenverzeichnis aufgeführt wird ("Farbe" in Klasse 2, "Boden" in Klasse 19, "Tapete" in Klasse 27 und "Werkzeug" in Klasse 8). Begegnet der Verbraucher so gekennzeichneten Waren etwa in einem Baumarkt, so wird er annehmen, dass diese beispielsweise zur Renovierung seiner Wohnung bestimmt und geeignet sind bzw. darüber Informationen zur Handhabung etc. enthalten (Druckereierzeugnisse). Die Aneinanderreihung der beschreibenden Begriffe verleiht keine Unterscheidungskraft. Sie wirkt lediglich als Zusammenstellung der jeweils benannten Waren, etwa für ein Regal oder eine Abteilung im Baumarkt für Innenausbau.

Auch die graphische Ausgestaltung vermag die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens nicht zu begründen. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden. An diese Ausgestaltung sind aber umso größere Anforderungen zu stellen, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (BGH GRUR 2001, 1153 -antiKALK; BPatG GRUR 2007, 324, 326 -Kinder; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 126, 127 m. w. Nachw.).

Angesichts der mangelnden Schutzfähigkeit der Wortelemente "Farbe", Boden", "Tapete", "Werkzeug" sind an die bildliche und graphische Ausgestaltung der Marke vorliegend ganz erhebliche Anforderungen zu stellen um im Gesamteindruck zu einer unterscheidungskräftigen Angabe zu gelangen. Dem wird die Gestaltung nicht gerecht. Sie bewirkt keine den schutzunfähigen Charakter der Wortbestandteile aufhebende kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck. Die Bildelemente sind lediglich die Wiedergabe der jeweils darunterstehenden Wörter, was gegen die Schutzfähigkeit von Kombinationsmarken spricht (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 129). So sind auf dem Bild über dem Wort "Farbe" Pinselstriche erkennbar. Bei den über den Wörtern "Boden" und "Tapete" befindlichen Abbildungen handelt es sich um Muster von Bodenbelägen und Tapeten, die im Kontext mit den beschreibenden Wörtern wie beispielhafte, beliebige Illustrationen aber nicht herkunftshinweisend wirken. Auch der über dem Wort "Werkzeug" erkennbare Pinsel wird entgegen der Auffassung der Anmelderin als Werkzeug verstanden, da ein Pinsel üblicherweise das Werkzeug eines Malers ist. Für die Aneinanderreihung gilt auch hier das oben Gesagte. Zudem verlöre selbst eine für sich unterscheidungskräftige Graphik in der Aneinanderreihung und im Kontext mit den Wörtern jeden Herkunftshinweis, weil sie als beispielhaftes Piktogramm erscheint. Die waagrechte Anordnung in einer Bildund einer Textzeile hat keinerlei kennzeichnende Wirkung.

Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Dr. Albrecht Dr. van Raden Kruppabr/Bb






BPatG:
Beschluss v. 15.09.2009
Az: 27 W (pat) 137/08


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