Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 141/02

(BPatG: Beschluss v. 04.06.2003, Az.: 32 W (pat) 141/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung als Marke angemeldet ist die Wortfolge Schwäbisch High-Techfür folgende Waren und Dienstleistungen:

Fahrzeugzubehör und Fahrzeugteile, insbesondere Heizungsanlagen und Heizgeräte für Fahrzeuge, Teile dieser Heizungsanlagen und Heizgeräte und des zugehörigen Wärmeträgerkreislaufs; Lüftungsgeräte, Luftumwälzgeräte; Zubehör für diese Heizgeräte, insbesondere elektrische Steuergeräte und Geräte zur drahtlosen Fernbedienung; Abgasanlagen für Fahrzeuge; Teile dieser Abgasanlagen, insbesondere Metallrohre, Schalldämpfer, Abgaskatalysatoren und Rußfilter, jeweils für sich oder gehaltert im zugehörigen Gehäuse; Wärmetauscher für diese Geräte;

lichtdurchlässige Bauelemente für den Hochbau, insbesondere Fassadenbauteile und Dachbauteile, insbesondere aus Metall und/oder Kunststoff und/oder Glas, für Gebäude; Wandfenster und Dachfenster, auch aus Metall; Belichtungs-, Belüftungs- und Entlüftungselemente, insbesondere Lichtkuppeln und Lichtbänder, für Gebäude, Teile dieser Fenster und Elemente, insbesondere Antriebe und Bewegungsübertragungsmechanismen zum Öffnen und Schließen;

Entwicklung, Planung, Prüfung, Einbau, Austausch, Reparatur, Wartung und Instandhaltung der genannten Waren nach Kundenwünschen; Beratung für Herstellung, Entwicklung, Planung, Prüfung, Einbau, Austausch, Reparatur, Wartung und Instandhaltung der genannten Waren nach Kundenwünschen sowie Schulung auf dem Gebiet der genannten Waren und/oder Lizenzierung dieser Dienstleistungen.

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 13. März 2002 zurückgewiesen. Es handele sich um eine beschreibende Angabe in dem Sinne, dass die betreffenden Erzeugnisse zum Hochtechnologiebereich gehörten, sich inhaltlich mit diesem befassten, für diesen Bereich bestimmt seien und von einem Hersteller/Anbieter aus dem Schwäbischen stammten. Eine derartige Sachaussage im Sinne einer Beschaffenheits-, Bestimmungs- und/oder Herkunftsangabe werde auch von Mitbewerbern zur Anpreisung ihrer Produkte und Dienstleistungen benötigt. Selbst wenn es sich um eine sprachunübliche und syntaxwidrige Zusammensetzung handele, ermögliche die angemeldete Marke einen zweifelsfreien Rückschluss auf die Art der Waren und Dienstleistungen und ihren Herstellungs- und Erbringungsort. Das fehlende "e" oder "es" am Wortende von "Schwäbisch" werde, wenn es nicht überlesen, übersehen oder überhört werde, vom angesprochenen Verkehr für einen Wiedergabefehler gehalten, dem keinerlei Bedeutung zugemessen werde. Außerdem fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft. Es ermangele ihr an der notwendigen phantasievollen Eigenart, die das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Funktion zu beeinflussen vermöge.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.

Sie ist der Auffassung, in der konkreten Schreibweise von "Schwäbisch", d.h. ohne Schlusse bzw. -es, liege keine freihaltebedürftige beschreibende Angabe. Die nicht der Grammatik entsprechende Zusammensetzung werde vom Publikum gerade nicht übersehen oder überhört werden, sondern als erstes auffallen und dadurch verhindern, dass die Marke als simple Art- und Herkunftsbeschreibung der Waren und Dienstleistungen aufgefasst werden könne. Außerdem sei schwäbisch bzw. Schwaben keine festgelegte geographische Bezeichnung. Am ehesten denke das Publikum dabei an eine bestimmte Mentalität und Lebenseinstellung, nicht aber an ein eindeutig abgrenzbares Herkunftsgebiet. Außerdem seien zu strenge Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt worden. Eine Differenzierung nach dem Grad des vorliegenden Freihaltebedürfnisses sei nicht zulässig. Es liege eine kurze und prägnante Wortfolge vor, der wegen der Sprachunüblichkeit auch eine gewisse Originalität zukomme. Zudem sei diese interpretationsbedürftig, weil ihr ein Hinweis auf besondere schwäbische Eigenschaften entnommen werden könne.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der angemeldeten Marke fehlt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - Individuelle).

Die in den deutschen Sprachschatz eingegangene Bezeichnung High-Tech ist für Produkte (Waren und Dienstleistungen) des Kraftfahrzeug- und Bauwesens, in denen der Einsatz von High-Tech Standard ist, eine im Vordergrund stehende Sachangabe.

Das gleiche gilt für das Adjektiv "schwäbisch" als Hinweis auf die geographische Herkunft der mit der Marke gekennzeichneten Produkte. Es leitet sich von Schwaben ab, der Bezeichnung eines Gebietes und eines Volksstammes im Südwesten Deutschlands. Schwaben umfasst den Landesteil Württemberg des Landes Baden-Württemberg und den angrenzenden bayerischen Regierungsbezirk Schwaben. Die Einwohner dieser Gebiete verstehen sich als Volksstamm mit eigener Mundart. Dieses Gebiet wird immer noch landläufig als Schwaben oder schwäbisch bezeichnet, auch wenn es keine politische Einheit als Bundesland darstellt.

Der Gesamteindruck des Zeichens geht nicht über die Summe seiner beschreibenden Sachangaben hinaus. Insbesondere gewinnt die Marke keine Unterscheidungskraft daraus, dass ihre beiden Elemente in einem inneren Widerspruch zueinander stehen, einerseits High-Tech und demgegenüber die den Schwaben nachgesagte hausbackene Lebensart mit Hang zur Behaglichkeit, Behäbigkeit und Gemütlichkeit. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen tritt dieses Spannungsverhältnis nicht zutage. Vielmehr wird ohne weitere gedankliche Bemühungen das Wort als Qualitäts- und geographisches Herkunftsmerkmal für die beanspruchten Produkte verstanden (vgl. "Made in Germany"). Das beruht darauf, dass das "Schwäbische Musterländle" es verstanden hat, sich einen Namen als Spitzenreiter der Technologie zu erwerben. Bei Patentanmeldungen liegt Baden Württemberg mit Bayern weit an der Spitze der Bundesländer (vgl. BlPMZ 2003, 87). Hier sind führende Unternehmen auch des Automobilsektors, einschließlich Zulieferer, und leistungsstarke Bauelementehersteller angesiedelt. Schwäbische Unternehmen sowie die dort tätigen Ingenieure, Konstrukteure, Facharbeiter usw. genießen auf diesen Gebieten einen vorzüglichen Ruf. Sie gelten als ebenso zuverlässig wie innovationsfreudig.

Die Marke gewinnt auch keine Unterscheidungskraft daraus, dass sie nicht den deutschen Grammatikregeln folgt. Dieser Umstand wird von einem Teil des Publikums gar nicht bemerkt werden, weil die Sachangabe sich unmittelbar erschließt. Aber auch jene Verkehrskreise, die die Sprachregelwidrigkeit erkennen, werden darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Denn zum einen ist die sachliche Aussage so unmissverständlich, dass sie durch die fehlende weibliche Form des Adjektivs nicht in Frage gestellt ist, und zum anderen ist es im Zusammenhang mit "schwäbisch" nicht ungewöhnlich, das Adjektiv verkürzt wiederzugeben. So werden das Schwäbische Gmünd und das Schwäbische Hall als Schwäbisch Gmünd und Schwäbisch Hall bezeichnet, ein Umstand, der das Markenwort als vertraut erscheinen lässt und nicht als auf ein Unternehmen hinweisende Eigenwilligkeit.

Winkler Sekretaruk Viereckbr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 04.06.2003
Az: 32 W (pat) 141/02


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