Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 210/04

(BPatG: Beschluss v. 20.12.2005, Az.: 24 W (pat) 210/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Coiffeur'sist für verschiedene Waren der Klasse 3 zur Eintragung in das Register angemeldet.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2004 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung teilweise für die Waren

"Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Haarwässer"

wegen fehlender Unterscheidungskraft und als beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, der aus dem Französischen stammende, ebenfalls in der englischen Sprache gebräuchliche Begriff "Coiffeur" sei in seiner Bedeutung "Friseur" auch in den deutschen Wortschatz eingegangen. Die angemeldete Marke "Coiffeur's" sei schriftbildlich weitgehend und klanglich vollständig mit der englischen Pluralform "Coiffeurs" (= Friseure) identisch, wobei die in der Werbung häufig auch sprachlich nicht korrekt gebrauchte Schreibweise mit Apostroph keine besondere Beachtung finden werde. Damit stelle die angemeldete Marke für die von der Zurückweisung betroffenen Waren eine den angesprochenen Verkehrskreisen verständliche unmittelbare Sachangabe dar, die darauf hinweise, dass die jeweiligen Produkte für Friseure bestimmt oder als so genannte Kabinettwaren von Friseuren verwendet und verkauft würden. Als Angabe über die Bestimmung oder Beschaffenheit der Waren sei die angemeldete Marke deshalb wegen des Freihaltungsinteresses der Mitbewerber nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Ihr fehle darüber hinaus jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da die angesprochenen Verkehrskreise der Bezeichnung "Coiffeur's" für die in Rede stehenden Waren nur die dargelegte, im Vordergrund stehende beschreibende Sachaussage, nicht aber einen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Ansicht fehlt der angemeldeten Marke bei dem angezeigten großzügigen Maßstab nicht jegliche Unterscheidungskraft. Zwar werde das französische Wort "Coiffeur" für Friseur auch im englischen und im deutschen Sprachraum verwendet, im Deutschen jedoch ausschließlich zur Bezeichnung kreativer Friseure mit einem anspruchsvollem künstlerischem Dienstleistungsangebot, also im Sinn von "Haarkünstler". Dem Wort sei zudem sprachunüblich ein Apostroph "s" angefügt. Den sächsischen Genitiv gebe es in dieser Form in der deutschen Rechtschreibung nicht. Bei der deutschen Genitivbildung mit "s" werde vielmehr das "s" ohne Apostroph unmittelbar dem Wort angefügt. Das mit Apostroph abgesetzte "s" sei im Deutschen so prägnant, dass eine Verwechslung mit der kaum bekannten englischen Pluralform "coiffeurs" auszuschließen sei. Außerdem besitze das Sprachgebilde "Coiffeur's" keinen unmittelbar beschreibenden, sondern einen multiplen Begriffsinhalt, der auf einen Fachhandel für Produkte hinweisen könne, welche ausschließlich von Coiffeuren in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit angeboten würden, oder aber auf eine Vertriebsschiene, bei der Coiffeure als Zwischenhändler fungierten. Die angemeldete Marke sei ferner nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Diese Vorschrift erfordere zusätzlich zu den in der Bestimmung genannten Tatbestandsvoraussetzungen ein konkretes Freihaltebedürfnis, dessen Vorliegen von der Markenstelle nachgewiesen werden müsse. Im Hinblick darauf, dass der Wortschöpfung "Coiffeur's" in ihrer Gesamtheit kein konkreter beschreibender Hinweis entnommen werden könne, bestehe kein Bedürfnis der Mitbewerber, die angemeldete Marke gegenwärtig oder künftig als beschreibende Angabe nutzen zu können.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auch auf die der Anmelderin vom Senat übermittelten Ergebnisse einer Internet-Recherche, Bezug genommen.

II.

Die nach § 165 Abs. 4 und 5 Nr. 1 MarkenG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats ist die angemeldete Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren als eine nicht unterscheidungskräftige und beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung in das Register ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) "Henkel"; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 "Bar jeder Vernunft"; MarkenR 2003, 148, 149 "Winnetou"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) "Sat.2"). Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen i. d. R. so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; EuGH GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 53) "Henkel"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"). Davon ist die Markenstelle bei der angemeldeten Marke zu Recht ausgegangen.

Das in der angemeldeten Marke enthaltene französische Wort "Coiffeur" für "Friseur" (vgl. z. B. Lingen, Wörterbuch Französisch, Ausgabe 2004, S. 92) ist in dieser Bedeutung als Fremdwort auch in der englischen Sprache (vgl. z. B. Langenscheidt, Handwörterbuch Englisch-Deutsch, 2001, CD-ROM zu "coiffeur") sowie in der deutschen Sprache enthalten (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001, CD-ROM zu "Coiffeur"). Zwar stellt das Wort "Coiffeur" im deutschen Sprachgebrauch eine gehobene Ausdrucksform dar. Gleichwohl wird damit allgemein ein "Friseur" bezeichnet und nicht nur ein bestimmter, das Friseurhandwerk als Kunstform ausübender Berufsgenosse (vgl. Duden, a. a. O., sowie auf den übermittelten Internetseiten www.starwell.de.: "... Coiffeur-Shops - Coiffeurbedarf A-Z ...", www.allesklar.de: "... 21. Hairport - InterNetCoiffeur Dieser Onlineshop ist spezialisiert auf Produkte, die es nur beim Friseur gibt. ...").

In der angemeldeten Marke steht das Substantiv "Coiffeur" durch den angefügten Apostroph mit "s" grammatikalisch in der Form des sächsischen Genitivs, eine jedenfalls für das entsprechende englische Wort vollkommen sprachübliche Wortform (vgl. Langenscheidts Standardgrammatik Englisch, S. 166 f.). Insoweit weist die Anmelderin zwar zutreffend darauf hin, dass dies nach den deutschen Sprachregeln, gemäß denen das Genitiv-"s" oder -"es" einem Substantiv ohne Apostroph direkt angefügt wird (vgl. Götze/Hess-Lüttich, Grammatik der deutschen Sprache, 1999, S. 148 f.), keine grammatikalisch korrekte Genitivform darstellt. Der sächsische Genitiv mit Apostroph-"s" ist jedoch angesichts der weiten Verbreitung der englischen Sprache in Deutschland weithin geläufig und wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig auch zur Genitivbildung bei deutschen Begriffen verwendet (vgl. die übermittelte Trefferliste der Google-Suche zu "Oma's"; BPatG, PAVIS PROMA, 24 W (pat) 180/99, "Baby's"). Die Schreibweise mit Apostroph-"s" wirkt daher in der angemeldeten Marke auf die angesprochenen inländischen Verkehrskreise keineswegs eigenartig und ungewöhnlich. Vielmehr werden sie ohne weiteres die ihnen geläufige angelsächsische Genitivbildung erkennen und die Bezeichnung "Coiffeur's" nächstliegend in ihrer Bedeutung "des Coiffeurs/Friseurs" bzw. "vom Coiffeur/Friseur" verstehen. Für relativ unwahrscheinlich erachtet der Senat hingegen die Annahme der Markenstelle, das Verbraucherpublikum werde die angemeldete Marke unter Vernachlässigung des Apostroph-"s" als die englische Pluralform "Coiffeurs" im Sinn von "Friseure" verstehen. Soweit nämlich der Apostroph übersehen werden sollte, erscheint die Marke gerade den inländischen Verkehrsteilnehmern viel eher als die korrekte deutschsprachige "s"-Genitivbildung ohne Apostroph als die englische Pluralform des Wortes "Coiffeur".

Im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren, bei denen es sich sämtlich um Artikel handeln kann, die ausschließlich von Friseuren angeboten oder verwendet werden (vgl. die oben zitierten Internet-Seiten www.allesklar.de: "... Dieser Onlineshop ist spezialisiert auf Produkte die es nur beim Friseur gibt. ...." und www.starwel.de: "...Coiffeur-Shops - Coiffeurbedarf von A-Z ..."), wird der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der Bezeichnung "Coiffeur's" - als Genitivform des Wortes "Coiffeur" verstanden - gleichwohl keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen, sondern ihr lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalt dahingehend zuordnen, dass es sich um spezielle (nur) vom Coiffeur bzw. Friseur angebotene oder speziell für den Coiffeur bzw. Friseur bestimmte Produkte handelt.

Dass die angemeldete Bezeichnung insoweit unterschiedliche Interpretationen zulässt, hebt ihren beschreibenden Charakter nicht auf, da die sich ergebenden verschiedenen Bedeutungen als sachliche Herkunftsangabe einerseits sowie als Bestimmungsangabe andererseits jeweils ausschließlich beschreibenden Bezug zu den Waren aufweisen (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT").

Im Hinblick auf die dargelegte, den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verständliche beschreibende Bedeutung und die auch im Inland nicht ungebräuchliche Sprachform des sächsischen Genitivs kann die angemeldete Marke außerdem im Verkehr zur beschreibenden Bezeichnung der beschwerdegegenständlichen Waren dienen und ist daher auch nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin setzt die Anwendung dieses Schutzhindernisses nicht voraus, dass ein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis an der Marke besteht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 (Nr. 35) "Chiemsee").

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 20.12.2005
Az: 24 W (pat) 210/04


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