Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Mai 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 369/99

(BPatG: Beschluss v. 24.05.2000, Az.: 29 W (pat) 369/99)

Tenor

Es wird festgestellt, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gilt

Gründe

I.

Gegen die farbig eingetragene Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke Nr. 2 086 877 ICL TEAMWARE Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, den Widerspruch zurückgewiesen, weil keine Gefahr der Verwechslung der beiden Marken im Verkehr bestehe. Der zweite, auf die Erinnerung der Widersprechenden ergangene, mit Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluß vom 3. Mai 1999 ist ihr am 15. Juli 1999 zugestellt worden. Auf ihre umgehende Rüge hin, der Beschluß enthalte in den Beschlußgründen eine Textlücke, hat die zuständige Markenstelle am 27. August 1999 einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Berichtigungsbeschluß erlassen, der der Widersprechenden am 2. September 1999 zugestellt worden ist.

Gegen diesen Beschluß hat die Widersprechende am 30. September 1999 Beschwerde erhoben; der Beschwerdeschriftsatz war mit Gebührenmarken in tarifmäßiger Höhe versehen. Hierzu hat der zuständige Rechtspfleger des Bundespatentgerichts mitgeteilt, die Beschwerde sei nicht innerhalb eines Monats nach der Zustellung des anzufechtenden Beschlusses eingegangen, deshalb sei auch die Beschwerdegebühr verspätet und die Beschwerde müsse als nicht eingelegt angesehen werden. Auf näher begründete Gegenvorstellungen der Widersprechenden hat der Rechtspfleger ergänzend ausgeführt, ihrem Verfahrensbevollmächtigten sei zuzumuten gewesen, sich über die Rechtslage zu informieren. Zwar sei der erste Beschluß unvollständig gewesen, seinem Tenor und den Gründen sei aber der Wille der Markenstelle eindeutig entnehmbar gewesen. Die Beschwerde hätte daher gegen diesen Beschluß erhoben werden müssen, der nachfolgende Berichtigungsbeschluß habe dagegen keine eigene Beschwer enthalten. Etwaige mündlich erteilte Auskünfte des Patentamts seien nicht verbindlich.

Hierauf stellt die Widersprechende Antrag auf Wiedereinsetzung in die u.U. mit dem ersten Beschluß in Lauf gesetzte Beschwerdefrist und macht geltend, die mit dem Beschluß vom 27. August 1999 in Lauf gesetzte Rechtsmittelfrist sei nicht versäumt. Sie habe unmittelbar nach Erhalt des ersten Beschlusses am 15. Juli 1999 dessen Lückenhaftigkeit schriftlich gerügt. In diesem Zusammenhang habe sie um eine vollständige Ausfertigung und ferner um eine Bestätigung gebeten, daß die Rechtsmittelfrist mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses erneut zu laufen beginne. Der Beschlußverfasser der Markenstelle habe daraufhin angerufen, eine berichtigte Beschlußfassung in Aussicht gestellt und mitgeteilt, die Frist für die Beschwerdeerhebung beginne erst mit dem Tage des Eingangs der vollständigen Beschlußbegründung zu laufen. Deshalb habe die Widersprechende den Berichtigungsbeschluß abgewartet, gegen den dann am 29. September 1999 Beschwerde erhoben worden sei.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde gilt wegen verspäteter Zahlung der Beschwerdegebühr nach § 66 Abs. 5 MarkenG als nicht eingelegt. Der Antrag der Widersprechenden, sie nach § 91 MarkenG in die Beschwerdefrist wieder einzusetzen, ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Beschwerde vom 30. September 1999 ist verspätet eingelegt und die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet worden.

Die am 30. September 1999 eingegangene Beschwerde der Widersprechenden richtet sich ihrem Inhalt nach gegen die Sachentscheidung der Markenstelle vom 3. Mai 1999 und nicht gegen den Berichtigungsbeschluß vom 27. August 1999. Die einleitende Beschwerdeerklärung nimmt zwar Bezug auf den Berichtigungsbeschluß der Markenstelle vom 27. August 1999, dessen Tenor eine im Einzelnen formulierte Beschlußergänzung enthält. Der Sachantrag richtet sich jedoch nicht gegen diese Beschlußergänzung, sondern auf die Löschung der angegriffenen Marke, also eine Entscheidung in der Sache, die aber Gegenstand des vorangegangenen Beschlusses vom 3. Mai 1999 war. Die Beschwerde ist deshalb als Beschwerde in der Sache selbst auszulegen (§ 133 BGB), was auch durch die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags bestätigt wird.

Ein Berichtigungsbeschluß eröffnet nur dann eine neue Rechtsmittelfrist, wenn er selbst einen Rechtsnachteil mit sich bringt (Beschwer, vgl. BPatGE 9, 128, 132). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der (entsprechend §§ 80 Abs. 1 MarkenG, 319 ZPO ergangene) Berichtigungsbeschluß den ursprünglichen Beschluß lediglich ergänzt, ihn aber in seinem Sachausspruch nicht berührt hat.

Der Beschluß vom 3. Mai 1999 war trotz seiner unvollständigen Fassung auch nicht etwa, wie die Widersprechende offenbar meint, nichtig, sondern wirksam geworden und insofern anfechtbar. So ließen sich der Ausfertigung dieses Beschlusses die Entscheidungsformel und die tragenden Gründe für die Entscheidung in einer alle wesentlichen Punkte in folgerichtiger Darstellung enthaltenden Passage entnehmen, was ausreicht, um den für die Widersprechende hierdurch entstandenen Rechtsnachteil nachvollziehbar zu begründen. Die Auslassung läßt keinen Mangel in der Willensbildung der Markenstelle, etwa eine sinnentstellende Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit erkennen (s. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 47. Aufl. § 319 2 I.A; Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., § 61 Rdn. 11f.). Das nachfolgende Berichtigungsverfahren hat hierauf grundsätzlich keinen Einfluß. Der Berichtigungsbeschluß hatte insbesondere nicht, wie in Ausnahmefällen denkbar (vgl. dazu BPatGE 24, 229, 231), eine eigenständige Beschwer geschaffen. Die in den Beschlußgründen fehlende Passage betraf lediglich eine einleitende Wendung im Zusammenhang mit der im Anschluß im Einzelnen folgenden Prüfung der Verwechslungsgefahr der Marken; das Ergebnis der vorangegangenen Sachentscheidung ist davon nicht beeinflußt.

Demzufolge wurde die Beschwerdefrist nicht erst, wie die Widersprechende meint, mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses, sondern bereits mit der am 15. Juli 1999 erfolgten Zustellung des vorangegangenen Beschlusses des Erinnerungsprüfers vom 3. Mai 1999 in Lauf gesetzt. Die Frist zu ihrer Anfechtung war mit dem 15. August 1999 abgelaufen. Der Beschwerdeschriftsatz und die mit ihm durch Gebührenmarken entrichtete Beschwerdegebühr sind nicht innerhalb dieser Frist eingegangen. Da mit der Beschwerde zugleich die Beschwerdegebühr entrichtet war, gilt nach § 66 Abs. 5 S. 2 MarkenG die erst am 30. September 1999 eingegangene Beschwerde als nicht eingelegt.

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist kann nicht gewährt werden. Zwar sind der Antrag, die nachgeholte Handlung und eine Begründung rechtzeitig erfolgt, jedoch ist der Antrag nicht begründet, weil die Frist wegen eines vermeidbaren Rechtsirrtums nicht unverschuldet versäumt worden ist.

Die verkehrsübliche Sorgfalt des Anwalts, dessen Handeln der Widersprechenden zugerechnet wird (§ 85 Abs. 2 ZPO), hätte zunächst erfordert, die Rechtsverbindlichkeit der Beschlußzustellung vom 15. Juli 1999 zu überprüfen. Hierbei wäre anhand einer genaueren Analyse der Beschlußgründe (vgl. dazu oben) erkannt worden, daß eine wirksame und nachteilige Sachentscheidung vorlag, die unabhängig von der erkannten Unvollständigkeit der Begründung ggf. fristgerecht anzufechten war. Es handelte sich bei alledem nicht um eine unklare oder widersprüchlich beurteilte Rechtslage.

Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die geltend gemachte mündliche Rechtsauskunft des Erinnerungsprüfers der Markenstelle in Frage gestellt. Ihr genauer Inhalt ist für den Senat ohnehin nicht zweifelsfrei erkennbar geworden, zumal eine förmliche Glaubhaftmachung fehlt. Der rechtlich relevante Inhalt des Gesprächs nach Maßgabe der beiden Schriftsätzen der Widersprechenden vom 27. Januar 2000 und 25. Februar 2000 differiert. So steht die anfangs mitgeteilte, eher allgemeiner gehaltene Wiedergabe des Gesprächsinhalts einer rechtlich zutreffenden Darstellung durch die Markenstelle durchaus nicht entgegen.

Selbst wenn demgegenüber die eindeutigere Darstellung zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags unterstellt wird, beseitigt dies nicht das Verschulden der Widersprechenden. Denn auf mündliche Auskünfte eines Bediensteten - sei es zutreffend oder nicht - kann ein Verhalten nicht gestützt werden, wenn die gebotene Sorgfalt die Prüfung und Würdigung der Rechtslage durch den Anwalt selbst erfordert (vgl. auch BGH Mitt. 1994, 280 zur unrichtigen Auskunft einer Geschäftsstelle in einem vergleichbaren Berichtigungsfall, sowie die umfangreiche Rspr. zur Frage des Rechtsirrtums eines Anwalts, s. etwa Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann a.a.O., § 233 Abschnitt 4 "Übersicht" zu den Stichwörtern "Gesetzesunkenntnis" und "Anderer Anwalt").

3. Da nach alledem die Beschwerde als nicht eingelegt gilt, wird die Beschwerdegebühr von Amts wegen als nicht verfallene Gebühr zurückzuzahlen sein (Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Aufl., § 71 Rdn. 31).

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/29W(pat)369-99.1.3.gif






BPatG:
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