Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juni 2009
Aktenzeichen: 28 W (pat) 108/08

(BPatG: Beschluss v. 17.06.2009, Az.: 28 W (pat) 108/08)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 4357621 die laut CTM-Register seit dem 1. August 2006 als Bildmarke und zwar für die Ware der Klasse 3

"Grundierung" eingetragen ist, wurde Widerspruch eingelegt gegen die Eintragung der für eine Vielzahl von Waren der Klassen 3, 5, 10, und 25, darunter

"Mittel zur Körperund Schönheitspflege" geschützten Wort-/Bildmarke 304 72 869 Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patentund Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, trotz einer möglichen Warenidentität sei eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Wort/Bildmarken mangels hinreichender Ähnlichkeit im Gesamteindruck zu verneinen. Auch die einander gegenüberstehenden Wortfolgen "Hydro Fit Hydas" und "DIORSKIN HYDRA-FIT" unterschieden sich bereits auffällig in ihrer Wortlänge. Es bestehe darüber hinaus kein Anlass, einen Bestandteil der Marken wegzulassen oder zu vernachlässigen. Dies gelte umso mehr, als die Bestandteile "Hydro Fit" und "HYDRA-FIT" auf eine gesunde Feuchtigkeit hinwiesen und damit kennzeichnungsschwach seien, so dass der Verkehr den Firmenbestandteil zur Unterscheidung heranziehe.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die Markenstelle habe die Verwechslungsgefahr fehlerhaft beurteilt und dabei insbesondere die Kennzeichnungsgewohnheiten im Kosmetiksektor außer Acht gelassen. Regelmäßig würden die Produkte mit einer Herstelleroder Dachmarke versehen; darüber hinaus erhielten die Produkte einer bestimmten Produktlinie eine weitere Kennzeichnung. Im Kosmetiksektor sei eine Branchengewohnheit dahingehend zu beobachten, dass erst die Drittmarken den eigentlichen Produktnamen enthielten. An derartige Mehrfachkennzeichnungen seien die Verbraucher gewöhnt und bedienten sich zur Abgrenzung von anderen Produkten des eigentlichen Produktnamens, hier "HYDRA-FIT". Auch die Inhaberin der jüngeren Marke bediene sich der Mehrfachkennzeichnung, die aus dem Produktkennzeichen "Hydro Fit" und dem Unternehmenszeichen "Hydras" in grafischer Ausgestaltung bestehe. Der Verbraucher erkenne innerhalb der jüngeren Marke das selbständig abtrennbare Firmenzeichen "Hydras". Dem Widerspruch müsse stattgegeben werden, da der BGH unter dem Eindruck der EuGH-Entscheidung "Thomson-Life" die Auffassung vertrete, dass selbständig kennzeichnende Bestandteile von Kombinationsmarken genauso wie eigenständige Marken bei Ähnlichkeiten mit der älteren Marke die Gefahr von Verwechslungen begründeten. Vorliegend sei das der Fall, da die selbständig kennzeichnenden Elemente der Vergleichsmarken "HYDRA-FIT" und "HYDRO-FIT" sich gegenüber stünden, die sich lediglich unwesentlich in den Vokalen der Zeichenmitte unterschieden.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Erinnerungsbeschluss vom 10. Juni 2008 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist eine Marke dann zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Ob eine solche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanter Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen insbesondere die Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens sowie die Ähnlichkeit der Vergleichswaren und der Vergleichsmarken zu zählen sind (stRspr.).

Der Widerspruchsmarke kann in ihrer Gesamtheit eine normale Kennzeichnungskraft zugestanden werden. Ausgehend von der Registerlage können sich die Vergleichsmarken zudem auf identischen Waren begegnen. Trotz der sich daraus ergebenden hohen Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Kennzeichnungen aus Rechtsgründen auszuschließen.

Bei der Prüfung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken diese jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Dass sich die Vergleichsmarken als Ganzes sowohl in klanglicher, wie auch in (schrift-) bildlicher und begrifflicher Hinsicht deutlich voneinander unterscheiden, wird auch von der Widersprechenden nicht in Frage gestellt. Allerdings kann in Kombinationsmarken auch einzelnen Bestandteilen eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen, so dass sie für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (BGH GRUR 2006, 859, 860, Rdn. 18 -Malteserkreuz, EuGH, Urt. v. 6.10.2005 -C-120/04, GRUR 2005, 1042 Tz 28/29 = WRP 2005, 1505 -THOMSON LIFE). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH a. a. O.). Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die auf dem konkreten Warengebiet vorherrschenden Kennzeichnungsgewohnheiten und die Gewöhnung der beteiligten Verkehrskreise an solche Gepflogenheiten. So kann zwar mit der Widersprechenden davon ausgegangen werden, dass der Verkehr im Kosmetiksektor weiß, dass auf Warenverpackungen häufig neben der Herstellerbzw. Dachmarke noch der Name einer Produktlinie erscheint und möglicherweise erst eine weitere Kennzeichnung das eigentliche Produkt benennt. Jedoch muss bei der Beurteilung des konkreten Einzelfalls stets berücksichtigt werden, dass die Frage der Verwechslungsgefahr, als normativ auszufüllender Rechtsbegriff, maßgeblich von der Erwägung bestimmt wird, welcher konkrete Schutzumfang einer Marke zuzumessen ist bzw. welchen Abstand die Widerspruchsmarke von einer prioritätsjüngeren Marke fordern kann. Nach ständiger Rechtsprechung können aus kennzeichnungsschwachen oder sogar schutzunfähigen Markenteilen in kollisionsrechtlicher Hinsicht keine Rechte hergeleitet werden (BGH GRUR 2004, 778, 779 -URLAUB DIREKT; BPatG, 28 W(pat) 280/03 -Biocult 7/Bio-Cult), selbst wenn sie in einer Kennzeichnung möglicherweise blickfangartig herausgestellt werden (vgl. Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 276 m. w. N.). Zwar neigt der Verkehr durchaus dazu, mehrgliedrige Markenbezeichnungen schon aus Bequemlichkeitsgründen zu verkürzen und mit dem Bestandteil zu benennen, der ihm hierfür besonders nahe gelegt wird. Eine Verkürzung der angegriffenen Marke auf den Wortbestandteil "Hydro fit", der dann kollisionsbegründend dem Bestandteil "HYDRA-FIT" der Widerspruchsmarke gegenübergestellt werden könnte, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den genannten Markenwörtern um produktbeschreibende Bestandteile bzw. hieran angelehnte Bezeichnungen handelt. Bezogen auf die fraglichen Waren erscheinen weder der in beiden Marken identisch vorhandene Bestandteil "fit" als Synonym für "gesund" noch "Hydro"-als geläufiges Kürzel vor allem am Wortanfang zusammengesetzter Bezeichnungen mit der Bedeutung "Wasser, Feuchtigkeit" für sich genommen als schutzfähig. Das zeigen geläufige Wortbildungen wie "Hydro-Lipid-Gleichgewicht", "Hydro-Fitness" "Hydrolyse" sowie nicht eintragungsfähige Wortmarken in Kl. 3 wie "Hydro-Balance-System" und "HYDROGOMMAGE" sowie (u.a. für Spabäder und Swimmingpools) "Hydropool", (veröffentlicht jeweils in PAVIS PROMA). Auch die Kombination beider beschreibender Elemente kann eine Eintragungsfähigkeit für Waren insbesondere der Klasse 3 nicht begründen. Daher bestehen erhebliche Zweifel an einer selbständig kennzeichnenden Stellung bezüglich des Elements "HYDRA-FIT" der Widerspruchsmarke, das gegenüber der glatt beschreibenden Angabe "Hydro-Fit" lediglich geringfügig abgewandelt und damit aus Rechtsgründen nicht geeignet ist, bei der Frage der Markenähnlichkeit isoliert kollisionsbegründend herangezogen zu werden. Abgesehen davon, dass der produktbeschreibende Bezug für die angesprochenen Verbraucher im Vordergrund steht, führt die einheitliche Schrifttype, in der die zweizeilige Widerspruchsmarke gehalten ist, ebenfalls von einer Aufspaltung der Zeichenelemente weg, wobei es bei der maßgeblichen Registerlage unerheblich ist, wie die Widerspruchsmarke etwa zusammen mit weiteren Marken auf einem konkreten Produkt möglicherweise in Erscheinung tritt.

Vor diesem Hintergrund kann die Übereinstimmung der Vergleichsmarken in den Markenelementen "HYDRO" und "FIT" bereits aus Rechtsgründen weder in klanglicher noch in bildlicher oder begrifflicher Hinsicht die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen begründen.

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken vom Verkehr gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dies bereits deshalb nicht, weil die an die produktbeschreibenden Elemente "HYDRO" und "FIT" angelehnten Bestandteile der Widerspruchsmarke nicht geeignet sind, als hinweisende Stammbestandteile hervorzutreten. Anhaltspunkte für die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sind weder von der Widersprechenden vorgetragen worden noch ersichtlich.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von den Verfahrensbeteiligten nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 17.06.2009
Az: 28 W (pat) 108/08


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