Bundespatentgericht:
Urteil vom 9. Dezember 2004
Aktenzeichen: 2 Ni 8/03

(BPatG: Urteil v. 09.12.2004, Az.: 2 Ni 8/03)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des Patents DE 34 31 810 (Streitpatent), das am 30. August 1984 unter Inanspruchnahme der Priorität der japanischen Anmeldung P 58-161514 vom 1. September 1983 angemeldet wurde und eine "Optisch auslesbare Platte" betrifft. Der einzige Patentanspruch hat folgenden Wortlaut:

"Optisch auslesbare Platte mit einer Aufzeichnungsspur, in der Rahmen (Fn) mit digitalen Hauptdaten (DB(1~32)) und digitalen Unterdaten (DB(0)) aufgezeichnet sind, von denen jeweils eine Anzahl von Rahmen (z.B. 98) mit über diese Rahmen verteilten zusammenhängenden Unterdaten (DB(0)) einen Block (Fig.2) bilden, dadurch gekennzeichnet, dass die Hauptdaten (DB(1~32)) eines jeweiligen Blocks ein Adreß-Signal enthalten, das die Hauptdaten (DB(1~32)) dieses Blocks adressiert."

Die Klägerin macht mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend, dass das Streitpatent gegenüber der prioritätsbegründenden Voranmeldung unzulässig erweitert worden sei, folglich die Priorität der Voranmeldung zu unrecht beansprucht werde, ihm als Datenverarbeitungsprogramm die Patentierbarkeit fehle und es die Erfindung nicht so deutlich offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Weiterhin sei das Streitpatent deswegen nicht patentfähig, weil ihm gegenüber der älteren Patentanmeldung, deren Inhalt durch die EP 0 133 790 A1 offengelegt wurde, die Neuheit fehle, jedenfalls aber Erfindungshöhe gegenüber dem weiteren Stand der Technik nicht bestehe.

Sie beruft sich hierzu auf folgende Unterlagen:

N2: Merkmalsanalyse N3: Patent Abstracts of Japan 60052961 A N4: GB 2 145 855 A N5: US 4,641,295 N6: EP 0 133 790 B1 N7: EP 0 133 790 A1 N8: EP 0 079 669 B1 N9: EP 0 079 669 A1 N10: JP 57-182249 mit Patent Abstracts of Japan 57182249 A N11: GB 2 101 356 A N12: DE 34 31 810 A1 N13: Gutachten Prof. Höher vom 21.10.2003 i.V. LG Mannheim 7 - O - 59/02 N14: US 4,067,044 N15: JP 55 - 64613 mit Abstract 55064613 A N16: JP 57-137936 mit Abstract 57137936 A N17: JP 55 - 88127 mit Abstract 55088127 A Die Klägerin beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf:

B1: DIN - Norm 60 908 für Digital-Audio-System Compact Disc (Stand Jan.1994)

B2: Urteil 4 Ni 38/00 B3: Urteil 4 Ni 39/00 B4: DE 31 19 669 C2 B5: DE 31 25 529 C2 B6: Bibliographie zu Ç CIRC È - Verfahren B7: Heemskerk/Schouhamer Immink, "Compact Disc: system aspects and modulation", Phillips tech. Rev. 40, S 157-164, 1982, No. 6 B8: Lodewijk u.a., "The compact disc digital audio system: modulation and errorcorrection", 67th Convention 1980 Oct. 31/Nov. 3, New York (AES-Preprint)

B9: Nakajima u.a., "The Sony book of digital audio technology", 1983 (Auszug)

B10: Hoeve, Timmermans, Vries, "Error correction and concealment in the Compact Disc system", Phillips tech. Rev. 40, S 166-172, 1982, No. 6 B11: Immink, "Modulation systems for digital audio discs with optical readout", S 587 - 589, 1981 (IEEE)

B12: Bericht 12. Tonmeistertagung München 1981 des Verbands Deutscher Tonmeister B13: englische Übersetzung der jap. Anm. SHO 58-140749

Gründe

Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe fehlender Patentierbarkeit (§§ 1 Abs 2 Nr 3, 21 Abs 1 Nr 1, 22 Abs 1 PatG), fehlender Ausführbarkeit (§§ 21 Abs 1 Nr 2, 22 Abs 1 PatG), unzulässiger Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Anmeldung (§§ 21 Abs 1 Nr 4, 22 Abs 1 PatG) und fehlender Patentfähigkeit (§§ 1 Abs 1, 3, 4, 21 Abs 1 Nr 1, 22 Abs 1 PatG) geltend gemacht werden, ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Die Zulässigkeit trotz inzwischen abgelaufener Schutzdauer ergibt sich aus der Inanspruchnahme der Klägerin aus dem Streitpatent im anhängigen Verletzungsverfahren, wodurch das insoweit erforderlich gewordene individuelle Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin begründet wird (vgl Busse, PatG 6. Aufl, § 81 Rdnr 49).

Die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe greifen dagegen nicht durch.

I A) Das mit der Nichtigkeitsklage angegriffene Patent betrifft nach Sp 1, Z 3 - 8 der Patentschrift und dem Oberbegriff des einzigen Anspruchs "eine optisch auslesbare Platte mit einer Aufzeichnungsspur, in der Rahmen mit digitalen Hauptdaten und digitalen Unterdaten aufgezeichnet sind, von denen jeweils eine Anzahl von Rahmen mit über diese Rahmen verteilten zusammenhängenden Unterdaten einen Block bilden".

In Spalte 2, Zeile 18 - Spalte 3, Zeile 23 in Verbindung mit den Figuren 1 und 2 des Streitpatents wird eine derartige Anordnung von Aufzeichnungsdaten auf einer Platte (Compact Disc) beispielhaft erläutert. Danach weist jeder aufgezeichnete Rahmen Fn (neben anderen Daten, zB Rahmensynchronisationszeichen) Datenwörter 0 bis 32 auf. Das 0. Datenwort jedes Rahmens enthält jeweils digitale Unterdaten, die zum Steuern des Abspielens der Platte dienen, während die 1. bis 32. Datenwörter Audiodaten und zugehörige Paritätsdaten enthalten, die dem Hauptkanal zugeordnet sind, also die Hauptdaten.

Bei der in Figur 2 dargestellten Anordnung der Aufzeichnungsdaten auf einer Platte bilden 98 Rahmen (F0 - F97) einen Block. Auch der im Patentanspruch genannte Zusammenhang der über die Rahmen verteilten Unterdaten ist aus Figur 2 in Verbindung mit Spalte 3, Zeilen 2 - 23 ersichtlich. So erstrecken sich die in den 0. Datenwörtern der Rahmen enthaltenen Unterdaten, bspw das Feld Q (inklusive zwei Bits für Synchronisationsmuster), über alle 98 Rahmen eines Blockes. Die Mindesteinheit zur Änderung der digitalen Unterdaten beträgt 98 Rahmen (vgl Sp 3, Z 24 - 26), dh sie kann nur blockweise erfolgen.

In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents wird weiter erläutert, dass von der bekannten optischen (Audio-) Platte bzw Compact Disc mit geeigneten Geräten stereophonische Musik mit hoher Qualität wiedergegeben werden kann. Wenn jedoch von einer solchen Platte anstatt stereophonischer Musik ohne wesentliche Änderung des Aufbaus des Abspielgeräts digitale Daten, wie bspw Zeichen darstellende Daten, Anzeigedaten oder Programmdaten wiedergegeben werden könnten, würde ein großer Anwendungsbereich für Compact Disc-Systeme geschaffen. Da Compact Discs andererseits hauptsächlich für die Wiedergabe von Audiosignalen benutzt werden, würde der Anfang der Daten auf der Platte auf der Basis einer verhältnismäßig großen Einheit aufgesucht, bspw einer Musikprogrammeinheit. Bei der Verwendung der Platte als Speicherplatte müssten die Daten dagegen auf der Basis einer viel kleineren Einheit in der Größenordnung von 128 Bytes bis zu 10 kBytes gelesen werden (vgl Sp 1, Z 9 - 37 des Streitpatents).

In Übereinstimmung mit dieser Problemstellung wird als der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe die Schaffung einer optisch auslesbaren Platte mit der Datenstruktur einer Audio-Compact-Disc genannt, von der Daten in kleineren Einheiten als für Audiodaten vorgesehen auf einfache Weise und zuverlässig adressierbar ausgelesen werden können (vgl Sp 1, Z 46 - 51 des Streitpatents).

Dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs gemäß soll die Lösung dieser Aufgabe dadurch gelingen, "dass die Hauptdaten eines jeweiligen Blocks ein Adreß-Signal enthalten, das die Hauptdaten dieses Blocks adressiert."

Der Patentanspruch schlägt sonach vor, bei einer optisch auslesbaren Platte in dem bisher zur (Audio-) Datenaufzeichnung dienenden Bereich der Hauptdaten eines Blockes ein Adreß-Signal vorzusehen, "das die Hauptdaten dieses Blockes adressiert", dh die Blockadresse angibt. Einen bestimmten Ort für die Aufzeichnung des Adreß-Signals innerhalb der Hauptdaten gibt der Anspruch nicht vor. Bei dem in Figur 3 gezeigten Ausführungsbeispiel ist das Adreß-Signal (24 bits) im ersten Rahmen F0 des Blockes aufgezeichnet.

Aus den Angaben im Anspruch konnte der einschlägige Fachmann, ein Diplomingenieur der Nachrichtentechnik mit vertieften Kenntnissen auf dem Gebiet der optischen Speichertechnik, jedenfalls unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschreibung des Patents entnehmen, dass durch das Vorsehen eines Adreß-Signals in den Hauptdaten eines Blockes und der Auswertung dieses Signals bei einem Auslesevorgang eine einfache und zuverlässige Möglichkeit geschaffen wurde, einen bestimmten Block der Datenaufzeichnung aufzufinden.

B) Die Klägerin macht geltend, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Sie führt an, dass eine einfache und zuverlässige Adressierung und damit ein Auffinden eines bestimmten Blockes von Daten bereits bei der Platte möglich sei, die in der Beschreibung des Patents als vorbekannt erläutert wird. Aus den Angaben in Spalte 3, Zeilen 11 - 23 der Patentschrift ergebe sich, dass bei der bekannten Platte ein Adresssignal in Form eines Zeitanzeigecodes im Q-Kanal der Unterdaten der enthalten sei. Daneben gelinge die beabsichtigte Adressierung von kleineren Einheiten in der Größenordnung von 128 Bytes auch mit dem vorgeschlagenen Adreß-Signal in den Hauptdaten nicht.

Der Klägerin ist zuzugestehen, dass die unmittelbare Adressierung von kleineren Einheiten als der eines Blockes durch das erfindungsgemäße Vorsehen eines Adreß-Signals in den Hauptdaten nicht möglich ist. Dennoch wird der Fachmann davon ausgehen, dass auch dieser Aspekt der gestellten Aufgabe gelöst wird. Denn der Anspruch gibt keine genaue Bemessung der Blockgröße vor, so dass bei einer entsprechenden Verringerung der im Anspruch beispielhaft genannten Anzahl von 98 Rahmen auch die genannte untere Grenze von 128 Bytes als adressierbare Einheit erreicht werden kann. Das in der Patentschrift erläuterte Beispiel geht von einer Blockgröße von 2352 Bytes aus (vgl Sp 3, Z 49 - 53) und liegt damit ebenfalls im angestrebten Bereich.

Was das Argument anbelangt, dass die als bekannt vorausgesetzte (Audio-) Compact Disc ein entsprechendes Adreß-Signal bereits in Form eines Zeitanzeigecodes im Q-Kanal der Unterdaten der bekannten Platte enthält, so kann dies mangels verbindlicher Angaben zum Inhalt der Unterdaten dahingestellt bleiben. Für den Fachmann ist jedenfalls erkennbar, dass sich durch das Vorsehen eines Adreß-Signals in den Hauptdaten die Adressierung, wie gewünscht, vereinfacht. Denn ein in den Unterdaten ggf enthaltener Zeitanzeigecode bzw ein Adreß-Signal wäre, wie im Anspruch angegeben, über alle Rahmen eines Blockes verteilt, was zwangsläufig zur Folge hat, dass das Adreß-Signal erst nach dem vollständigen Lesen aller Rahmen eines Blockes zur Verfügung steht. Bei der mit dem Anspruch vorgeschlagenen Anordnung in den Hauptdaten steht das Adreß-Signal jedoch bereits zu Beginn eines Lesevorgangs für einen Block zur Verfügung, jedenfalls wenn es am Blockanfang aufgezeichnet ist, etwa im ersten Rahmen, wie in Figur 3 angegeben. Dadurch verkürzt sich beim Auslesen eines Datenblocks die Zeitspanne, die nötig ist, um festzustellen, ob dieser Block der gewünschte ist und seiner weiteren Verwendung zugeführt werden darf.

Das Patent offenbart sonach die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

C) Die Klägerin macht außerdem geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents an drei Stellen über Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus erweitert sei. Das Streitpatent nimmt die Priorität der japanischen Voranmeldung JP P 58-161514 vom 1. September 1983 in Anspruch. Bei ihren Ausführungen zur unzulässigen Erweiterung bezieht sich die Klägerin auf die beim Deutschen Patentamt eingereichte Übersetzung der japanischen Ursprungsanmeldung, die als DE 34 31 810 A1 veröffentlicht wurde.

Eine unzulässige Erweiterung des Anspruchs erkennt die Klägerin darin, dass der erteilte Anspruch generell von "einer Anzahl von Rahmen" ausgeht, die einen Block bilden, was ihrer Ansicht nach auch nicht ganzzahlige Anzahlen einschließt, während Seite 3, Zeilen 4 - 10 der DE 34 31 810 A1 nur eine Anzahl von Rahmen "einer Ganzzahl oder eines Faktors einer Ganzzahl" offenbart, dh nur ganzzahlige Anzahlen. Eine Interpretation des erteilten Anspruchs dahingehend, dass ein Block nicht nur ganze Anzahlen von Rahmen, sondern auch Bruchteile einer Anzahl, dh letztlich Bruchteile von Rahmen umfassen könnte, ist für den Fachmann im Kontext des Patents jedoch abwegig. Denn das Patent (vgl Sp 2, Z 19 - 22) geht, ebenso wie die ursprünglichen Unterlagen (vgl S 4, Z 2 - 5 der DE 34 31 810 A1) davon aus, dass den Rahmen eine bestimmte und für alle Rahmen gleiche Größe zukommt. Beide Fundstellen setzen die Rahmengröße auf ein einheitliches Maß, hier 588 Bits. Im übrigen hätte die Verwendung von Bruchteilen von Rahmen keinen Einfluß auf die beabsichtigte einfachere Adressierung.

Die Klägerin sieht eine Erweiterung des Gegenstands des Patents weiterhin in dem Merkmal des erteilten Anspruchs, dass das Adreß-Signal "die Hauptdaten dieses Blocks adressiert". Sie verweist hierzu auf Seite 6, Zeilen 29 - 30 der DE 34 31 810 A1. Dort ist ausgeführt, dass das Adreß-Signal "zum Spezifizieren" der Daten im Block dient. Diese Formulierung versteht der Fachmann so, dass durch das Adreß-Signal ein bestimmter Block von anderen unterscheidbar gemacht wird und somit aufgefunden werden kann. Unter einer derartigen Spezifizierung versteht der Fachmann aber nichts anderes als eine Adressierung.

Weiterhin macht die Klägerin geltend, dass Spalte 3, Zeilen 17 - 20 der Patentschrift von einem Zeitanzeigecode zum Anzeigen von Minuten, Sekunden und Blöcken spricht, während in Seite 5, Zeilen 22 - 25 der DE 34 31 810 A1 abweichend von Minuten, Sekunden und Rahmen gesprochen wird. Die diesbezüglich geltend gemachte Erweiterung ist ohne Belang für das Streitpatent, da der Aufbau des Zeitanzeigecodes im einzelnen ersichtlich nicht Gegenstand des Streitpatents ist.

D) Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht auf technischem Gebiet liege, da die auf der Platte befindlichen Daten ausschließlich der Steuerung des Auslesevorgangs dienten, damit ein Programm für eine Datenverarbeitungsanlage als solches darstellten und sonach unter den Patentierungsausschluss des § 1 Abs 2 Nr 3, Abs 3 PatG fielen. Sie verweist hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" (vgl GRUR 2002, 143).

Die Argumentation der Klägerin greift schon deshalb nicht, weil Gegenstand des Streitpatents eine bestimmte Abfolge und Anordnung von Daten auf einer Platte und nicht die Aufzeichnung eines Datenverarbeitungsprogramms auf einem Aufzeichnungsträger ist. Aber selbst wenn die Anordnung der Daten bzw Adressen als Anweisung an die Steuerung des Abspielgeräts (Computer) gesehen würde, könnte dem Gegenstand des Streitpatents der technische Charakter nicht abgesprochen werden. Denn mit der im Patentanspruch angegebenen Anordnung von Daten, insbesondere der Anordnung eines (Block-) Adreß-Signals im Bereich der Hauptdaten wird die Lösung eines konkreten technischen Problems bewirkt, nämlich das einer einfacheren und schnelleren Adressierung der Hauptdaten auf der Platte, wie oben im einzelnen erläutert. Eine solche Lehre unterfällt nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs in "Suche fehlerhafter Zeichenketten" auch dann nicht dem Patentierungsverbot für Computerprogramme "als solche", wenn sie durch ein Datenverarbeitungsprogramm oder andere computergerechte Anweisungen implementiert ist (vgl Leitsatz 1, 144 rechte Sp aaO).

E) Unzutreffend ist auch die Auffassung der Klägerin, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei.

Die Klägerin hält die Platte nach dem Anspruch des Streitpatents für vorweggenommen durch die EP 0 133 790 A1 (N7). Die in der Beschreibungseinleitung des Patents gewürdigte prioritätsältere EP 0 133 790 A1 beschreibt eine optisch auslesbare Platte (disc) und ein Abspielgerät für diese Platte. Auf dieser bekannten Platte werden die Daten auf einer Aufzeichnungsspur aufgezeichnet, die in Rahmen (frame) mit digitalen Hauptdaten (main digital data) und digitalen Unterdaten (subdigital data) gegliedert sind. Jeweils eine Anzahl von Rahmen (98, vgl Fig 2 der N7, ebenso Fig 2 des Streitpatents) bilden einen Block mit über diese Anzahl von Rahmen verteilten Unterdaten (DB(0)). In soweit besteht Übereinstimmung zwischen der Anordnung der Daten auf der Platte nach dem Streitpatent und der EP 0 133 790 A1. Nach dem Streitpatent enthalten die Hauptdaten eines Blockes ein Adreß-Signal, das die Hauptdaten dieses Blockes adressiert, dh deren Adresse angibt. Auch die EP 0 133 790 A1 lehrt das Vorsehen eines Adreß-Signals (block address signal) in den Hauptdaten (vgl Patentansprüche 1 u 6 der EP 0 133 790 A1). Im Unterschied zum Streitpatent wird dabei jedoch eine andere Blockstruktur zugrunde gelegt. Wie sich aus den Erläuterungen auf Seite 5, Zeilen 4 - 34 in Verbindung mit den Figuren 3A bis 3D der N7 ergibt, werden jeweils 5 der 98 Rahmen umfassenden Blöcke iSd Streitpatents zu einem BLOCK' mit 490 Rahmen zusammengefasst und diesem ein Adreß-Signal (A0, A1, A2, A3) zugeordnet (vgl Fig 3A). Diese Blockstruktur erfordert sonach - im Gegensatz zu der einfachen Blockstruktur des Streitpatents - zur Adressierung eines gewünschten Blockes (mit 98 Rahmen) nicht nur die Auswertung des in den Hauptdaten enthaltenen Adreß-Signals eines BLOCK', sondern weiterhin die Auswertung der im Q-Kanal der Unterdaten enthaltenen Zeitanzeigecodes, damit ein bestimmter Block innerhalb des BLOCK' aufgefunden werden kann. Sie verfehlt damit die mit dem Streitpatent gewünschte einfachere Adressierung eines Blockes.

Der Meinung der Klägerin, dass der BLOCK' mit 490 Rahmen iSd EP 0 133 790 A1 mit dem Block iSd Streitpatents gleichzusetzen sei, ist nicht zu folgen. Ein Block gemäß den Angaben im erteilten Patentanspruch definiert sich über zusammenhängende Unterdaten. Dieser Zusammenhang der Unterdaten ist für den Fachmann gleichbedeutend mit der Mindesteinheit zur Änderung der digitalen Unterdaten, da diese jeweils für genau einen Block gelten. Bei dem im Streitpatent angegebenen Ausführungsbeispiel beträgt diese Mindesteinheit zur Änderung und somit die Blockgröße 98 Rahmen, wie in Spalte 3, Zeilen 24 - 26 angegeben. Auch nach der EP 0 133 790 A1 beträgt die entsprechende "minimum unit of change" 98 Rahmen (vgl S 5, Z 4 - 7 und Z 15 - 19 iVm Fig 3A der EP 0 133 790 A1) und bezieht sich damit nicht, wie die Klägerin meint, auf den BLOCK' mit 490 Rahmen, sondern auf eine der fünf Untereinheiten des BLOCK'.

Der Gegenstand des Streitpatents ist deshalb neu gegenüber dem Gegenstand der EP 0 133 790 A1.

Die optisch auslesbare Platte nach dem Streitpatent beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Klägerin hält den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs schon durch die GB 2 101 356 A (N 11) allein oder jedenfalls unter gemeinsamer Betrachtung mit der EP 0 079 669 A1 (N 9) für nahegelegt.

Der Klägerin ist insoweit beizutreten, als in der GB 2 101 356 A eine optisch auslesbare Platte mit einer Aufzeichnungsspur beschrieben ist, in der Rahmen mit digitalen Hauptdaten und Unterdaten aufgezeichnet sind, von denen jeweils eine Anzahl von Rahmen mit über diese Rahmen verteilten zusammenhängenden Unterdaten einen Block bilden (vgl S 1, Z 7 - 8 und S 3, Z 44 - 58 iVm Fig 6). Eine Anregung in Hinsicht darauf, dass die Hauptdaten des Blockes ein Adreß-Signal enthalten sollen, das die Blockadresse angibt, enthält diese Druckschrift jedoch nicht. Die Klägerin hält einen solchen Hinweis für entbehrlich, da ihrer Ansicht nach dieses Merkmal des Anspruchs nicht zur Lösung eines konkreten technischen Problems beiträgt und deshalb unbeachtlich ist.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden, weil der Fachmann der Patentschrift ohne weiteres entnehmen kann, dass sich durch das zusätzliche Vorsehen eines Adreß-Signals in den Hauptdaten eines Blockes die beabsichtigte einfachere Adressierung ergibt. Denn die andernfalls erforderliche Auswertung des über alle Rahmen eines Blockes verteilten Zeitanzeigecodes kann - wie oben erläutert - entfallen und es ist lediglich das Lesen des kleinen Teils der Hauptdaten erforderlich, der das Adreß-Signal enthält. Das erläuterte Merkmal ist sonach von zentraler Bedeutung für das Streitpatent. Eine Anregung in Hinsicht auf dieses Merkmal findet sich in der GB 2 101 356 A nicht und wurde auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.

Die GB 2 101 356 A allein vermag sonach die optisch auslesbare Platte nach dem Anspruch des Streitpatents nicht nahezulegen.

Aber auch eine gemeinsame Betrachtung dieser Druckschrift mit der EP 0 079 669 A1 (N9) legt dem Fachmann eine Platte mit den Merkmalen des Anspruchs nach dem Streitpatent nicht nahe.

Diese letztgenannte Druckschrift beschreibt eine Lese- und Schreibanordnung für optische Aufzeichnungsträger mit hoher Aufzeichnungsdichte, auf die mit hoher Geschwindigkeit zugegriffen werden soll (vgl S 4, Z 20 - 25 der N9). Zur Aufzeichnung eines Informationssignals 18 wird dieses zusammen mit einem Adreß-Signal 22 codiert (encoder 24), durch einen "interleave circuit" 28 verschachtelt, ggf um weitere Signale (header, sync) ergänzt und auf dem Aufzeichnungsträger aufgezeichnet (vgl Anspruch 1 iVm Fig 1). Dadurch ergibt sich die in Figur 2 dargestellte Struktur eines Sektors auf dem Aufzeichnungsträger. Die Klägerin argumentiert, dass es sich bei dem "headersignal" um ein Adreß-Signal iSd Streitpatents handele und verweist hierzu auf Seite 1, Zeilen 21 - 25 der Druckschrift. Aus dieser Textstelle ergibt sich aber lediglich, welche Informationen ein Sektor des Aufzeichnungsträgers enthält, nämlich die aufzuzeichnenden Informationen, die Adresse des Sektors, die "header data" und die "synchronizing signal data". Dass die Adresse und die aufzuzeichnenden Informationen miteinander verschachtelt im Abschnitt S3 bzw der "information unit" eines Sektors auf dem Aufzeichnungsträger aufgezeichnet sind, ergibt sich zweifelsfrei aus dem auf einen Aufzeichnungsträger gerichteten Anspruch 9 und der Seite 8, Zeilen 13 - 19 in Verbindung mit Figur 2 der EP 0 079 669 A1. Damit kann bei diesem bekannten Aufzeichnungsträger die Adresse des Sektors bzw Blocks nicht auf einfache Weise ermittelt werden, sondern erfordert eine Entschachtelung von Adreß-Signal und Daten in einem aufwendigen Prozess, der aus Seite 9, Zeilen 27 bis Seite 11, Zeile 19 in Verbindung mit den Figuren 3 A und 3B ersichtlich ist. Bei dem Aufzeichnungsträger nach der EP 0 079 669 A1 ist sonach keine Gewinnung der (Block-) Adresse auf einfache Weise möglich; diese Druckschrift vermag daher auch bei gemeinsamer Betrachtung mit der GB 2 101 356 A die optisch auslesbare Platte nach dem Streitpatent nicht nahezulegen.

Zu einer anderen Bewertung der Patentfähigkeit des Streitpatents geben auch die weiteren von der Klägerin genannten vorveröffentlichten Druckschriften keinen Anlass:

Die US 4,067,044 (N14) befasst sich mit der Ausbildung der Aufzeichnungsspur auf einer optischen Platte. Diese wird zum Zweck der besseren Nachführung des Wiedergabekopfes mit einer Wobbelung versehen. Die JP 57-182249 (N10) samt zugehörigem Patent Abstract of Japan hat die Sicherung von Informationsblöcken auf einem Aufzeichnungsträger zum Gegenstand, die miteinander verkettet sind. Die JP 55 - 64613 mit Abstract 55064613 A (N15) befasst sich mit der Aufteilung und Kettung von Informationsblöcken auf einem Aufzeichnungsträger. Die JP 57-137936 samt Abstract (N16) beschäftigt sich mit der Aufteilung von Datenblöcken (files) in Seiten (pages) und die JP 55 - 88127 samt Abstract (N 17) mit dem Auffinden von Informationen in Speichern durch eine bestimmte Zugriffsstruktur.

Einen Bezug der Ausführungen in diesen Druckschriften zu dem Gegenstand des Streitpatents hat die Klägerin nicht erläutert, er ist auch nicht ersichtlich.

Der Gegenstand des Streitpatents ist daher dem Fachmann bei einer gemeinsamen Betrachtung der genannten Druckschriften nicht nahegelegt.

III Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

Meinhardt Dr. Kraus Gutermuth Prasch Schuster Be






BPatG:
Urteil v. 09.12.2004
Az: 2 Ni 8/03


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