Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. April 2010
Aktenzeichen: 9 W (pat) 33/06

(BPatG: Beschluss v. 12.04.2010, Az.: 9 W (pat) 33/06)

Tenor

Der Beschluss der Patentabteilung vom 11. November 2005 wirdaufgehoben.

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das am 5. Juli 1995 angemeldete und am 17. Februar 2000 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes"

hat die W... AG am 17. Mai 2000 Einspruch erhoben. Mit Beschluss vom 11. November 2005 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patentund Markenamts den Einspruch als unzulässig verworfen. Sie war der Auffassung, die Einspruchsgründe seien nicht ausreichend substantiiert. Insbesondere habe die Einsprechende keinen hinreichend deutlichen Bezug des entgegengehaltenen Standes der Technik zu den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 angegeben.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Einsprechende mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Meinung, sie habe die für die Beurteilung des geltend gemachten Widerrufsgrunds der mangelnden erfinderischen Tätigkeit maßgeblichen tatsächlichen Umstände abschließend und ohne weitere Ermittlungen nachvollziehbar dargelegt. Ihr Einspruch sei deshalb ausreichend substantiiert.

Im Übrigen beruhe der Gegenstand des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu verweist sie u. a. auf die Druckschrift DE 37 42 561 C1.

Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

-die Beschwerde zurückzuweisen,

-hilfsweise, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 1),

-weiter hilfsweise, mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 2),

-weiter hilfsweise, mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 3).

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet:

"1. Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes mit einer die Kraftstoffverbrennung einleitenden und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützenden Glüheinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass der Brenner bei durch einen Kurzzeitbetrieb bedingten Betriebszuständen, die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, nur verzögert abschaltbar ist."

Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Abweichungen gegenüber Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag unterstrichen):

"1. Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugzuheizgerätes mit einer die Kraftstoffverbrennung einleitenden und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützenden Glüheinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass der Brenner bei Betriebszuständen, die durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt sind und die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, nur verzögert abschaltbar ist."

Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 lautet bei mit Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 wortgleichem Oberbegriff in seinem kennzeichnenden Teil wie folgt:

"dass der Brenner bei Betriebszuständen, die durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt sind und die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, gegenüber dem Zeitpunkt des Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors um eine vorbestimmte Weiterbetriebszeit verzögert abgeschaltet wird."

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 fügt Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen folgendes kennzeichnendes Merkmal hinzu:

"wobei ein Weiterbetrieb des Brenners nicht erfolgt, wenn aufgrund von beim Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors am Brenner herrschenden Betriebsdaten bereits von einem vollständigen Verbrennen des Kraftstoffs im Brenner ausgegangen werden kann."

Dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 schließen sich jeweils die Patentansprüche 2 und 3 der erteilten Fassung an.

Die Patentinhaberin hält den Einspruch mangels ausreichender Substantiierung für unzulässig. Die Patentansprüche der erteilten Fassung sowie der Hilfsanträge hält sie für zulässig, ihre Gegenstände für patentfähig.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat Erfolg durch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und den Widerruf des Patents.

1. Der Einspruch ist zulässig. Die Einspruchsgründe sind ausreichend substantiiert.

Gemäß PatG § 59 (1) 4, 5 sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, bis zum Ablauf der Einspruchsfrist im Einzelnen anzugeben. Ausreichend substantiiert ist eine Einspruchsbegründung, wenn sie die Patentinhaberin und das Patentamt in die Lage versetzt, die Behauptung der Einsprechenden, der Gegenstand der Anmeldung sei nicht patentfähig, anhand der mitgeteilten Umstände zu überprüfen. Sie darf es nicht der Patentinhaberin und dem Patentamt überlassen, diese Umstände selbst zu ermitteln. Sie genügt den gesetzlichen Voraussetzungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung der Patentfähigkeit maßgeblichen tatsächlichen Umstände so vollständig darlegt, dass Patentinhaberin und Patentamt abschließend dazu Stellung nehmen können (BGH X ZB 6/71, "Sortiergerät").

Diese Voraussetzung ist hier nach Überzeugung des Senats erfüllt. Die Einsprechende hat im Einspruchschriftsatz mangelnde erfinderische Tätigkeit u. a. gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 37 42 561 C1 geltend gemacht (Seite 1, Absatz "Tatsachen und Beweismittel" i. V. m. Absatz oberhalb davon; Seite 2, vorletzter Absatz). Damit ist ein Widerrufsgrund nach § 21 eindeutig bezeichnet, die Forderung auch nach § 59 (1) 3 erfüllt.

Im Hinblick auf das im angefochtenen Beschluss bemängelte Fehlen eines Bezugs dieses Standes der Technik zum streitpatentgemäß beanspruchten Brennertyp (Verdampfungsbrenner) und zur außerdem beanspruchten Art der Startvorrichtung für den Brennvorgang (Glüheinrichtung) ist die oben beschriebene Anforderung an ausreichende Substantiierung ebenfalls erfüllt. Die Einsprechende hat im Zusammenhang mit der DE 37 42 561 C1 auf ein bekanntes "Verfahren zum Abschalten von Standheizungen" hingewiesen, bei dem durch eine "verzögerte Abschaltung des Brennluftund Heizluftstroms" ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffes erfolge (Einspruchschriftsatz Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, 1. Absatz). Zwar hat sie nicht ausdrücklich den Brennertyp "Verdampfungsbrenner" benannt und auch nicht auf diesbezügliche Fundstellen in der DE 37 42 561 C1 hingewiesen. Eine formale begriffliche "Deckungsgleichheit" sowie eine konkrete Angabe entsprechender Textpassagen muss aber angesichts der nach Umfang und Darstellungsweise sehr übersichtlichen DE 37 42 561 C1 hier auch nicht verlangt werden. Denn die Anwendung des bekannten Verfahrens auf Verdampfungsbrenner ist bereits bei einem kurzen Blick in diese Druckschrift erkennbar. Schon aus den einleitenden Erläuterungen der Beschreibung geht klar hervor, dass mit der dort in Rede stehenden Weiterbildung ein Verfahren gefunden werden soll, das gerade bei Heizgeräten mit einem Verdampfungsbrenner anwendbar ist. Dies ergibt sich zwingend aus dem jeweiligen Hinweis auf ein Verdampfungsvlies (Spalte 1, Zeilen 34 bis 39 i. V. m. Zeilen 44 bis 46 und 64 bis 66; Spalte 2, Zeilen 7 bis 10) und ist darüber hinaus auch im Zusammenhang mit dem dann nachfolgend als aufgefundene Lösung konkret beschriebenen Verfahrensablauf entnehmbar (Spalte 3, Zeilen 11 bis 14). Weiter ergeben sich aus dem Brennertyp "Verdampfungsbrenner" in dem sachkundigen Leser zumutbarer, einfach konsequenter Schlussfolgerung die im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 angegebene Glüheinrichtung (die zudem sogar expressis verbis genannt ist, Spalte 2, Zeilen 7 bis 10) mit ihrer außerdem beanspruchten Funktionsweise. Denn ein Verdampfungsbrenner hat regelmäßig eine Glüheinrichtung, die den Brennvorgang initiiert (Zündung) und bis zu dessen Stabilisierung für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützt.

Zu der im Kennzeichen des streitpatentgemäßen Patentanspruchs 1 angegebenen verzögerten Abschaltbarkeit des Brenners bei durch einen Kurzzeitbetrieb verursachten, für einen Neustart ungünstigen Abgaswerten ist im Einspruchschriftsatz angegeben, dass bei dem Verfahren nach der DE 37 42 561 C1 "durch eine verzögerte Abschaltung des Brennluftund Heizluftstroms ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffes erfolge". Hieraus ist unmittelbar der technische Zusammenhang mit der im erteilten Patentanspruch 1 gekennzeichneten Lösung erkennbar. Denn wenn, wie die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz allgemein angibt, gemäß DE 37 42 561 C1 "durch eine verzögerte Abschaltung des Brennluftund Heizluftstroms ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffs" vorgesehen ist, so gilt dies für jede Betriebssituation und damit selbstverständlich auch für die streitpatentgemäße Situation der Betriebsunterbrechung nach Kurzzeitbetrieb mit für einen Neustart ungünstigen Abgaswerten. Eines ausdrücklichen Hinweises auf eine Erstreckung des vorbekannten Verfahrens auf die streitpatentgemäß konkret angegebene Situation des bei Kurzzeitbetrieb unvollständigen Brennzustands bedarf es angesichts dessen nicht. Überprüfbar ist die Angabe der Einsprechenden wieder anhand der DE 37 42 561 C1, aus der der behauptete Sachverhalt ohne Weiteres, z. B. anhand der an sich selbsterklärenden Figuren entnehmbar ist.

Die zur Überprüfung der von der Einsprechenden behaupteten Sachverhalte notwendigen Textpassagen der DE 37 42 561 C1 fallen dem sachkundigen Leser schnell ins Auge, zu ihrer Kenntnisnahme und sachverständigen Deutung bedarf es -eben aufgrund der zu unterstellenden Sachkunde -nicht einer eigenen "Ermittlung". Vielmehr geht eine solche Betrachtung des hier sehr übersichtlichen Standes der Technik, die zudem durch die besagten Angaben im Einspruchschriftsatz auf die Beachtung des verzögerten Abschaltens zum Zwecke sauberer Verbrennung hingelenkt ist, nicht über das hinaus, was in o. g. Entscheidung "Sortiergerät" als Ermöglichung einer Überprüfung des behaupteten Widerrufsgrunds "anhand der mitgeteilten Umstände" gefordert ist. An der Sachkunde der Patentinhaberin wie auch des Patentamts bestehen seitens des Senats keine Zweifel.

Bei dieser Sachlage hält der Senat eine ausreichende Substantiierung des Einspruchsgrundes der mangelnden erfinderischen Tätigkeit anhand der Ausführungen der Einsprechenden schon allein zur DE 37 42 561 C1 für gegeben.

Die von der Patentinhaberin zum Beleg mangelnder Substantiierung schriftsätzlich in Bezug genommenen weiteren BGH-Entscheidungen (X ZB 10/87, X ZB 24/86) führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Vielmehr nehmen sie die vorgenannte Entscheidung "Sortiergerät" in Bezug mit dem Hinweis, es werde an den in der Sortiergerät-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen -die vorliegend zur Beurteilung der Substantiierung Berücksichtigung gefunden haben -festgehalten. An diesen Entscheidungen wie auch an den von der Patentinhaberin weiter zitierten Entscheidungen des Bundespatentgerichts zeigt sich übrigens, dass eine sachgerechte Beurteilung nur an den jeweiligen konkreten Bedingungen und Umständen des Einzelfalls festgemacht werden kann. Vorliegend mussten diese konkreten Umstände zu dem angegebenen Ergebnis der ausreichenden Substantiierung führen.

Die Überprüfung durch den Senat hat auch das Vorliegen der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Einspruch ergeben. Ein Fehlen derartiger weiterer Voraussetzungen für die Zulässigkeit ist auch nicht geltend gemacht worden.

2. Das Patent betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist ausgeführt, dass derartige Heizgeräte unter anderem als sogenannte Zuheizgeräte eingesetzt würden. Diese würden in einem Fahrzeug in der Regel das Kühlwasser des Motors aufheizen, welches von der dem Kühlwasserkreislauf des Motors zugeordneten Pumpe auch durch das Zuheizgerät geführt würde. Wegen des Fehlens einer eigenen Wasserpumpe müsse das Zuheizgerät aus Sicherheitsgründen bei Ausschalten des Motors ebenfalls außer Betrieb gesetzt werden. Dadurch lasse es sich in der Praxis teilweise nicht vermeiden, dass mit Ausschalten des Fahrzeugmotors das Zuheizgerät zu einem Zeitpunkt ausgeschaltet werde, zu welchem im Brenner des Geräts noch keine vollständig ausgebildete Verbrennung in Gang gesetzt sei. Werde der Motor in einem solchen Fall erneut gestartet und das Zuheizgerät dabei wieder in Betrieb gesetzt, so komme es wegen der zuvor nicht abgeschlossenen Startphase des Brennbetriebs zu einer Qualmund Rauchbildung mit ungünstigen Abgaswerten.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine solche Qualmund Rauchbildung bei dem Brennerabgas ohne besonderen konstruktiven Aufwand sicher zu vermeiden.

Dieses Problem soll durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 des jeweiligen Antrags gelöst werden.

3.

Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der bei einem Hersteller von Fahrzeugzusatzheizungen mit der Entwicklung von brennstoffbetriebenen Standund Zuheizeinrichtungen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

4.

Zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Das zweifellos gewerblich anwendbare Verfahren nach Patentanspruch 1 ist nicht neu.

Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:

1.

Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners, 2.

der Kraftstoffverdampfungsbrenner gehört zu einem Fahrzeugheizgerät, 3.

der Kraftstoffverdampfungsbrenner weist eine Glüheinrichtung auf, 4.

die Glüheinrichtung leitet die Kraftstoffverbrennung ein, 5.

die Glüheinrichtung unterstützt die Kraftstoffverbrennung für einen begrenzten Anfangszeitraum,

-Oberbegriff 6.

der Brenner ist nur verzögert abschaltbar, 7.

bei Betriebszuständen, die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebs zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, 8.

die Betriebszustände sind durch einen Kurzzeitbetrieb bedingt.

-Kennzeichen -

Die DE 37 42 561 C1 offenbart ein Verfahren zum Abschalten von mit Brennstoff betriebenen Standheizungen mit einem Brennluftstrom und einem Heizluftstrom (Spalte 1, Zeilen 34 bis 37). Die nach dem vorbekannten Verfahren betriebenen Standheizungen weisen einen Brenner mit einem Verdampfungsvlies und somit einen sogenannten Verdampfungsbrenner auf (Spalte 1, Zeilen 44 bis 46 und 64 bis 66; Spalte 3, Zeilen 11 bis 17) und kommen in Kraftfahrzeugen zum Einsatz (Spalte 1, Zeilen 38, 39). Das vorbekannte Verfahren zum Abschalten von brennstoffbetriebenen Standheizungen betrifft somit den Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes (--> Merkmale 1, 2). Weiter weisen die nach diesem Verfahren betriebenen Standheizungen eine Glüheinrichtung auf (Spalte 2, Zeilen 7 bis 10; --> Merkmal 3). Dass eine solche die Kraftstoffverbrennung einleitet und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützt, gehört zum regelmäßigen Startverfahren eines Verdampfungsbrenners und wird vom Fachmann als selbstverständliche Maßnahme unwillkürlich mitgelesen (Merkmale 4, 5). Bei einem Ausschalten der Standheizung (vgl. hier wiedergegebene Figur 2 der DE 37 42 561 C1, Zeitpunkt "Aus") wird die Dosierpumpe abgestellt und das Brennluftgebläse für 20 sec mit erhöhter Leistung weiterbetrieben und danach abgeschaltet. Da das Brennluftgebläse wie Brennstoffpumpe und Glüheinrichtung Bestandteil des Brenners ist und den Brennerbetrieb maßgeblich beeinflusst, ist somit der Brennerbetrieb als Ganzes gegenüber dem Abschaltsignal nur verzögert abschaltbar (--> Merkmal 6). Eine Beschränkung dieser Verfahrensweise auf nur bestimmte Betriebszustände ist in der DE 37 42 561 C1 weder angegeben noch angedeutet. Die vorbekannte Verfahrensweise betrifft somit sämtliche Betriebszustände des Brenners und damit auch solche, die durch einen Kurzzeitbetrieb bedingt bei einem auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Neustart zu ungünstigen Abgaswerten führen würden (--> Merkmale 7, 8).

Der Argumentation der Patentinhaberin, unter verzögerter Abschaltbarkeit des Brenners -wie der erteilte Patentanspruch 1 es verlangt -sei der Weiterbetriebauch der Dosierpumpe zu verstehen, folgt der Senat nicht. Denn solange auch nur eine der drei typischen Brennerkomponenten Dosierpumpe, Brennluftgebläse und Glüheinrichtung betrieben wird, findet im Brenner eine Zustandsänderung der Brennatmosphäre mit Änderung der Zündund Brennbedingungen statt. Wird auch nur eine dieser Komponenten weiterbetrieben, kann deshalb von einer Abschaltung des Brenners nicht die Rede sein. Dafür, dass der erteilte Patentanspruch 1 dessen ungeachtet zu einem Weiterbetrieb aller drei Komponenten, zumindest aber der Dosierpumpe verstanden werden müsse, bietet die Streitpatentschrift zudem auch keine Grundlage. Eine entsprechende Offenbarung liegt nämlich nicht vor. Der Senat ist überdies der Auffassung, dass solches zur Vermeidung ungünstiger Abgaswerte auch nicht zwingend erforderlich ist und vom Fachmann deshalb auch nicht ohne Weiteres unterstellt wird. Denn die DE 37 42 561 C1 zeigt, dass gerade ohne Weiterbetrieb der Brennstoffpumpe weder Brennstoffrückstände noch explosive Gasgemische in der Brennkammer verbleiben und eine Erschwerung eines erneuten Betriebs vermieden ist (Spalte 2, Zeilen 23 bis 27; Spalte 3, Zeilen 24 bis 28).

Bei dieser Sachlage ist das mit dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren als aus der DE 37 42 561 C1 bekannt anzusehen. Der erteilte Patentanspruch 1 kann deshalb keinen Bestand haben.

4.1 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 Das gewerblich anwendbare Verfahren nach diesem Patentanspruch 1 mag neu sein. Es beruht aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen vom erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in den Merkmalen 2 und 8 (Abweichung zum erteilten Patentanspruch 1 unterstrichen):

2. der Kraftstoffverdampfungsbrenner gehört zu einem Fahrzeugzuheizgerät, 8. die Betriebszustände sind durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt.

Zwar betrifft das Verfahren nach der DE 37 42 561 C1 ein Standheizgerät, das im regulären Gebrauch hauptsächlich bei ausgeschaltetem Motor betrieben werden mag und demzufolge nicht durch Ausschalten des Fahrzeugmotors abgeschaltet wird. Wegen ihrer weitestgehenden Übereinstimmung hinsichtlich Konstruktion des Brenners und Brennbetrieb sind indes den letzteren betreffende Betriebsweisen für beide Gerätearten gleichermaßen anwendbar. Denn der Unterschied besteht lediglich im Einsatzgebiet des Geräts und nicht in dessen grundsätzlicher Funktion. Deshalb sind die beiden Gerätearten ein und demselben Fachgebiet zuzuordnen, womit dem oben definierten Fachmann die Kenntnis des Standes der Technik nach der DE 37 42 561 C1 auf jeden Fall zu unterstellen ist.

Besagte Druckschrift offenbart, den Brenner des Standheizgeräts nach Abschalten für einen begrenzten Zeitraum weiter zu betreiben (s. obenstehende Ausführungen bezüglich des erteilten Patentanspruchs 1). Sie lehrt, dass diese Maßnahme einen Verbleib von Brennstoffrückständen und explosiver Gasgemische im Brenner und eine damit verbundene Erschwerung eines Neustarts verhindert (Spalte 2, Zeilen 12 bis 17 und 23 bis 27), wobei auch bei fehlender Brennstoffzufuhr noch eine Verbrennung stattfinden kann (Spalte 3, Zeilen 11 bis 17 und 24 bis 28). Diese Lehre gehört somit zum präsenten Fachwissen des Fachmanns. Steht dieser vor der Aufgabe, bei einer Wiederaufnahme eines Heizbetriebs eines Zuheizers durch unvollständige Verbrennung in einem vorhergegangenen Brennerbetrieb ausgelöste Qualmund Rauchentwicklung zu unterbinden, so drängt sich die ihm bekannte Lehre zur Lösung dieser Aufgabe geradezu auf. Denn ohne Weiteres einsehbar ist völlig gleichgültig, ob die unvollständige Verbrennung durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Abschalten des Fahrzeugmotors oder anderweitig verursacht ist. Die Maßnahmen zur Beseitigung der unerwünschten Folgen sind jedenfalls stets die gleichen. Um somit eine Qualmund Rauchbildung bei einem Neustart sicher zu vermeiden (vgl. streitpatentgemäße Aufgabe), brauchte der mit diesem Wissen ausgerüstete Fachmann nur die bekannte Maßnahme des zeitlich begrenzten Weiterbetreibens des Standheizungsbrenners gemäß DE 37 42 561 C1 bei einem mit Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors abschaltenden Zuheizgerät anzuwenden, um zu dem Verfahren nach Patentanspruch 1 zu kommen (--> Merkmale 2, 8).

Die Wertung der Merkmale 1 und 3 bis 7, die mit denen des Verfahrens nach dem erteilten Patentanspruch 1 übereinstimmen und die -wie oben zu diesem Patentanspruch 1 ausgeführt -aus der DE 37 42 561 C1 bekannt sind, hat hier gleichermaßen Gültigkeit. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholung wird auf die Ausführungen bezüglich des erteilten Patentanspruchs 1 hingewiesen.

Bei alledem konnte der von der DE 37 42 561 C1 ausgehende Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu dem mit diesem Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahren kommen. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kann angesichts dessen einer beschränkten Aufrechterhaltung nicht zugrunde gelegt werden.

4.2 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen unterscheidet sich dieser Patentanspruch 1 vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 im Merkmal 6. Dieses lautet hier:

6. der Brenner wird gegenüber dem Zeitpunkt des Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors um eine vorbestimmte Weiterbetriebszeit verzögert abgeschaltet.

Wie aus den oben bezüglich des Verfahrens nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 gemachten Ausführungen entnehmbar, ist das verzögerte Abschalten des Brenners eines Zuheizgeräts nach Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Fahrzeugmotors dem Fachmann durch die DE 37 42 561 C1 nahegelegt. Dass dabei die Weiterbetriebszeit am Zeitpunkt des Ausschaltens des Fahrzeugmotors gemessen wird, sieht der Senat als selbstverständlich an. Denn das Ausschalten des Fahrzeugmotors leitet grundsätzlich eine vollständige Außerbetriebnahme des gesamten Fahrzeugs ein, erst recht die eines in Betrieb befindlichen Zuheizgeräts, für dessen Heizbetrieb mit Abschalten des Motors jede Notwendigkeit entfällt. Für die "Zeitmessung" des zeitlich begrenzten Weiterbetriebs des Zuheizgeräts zum Zwecke der Brennraumsäuberung von Brennrückständen, welcher Weiterbetrieb die beabsichtigte Abschaltung des Heizgeräts gerade zur Voraussetzung hat, kann deshalb -im Falle einer Motorausschaltung -nur deren Zeitpunkt herangezogen werden.

Davon abgesehen ist aber auch durch die DE 37 42 561 C1 die gegenüber der Motorabschaltung des Fahrzeugs vorbestimmte Weiterbetriebszeit nahegelegt. Denn dort ist vorgeschlagen, das Standheizgerät nach dem Signal zum Abschalten desselben um eine vorbestimmte Zeit weiter zu betreiben (Ansprüche 1, 2; Spalte 2, Zeilen 12 bis 14; Figuren 1, 2). Wird das Abschaltsignal durch Ausschalten des Fahrzeugmotors ausgelöst, wie es bei einem Zuheizgerät der Fall ist, so muss sich die Weiterbetriebszeit an dem Zeitpunkt der Motorabschaltung orientieren. Die Auswirkung auf den Brennbetrieb ist dabei dieselbe wie bei dem verzögerten Abschalten nach der DE 37 42 561 C1, denn für diese Auswirkung ist es ohne Belang, ob das Signal zur Abschaltung durch Ausschalten des Motors oder eine gesonderte Einrichtung zum Stillsetzen des Heizgeräts ausgelöst ist.

Eine erfinderische Bedeutung kann angesichts dessen der Maßnahme nach dem hier beanspruchten o. g. Merkmal 6 nicht zugeschrieben werden.

Zu den Merkmalen 1 bis 5 und 7, 8 wird auf die Ausführungen zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 verwiesen, die hier gleichermaßen Gültigkeit haben.

Eine beschränkte Aufrechterhaltung des Streitpatents mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 als Hauptanspruch kann damit ebenfalls nicht erfolgen.

4.3 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 Auch dem Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß diesem Hilfsantrag liegt eine erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde.

Dieser Patentanspruch 1 weist gegenüber Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 das folgende zusätzliche Merkmal auf:

9. wobei ein Weiterbetrieb des Brenners nicht erfolgt, wenn aufgrund von beim Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors am Brenner herrschenden Betriebsdaten bereits von einem vollständigen Verbrennen des Kraftstoffs im Brenner ausgegangen werden kann.

Gemäß diesem Merkmal ist die Durchführung des Weiterbetriebs des Zuheizgeräts abhängig von den bei Motorabschaltung aktuellen Betriebsdaten am Brenner.

Die Erfassung von Betriebsdaten am Brenner und Verwendung dieser Daten zur Regelung des Heizbetriebs war am Anmeldetag des Streitpatents bereits seit langem üblich. Dies bestätigen alle übrigen entgegengehaltenen Dokumente und ist auch in der Streitpatentschrift zum Ausdruck gebracht (Spalte 1, Zeilen 26 bis 34). Dem Fachmann war demnach die Durchführung von den Betrieb beeinflussenden Steuerungsmaßnahmen abhängig von aktuell vorliegenden Zustandsparametern grundsätzlich geläufig. Dies gilt umso mehr, als vorgegebene Sicherheitsvorschriften eine entsprechende Überwachung ohnehin unumgänglich machen (vgl. DE 37 42 561 C1 Spalte 1, Zeilen 52 bis 57). Davon ausgehend liegt es nach Überzeugung des Senats im Griffbereich des Fachmanns, die verzögerte Abschaltung des Brenners -die für sich als solche durch die DE 37 42 561 C1 nahegelegt ist (vgl. obenstehende Ausführungen zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2) -ebenfalls abhängig vom augenblicklichen Betriebszustand durchzuführen. Denn die Notwendigkeit der beanspruchten verzögerten Abschaltung des Brenners liegt bei entsprechend günstigen Zustandsparametern am Brenner gar nicht vor. Die Durchführung einer solchen Maßnahme macht dann keinerlei Sinn. Hierbei kommt hinzu, dass der Weiterbetrieb des Brenners mit Brennluftgebläse und Glüheinrichtung und möglicherweise sogar -wie die Patentinhaberin meint -mit Dosierpumpe, einer nicht unbeträchtlichen elektrischen Antriebsleistung bedarf, die bei Stillstand des Fahrzeugmotors allein aus der Fahrzeugbatterie zur Verfügung gestellt werden muss. Der Fachmann hat auch deshalb Veranlassung, den bei günstigen Betriebsdaten betriebstechnisch gar nicht erforderlichen und daher überflüssigen Weiterbetrieb zu vermeiden.

Etwas von erfinderischer Bedeutung sieht der Senat bei dieser Sachlage in der Maßnahme nach o. g. Merkmal 9 nicht.

Zu den Merkmalen 1 bis 8, die mit denen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 übereinstimmen und -wie dargelegt -eine Patentfähigkeit nicht zu begründen vermögen, wird auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen verwiesen. Diese gelten hier gleichermaßen. Einer beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents kann somit auch Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht zugrunde gelegt werden.

5.

Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 rückbezogenen Unteransprüche (erteilte Patentansprüche 2 und 3) fallen mit dem jeweils in Bezug genommenen Patentanspruch 1.

6.

Die Zulässigkeit der Patentansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 kann dahinstehen, weil ihre Gegenstände -wie vorstehend gezeigt -nicht patentfähig sind.

Pontzen Bork Paetzold Reinhardt Ko






BPatG:
Beschluss v. 12.04.2010
Az: 9 W (pat) 33/06


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