Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 7. Februar 2008
Aktenzeichen: 13 S 2939/07

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 07.02.2008, Az.: 13 S 2939/07)

Wenn ein Rechtsanwalt sowohl im Verwaltungsverfahren (Ausgangsverfahren) als auch im Widerspruchsverfahren tätig wird, kann im Wege der Kostenerstattung durch die Behörde nach § 80 Abs. 2 LVwVfG/VwVfG nur die Geschäftsgebühr aus Nr. 2301 VV RVG (früher Nr. 2401) festgesetzt werden. Weder aus Gründen des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) noch der allgemeinen Billigkeit ist die höhere allgemeine Geschäftsgebühr aus Nr. 2300 VV RVG (früher Nr. 2400) zur Erstattung festzusetzen.

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. November 2007 - 6 K 4194/05 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 209,50 EUR festgesetzt.

Gründe

Der rechtzeitig gestellte und begründete, auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.

Die Klägerin erhielt von der Beklagten auf ihren Antrag eine Aufenthaltserlaubnis, die mit dem Zusatz Erwerbstätigkeit nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde versehen war. Gegen diesen Zusatz legte die Klägerin Widerspruch ein, dem die Beklagte abhalf. Daraufhin beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin, der sie sowohl im Ausgangsverfahren wie auch im Widerspruchsverfahren vertreten hatte, ihm für seine Tätigkeit - bei einem Streitwert von 5.000,-- EUR - als Kosten u.a. 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV in Höhe von 391,30 EUR festzusetzen. Die Beklagte setzte stattdessen als Kosten nur 0,7 Geschäftsgebühr in Höhe von 210,70 EUR fest.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Verpflichtungsklage der Klägerin auf Festsetzung der beantragten Kosten abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe für die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren zu Recht 0,7 einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2401 (jetzt Nr. 2301) des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) angesetzt. Anders als etwa beim Anfall einer Geschäftsgebühr und einer anschließenden Verfahrensgebühr (vgl. amtliche Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG) gehe es nicht um die teilweise Anrechung einer anderen Gebühr. Vielmehr falle im Widerspruchsverfahren lediglich ein Teil der Geschäftsgebühr an, ohne dass es zu einer Anrechnung käme.

Mit ihrem Zulassungsantrag macht die Klägerin ernstliche Zweifel und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend und trägt vor, die zu erstattenden Kosten dürften nicht nach Nr. 2401 (gemeint ist wohl Nr. 2301) VV RVG gekürzt werden. Es sei zwischen dem Innenverhältnis der Klägerin zu ihrem Rechtsanwalt und ihrem Außenverhältnis zur Behörde zu unterscheiden. Im Außenverhältnis solle eine Anrechnungsregelung nicht zugunsten der Behörde Platz greifen, weil die in den unterschiedlichen Gebührenansätzen zum Ausdruck kommende Anrechnung der bereits zuvor erlangten Geschäftsgebühr einem Verfahrensgegner nicht zugute kommen solle. Daher habe die Beklagte die Gebühr nach Nr. 2400 (richtig: 2300) und nicht nur nach Nr. 2401 (richtig: 2301) VV RVG zu erstatten. Die Gebührenregelung bezwecke nicht, den Auftraggeber des Rechtsanwalts dadurch zu belasten, dass er die im gerichtlichen Verfahren - hier: im gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahren (richtig: im Widerspruchsverfahren) - entstehenden Gebühren nicht in vollem Umfang gegenüber der kostenpflichtigen Gegenseite abrechnen könne. Ein solches Verständnis würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass die Gegenseite nur deshalb niedrigere Kosten zu erstatten hätte, weil der Rechtsanwalt bereits vorgerichtlich tätig gewesen sei. Darüber hinaus sei Nr. 2401 (richtig: 2301) VV RVG auch deshalb nicht anwendbar, weil das Ausgangsverfahren und das Widerspruchsverfahren unterschiedliche Streitgegenstände gehabt hätten. Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sei nicht die Aufenthaltserlaubnis des Ausgangsverfahrens gewesen, sondern nur noch die damit verbundene Auflage als Minus, das eine Anrechnung ausschließe.

Mit diesem Vorbringen werden weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der waltungsgerichtlichen Entscheidung begründet (1.) noch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt (2).

1.Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.4.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.1997 - 7 S 216/98 -, VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 - 5 B 99/05 -, juris). Selbst wenn aber - auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezogen - rechtliche Zweifel im oben genannten Sinn gegeben sind, ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig ist; in diesem Fall wird nämlich ein Berufungsverfahren nicht zu einer Abänderung im Sinn des jeweiligen Klägers führen (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).

Gemessen hieran bestehen an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel. Der Kläger hat keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.

Nach § 80 Abs. 2 LVwVfG sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch ist dem Grunde nach unstreitig. Hinsichtlich der Höhe sind die Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kostenerstattung eine 0,7-Geschäftsgebühr für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren gemäß Nr. 2301 VV RVG und nicht die (allgemeine und höhere) Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG zugrunde zu legen ist.

Zunächst scheitert die Heranziehung von Nr. 2301 VV RVG nicht daran, dass das Widerspruchsverfahren einen anderen Verfahrensgegenstand hatte als das Ausgangsverfahren. Dieser Vergütungstatbestand setzt voraus, dass eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Dies ist hier der Fall. Im gebührenrechtlichen Sinne ist mit der Aufenthaltserlaubnis (als Gegenstand des Ausgangsverfahrens) und dem Zusatz Erwerbstätigkeit nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde (Gegenstand des Widerspruchsverfahrens) derselbe Gegenstand betroffen. Der sachliche, personelle und zeitliche Zusammenhang ist so eng, dass es sich um identische Angelegenheiten handelt, ohne dass es auf die in Einzelheiten divergierenden Auffassungen zu den in Nr. 2301 VV RVG verwendeten Begriffen ankommt (vgl. dazu Schons, in: Hartung/Römermann/Schons, Praxiskommentar zum RVG, 2006, Vorbem. 3 VV, Rdnr. 68 bis 74 m.w.N.).

Auch das Argument, dass eine Anrechnung der Gebühr im Widerspruchsverfahren auf die Gebühr im Ausgangsverfahren nur im Innenverhältnis erfolgen, nicht aber der Gegenseite zugute kommen dürfe, überzeugt nicht. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 9.10.2007 - 3 C 07.1903 -, juris), welche die Klägerin in ihrer Antragsbegründung zitiert, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da sie sich auf die gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß §§ 162 und 164 VwGO bezieht. Soweit dort, wie von der Klägerin zitiert (juris Rdnr. 37), die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 (früher Nr. 2400) VV RVG als erstattungsfähig angesetzt wird, vermag der Senat dem nicht zu folgen, da dies, wie der Gerichtshof selbst einräumt, gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes verstößt und auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung geboten ist (siehe unten). Auch die anderen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung, welche die Klägerin zum Beleg ihrer Auffassung heranzieht, beziehen sich alle auf das Verhältnis zwischen der Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Anwaltstätigkeit (Nr. 2300 bis 2303 VV RVG) und der Verfahrensgebühr für die Tätigkeit im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren (Nr. 3100 VV RVG). Dieses Verhältnis ist in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG geregelt und sieht eine teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr (für das vorprozessuale Tätigwerden) auf die Verfahrensgebühr (für das Tätigwerden im Prozess) vor. Hierzu ist die von der Klägerin angeführte Meinung entwickelt worden, dass die Anrechnungsregeln ausschließlich das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt beträfen, so dass der Prozessgegner (die Behörde) aufgrund der gerichtlichen Kostenfestsetzung die volle und nicht die (durch teilweise Anrechnung gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG verminderte) Geschäftsgebühr erstatten müsse; zur Begründung wird u.a. auf die alte Rechtslage verwiesen, unter der niemand auf die Idee gekommen sei, auf eine Festsetzung der Prozessgebühr vollständig zu verzichten, weil dort die gesamte Geschäftsgebühr zu 100% anzurechnen gewesen wäre (vgl. § 118 Abs. 2 BRAGO; Schons, a.a.O., Rdnr. 80).

Hier geht es jedoch nicht, wie in der Antragsbegründung behauptet, um das Verhältnis zwischen den Anwaltsgebühren für die vorgerichtliche Tätigkeit und die anschließende Tätigkeit im gerichtlichen Eilverfahren, sondern um das Verhältnis zwischen der allgemeinen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG für das Tätigwerden gegenüber der Behörde im Ausgangsverfahren und der Gebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren gemäß Nr. 2301 VV RVG. Dieses Verhältnis ist strukturell in Nr. 2301 VV RVG gänzlich anders geregelt als die Anrechnung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. Für Ausgangsverfahren und Widerspruchsverfahren entstehen nicht jeweils volle Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG (in der Höhe von jeweils 0,5 bis 2,5 Gebühr), die erst in einem zweiten Schritt teilweise aufeinander angerechnet werden; sondern für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren entsteht die Geschäftsgebühr bereits von vorneherein nur in reduzierter Höhe (0,5 bis 1,3 Gebühr nach Nr. 2301 VV RVG). Der Gesetzgeber ist mit der Neuregelung der Anwaltsvergütung durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5.5.2004 (BGBl. I Seite 718) von dem Grundsatz abgegangen, dass das Widerspruchsverfahren zusammen mit dem vorangegangen Ausgangsverfahren eine einzige Angelegenheit bildet (so der bis zum 30.6.2004 geltende § 119 Abs. 1 BRAGO). Er hat mit Wirkung vom 1.7.2004 bestimmt, dass das Ausgangsverfahren und das Widerspruchsverfahren verschiedene Angelegenheiten sind (§ 17 Nr. 1 RVG) und für eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren eine eigenständige, aber geringere Gebühr entsteht (Nr. 2301 VV RVG). Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt für seine verwaltungsrechtliche Tätigkeit nunmehr anders als unter der BRAGO zum einen für das Ausgangsverfahren die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und zum anderen anschließend im Widerspruchsverfahren die - freilich geringere - Gebühr nach Nr. 2301 VV RVG verdienen kann (Schons, a.a.O., Rdnr. 66). Damit sind die Gebühren so geregelt, dass es keiner Anrechnung bedarf. Insoweit ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig und lässt keine andere Auslegung zu. Diese eindeutige gesetzliche Regelung verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Umstand, dass der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nach Nr. 2301 VV RVG geringer vergütet wird, hat seinen sachlichen Grund darin, dass er durch die - nach Nr. 2300 VV RVG vergütete - vorangegangene Tätigkeit im Ausgangsverfahren bereits in den Fall eingearbeitet ist.

In welcher Höhe die Klägerin ihre Rechtsanwaltskosten von der Beklagen erstattet bekommt, ergibt sich hingegen nicht aus dem Vergütungsverzeichnis zum RVG, sondern aus der Kostenerstattungsvorschrift des § 80 Abs. 2 LVwVfG. Diese lässt nur die Erstattung der Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts im Vorverfahren zu. Da dessen Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nur in reduzierter Höhe entstanden ist (Nr. 2301 VV VRG, eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit, die nach Absatz 2 der Anmerkung zu Nr. 2301 einen höheren Satz als 0,7 Geschäftsgebühr rechtfertigen könnte, ist hier nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht), kann auch keine höhere Gebühr (1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG) zur Kostenerstattung durch den Beklagten festgesetzt werden. Auch dies begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar bekommt die Klägerin von der Beklagten nun weniger Rechtsanwaltskosten erstattet, als wenn sie ihren Rechtsanwalt erst im Widerspruchsverfahren eingeschaltet hätte. Dies hat aber den sachlichen Grund, dass nach § 80 Abs. 2 LVwVfG nur die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig sind. Es verstößt nicht gegen das Willkürverbot, dass der Gesetzgeber ihr für diese Anwaltskosten auch dann keinen Erstattungsanspruch einräumt, wenn sich ein Widerspruchsverfahren anschließt. Wenn der Bürger schon vor Erlass eines Verwaltungsakts im Verwaltungsverfahren einen Rechtsanwalt beteiligt und dessen Tätigkeit Erfolg hat, muss er dessen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG selbst bezahlen und bekommt sie nicht von der Behörde erstattet. Dass er diese allgemeine Geschäftsgebühr nicht von der Behörde erstattet bekommt, kann ihm aber auch dann zugemutet werden, wenn er mit seinem Anliegen nicht auf Anhieb, sondern erst im Widerspruchsverfahren Erfolg hat. Der Gesetzgeber war insbesondere nicht verpflichtet, zur Vermeidung des Willkürvorwurfs die Anwaltsgebühren anders auszugestalten, etwa durch die Entstehung voller Gebühren mit anschließender teilweiser Anrechnung wie im Verhältnis von Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren (Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG) oder durch die gesetzliche Bestimmung höherer Gebühren für den Fall einer Kostenerstattung durch die Gegenseite. Diese Gebührenneuregelung hat für den Bürger den Nachteil, dass er nicht mehr wie früher bei einem erfolgreichen Widerspruch die Rechtsanwaltsgebühren (wegen der einheitlichen Betrachtung von Ausgangs- und Widerspruchsverfahren in § 119 BRAGO) ganz oder weitgehend erstattet bekommt, sondern den überwiegenden Teil selbst tragen muss. Dies ist aber die Folge der gebührenrechtlichen Verselbständigung des Widerspruchsverfahrens und kann nicht durch eine extensive Kostenerstattung contra legem korrigiert werden.

Im übrigen besteht kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach eine Kostenerstattung zugunsten des Obsiegenden zu erfolgen hätte oder der Staat zwingend die Kosten des Rechtsanwalts zu tragen hätte, wenn der Bürger mit seinem Begehren durchdringt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 03.12.1986 - 1 BvR 872/82 -, NJW 1987, 2569 ; BVerwG, Beschluss vom 01.09.1989 - 4 B 17/89 -, NVwZ 1990, 59; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.6.2006 - 11 S 2613/05 -, NJW 2006, 2937, 2939).

2.Der geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht gegeben. Er setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine grundsätzliche, obergerichtlich oder höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Hier besteht kein solcher Klärungsbedarf, da sich die Antwort auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage,

ob für die Erstattung der im isolierten Widerspruchsverfahren entstandenen Gebühren bei Tätigkeit des Rechtsanwalts schon im Antragsverfahren die Erstattung der Gebühr nach VV 2400 (richtig: 2300) oder nach VV 2401 (richtig: 2301) verlangt werden kann,

wie bereits oben ausgeführt unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz ergibt und diese gesetzliche Regelung auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 07.02.2008
Az: 13 S 2939/07


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