Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 9/99

(BPatG: Beschluss v. 20.07.2000, Az.: 15 W (pat) 9/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die am 28. November 1996 eingereichte Patentanmeldung 196 49 413.3-45 betrifft ein

"Verfahren zur Herstellung eines katalytischen Verbundformteils".

Sie wurde von der Prüfungsstelle für die Klasse H 01 M des Deutschen Patentamts in der Anhörung am 29. Juli 1998 zurückgewiesen. Dem Beschluß lagen der in der Anhörung überreichte Patentanspruch 1 und die ursprünglichen Patentansprüche 2 bis 7 zugrunde.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Herstellung eines katalytischen Verbundformteils (1), gekennzeichnet durch einen ersten Schritt der Auftragung einer Lösung einer Platinverbindung auf ein leitendes Formteil (10), welches ein leitendes Material (11) und ein wasserabweisendes Material (12) enthält, der Unterziehung des Formteils (10) einer Reduktion in einem reduzierenden Gasstrom wie Wasserstoffgas und der Abscheidung von metallischen Platin auf einer Oberfläche des leitenden Materials (11); und einen weiteren Schritt der Auftragung einer Lösung einer Rutheniumverbindung auf das Formteil (10), der Unterziehung des Formteils (10) einer Reduktion in einem reduzierenden Gasstrom wie Wasserstoffgas und der Abscheidung von metallischem Ruthenium auf einer Oberfläche des leitenden Materials (11), so daß eine katalytische Komponente (22), welche das metallische Platin und das metallische Ruthenium enthält, auf das Formteil (10) aufgetragen wird."

Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 7 wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde im wesentlichen damit begründet, daß die Entwicklung des beanspruchten Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 bei Kenntnis der Druckschriften

(1) DE 44 17 403 A1

(2) DE-OS 14 71 733 auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Prüfungsverfahren war weiterhin auf

(3) DE 25 53 371 A1 hingewiesen worden.

Gegen diesen Beschluß hat die Patentanmelderin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, daß das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 neu und erfinderisch ist.

Die Patentanmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen mit Patentanspruch 1, überreicht in der Anhörung vor der Prüfungsstelle am 29. Juli 1998, Patentansprüche 2 bis 7, eingegangen am 28. November 1996, gegebenenfalls anzupassende Beschreibung Seiten 1 bis 15, eingegangen am 28. November 1996, 5 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 7, eingegangen am 28. November 1996 (Hauptantrag)

hilfsweise zu erteilen mit Patentanspruch 1 vom 12. März 1999 eingegangen am 15. März 1999, Patentansprüche 2 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2000 sowie gegebenenfalls anzupassende Beschreibung Seiten 1 bis 15, eingegangen am 28. November 1996, und 5 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 7, eingegangen am 28. November 1996 (Hilfsantrag).

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

"Verfahren zur Herstellung eines katalytischen Verbundformteils (1), gekennzeichnet durch einen ersten Schritt der Auftragung einer Lösung einer Platinverbindung auf ein leitendes Formteil (10), welches ein leitendes Material (11) und ein wasserabweisendes Material (12) enthält, der Unterziehung des Formteils (10) einer Reduktion in einem reduzierenden Gasstrom wie Wasserstoffgas und der Abscheidung von metallischen Platin auf einer Oberfläche des leitenden Materials (11); und einen weiteren Schritt der Auftragung einer Lösung einer Rutheniumverbindung auf das Formteil (10), der Unterziehung des Formteils (10) einer Reduktion in einem reduzierenden Gasstrom wie Wasserstoffgas und der Abscheidung von metallischem Ruthenium auf einer Oberfläche des leitenden Materials (11), so daß eine katalytische Komponente (22), welche das metallische Platin und das metallische Ruthenium enthält, auf das Formteil (10) aufgetragen wird und das Verhältnis von Ruthenium zu Platin und Ruthenium (Ru/(Pt +Ru)) im Bereich von 18 bis 42 Gew.-% liegt."

Die Patentansprüche 2 bis 6 gemäß Hilfsantrag entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 5 bis 7.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch keinen Erfolg.

2. Bezüglich der ausreichenden Offenbarung des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag bestehen keine Bedenken. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sind im ursprünglichen Anspruch 1 iVm Seite 4 der ursprünglichen Beschreibung Zeilen 16 bis 22 zu finden. Die Patentansprüche 2 bis 7 sind identisch mit den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 7. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag sind in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 4 iVm Seite 4 der urspünglichen Beschreibung Zeilen 16 bis 22 zu finden. Die Patentansprüche 2 bis 6 sind identisch mit den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 5 bis 7.

3. Nach der Beschreibungseinleitung der Patentanmeldung wurde herkömmlicherweise zur Übertragung einer katalytischen Komponente, die metallisches Platin und metallisches Ruthenium enthält, auf ein leitendes Formteil ein Verfahren verwendet, bei dem eine Platinsalzlösung mit einer Rutheniumsalzlösung bei einem bestimmten PH-Wert gemischt und diese Mischung auf das Formteil aufgetragen und dort reduziert wurde. Die Anmelderin sieht in diesem bekannten Verfahren den Nachteil, daß die Reaktionsvorgänge und die Steuerung solcher Vorgänge schwierig seien, wodurch die Herstellungsvorgänge zwangsläufig kompiziert seien, was zur Verschlechterung der Ausbeute wie zu hohen Produktionskosten führe. Sie möchte daher die Aufgabe lösen, ein Verfahren bereitzustellen, welches zu einer hohen Ausbeute und ausgezeichneter Qualität sowie zu einer Verringerung der Herstellungskosten führt.

Gelöst werden soll diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsantrag. Das Verfahren zur Herstellung eines katalytischen Verbundformteils nach Hauptantrag hat folgende Merkmale:

1. Ein leitendes Formteil besteht aus einem leitenden Material und einem wasserabweisenden Material.

2. Auftragen einer ersten Lösung einer Platinverbindung auf das Formteil.

3. Reduzieren des Formteils in einem reduzierenden Gasstrom (wie H2).

4. Dadurch abscheiden von metallischem Platin auf der Oberfläche des leitenden Materials.

5. Auftragen einer zweiten Lösung einer Rutheniumverbindung auf das Formteil.

6. Reduzierung des Formteils in einem reduzierenden Gasstrom (wie H2).

7. Dadurch abscheiden von metallischem Ruthenium auf der Oberfläche des leitenden Materials.

8. Dadurch wird eine katalytische Komponente, die metallisches Platin und metallisches Ruthenium enthält, auf das Formteil aufgetragen.

Der hier angesprochene Fachmann ist ein Elektrochemiker mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Elektroden, insbesondere für Brennstoffzellen.

4. Die Neuheit des beanspruchten Verfahrens nach Hauptantrag ist gegeben, da in keiner der Druckschriften (1) bis (3) ein Verfahren mit allen anspruchsgemäßen Merkmalen beschrieben ist. Dies ergibt sich auch aus der nachfolgenden Erörterung des Standes der Technik zur erfinderischen Tätigkeit.

Die Entwicklung des beanspruchten Verfahrens nach Hauptantrag beruht jedoch auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

Der dem Anmeldungsgegenstand nächstgelegene Stand der Technik ist in (2) DE-OS 14 71 733 beschrieben. Auch dort wird ein katalytisches Formteil hergestellt, das bevorzugt als Elektrode für Brennstoffzellen verwendet wird (vgl (2) Anspruch 1). Auch dort soll die Aufgabe gelöst werden, die katalytische Wirksamkeit zu verbessern (vgl (2) S 2 Abs 2 und S 3 Abs 2), was der anmeldungsgemäßen Aufgabe entspricht. Der Lösungsweg, der in (2) eingeschlagen wird, entspricht in wesentlichen Punkten der anmeldungsgemäßen Lehre. Dh es war erkannt worden, daß das alleinige Aufbringen von Platin als Katalysatormetall nicht so gute Ergebnisse bringt wie das Aufbringen von Platin und zB Ruthenium (vgl (2) S 2 Abs 2 und S 7 le Z). Es war aber auch erkannt worden, daß es vorteilhaft ist, die entsprechenden Salzlösungen nicht gemeinsam, sondern getrennt aufzutragen, zu trocknen und nach bekanntem Verfahren zu reduzieren (vgl (2) Ansprüche 3, 4 und 5 iVm S 5 le Abs). Dadurch sind die Merkmale 2 bis 8 des beanspruchten Verfahrens nach Hauptantrag im wesentlichen aus (2) bekannt. Die Anmelderin wendet zwar ein, daß in (2) die Reihenfolge nicht der beanspruchten entspreche (erst Platin dann Ruthenium), denn in den dortigen Versuchen werde Platin und Ruthenium in einem einzigen Verfahrensschritt aufgetragen, bzw bei der Kombination Gold/Platin und Palladium/Platin erst das Promotormetall Gold bzw Palladium und dann das Platin aufgetragen. Der angesprochene erfahrene Fachmann wird jedoch beim Nacharbeiten der bekannten Lehre nicht nur die dort beschriebenen Versuche ausführen, sondern alle Möglichkeiten ausloten, die durch (2) vorgeschlagen werden. Dh entsprechend den Ansprüchen 3, 4 und 5 wird er auch die Reihenfolge erst Platin und dann Ruthenium prüfen und dabei zwangsläufig auf die auch von der Anmelderin als vorteilhaft angesehenen Ergebnisse stoßen. Damit sind auch die wichtigsten Merkmale des beanspruchten Verfahrens durch (2) nahegelegt (vgl auch DE 196 49 413 A1 Sp 2 Z 44 bis 51).

Statt eines zu beschichtenden Formteils aus porösem Kohlenstoff (vgl (2) S 7 Abs 2) ein solches aus Rußpartikeln und Tetrafluorethylen zu verwenden (Merkmal 1), ist nicht erfinderisch, da dies für den Fachmann übliche Elektrodenträgermaterialien sind (vgl (1) Anspruch 1 und (3) Anspruch 9). Genausowenig kann die Reduktion der getrockneten Katalysatorsalze in einem reduzierenden Gasstrom wie Wasserstoff patentbegründend sein, da derartige Reduktionsvorgänge zum allgemeinen Fachwissen gehören und auch praktiziert werden (vgl (1) Sp 1 "Stand der Technik", insbes Z 59 bis 62 und (3) S 9 Abs 1).

Damit ist das beanspruchte Verfahren nach Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

5. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem nach Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal, daß das Verhältnis von Ruthenium zu Platin und Ruthenium (Ru/(Pt + Ru)) im Bereich von 18 bis 42 Gew.-% liegt.

Auch dieses Verfahren ist zweifellos neu, aber wie das Verfahren nach Hauptantrag auch nicht erfinderisch.

Dem Fachmann wird durch Druckschrift (2) insbesondere durch die Versuchsergebnisse in der Tabelle 1 deutlich gemacht, daß die besten Werte bei den Scheiben Nr 4 und 5 erreicht werden (vgl (2) S 10 le Abs). Berechnet man jedoch nach den dortigen Angaben das Gewichtsverhältnis Ruthenium zu Platin und Ruthenium, kommt man auf die Werte 30 Gew.-% bzw 50 Gew.-%. Dadurch wird der Fachmann jedoch in den beanspruchten Bereich geführt, so daß auch dieses Merkmal iVm denen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann. Damit ist auch der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag nicht patentfähig.

6. Mit den jeweiligen Ansprüchen 1 fallen auch die ihnen untergeordneten Ansprüche, da über einen Antrag nur insgesamt entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 bis 122, Elektrisches Speicherheizgerät).

Kahr Deiß

Jordan Harrer Na/Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.07.2000
Az: 15 W (pat) 9/99


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