Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 20. Februar 1996
Aktenzeichen: 17 W 35/96

(OLG Köln: Beschluss v. 20.02.1996, Az.: 17 W 35/96)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird geändert und wie folgt neu gefaßt:Der auf die Festsetzung seiner erstinstanzlichen Verkehrsanwaltskosten gerichtete Antrag des Klägers (vom 07.07.1994) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Gründe

Die formell bedenkenfreie Erinnerung der Beklagten, die aufgrund

der Vorlage an den Senat als sofortige Beschwerde gilt (§ 11 Abs. 2

RpflG), hat in der Sache Erfolg. Die dem Kläger durch die

Mitwirkung der Rechtsanwälte St., Dr. H., W. und Sozien aus F. als

Verkehrsanwälte in erster Instanz des vorangegangenen Prozesses

entstandenen und mit 2.379,00 DM (netto) angemeldeten Kosten sind

auch nicht teilweise erstattungsfähig.

Es kann nicht als notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO

angesehen werden, daß der Kläger bei der Óbermittlung der

Informationen an seine erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten die

Hilfe eines am Ort seiner gewerblichen Niederlassung

praktizierenden Rechtsanwalts in Anspruch genommen hat. Der Kläger

hätte seine Kölner Prozeßanwälte ohne weiteres selbst über den

Sach- und Streitstand informieren können. Daß dem Kläger für den

alternativen Fall einer unmittelbaren Unterrichtung seiner Kölner

Prozeßbevollmächtigten zusätzliche Kosten entstanden wären, die er

durch die Korrespondenztätigkeit seiner F.er Rechtsanwälte erspart

hat, kann nicht angenommen werden. Die Beklagten haben mit der

Erinnerung geltend gemacht, daß der Kläger mehrere Mietobjekte am

Ort des erstinstanzlichen Prozeßgerichts besitze und regelmäßig

nach Köln reise. Der Kläger ist dem, obwohl zu einer Stellungnahme

ausdrücklich aufgefordert, nicht entgegengetreten, so daß das

Vorbringen der Beklagten in der Erinnerungsschrift nach der

Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO, der im

Kostenfestsetzungsverfahren entsprechende Anwendung findet, als

zugestanden zu behandeln ist. Für das vorliegende

Kostenfestsetzungsverfahren ist deshalb als feststehend davon

auszugehen, daß der Kläger sich des öfteren aus geschäftlichen

Gründen in Köln aufzuhalten gezwungen ist. Das wiederum

rechtfertigt ohne weiteres die Annahme, daß der Kläger seine

erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten anläßlich einer seiner

regelmäßigen Geschäftsreisen nach Köln zu einem persönlichen

Informationsgespräch hätte aufsuchen und mit der gerichtlichen

Durchsetzung seiner Mietzinsansprüche hätte beauftragen können.

Dafür, daß es dem Kläger im weiteren Verlauf des Prozesses

unmöglich gewesen wäre, seine Geschäftsreisen nach Köln und die

Prozeßführung in vorliegender Sache aufeinander abzustimmen und

seine Prozeßbevollmächtigten mit den für die Ausarbeitung der

schriftsätzlichen Stellungnahme zur Klageerwiderung benötigten

ergänzenden Informationen zu versehen, als er ohnehin geschäftlich

in Köln zu tun hatte, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Im

Zusammenhang mit der Informationserteilung hat der Kläger demnach

durch die Mitwirkung F.er Rechtsanwälte als Verkehrsanwälte keine

sonst notwendig gewordenen Kosten erspart.

Gleiches gilt für die Kosten einer prozeßbezogenen Beratung. Der

Kläger bedurfte keiner Beratung durch andere Anwälte als seine

Kölner Prozeßbevollmächtigten. Daß für die Rechtsverfolgung in der

hier in Rede stehenden Angelegenheit das Landgericht Köln örtlich

und sachlich zuständig war, und daß eine Mietzinsklage gegen die

Beklagten nur durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt würde

erhoben werden können, ist dem Kläger als Vollkaufmann, der sich

gewerbsmäßig unter anderem mit der Anmietung und der

Untervermietung gewerblicher Flächen befaßt, fraglos bekannt

gewesen. Für den Kläger lag es daher nahe, mit einem - falls

überhaupt bestehenden - Wunsch nach vorgerichtlicher Beratung

sogleich an einen Anwalt heranzutreten, der ihn auch vor dem

Landgericht Köln als dem in erster Instanz ausschließlich

zuständigen Prozeßgericht würde vertreten können. Zwar muß

grundsätzlich jeder Partei, die sich anschickt, Klage zu erheben,

unter Kostengesichtspunkten die Möglichkeit zugebilligt werden,

sich durch einen Anwalt am Ort beraten zu lassen. Das kann jedoch

dann nicht gelten, wenn die Partei weiß, bei welchem Gericht sie

eine Klage würde anstrengen müssen, und wenn sie darüberhinaus in

der Lage ist, einen am Streitgericht zugelassenen Rechtsanwalt zu

konsultieren, ohne deswegen eigens eine Reise unternehmen zu

müssen. Dem Kläger mag es zweckmäßig erschienen sein, wegen einer

Beratung in der Sache zunächst seine örtlichen Rechtsanwälte

einzuschalten. Im Hinblick darauf, daß nach der am 1. März 1993 in

Kraft getretenen Neufassung des § 29 a ZPO eine Streitigkeit über

Ansprüche aus dem zwischen den Parteien bestehenden

Untermietverhältnis im ausschließlichen Gerichtsstand der

Belegenheit des Mietraumes und damit vor dem Landgericht Köln

auszutragen war, daß der Kläger davon Kenntnis hatte oder doch

hätte haben müssen, und daß er den Rat eines Kölner Rechtsanwalts

über die Aussichten und Risiken der beabsichtigten Klage bei einer

seiner regelmäßigen Geschäftsreisen nach Köln einzuholen vermochte,

war dies jedoch nicht notwendig. Hätte der Kläger sich bei seinem

gerichtlichen Vorgehen gegen die Beklagten von dem allgemein

anerkannten Grundsatz einer tunlichst kostensparenden Prozeßführung

leiten lassen und sich ohne Zwischenschaltung seiner F.er

Rechtsanwälte unmittelbar an einen beim Landgericht Köln

praktizierenden Anwalt gewandt, dann wären ihm in erster Instanz

des vorangegangenen Prozesses über die Gerichtskosten und die

Gebühren und Auslagen seiner Kölner Prozeßbevollmächtigten hinaus

keine weiteren Prozeßkosten entstanden. Eine etwaige Ratgebühr der

Kölner Rechtsanwälte wäre auf deren spätere Prozeßgebühr

angerechnet worden (§ 20 Abs. 1 Satz 4 BRAGO).

Nach alledem können die streitigen Verkehrsanwaltskosten auch

nicht teilweise unter dem Gesichtspunkt anderweit ersparter Kosten

den zu erstattenden erstinstanzlichen Prozeßkosten des Klägers

zugerechnet werden, so daß der unter dem 7. November 1995 ergangene

Kostenfestsetzungsbeschluß im Umfang seiner Anfechtung zu ändern

und der Antrag des Klägers auf Festsetzung seiner erstinstanzlichen

Korrespondenzanwaltskosten zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Streitwert des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens: 1.425,50

DM.






OLG Köln:
Beschluss v. 20.02.1996
Az: 17 W 35/96


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/c1e794b788cb/OLG-Koeln_Beschluss_vom_20-Februar-1996_Az_17-W-35-96




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share