Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Dezember 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 202/03

(BPatG: Beschluss v. 08.12.2005, Az.: 25 W (pat) 202/03)

Tenor

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Markeist am 28. August 2000 für

"Chemische Reinigungsmittel; Reinigungsmittel; Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke"

unter der Nummer 399 71 816 in das Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung wurde am 30. März 2000 veröffentlicht.

Hiergegen hat die Inhaberin der seit dem 25. Oktober 1974 für

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, Emulgier- und Dispergiermittel für technische Zwecke, Wasserenthärtungsmittel, Kesselsteinverhütungsmittel, Rostentfernungsmittel, Waschrohstoffe, Waschhilfsmittel, Waschmittel, Scheuermittel, Rostschutzmittel, Reinigungsmittel für Porzellan, Glas, Steingut, Holz, Textilien, Leder, Kunststoffe, Metalle, feste Oberflächen aller Art, Maschinen aller Art, Haus- und Küchengeräte und für industrielle Anwendung; phosphorsaure Salze für gewerbliche Zwecke"

eingetragenen Marke 924 155 Epur Widerspruch erhoben.

Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2000 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der älteren Marke umfassend bestritten. Daraufhin hat die Widersprechende Unterlagen in Form einer Eidesstattlichen Versicherung des Verkaufsleiters sowie Kopien eines Produktkatalogs vorgelegt. Die Nichtbenutzungseinrede wurde aufrecht erhalten; zur Abgrenzung hat die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 9. Juli 2001 ihre Bereitschaft erklärt, eine Einschränkung ihres Warenverzeichnisses vorzunehmen, wonach die Reinigungsmittel "sämtlichst nicht zur Verwendung in Hochdruckreinigungsgeräten bestimmt" sein sollen.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß eines Prüfers des gehobenen Dienstes vom 4. Juli 2002 die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Aus den vorgelegten Katalogkopien ergebe sich nicht, wie und in welcher Form die Marke auf der Ware angebracht sei. Damit sei die Benutzung der älteren Marke nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden.

Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat die Erinnerungsprüferin mit Beschluß vom 19. Juni 2003 den Beschluß des Erstprüfers aufgehoben und die Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke bejaht, da nach Vorlage weiterer Glaubhaftmachungsmittel - Kopien von Großgebinde-Aufklebern und Kopien von Fotos, die diese Etiketten auf 25kg-Säcken zeigen - die ernsthafte Benutzung der älteren Marke glaubhaft gemacht sei. Hierfür genüge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Die in der bereits vorliegenden Eidesstattlichen Versicherung vom 23. Januar 2001 angegebenen Umsätze reichten aus, weil es nicht erforderlich sei, Umsätze für den gesamten Zeitraum anzugeben. Auch aus der abweichenden Art der Markengestaltung könne nichts Negatives abgeleitet werden, da es für den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke unschädlich sei, wenn sie mit beschreibenden Zusätzen verwendet werde. Die Benutzung sei somit für "flüssiges oder pulverförmiges Reinigungsmittel auch für Hochdruckreiniger geeignet" anzuerkennen, was sich ohne weiteres unter die Waren der Widerspruchsmarke "Reinigungsmittel für Porzellan, Glas, Steingut, Holz, Textilien, Kunststoffe, Metalle, feste Oberflächen aller Art, Maschinen aller Art, Haus- und Küchengeräte und für industrielle Anwendung" subsumieren lasse. Diese Waren könnten mit den im Laufe des Widerspruchsverfahrens auf "Chemische Reinigungsmittel und Reinigungsmittel, sämtlichst nicht zur Verwendung in Hochdruckreinigungsgeräten bestimmt; Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke" eingeschränkten Waren der angegriffenen Marke übereinstimmen oder zumindest ähnlich seien. Im Hinblick auf den erforderlichen Abstand der Marken und auf die durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe angesichts des klangschwachen Wortanlauts "b" bei klanglicher Übereinstimmung der Wörter im übrigen Verwechslungsgefahr.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 924 155 zurückzuweisen.

Dem angefochtenen Beschluß der Markenstelle zur Annerkennung der Benutzung der Widerspruchsmarke mit Zahlen des Jahres 1999 könne nicht gefolgt werden. Die Nichtbenutzungseinrede bleibe aufrecht erhalten. Auch könne die Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr nicht geteilt werden, zumal der Anlaut der angegriffenen Marke klangstark und die Endung "-pur" kennzeichnungsschwach sei. Die Markenstelle habe zudem unberücksichtigt gelassen, daß einer Verwechslungsgefahr auch die Bildmarkeneigenschaft der angegriffenen Marke entgegenstehe.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Behauptungen der Inhaberin der angegriffenen Marke stellten keine ausreichende Begründung für das Aufrechterhalten der Nichtbenutzungseinrede dar. Zur Frage der klanglichen Verwechslungsgefahr werde auf den angefochtenen Beschluß verwiesen. Daß die angegriffene Marke eine Wort-Bild-Marke darstelle, könne eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, da auch insoweit dem Wort der Vorzug gegeben werde, zumal die in der jüngeren Marke enthaltenen Striche keine sehr phantasievollen grafischen Elemente darstellten.

Ergänzend legt die Widersprechende mit Schriftsatz vom 7. Januar 2005 weitere Unterlagen in Form von Informationsblättern, Etikettenfotos und einer weiteren Eidesstattlichen Versicherung vom 22. Dezember 2004 vor, die Umsätze aus den Jahren 2002 und 2003 belegen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich hierzu nicht mehr geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Auch nach Auffassung des Senat besteht Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke wurde zulässig umfassend bestritten. Sowohl für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, der entgegen der Ansicht der Widersprechenden die Zeitspanne von 5 Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke, also die Zeit zwischen August 1995 und August 2000 betrifft, als auch für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, der den Zeitraum von 5 Jahren vor Entscheidung über den Widerspruch auch in der Beschwerdeinstanz, d. h. vor Dezember 2005, umfasst, hat die Widersprechende nach Würdigung aller bislang vorgelegten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung für "flüssiges oder pulverförmiges Reinigungsmittel auch für Hochdruckreinigungsgeräte geeignet" glaubhaft gemacht. Die angegebenen Umsatzzahlen wie auch die Belege hinsichtlich der Verwendung und Form der Widerspruchsmarke decken (teilweise) beide maßgeblichen Zeiträume ab. Daß die verwendete Markenform von der eingetragenen Form der älteren Marke abweicht, ist unschädlich, weil vom Schutz der mit großem Anfangs- und folgenden kleinen Buchstaben eingetragenen Widerspruchsmarke die Schreibweise ausschließlich in Großbuchstaben umfasst ist. Der kennzeichnende Charakter wird auch nicht dadurch tangiert, daß die Marke im Kontext mit weiteren beschreibenden Angaben verwendet wird. Im Rahmen der Prüfung der Integration (vgl hierzu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 26, Rdnr. 210 ff m. w. H.) ist auf Seiten der Widerspruchsmarke bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren daher von der Benutzung der älteren Marke für die eingetragenen Waren "Reinigungsmittel für Porzellan, Glas, Steingut, Holz, Textilien, Kunststoffe, Metalle, feste Oberflächen aller Art, Maschinen aller Art, Haus- und Küchengeräte und für industrielle Anwendung" auszugehen.

Diese Waren können mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Chemische Reinigungsmittel; Reinigungsmittel" identisch, jedenfalls hochgradig ähnlich sein. Dies gilt auch für die weiteren Waren "Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke", die ebenfalls als Reinigungsmittel angesehen werden können. Die Einschränkung des Warenverzeichnisses auf Reinigungsmittel, die nicht zur Verwendung in Hochdruckreinigungsgeräten bestimmt sein sollen, gemäß Schriftsatz der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 9. Juli 2001 im Verfahren vor der Markenstelle konnte nicht berücksichtigt werden, weil es sich nach dem Wortlaut lediglich um eine Absichtserklärung, nicht aber um eine tatsächlich vorgenommene Beschränkung handelt. Abgesehen davon, daß es bereits fraglich ist, ob es sich hierbei tatsächlich um eine warengegenständliche Beschränkung handelt, wäre eine solche Einschränkung auch nur dazu geeignet, die Waren der jüngeren Marke aus dem Identitätsbereich zu nehmen. Sie schließt jedoch eine hochgradige Ähnlichkeit nicht aus, so daß hier kein ausreichend großer Warenabstand geschaffen würde.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Marken geht der Senat von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke ihrem Gesamteindruck nach aus. Anhaltspunkte, die in eine andere Richtung weisen, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht. Im Hinblick auf die Warensituation und die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen mangels einer entsprechenden Beschränkung in den jeweiligen Warenverzeichnissen auch Durchschnittsverbraucher zu zählen sind, müssen an den Abstand der Marken eher strenge Anforderungen gestellt werden.

Diesem Maßstab genügt die angegriffene Marke nicht, denn es besteht die Gefahr, daß die Markenwörter ihrem Klangbild nach miteinander verwechselt werden. Die Übereinstimmungen in den für den klanglichen Gesamteindruck wichtigen Merkmalen wie der Silbenzahl, der Vokalfolge und dem Sprechrhythmus, bei dem die Betonung bei ungezwungener Aussprache jeweils auf der ersten Silbe liegt, sind so zahlreich, daß der Eindruck gleich klingender Wörter entsteht. Daß das Markenwort der jüngeren Marke den zusätzlichen Konsonanten "b" als Anlaut und in der ersten Silbe einen zusätzlichen Vokal "e" enthält, kann der Verwechslungsgefahr nicht entgegen wirken, weil diese Unterschiede in klanglicher Hinsicht kaum wahrnehmbar sind. Insoweit wäre zu befürchten, daß selbst Fachleute, die im allgemeinen aufmerksamer mit Kennzeichnungen umgehen und schon kleinere Unterschiede bemerken, Verwechslungen unterliegen würden.

Es kann unter diesen Umständen daher offen bleiben, ob sich die Marken ihrem visuellen Gesamteindruck nach in einem noch ausreichendem Umfang unterscheiden, wie die Inhaberin der angegriffenen Marke meint. Hieran könnten insoweit Zweifel bestehen, als die Striche unter b. z. w. über dem Wort der jüngeren Marke mehr schmückenden und keinen selbständig schutzfähigen Charakter haben und das Markenwort eher einrahmen und herausstellen. Deutliche Unterschiede sind jedenfalls im Schriftbild der sich gegenüberstehenden Markenwörter durch die abweichenden Wortanfänge "Bee-" bzw "E-" festzustellen. Diese Unterscheidungsmerkmale sind allerdings nicht geeignet, die Gefahr klanglicher Verwechslungen zu kompensieren, denn nach der Rechtsprechung des BGH reicht es für die Annahme der Verwechslungsgefahr aus, wenn die Ähnlichkeit auch nur in einer Hinsicht zu bejahen ist (vgl BGH GRUR 1999, 241 - LIONS; v. g. l zuletzt BGH I ZB 40/03 vom 22.9.2005 - coccodrillo, veröffentlicht auf der Internetseite www.Bundesgerichtshof.de, unter Berufung auf EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl / Puma).

Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß, § 71 Abs. 1 MarkenG.

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BPatG:
Beschluss v. 08.12.2005
Az: 25 W (pat) 202/03


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