Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Mai 2000
Aktenzeichen: 13 W (pat) 54/98

(BPatG: Beschluss v. 02.05.2000, Az.: 13 W (pat) 54/98)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberinnen wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 23. Juli 1998 hat die Patentabteilung 24 des Deutschen Patentamts nach Prüfung zweier Einsprüche das am 23. September 1988 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 25. September 1987 (JP P 62-238926) angemeldete und am 29. August 1996 veröffentliche Patent 38 32 434 mit der Bezeichnung

"Stahlfeder mit hoher Festigkeit"

gemäß § 61 Absatz 1 Satz 1 PatG widerrufen.

Der dem Widerrufsbeschluß zugrunde liegende erteilte Patentanspruch 1 lautet:

Hochfeste Stahlfeder mit folgender Zusammensetzung (Gew.-%)

Kohlenstoff: 0,6 bis 0,7 Silicium: 1,2 bis 1,6 Mangan: 0,5 bis 0,8 Chrom: 0,5 bis 0,8 Vanadium: 0,05 bis 0,2 Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen, dadurch gekennzeichnet, daß nichtmetallische Einschlüsse eine maximale Teilchengröße von 15 µm aufweisen, daß die Feder in einem ihrer äußeren Oberfläche benachbarten Abschnitt einer Druckeigenspannung unterworfen ist, die maximal 833,85 bis 1079,1 N / mm2 beträgt unddaß die Oberflächenrauhigkeit der Feder 5 bis 15 µm beträgt.

Der Anspruch 2 betrifft eine Ausbildung der Stahlfeder nach Anspruch 1.

Im Widerrufsbeschluß ist unter anderem ausgeführt, daß der Patentgegenstand neu sei, aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Eine Stahlfeder mit der beanspruchten Zusammensetzung sei aus der DE 31 30 914 A1 (1) bekannt. Für Federstahl gehe aus der Veröffentlichung des Verbandes der Deutschen Federnindustrie: "Einfluß nichtmetallischer Einschlüsse auf die Ermüdung von vergütetem Federstahl der Güte 55CR3", Seiten 1 bis 4 (4) hervor, daß die Dauerfestigkeit um so höher sei, je glatter die Oberfläche und je kleiner die Einschlüsse seien. Eine Oberflächenverfestigung durch Kugelstrahlen verbessere nach dieser Schrift (4) und nach der Lehre des Fachbuchs "VDI-Gesellschaft Werkstofftechnik 1984 / 85", Hrg. VDI Düsseldorf 1985, Seiten 26 bis 38 (5) die Dauerfestigkeit. Werte für die einzelnen Parameter seien daraus ebenfalls bekannt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der beiden Patentinhaberinnen.

Sie beschränken den Patentanspruch 1 der am 23. Januar 1999 eingegangenen beiden Patentansprüche in der mündlichen Verhandlung durch Streichung des Wortes "maximal" im Merkmal b) und durch ein zusätzliches Merkmal d) mit dem Wortlaut "der Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen < 0,01 % beträgt" als Hauptantrag. Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat somit folgenden Wortlaut:

Hochfeste Ventilfeder für Brennkraftmaschinen mit folgender Zusammensetzung (Gew.-%)

Kohlenstoff: 0,6 bis 0,7 Silicium: 1,2 bis 1,6 Mangan: 0,5 bis 0,8 Chrom: 0,5 bis 0,8 Vanadium: 0,05 bis 0,2 Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen, wobeia) nichtmetallische Einschlüsse eine maximale Teilchengrößevon 15 µm aufweisen, b) die Feder in einer Randschicht eine Druckeigenspannung von 833,85 bis 1079,1 N/mm2 aufweist, c) die Oberflächenrauhigkeit der Feder 5 bis 15 µm beträgt undd) der Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen < 0,01 % beträgt.

Nach dem Hilfsantrag ist gegenüber dem Hauptantrag lediglich der Kohlenstoffgehaltbereich eingeschränkt auf:

Kohlenstoff: > 0,6 bis 0,7 Gew.-%

Für den Haupt- und Hilfsantrag gilt jeweils ein Anspruch 2 mit folgendem Wortlaut:

2. Ventilfeder nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie aus einem Stahldraht besteht, dessen Einschnürung wenigstens 40 % beträgt.

Die Einsprechenden führen im Beschwerdeverfahren zum Stand der Technik unter anderem noch eine B... Bestellvorschrift "Ventilfederdraht" vom Januar 1974 mit der Kenn-Nummer 5 960 60. ... VS 13 668 - Sl, Blatt 1 bis 4 (B) ein.

Zur Begründung ihrer Beschwerde führen die Patentinhaberinnen ua aus, es sei Ziel der Erfindung gewesen, maximale Schwingfestigkeit zu erreichen. Dafür sei eine Mehrzahl von Einflußfaktoren maßgeblich. Eine zentrale Schwierigkeit bestehe darin, daß mit einer Erhöhung der Festigkeit die Ermüdungsbeständigkeit sinke, so daß es gelte, aus diesen gegenläufigen Wirkungen das Optimum herauszufinden. Bekannte Einflußfaktoren auf die Schwingfestigkeit seien neben der Stahlzusammensetzung die Einschlüsse von Verunreinigungen, die Oberflächenrauhigkeit des Drahtes und die Druckvorspannung in dessen Randzone. Letztere stehe wieder in Abhängigkeit zur Oberflächenrauhtiefe. Die ausgewogene Abstimmung aller Größen sei dabei das Problem, weil Sie ohne Vorbild und Richtungsvorgabe durch den Stand der Technik bei teilweise gegenläufigen Auswirkungen der Einzelparameter hinsichtlich der angestrebten maximalen Schwingfestigkeit erfolgen müsse.

Insbesondere die herausgefundene Beschränkung der Druckvorspannung in der Randzone im Hinblick auf die Begrenzung der Rauhtiefe begründe dabei erfinderische Tätigkeit und den von der Fachwelt nicht erwarteten überraschenden Fortschritt. Die Bosch Bestellvorschrift (B) - sofern öffentliche Druckschrift - sei nicht relevant, weil die angegebene Stahlzusammensetzung nach dem handschriftlichen Eintrag die Schmelzanalyse betreffe und der Kohlenstoffgehalt des Federdrahtes bekanntermaßen darunter und somit außerhalb des beanspruchten Bereichs liegen müsse.

Für das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel mit Drahtdurchmesser 4 mm sei die beanspruchte Rauhtiefe geringer und die erreichte Zugfestigkeit höher als nach Blatt 4 der Bosch Bestellvorschrift (B). Schließlich seien nach Bosch Bestellvorschrift (B) die Reinheit des Stahls und nach der VDI-Schrift (5) sowohl die Randschicht-Druckvorspannung als auch die Rauhtiefe und die Einschlußgröße nicht quantifiziert und aufeinander abgestimmt angegeben. Daraus entnehmbare Parameterwerte wie zB eine Einschlußgröße von kleiner 20 µm stimmten nicht mit den beanspruchten Bereichen überein. Die beanspruchte Abstimmung aller Einflußparameter sei somit nicht nahegelegt.

Die Patentinhaberinnen beantragen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den am 23. Januar 1999 eingegangenen 2 Patentansprüchen und einer noch anzupassenden Beschreibung nebst Zeichnung beschränkt aufrechtzuerhalten, wobei Patentanspruch 1 durch das Merkmal d) des folgenden Hilfsantrags ergänzt und das Wort "maximal" im Merkmal b) des Patentanspruchs 1 gestrichen wird, hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten 2 Patentansprüchen und einer noch anzupassenden Beschreibung nebst Zeichnung.

Die Einsprechenden stellen den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie widersprechen den Ausführungen der Patentinhaberinnen in allen Punkten und verweisen ua darauf, daß der handschriftliche Eintrag auf der Bosch Bestellvorschrift (B) unmaßgeblich sowie aus dieser Schrift (B) und der VDI-Schrift (5) Einstellungsbereiche der Parameter auch schon quantitativ vorgegeben seien, so daß bei entsprechender Aufgabenstellung und fachkundiger Zusammenschau dieser beiden Schriften die Optimierung der Parametereinstellungen zum fachüblichen Handeln gehöre. Die Abstimmung der Parameter gemäß Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beruhe deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit, schon weil die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Parametern dem Fachmann geläufig seien, einschließlich der Wirkung von Kohlenstoff bezüglich der Festigkeit hinsichtlich dem Hilfsantrag.

Auch eine Zusammenschau der DE 31 30 914 A1 (1) mit der VDI-Schrift (5) führe naheliegend zum Gegenstand von Anspruch 1.

Eine Erweiterung des Schutzbereiches des Patents liege in dem Wort "Randschicht" als Ersatz für die erteilte Wortfolge "ihrer äußeren Oberfläche benachbarten Abschnitt" im Anspruch 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das geltende Patentbegehren ist zulässig.

Der geltende Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von dem erteilten Anspruch 1 durch die Bezeichnung "Hochfeste Ventilfeder für Brennkraftmaschinen" gegenüber "Hochfeste Stahlfeder" bzw "Stahlfeder mit hoher Festigkeit" gemäß dem ursprünglichen Anspruch 1, im Merkmal b) durch den Ersatz der Wortfolge "einem ihrer äußeren Oberfläche benachbarten Abschnitt" durch "einer Randschicht" und die Streichung des Wortes "maximal" sowie durch Aufnahme des zusätzlichen Merkmals "d) der Gehalt an nichtmetallsichen Einschlüssen < 0,01 % beträgt".

Anstatt "Hochfeste Stahlfeder" bzw "Stahlfeder mit hoher Festigkeit" ist die geltende Bezeichnung "Hochfeste Ventilfeder für Brennkraftmaschinen" zulässig hergeleitet aus dem ersten Absatz der ursprünglichen bzw erteilten Beschreibungseinleitung, wo für die "Stahlfeder" jeweils die Verwendung als "Ventilfeder für eine Brennkraftmaschine" angegeben ist.

In der Änderung des Merkmals b) liegt keine Erweiterung oder unzulässige Änderung. Der der Oberfläche - es gibt bei Draht nur eine "äußere" Oberfläche - benachbarte Abschnitt ist die die Oberfläche des Drahtes als Grenzfläche aufweisende Materialschicht unter der Oberfläche. Der Begriff "Randschicht" entspricht fachlich exakt dieser Materialschicht, weil deren "Rand" die Oberfläche des Drahtes ist.

Die Streichung des Wortes "maximal" im Merkmal b) betrifft eine zulässige Beschränkung. Das Wort "maximal" definierte den angegebenen Wertebereich als obere Begrenzung eines nach unten offenen Bereichs. Die Streichung von "maximal" bedeutet deshalb den Entfall des nach unten offenen Bereiches und definiert den angegebenen Wertebereich nunmehr als ausschließlich geltenden Bereich.

Das zusätzliche, beschränkende Merkmal d) ist zulässig. Es ist ursprünglich und in der Streitpatentschrift offenbart in der Tabelle I in der Spalte "andere Elemente" mit Fußnote *3) für die erfindungsgemäßen Beispiele A und C, wobei diese Fußnote *3) nach der zugehörigen Legende neben der Bedingung für die maximale Teilchengröße der nichtmetallischen Einschlüsse < 15 µm, wie sie bereits Bestandteil des Merkmals c) ist, auch den Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen < 0,01 % festlegt, was jetzt Inhalt des zusätzlichen Merkmals d) wurde. Das neue Anspruchsmerkmal d) ist daher als zur Erfindung gehörend offenbart.

Der geltende Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von dem gemäß Hauptantrag durch die Änderung des unteren Kohlenstoffgehaltes von 0,6 auf > 0,6 Gew.-%. Diese Änderung betrifft eine zulässige Einschränkung des Bereiches für den Kohlenstoffgehalt, bei dem nunmehr der Wert 0,6 Gew.-% Kohlenstoff nicht mehr beansprucht ist.

Der Anspruch 2 nach Haupt- und Hilfsantrag ist gegenüber dem erteilten ebenfalls zulässig von "Stahlfeder" auf "Ventilfeder" beschränkt worden.

Die B... Bestellvorschrift (B) vom Januar 1974 ist ihrem Wesen nach für alle Zu lieferfirmen und Abnehmer für Ventilfedern der Firma B... bestimmt, zu denen insbesondere auch Brennkraftmaschinenhersteller gehören. Eine Zugänglichkeit dieser Kreise, zu denen auch als Zulieferer oder Abnehmer Interessierte zählen dürften, ist nach der Lebenserfahrung für solche Bestellvorschriften zu unterstellen. Einen Geheimhaltungsvermerk tragen die vier Blätter der Bestellvorschrift - im Gegensatz zu den Blättern der ebenfalls von den Einsprechenden zur Verfügung gestellten Gefügerichtreihen - nicht. Da somit davon auszugehen ist, daß ein nicht abgrenzbarer Personenkreis Zugang zu der B... Bestellvorschrift (B) vor dem Prioritätstag des Streitpatents am 25. September 1987 gehabt hat und eine Vorveröffentlichung der Bestellvorschrift (B) von den Patentinhaberinnen als solche auch nicht bestritten wurde, gilt die Bestellvorschrift (B) als Stand der Technik.

Fachmann ist ein werkstoffkundiger Diplomingenieur mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Stahlfedern, der auch mit den speziellen Aspekten von Ventilfedern für Brennkraftmaschinen, deren Anforderungen, Eigenschaften und Herstellungsparametern gut vertraut ist.

Die beanspruchte Ventilfeder gemäß Anspruch 1 nach dem Haupt- und Hilfsantrag ist unbestritten neu.

Der Patentgegenstand gemäß Haupt- und Hilfsantrag beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Patent betrifft eine hochfeste Ventilfeder für Brennkraftmaschinen mit definierter Zusammensetzung und Festlegungen für die maximale Teilchengröße nichtmetallischer Einschlüsse, für einen bestimmten Druckeigenspannungsbereich in der Randschicht der Feder, für die Oberflächenrauhigkeit und für den Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen.

Es liegt die Aufgabe vor (Seite 2, Zeilen 27 und 28 der Streitpatentschrift DE 38 32 434 C2), "eine neue Feder zur Verfügung zu stellen, die so belastbar ist, daß sie besonders hohen Beanspruchungen gewachsen ist"; bzw nach der Beschwerdebegründung vom 22. Januar 1999, S 4, Abs 3 "eine Ventilfeder zu schaffen, die einer erhöhten Belastung, insbesondere einer erhöhten Wechselbelastung, auf Dauer ausgesetzt werden kann".

Gelöst wird die gestellte Aufgabe durch die Merkmalsgesamtheit von Anspruch 1.

Aus der B... Bestellvorschrift (B) Blatt 2 geht ein Ventilfederstahldraht mit fol gender Zusammensetzung in % hervor:

Kohlenstoff: 0,5 bis 0,6 Silicium: 1,2 bis 1,65 Mangan: 0,5 bis 0,8 Chrom: 0,5 bis 0,8 Vanadium: 0,15 bis 0,25 Rest Eisen und herstellungsbedingte Verunreinigungen.

Diese Zusammensetzung überdeckt sich mit der beanspruchten, so daß die Stahlzusammensetzung nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag für sich bekannt ist.

Der auf einer Kopie der Bestellvorschrift zur Zusammensetzung zu findende handschriftliche Vermerk "Schmelzanalyse" und daneben "Stückanalyse C = 0,47 - 0,63" ist unbeachtlich, weil weder der Urheber noch der Zeitpunkt und Grund für diese Ergänzung feststellbar sind und die handschriftliche Eintragung sicher nicht Bestandteil der als Vorschrift geltenden und an Dritte verteilten gedruckten Bestellvorschrift (B) für den Ventilfederstahldraht - also für das fertige Halbzeug und nicht für die Stahlschmelze - geworden ist.

Auf Blatt 2 der Bestellvorschrift (B) findet sich unter der Überschrift Reinheit - gemeint ist hier für den Fachmann zweifelsfrei die Reinheit des Stahldrahtes - folgender Hinweis: "Reinheitsgrad nach Größe und Häufigkeit der Einschlüsse besser oder gleich Reinheitsgrad 4 der Bosch-Richtreihe SWM Nr. 1".Damit ist dem Leser klar, daß es auf die Größe und auf die Häufigkeit der im Federstahldraht vorhandenen Einschlüsse von nichtmetallischen Verunreinigungen als Fehlstellen ankommt und daß deshalb die Größe und Häufigkeit solcher Fehlstellen unterhalb einer definierten Grenze liegen müssen.

Zu dem in der Bestellvorschrift als Grenze genannten Reinheitsgrad 4 der B...- Richtreihe SWM Nr.1 ist dem Senat kein Stand der Technik zugänglich gemacht worden, der die damit beschriebene Größe und Häufigkeit von nichtmetallischen Einschlüssen gemäß Reinheitsgrad 4 quantifiziert.

Zur Oberfläche findet sich auf Blatt 1 der Bestellvorschrift unten der Hinweis: "Rauheit: zulässige Tiefe von Oberflächenfehlern siehe Tabelle 2" und in dieser Tabelle 2 auf Blatt 4 der Bestellvorschrift sind die zulässigen Tiefen von Oberflächenfehlern in Abhängigkeit von steigenden Drahtdurchmessern mit maximal 5 µm bei dünnen Drähten angegeben bis maximal 32 µm bei dicken Drähten. Diese Festlegungen überdecken sich mit denen nach Merkmal c) des Anspruchs 1, wonach die Oberflächenrauhigkeit 5 bis 15 µm beträgt.

Schließlich enthält die B... Bestellvorschrift auf Batt 2 und 3 jeweils noch einen Hinweis auf ein "Strahlen". Der Fachmann versteht darunter eine Sand- bzw Kugelstrahl-Behandlung, die für Stahl mit Stahlkörnern vorgenommen wird. Unter "Aussehen und sonstige Eigenschaften" steht auf Blatt 2: "nach Strahlen muß sich die Oberfläche ...", auf Blatt 3 steht unter "Dauerfestigkeit" etwas von ungestrahlten Schraubenfedern und zu "Federn über 5 mm Drahtdurchmesser", daß diese, wenn sie die angegebene Dauerhubfestigkeit nicht erreichen, in gestrahltem Zustand noch eine bestimmte Hubspannung über 107 Lastwechsel ertragen müssen.

Dem Fachmann wird dadurch ein Zusammenhang zwischen Dauerfestigkeit und Kugelstrahlen in der Bestellvorschrift aufgezeigt.

Stellt sich dem Fachmann ausgehend von diesem Stand der Technik die streitpatentgemäße Aufgabe, eine Ventilfeder für besonders hohe Wechselbeanspruchung auf Dauer bereitzustellen, so stößt er im Stand der Technik auf den Aufsatz von B. K..., "Schwingfestigkeitssteigerung durch Randschichtkaltverfestigungs verfahren" im Fachbuch "VDI-Gesellschaft Werkstofftechnik 1984 / 85", Hrg. VDI Düsseldorf 1985, Seiten 26 bis 38 (5). "Für hohe Wechselbeanspruchung" und "gesteigerte Schwingfestigkeit" sind für den Fachmann Begriffe für gleiche Auswirkungen entsprechender Maßnahmen.

Zur Verbesserung der Schwingfestigkeit wird darin das Kugelstrahlen und als Anwendung die Dauerfestigkeitssteigerung von Federn genannt (S 27, re Sp). Durch Kugelstrahlen würden die Randfestigkeit, der Randeigenspannungszustand und die Oberflächenfeingestalt verändert (S 28, re Sp). Kugelstrahlen erzeuge dabei Druckeigenspannungen, deren Höhe unter anderem mit zunehmender Werkstoffhärte und Strahlmittelhärte wachse (S 29, reSp). Die Druckeigenspannung bestimme die Höhe der Schwingfestigkeitssteigerung, wobei die Rauhtiefe beachtet werden solle (S 30, li Sp). Die Verbesserung der Dauerfestigkeit von Schraubenfedern durch Kugelstrahlen geht aus Tafel 1 hervor, nichtmetallische Einschlüsse kleiner 20 µm Durchmesser beeinträchtigen nach S 32, re Sp die Schwingfestigkeit nicht merkbar. Kugelstrahlen führe unter anderem zu Randhärtesteigerung, zu Randdruckeigenspannungen (S 33 li Sp). Erst durch eine kombinierte Strahlbehandlung mit zwei unterschiedlichen Strahlmittelgrößen nacheinander könne entscheidende Lebensdauerverbesserung bei gleichzeitig geringer Rauhtiefe erzielt werden (S 33 re Sp). Bild 11 zeigt Abhängigkeiten zwischen Oberflächenrauheit und Lebensdauer, die bei zweistufigem Kugelstrahlen ihr Lebensdauermaximum bei einer Oberflächenrauheit von ca 10 µm erreicht. Die Druckeigenspannung infolge Kugelstrahlen nehme mit größer werdender Vorspannung deutlich zu und steigere dadurch auch die Dauerfestigkeit (S 34 li Sp). In S 34 re Sp zeigt das zweite Bild von oben, zu dem offensichtlich die Bildunterschrift Bild 12 gehört, innerhalb eines Abstandes von ca 0,25 mm von der Oberfläche einer Feder ein Eigenspannungsmaximum von ca -900 N/mm2, dem im darüber liegenden Bild die beste der Wöhlerkurven zugeordnet ist mit einer Dauerfestigkeit für einen Spannungsausschlag von ca 380 N/mm2. Die Druckeigenspannungsausbildung in der Randschicht als Wirkung des Kugelstrahlens und deren Einfluß auf die Schwingfestigkeit würdigt die Zusammenfassung auf S 36.

Strebt der Fachmann somit ausgehend von einer Ventilfeder gemäß der B... Bestellvorschrift (B) nach einer besonders hohen dauerhaften Wechselbeanspruchung, so ist ihm aus der VDI-Schrift (5) nahegelegt, zur Steigerung der Schwingfestigkeit in der Randschicht eine möglichst hohe Druckeigenspannung durch Kugelstrahlen zu erzeugen, beispielsweise durch eine kombinierte Strahlbehandlung nacheinander mit zwei unterschiedlichen Strahlmittelgrößen zur entscheidenden Lebensdauerverbesserungen bei gleichzeitig geringer Rauhtiefe von ca 5 bis 15 µm gemäß S 33, re Sp, Bild 11 die beiden letzten Doppelbalken, die maximale Lebensdauern zeigen. Dies entspricht dem Merkmal b) hinsichtlich einer Druckeigenspannung, die gemäß (5) für maximale Schwingfestigkeit etwa 900 N/mm2 beträgt nach dem zweiten Bild von oben in der rechten Spalte von S 34 und dem Merkmal c) des Anspruchs 1 hinsichtlich des einzuhaltenden Rauhtiefenbereichs.

Eine Bereichsangabe um den aus (5) bekannten Druckvorspannungswert gemäß Merkmal b) des Anspruchs 1 festzulegen, betrifft eine einfache, fachübliche Maßnahme, wie sie für einzuhaltende Parameter üblich sind, wobei für die Grenzen üblicherweise runde Werte gewählt werden. Die nunmehr beanspruchten Werteangaben nach Merkmal b) ergeben sich aus solchen ursprünglich offenbarten runden Werten durch bloße Umrechnung der Maßeinheit.

Die nichtmetallischen Einschlüsse müssen nach (5), S 32, re Sp kleiner 20 µm sein, so daß die Festlegung nach Merkmal a) von Anspruch 1 mit maximal 15 µm demgegenüber eine bloße, im Ermessen des Fachmanns liegende einfache, etwas weitere Einschränkung des bekannten Bereichs ist.

Daß auch der Gehalt an nichtmetallischen Einschlüssen gemäß dem Merkmal d) des Anspruchs 1 festgelegt werden muß, ergibt sich aus der B... Bestellvor schrift (B), Blatt 2 dadurch, daß hinsichtlich Reinheit neben der Größe der Einschlüsse auch deren Häufigkeit begrenzt sein soll. Außerdem ist dem Fachmann geläufig, daß die Einschlüsse als die Dauerfestigkeit reduzierende Fehlstellen möglichst gering sein müssen. Somit wird der Fachmann einen hinsichtlich des Herstellverfahrens des Federstahldrahtes wirtschaftlich vertretbaren, möglichst kleinen Gehalt an Einschlüssen wählen. Die Festlegung des Gehalts an Einschlüssen betrifft somit eine Maßnahme im Bereich fachüblichen Handelns ohne erfinderische Überlegungen.

Nach alledem gelangt der Fachmann auf einfache Weise durch die Vorgaben und Hinweise der Entgegenhaltungen (B) und (5) ohne erfinderische Tätigkeit zu einem hochfesten Ventilfederstahldraht für eine Ventilfeder, beispielsweise für Brennkraftmaschinen, mit allen Merkmalen nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, sobald er beabsichtigt, diese für eine möglichst hohe Wechselbeanspruchung auf Dauer bereitzustellen.

Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher nicht bestandsfähig.

Mit ihm fällt auch der darauf zurückbezogene Anspruch 2, dessen Merkmal zur Einschnürung von wenigstens 40 % ohnehin durch die Werte zur Brucheinschnürung nach der Bosch Bestellvorschrift (B), Blatt 4 vorbekannt ist.

Dies gilt auch für den Hilfsantrag.

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich dadurch, daß der Bereich des Kohlenstoffgehaltes des Drahtes nur minimal an seiner Untergrenze beschränkt wurde von 0,6 auf > 0,6 Gew.-%, das heißt, daß hilfsweise gegenüber dem Hauptantrag lediglich der Wert von 0,6 Gew.-% Kohlenstoff ausgenommen ist.

Der Kohlenstoffgehalt im Stahl ist als Element bekannt, dessen Zunahme verantwortlich ist für eine Erhöhung der Zugfestigkeit und Streckgrenze auf Kosten der Bruchdehnung und Einschnürung. Sofern die geringe Erhöhung der Kohlenstoffuntergrenze gegenüber dem Hauptantrag überhaupt zu einer spürbaren Änderung der Ventilfederfunktion führt, liegt diese Änderung im bloßen Ermessen des Fachmanns beim Streben nach höherer Festigkeit, also auch Schwingfestigkeit gegenüber dem aus (B) bekannten Federdraht. Eine erfinderische Tätigkeit ist damit nicht verbunden.

Der Anspruch 2 nach dem Hilfsantrag entspricht dem Anspruch 2 nach dem Hauptantrag, so daß für diesen das gleiche gilt.

Nach alledem waren die Beschwerden der Patentinhaberinnen zurückzuweisen.

Ch. Ulrich Dr. K. Vogel Heyne Dr. Henkelprö






BPatG:
Beschluss v. 02.05.2000
Az: 13 W (pat) 54/98


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