Landgericht Detmold:
Beschluss vom 7. Juni 2002
Aktenzeichen: 3 T 119/02

(LG Detmold: Beschluss v. 07.06.2002, Az.: 3 T 119/02)

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Gläubiger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von bis zu 13.000,-EUR zu zahlen.

Gründe

Die Beschwerde ist nach §§ 1 I RPflG, 793 ZPO zulässig.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist es dem Schuldner im Rahmen der erfolgten Pfändung des Arbeitseinkommens nicht als rechtsmißbräuchlich anzulasten, dass er auf seiner für das Kalenderjahr 2002 geltenden Lohnsteuerkarte keine Freibeträge hat eintragen lassen. Es steht nach Auffassung der Kammer einem Schuldner frei, ob er bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit den Lohnsteuerabzug auf der Basis der von der Gemeinde ausgestellten Lohnsteuerkarte leistet und so evtl. zu hohe Vorauszahlungen erbringt, die er dann erst bei der Veranlagung zurückerhält oder ob er von der nach § 39a EStG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, auf der Lohnsteuerkarte vom Arbeitseinkommen absetztbare Freibeträge eintragen zu lassen. Die Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte legt die endgültige Lohnsteuer noch nicht fest und ist deshalb auch mit einem Risiko für den Schuldner verbunden, welches er nicht übernehmen muß. Ist zuwenig Lohnsteuer erhoben worden, weil auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag unzutreffend eingetragen worden ist, hat das Finanzamt den Fehlbetrag vom Arbeitnehmer (also hier dem Schuldner) nachzufordern (§ 39a V EStG). Bei einer ausgebrachten Pfändung des Arbeitseinkommens würde das bedeuten, dass der Gläubiger wegen der als Folge des eingetragenen Steuerfreibetrages geringeren Steuervorauszahlungen erhöhte Pfändungsbeträge ausgezahlt erhält, während der Schuldner die später festgesetzte Steuernachzahlung aus dem an sich unpfändbarem Teil seines Arbeitseinkommens allein leisten muß.

Der Gläubiger ist auch nicht rechtlos gestellt, wenn sein Schuldner durch die Unterlassung der Eintragung von Steuerfreibeträgen nach § 39a EStG erhöhte Steuervorauszahlungen leistet. Der Schuldner erhält überzahlte Steuern bei der Veranlagung zurück und dieser Anspruch unterliegt der Pfändung.

Nun ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine von dem Schuldner und seiner Ehefrau getroffene Lohnsteuerklassenwahl vollstreckungsrechtlich zugunsten des Vollstreckungsgläubigers unbeachtet bleiben kann (Stöber Forderungspfändung l3.Aufl. Rn. 1134a m.w.N.; AG Philippsburg JurBüro 1996, 661; AG Memmingen JurBürO 1996, 660; Beschluß der Kammer vom 25.9.2001 -3 T 348/01-; Beschluß des OLG Hamm vom 14.3.2002 -28 W 157/01-). Jedoch können diese Grundsätze hier nicht entsprechend gelten. Die Vergleichbarkeit fehlt schon deshalb, weil dem Schuldner - wie ausgeführt - ein rechtsmißbräuchliches Verhalten nicht angelastet werden kann. Er hat auch nicht - wie im Falle der nachträglichen Änderung der Steuerklassenwahl - die dem Gläubiger auszahlbaren Pfändungsbeträge durch positives Handeln unter Verletzung von § 829 1, 2 ZPO verkürzt, sondern es lediglich unterlassen, Steuervorauszahlungen durch die Eintragung von Steuerfreibeträgen in die Lohnsteuerkarte zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 57 I BRAGO.






LG Detmold:
Beschluss v. 07.06.2002
Az: 3 T 119/02


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