Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Mai 2005
Aktenzeichen: 25 W (pat) 144/03

(BPatG: Beschluss v. 12.05.2005, Az.: 25 W (pat) 144/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 10. April 2000 angemeldete Wortmarke Denta-Lineist am 24. Oktober 2000 für die Waren

"Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, pharmazeutische Erzeugnisse für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor, Präparate für die Gesundheitspflege für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor; künstliche Gliedmaßen, Zähne, insbesondere Dental-Verblendungen, Zahnschienen, Dentalprothesen, Zahnprothesen, Epithesen, orthopädische Artikel, insbesondere Bewegungstherapiegeräte für den Kiefer; Zahnersatz, insbesondere Dental-Verblendungen, Schienen, Dentalprothesen, Zahnprothesen, Epithesen; Bewegungstherapiegeräten; Betrieb zahntechnischer Laboratorien"

unter der Nummer 300 27 754 in das Markenregister eingetragen worden.

Die Inhaberin der seit dem Jahr 1982 für die Waren

"Zahncreme gegen Raucherbeläge"

eingetragenen Marke 1 037 507 dentaclinhat dagegen Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 11. April 2002 und vom 27. März 2003, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen.

Die Marken könnten sich teilweise auf identischen Waren begegnen, da unter den Oberbegriff "Pharmazeutische Erzeugnisse für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor" der angegriffenen Marke auch "Zahnputzmittel" fielen. Selbst wenn man dabei als Adressaten die allgemeinen Verkehrskreise in Betracht ziehe, ließen diese bei Waren, die der Gesundheit dienten, eine angemessene Sorgfalt walten. Ausgehend von einer noch durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zwar ein deutlicher Abstand zu fordern, jedoch dürften keine übermäßig strengen Anforderungen gestellt werden. Aber selbst bei durchschnittlicher Sorgfalt der angesprochenen Verkehrskreise werde der gebotene Abstand eingehalten. Der Zeichenanfang "Denta" mit seiner Bedeutung "die Zähne betreffend" sei zwar identisch, jedoch eher kennzeichnungsschwach. Auch der Bestandteil "Line" als Hinweis auf eine Produktlinie sei kennzeichnungsschwach, ebenso wie "clin" als akustische Anlehnung an das englische Wort "clean" für "rein". Der Verkehr werde die Gesamtmarken wahrnehmen und keinen Wortteil außer acht lassen. Die Bestandteile "Line" und "clin", die wie "lain" und "clihn" gesprochen würden, unterschieden sich auffällig. Der Sinngehalt der Bestandteile diene zusätzlich dazu, die Marken besser auseinanderhalten zu können. Schriftbildlich bestehe wegen der unterschiedlichen Umrisscharakteristik ebenfalls keine Verwechslungsgefahr.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke 300 27 754 zu löschen.

Zwischen den Waren der sich gegenüber stehenden Marken bestünden erhebliche Berührungspunkte. Beide Marken würden im weitesten Sinne im Bereich der "Zahnpflege" verwendet und könnten sich sogar auf identischen Waren begegnen. Als maßgebliche Verkehrskreise seien Laien anzusehen, denn es sei durchaus üblich, dass Verbraucher bzw Patienten im Hinblick auf Zahncremes, insbesondere bei Raucherzahncremes, ihren Zahnarzt bzw dessen Personal um Rat fragten. Die Zeichen bestünden aus dem übereinstimmenden Bestandteil "Denta lin" und unterschieden sich lediglich im Hinblick auf die Buchstaben "c" bzw "e". Bei zudem identischer Buchstabenzahl sei eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr gegeben. Auch klanglich kämen sich die Zeichen sehr nahe. Den übereinstimmenden Anfangslauten komme im Gesamtklangbild ein stärkeres Gewicht zu als den restlichen Bestandteilen. Es sei außerdem damit zu rechnen, dass erhebliche Verkehrskreise den Bestandteil "Line" deutsch aussprechen, da älteren Personen die englische Aussprache nicht geläufig sei und die deutsche Aussprache des Anfangsbestandteil es nicht nahe lege, den zweiten Bestandteil englisch auszusprechen. Ausgehend von einer mindestens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei der zur Vermeidung von Verwechslungen bei den angesprochenen Verkehrskreisen erforderliche Abstand sowohl im Hinblick auf die Waren als auch auf die Zeichen nicht eingehalten. Insbesondere bei flüchtiger Aussprache oder bei schlechten akustischen Bedingungen seien Verwechslungen zu befürchten. Außerdem handele es sich bei der Widerspruchsmarke um eine seit 1982 in großem Umfang benutzte Marke, die in Deutschland einen gewissen Bekanntheitsgrad genieße. Die "dentaclin" - Raucherzahncreme sei in den meisten Drogerie- und Supermärkten erhältlich und es würden nicht unerhebliche Umsätze erzielt. Für die Widersprechende seien darüber hinaus noch weitere Marken mit dem Bestandteil "denta" eingetragen, deren Benutzung zur Kennzeichnung von Waren beabsichtigt sei.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke, die zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2005 nicht erschienen ist, beantragt schriftsätzlich, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke sei äußerst gering und auch nicht durch Benutzung gesteigert. Von der Mehrzahl der Verbraucher werde der Ausdruck mit Reinigung oder Säuberung von Zähnen in Verbindung gebracht, da "denta" auf "Zahn" hinweise und "clin" an das englische Wort "clean" angelehnt sei. Maßgebliche Verbrauchergruppe seien die Fachkreise der Zahnärzte und Zahntechniker. Es bestehe keine Warenähnlichkeit. Die Waren der Widerspruchsmarke richteten sich an den Endverbraucher, die der angegriffenen Marke dagegen an das Fachpublikum. Die Marken seien schriftbildlich und klanglich deutlich unterschiedlich.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg, da keine Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht.

Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Widersprechenden eine noch durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Diese weist allerdings auch in ihrer Gesamtheit erhebliche beschreibende Anklänge auf, da der Bestandteil "Denta" stark an die beschreibenden Begriffe "Dent" und "dental" angelehnt und der weitere Bestandteil "clin" ein Hinweis auf "clean" oder "klinisch" sein kann. Die von der Widersprechenden genannten Umsätze in den Jahren 2001-2004, die sie auch eidesstattlich versichert, sind mit jährlichen Beträgen von ... Euro (im Jahr 2001) bis zu ... Euro (im Jahr 2002) nicht so groß, dass eine Steigerung der ursprünglichen Kennzeichnungskraft auf ein überdurchschnittliches Maß anzunehmen ist. Darüber hinaus müsste eine gesteigerte Kennzeichnungskraft bereits zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke (April 2000) bestanden haben (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 40).

Hinsichtlich der Waren "pharmazeutische Erzeugnisse für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor, Präparate für die Gesundheitspflege für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor" besteht zumindest eine Warennähe, da darunter auch medizinische Zahncremes fallen können, welche den in Klasse 3 klassifizierten Zahncremes der Widersprechenden jedenfalls in Aussehen und Anwendungszweck gleichen können. Hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, die in der äußeren Erscheinung und der Anwendungsweise mit den Waren der Widerspruchsmarke keine Gemeinsamkeiten aufweisen, besteht dagegen keine oder allenfalls eine entfernte Warenähnlichkeit, selbst wenn man mit der Widersprechenden von einer gemeinsamen Klammer "Zahnpflege im weitesten Sinne" ausgeht.

Als maßgeblicher Verkehrskreis ist zunächst der Fachverkehr anzusehen, da die angegriffene Marke für Waren geschützt ist, die sich an das Fachpublikum wenden. Allerdings dürfen die Laien als weiterer Verkehrskreis nicht völlig außer Betracht bleiben. Die Formulierungen "pharmazeutische Erzeugnisse für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor, Präparate für die Gesundheitspflege für den Zahnarzt und das zahntechnische Labor" sind so zu verstehen, dass die Waren für die Verwendung in der zahnärtzlichen Praxis und im zahntechnischen Labor bestimmt sind. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass dieser Fachverkehr die Produkte, insbesondere auch eine Zahncreme an den Endverbraucher weiterempfiehlt und die Marken sich bei mündlicher Empfehlung dadurch auch an allgemeine Verkehrskreise richten. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass beim Erwerb der Waren durch den Laien regelmäßig ein Zahnarzt eingeschaltet ist.

Selbst bei Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichen die vorhandenen Unterschiede, um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern, da die Marken hinreichend unterschiedlich sind.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es maßgeblich auf den Gesamteindruck der Zeichen an (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 152). Da der Anfangsbestandteil als Hinweis auf "Zahn" kennzeichnungsschwach ist, wird der Verkehr verstärkt auch die weiteren Bestandteile berücksichtigen und die Unterschiede leicht erkennen.

Bei klanglicher Wiedergabe ist davon auszugehen, dass der Bestandteil "Line" regelmäßig englisch ausgesprochen wird, auch wenn man Laien als von den Waren der angegriffenen Marke angesprochene Verkehrskreise ansieht. Selbst diesen ist die englische Bezeichnung "Line" für "Linie" bekannt. Sie werden daher die angegriffene Marke wie "denta-Lain" aussprechen. Insbesondere wenn wie hier das Wort "Line" von dem Anfangsbestandteil durch einen Bindestrich abgetrennt ist, wird der Verkehr dieses Wort nicht als bloße Wortendung "line" (gesprochen wie "lihne") verstehen, sondern als das englische Wort. Die englischsprachige Aussprache steht damit im Vordergrund. Hinzu kommt, dass beim Erwerb der Waren durch den Laien regelmäßig ein Zahnarzt eingeschaltet ist, dem die englische Aussprache bekannt ist. Dies reduziert zusätzlich die Anzahl der Fälle, in denen die angegriffene Marke buchstabengemäß ausgesprochen werden könnte. Bei englischer Aussprache des Zeichenbestandteils "Line" ist auch die deutlich unterschiedliche Vokalfolge der Zeichen nicht zu überhören.

Selbst wenn man noch die buchstabengemäße Aussprache - bei einem allenfalls geringen Teil der Verkehrskreise - berücksichtigen sollte, ist der Unterschied in den Gesamtzeichen immer noch erheblich, da der Bestandteil "clin" durch den harten klangstarken Laut "k" sich deutlich von dem Anfangslaut des Bestandteils "Line" der angegriffenen Marke abhebt. Außerdem ist bei einer solchen buchstabengetreuen Aussprache auch die Silbenzahl der Zeichen unterschiedlich.

In schriftbildlicher Hinsicht reichen die figürlichen Unterschiede in den Bestandteilen "Line" in der angegriffenen Marke gegenüber "clin" in der Widerspruchsmarke insgesamt aus, um rechtserhebliche Verwechslungen zu verhindern. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Anfangsbestandteil wegen seines beschreibenden Gehalts eine Kennzeichnungsschwäche aufweist, die dazu führt, dass verstärkt auch auf die weiteren Bestandteile geachtet wird, die sich im Umrissbild deutlich unterscheiden. Außerdem ist bei der hier maßgeblichen visuellen Wahrnehmung zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende Wort (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn 207). Die Unterschiede werden dadurch leichter bemerkt und behalten.

Eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen in Verbindung Bringens aufgrund des gemeinsamen Bestandteils "Denta" scheidet aus, da dieser Bestandteil wegen seines beschreibenden Gehalts und Kennzeichnungsschwäche eher ungeeignet ist, als Stammbestandteil einer Zeichenserie der Widersprechenden zu wirken. Insbesondere ohne eine tatsächlich benutzte entsprechende Zeichenserie der Widersprechenden hat der Verkehr keinen Anlass, das angegriffene Zeichen allein wegen des gemeinsamen Bestandteils der Widersprechenden zuzurechnen. Soweit für die Widersprechende Marken mit diesem Bestandteil eintragen sind, gibt es keine Hinweise, dass diese als Zeichenserie der Widersprechenden im Verkehr bekannt sind, denn eine Benutzung der anderen für die Widersprechenden eingetragenen Zeichen mit diesem Bestandteil ist nicht ersichtlich, sondern wird von der Widersprechenden - wie in der mündlichen Verhandlung geäußert - beabsichtigt. Hinzu kommt, dass auch für andere Markeninhaber Zeichen mit diesem Bestandteil in einschlägigen Klassen geschützt sind (zB "Dentagard", "DENTA FORCE", "Denta-Fit", "DENTA PERFEKT"). Auch wenn im Einzelfall über die kennzeichenmäßige Benutzung der Zeichen mit dem Bestandteil "Denta" durch andere Zeicheninhaber keine hinreichenden Erkenntnisse vorliegen, so spricht auch die Registerlage dafür, dass dieser ursprünglich kennzeichnungsschwach ist.

Die Beschwerde der Widersprechenden hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Merzbach Bayer Na






BPatG:
Beschluss v. 12.05.2005
Az: 25 W (pat) 144/03


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