Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 29. Juli 2002
Aktenzeichen: 23 W 190/02

(OLG Hamm: Beschluss v. 29.07.2002, Az.: 23 W 190/02)

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten nach einem Gegen-standswert von 3.904,00 EUR zurückgewiesen.

Gründe

Die gemäß §§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat hinsichtlich der der Klägerin durch den Beklagten zu erstattenden Kosten gemäß §§ 103, 104 ZPO zu Recht einen Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen, der gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO von Gesetzes wegen ein Vollstreckungstitel ist. Entgegen der Ansicht des Beklagten war die Rechtspflegerin nicht gehalten, stattdessen die Erstattungspflicht des Beklagten der Höhe nach lediglich in einem Feststellungsbeschluß auszusprechen.

Zwar entspricht es der überwiegenden Meinung, u.a. auch des hiesigen 30. Zivilsenats (siehe sein dem Kostenfestsetzungsbeschluß zugrundeliegendes Urteil vom 28.03.2001 - 30 U 83/00), daß die Anzeige der Masseunzulänglichkeit, die der Beklagte als Insolvenzverwalter hier im Laufe des Berufungsverfahrens abgegeben hat, bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen ist. Für eine Leistungsklage des Altmassegläubigers im Sinne von § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO fehlt demgemäß im Anschluß an die Anzeige wegen des in § 210 InsO normierten Vollstreckungsverbots das Rechtsschutzbedürfnis, so daß sie als unzulässig abzuweisen ist, falls sie nicht in eine Feststellungsklage umgestellt wird (LAG Düsseldorf ZIP 2000, 2034, bestätigt durch Urteil des BAG vom 11.12.2001 - 9 AZR 459/00 -; OLG Celle OLG-Report 2001, 61; siehe auch BGH ZInsO 2000, 42).

Die Rechtsprechung, das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO generell aus Gründen der Prozeßökonomie als Zulässigkeitshindernis bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen, läßt sich nach Auffassung des Senats jedoch nicht auf das Kostenfestsetzungsverfahren übertragen (siehe für das Konkursverfahren bereits Senatsbeschluß vom 6.03.1997 - 23 W 45/97 -; OLG München ZIP 2000, 555; ebenso für das Insolvenzverfahren OLG Naumburg Rpfleger 2002, 332). Dieses dient allein der betragsmäßigen Ausfüllung der Kostengrundentscheidung (siehe Senatsbeschluß vom 15.01.1999 - 23 W 534/98 - OLG-Report 2000, 34; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 20. Aufl., Anm. I 2.1.2.1 zum Stichwort "Kostenfestsetzungsverfahren") und kennt zudem anders als das Erkenntnisverfahren mit seinen ausdifferenzierten Klagemöglichkeiten als Entscheidungsform nur einen vollstreckbaren Leistungsbeschluß. Außerhalb seiner Zielsetzung liegende sonstige Streitigkeiten der Parteien werden in der Regel nicht mitentschieden (Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 104 Rn. 21 zum Stichwort "materiellrechtliche Einwendungen"). Der Gesichtspunkt der Vermeidung einer ansonsten notwendigen weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung über derartige Einwendungen kann ihre Berücksichtigung wegen der eingeschränkten Prüfungskompetenz im Kostenfestsetzungsverfahren nur rechtfertigen, wenn sie zwischen den Parteien unstreitig oder eindeutig sind und deshalb keine Bewertungsschwierigkeiten auftreten können (so für materiellrechtliche Einwendungen Senatsbeschlüsse vom 03.08.1992 - 23 W 367/92 - OLG-Report 1993, 128 und vom 18.11.1983 - 23 W 123/83 - JurBüro 1984, 607). Ansonsten muß ihre Klärung dem an sich vorgesehenen Verfahren, z.B. einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO, vorbehalten bleiben. Dies gilt auch für die hier zwischen den Parteien streitigen Fragen nach Bestehen und Umfang eines Vollstreckungsverbots nach § 210 InsO. Abgesehen davon, daß ein Feststellungsbeschluß im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vorgesehen ist, ist das Bestehen eines Vollstreckungshindernisses nach § 210 InsO anders als in dem vom LAG Stuttgart entschiedenen Fall (ZIP 2001, 657), auf den sich der Beklagte beruft, jedenfalls nicht offensichtlich. Dort war die Masseunzulänglichkeit erst nach dem Entstehen des Erstattungsanspruches angezeigt worden, so daß es sich ersichtlich um eine § 210 InsO unterfallende Altschuld handelte. Hier ist die Anzeige dagegen schon im Laufe des Berufungsverfahrens abgegeben worden, so daß jedenfalls für einen Teil der Prozeßkosten, eventuell abweichend von den im Rechtsstreit selbst geltend gemachten Hauptforderungen, eine Bewertung als Neuschulden ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Zudem ist problematisch, ob und inwieweit die Prozeßkosten in Alt- und Neuschulden aufgeteilt werden können, weil eine Aufspaltung der Kosten insgesamt oder zumindest für eine Instanz hinsichtlich ihrer insolvenzrechtlichen Bedeutung vielfach abgelehnt wird (siehe Senatsbeschluß vom 19.02.1990 - 23 W 534/89 - JurBüro 1990, 1482, 1483; 20. Zivilsenat des OLG Hamm KTS 1974, 178, 179; OLG München ZIP 2000, 31; Smid, Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 55 Rn. 8; Göttlich/Mümmler, a.a.O., Anm. I 2.2.9 zum Stichwort "Kostenfestsetzungsverfahren"). Die teilweise vertretene Ansicht (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1991, 171), schon die ernsthafte Möglichkeit des Bestehens eines Vollstreckungshindernisses schließe den Erlaß eines Kostenfestsetzungsbeschlusses aus und lasse nur einen Feststellungsbeschluß zu, teilt der Senat nicht. Sie verwischt die Aufgaben des Kostenfestsetzungsverfahrens und der vom Gesetz gegen eine Vollstreckung vorgesehenen Rechtsbehelfe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Den Beschwerdewert hat der Senat auf 1/5 des im Kostenfestsetzungsbeschluß ausgewiesenen Erstattungsbetrages festgesetzt, den der Beklagte der Höhe nach nicht angegriffen hat.






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