Verwaltungsgericht Arnsberg:
Urteil vom 27. Juli 2011
Aktenzeichen: 9 K 259/09

(VG Arnsberg: Urteil v. 27.07.2011, Az.: 9 K 259/09)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der am 26. September 1938 geborene Kläger ist Richter am Amtsgericht a.D. und in geringem Umfang noch als Rechtsanwalt tätig.

Am 27. September 2005 schlossen der Kläger einerseits und die D. -Universität in Bratislava (Slowakei) sowie deren Juristische Fakultät andererseits einen "Vertrag über die Sicherung des Rigorosums und der Verteidigung der Doktordissertation". In diesem Vertrag wurde das Verfahren zur Erlangung des akademischen Grades "doktor pràv" durch den Kläger geregelt. Als Beitrag zur Deckung der Kosten verpflichtete der Kläger sich zur Zahlung von 4.500,00 EUR zuzüglich weiterer 500 USD.

Nach Anfertigung einer Schrift mit dem Titel "Durchsuchung und Beschlagnahme im Lichte des Grundgesetzes und im Spiegel der Rechtsprechung unter Hervorhebung steuerstrafrechtlicher Aspekte" und der Ablegung einer "rigorosen Prüfung" wurde dem Kläger am 3. November 2005 von der D. -Universität in Bratislava der Grad "doktor pràv" verliehen. In der Verleihungsurkunde heißt es wörtlich:

"Gemäß § 53 Abs. 8 Buchstabe d) Gesetz über die Hochschulen und zur Abänderung und Ergänzung einiger Gesetze Gb. Nr. 131/2002 in der geltenden Fassung wird ihm der akademische Grad "doktor pràv" (Abkürzung "JUDr.") verliehen."

Der Kläger, der im Briefkopf für sich die Abkürzung "Dr." verwendete, bat mit Schreiben vom 29. Mai 2006 das Ministerium des beklagten Landes für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie (im Folgenden: MIWFT) für einen Mandanten um die Bestätigung, dass dieser den an der D. -Universität erworbenen Grad des "doktor pràv" in der Bundesrepublik Deutschland unter der Abkürzung "Dr." führen dürfe. Das MIWFT erklärte daraufhin mit Schreiben vom 13. Juni 2006 gegenüber dem Kläger, dass ein in der Slowakischen Republik erlangter, mit "JUDr." abgekürzter Grad in Nordrhein-Westfalen nicht unter Verwendung der Abkürzung "Dr." geführt werden dürfe.

Dieselbe Auskunft gab das MIWFT mit Schreiben vom 15. August 2006 auch der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm, die sich mit Schreiben vom 27. Juli 2006 an das Ministerium gewandt und um Klärung der Frage gebeten hatte, ob der Kläger die Abkürzung "Dr." führen dürfe. Gegen dieses Schreiben wandte der Kläger sich mit Schreiben vom 15. September 2006 und bat - unter Übersendung zahlreicher Unterlagen - um Bestätigung, dass er berechtigt sei, den Grad "doktor pràv" in der Abkürzung "Dr." zu führen, oder anderenfalls um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

Unter dem 15. August 2008 teilte das MIWFT dem Kläger mit, dass der Grad "doktor pràv" in Nordrhein-Westfalen nicht unter der Abkürzung "Dr." geführt werden dürfe. Hierbei teilte der Beklagte ferner mit, dass er beabsichtige, dem Kläger das Führen der Abkürzung "Dr." zu untersagen und die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung anzuordnen. Zudem erstattete es am selben Tag Strafanzeige gegen den Kläger.

Mit Schreiben vom 19. August, 7. und 27. September 2008 nahm der Kläger zu der angekündigten Untersagungsverfügung Stellung und verwies u.a. darauf, dass er den Grad "doktor pràv" in einem wissenschaftlichen Verfahren erworben habe; zudem sei dieser Grad der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zuzuordnen. Dabei übersandte der Kläger u.a. einem Auszug aus dem Bildungsbericht der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2005.

Mit Bescheid vom 6. Januar 2009 untersagte das MIWFT dem Kläger die Führung der Bezeichnung "Dr." und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung an. Zur Begründung verwies es auf den vorangegangenen Schriftwechsel und führte weiter aus: Das vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen sei bei unbefugter Gradführung regelmäßig dahin auszuüben, dass diese zu untersagen sei. Denn es handle sich zugleich um eine Straftat nach § 132 a des Strafgesetzbuchs (StGB). Gründe, davon ausnahmsweise abzusehen, seien nicht ersichtlich. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, weil die Gefahr bestehe, dass der Kläger sich durch die Vortäuschung einer materiellen Promotion weiterhin Vorteile in der Konkurrenz zu korrekt handelnden Rechtsanwälten verschaffe und auch Mandanten getäuscht würden, für die die Promotion ihres Anwalts ein Auswahlkriterium sei.

Der Kläger hat am 3. Februar 2009 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (Az. 9 L 45/09).

Der Kläger trägt zur Begründung seines Klagebegehrens vor, dass er aus mehreren Gründen zur Führung der Abkürzung "Dr." befugt sei:

Die Befugnis ergebe sich zunächst aufgrund einer Allgemeingenehmigung, d.h. einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Diese Allgemeingenehmigung folge aus der im November 2005 bestehenden Rechtslage, die sich aus § 119 Abs. 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG) in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: HG 2005) in Verbindung mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 21. September 2001 ergebe. Dieser KMK-Beschluss habe über § 119 Abs. 5 HG 2005 Gesetzeskraft erlangt. Nach dieser Rechtslage, der im Übrigen auch die Verordnung über das Führen ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005 entspreche, dürfe der Inhaber eines Doktorgrades, der in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren bei einer staatlich anerkannten Universität in der Europäischen Union erworben worden sei, die Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz führen. Diese Voraussetzungen seien bei ihm - dem Kläger - erfüllt. Insbesondere werde der Grad "doktor pràv" aufgrund eines wissenschaftlichen Promotionsverfahrens erworben. Hierzu verweise er u.a. auf eine Bescheinigung des Prodekans der juristischen Fakultät der D. -Universität vom 1. Juni 2006, nach der das Verfahren zur Erlangung des Grades "doktor pràv" eine eigenständige wissenschaftliche Arbeit nebst mündlicher Verteidigung verlange. Dementsprechend habe er - der Kläger - eine in deutscher Sprache verfasste, wissenschaftliche Dissertation zu einem deutschen und auch europäischen Rechtsgebiet verfasst, die ein renommierter deutscher Verlag auf eigene Kosten als Kommentar veröffentlicht habe. Die Bewertung durch slowakische Stellen, dass es sich bei der Verleihung des "doktor pràv" um ein wissenschaftliches Verfahren handle, sei für deutsche Stellen verbindlich, denn diese seien aufgrund des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht zu einer materiellen Prüfung berechtigt.

Nach seiner - des Klägers - Ansicht ändere sich an seiner nach der dargestellten Rechtslage bestehenden Befugnis zur Führung der Abkürzung "Dr." auch nichts dadurch, dass nach der Neufassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 durch KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 und nach der entsprechenden nordrheinwestfälischen Verordnung über die Führung von akademischen Graden vom 31. März 2008 (im Folgenden: VO.AGr. 2008) solche Doktorgrade ausgenommen seien, die nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzurechnen seien. Diesbezüglich habe er - der Kläger - zunächst europarechtliche Bedenken. Unabhängig davon sei aber ohnehin unbeachtlich, wenn nach slowakischem Recht der Grad "doktor pràv" nicht ausdrücklich der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordnet sei. Denn der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 i.d.F. vom 5. Juli 2007 und die VO.AGr. 2008 seien insoweit nicht einschlägig, da eine dritte Ebene von der nur zwei Zyklen enthaltenden Bologna-Erklärung vom 19. Juni 1999 nicht vorgesehen sei. Diese nur zwei Stufen enthaltende Erklärung sei auch mit dem slowakischen Hochschulgesetz Nr. 131/2002 umgesetzt worden. Wenn man entgegen dieser Zweigliedrigkeit doch von einer vermeintlichen dritten Ebene der Bologna-Klassifikation ausgehe, sei der "doktor pràv" der dritten Ebene zuzuordnen, wie sich eindeutig aus dem bilateralen Abkommen zwischen der Österreichischen und der Slowakischen Republik vom 25. April 2002 ergebe. Bedenklich sei zudem, dass nach dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001 in der Fassung vom 5. Juli 2007 nur der "PhD."-Grad, der mit der Lehrbefähigung verbunden sei, materiellrechtlich auch in Deutschland anerkannt werde. Damit würden aber an den slowakischen Doktorgrad höhere Anforderungen für die Führung unter der Abkürzung "Dr." gestellt werden als an den deutschen Doktorgrad. Bemerkenswert sei zudem, dass der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 auf einer Sitzung des Beirats für die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen erarbeitet worden sei und dass deren damaliger Sitzungsvorsitzender nunmehr auch den Beklagten vertrete.

Unabhängig davon sei für ihn, den Kläger, aber jedenfalls die damals geltende Rechtslage maßgeblich, da er den Grad "doktor pràv" im November 2005 erlangt habe. Es gebe im KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 keine Regelung, nach der die Neufassung rückwirkend gelte. Eine derartige Rückwirkung sei auch bei Beschlussfassung nicht abgesprochen gewesen, was sich auch daraus ergebe, dass die Bundesländer Berlin und Bayern die Neufassung nur "ex nunc" anwendeten. Zudem sei der Widerruf einer Allgemeingenehmigung im KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht vorgesehen. Im Übrigen sehe auch die VO.AGr. 2008 keine Rückwirkung vor. Er - der Kläger - müsse daher Vertrauensschutz genießen, zumal das MIWFT Anfang des Jahres 2006 in Emailantworten an andere Inhaber des Grades "doktor pràv" sowie an diesbezügliche Interessenten noch selbst die Auffassung vertreten und verbreitet habe, dass ein von der D. -Universität verliehener Doktortitel im Gebiet des Beklagten in der Abkürzung "Dr." geführt werden könne. Dementsprechend hätte ihm - dem Kläger - seinerzeit eine schutzwürdigen Bestand vermittelnde Genehmigung zum Führen der Abkürzung "Dr." erteilt werden müssen, falls eine Genehmigung erforderlich gewesen wäre.

Seine Befugnis zum Führen der Abkürzung "Dr." ergebe sich außerdem auch aus § 119 Abs. 2 Satz 3 HG 2005 und aus § 69 Abs. 2 Satz 3 HG n.F., wonach die im Herkunftsland zugelassene oder allgemein übliche Abkürzung in der Bundesrepublik geführt werden dürfe. Die Möglichkeit des Führens einer im Herkunftsland allgemein üblichen Abkürzung eines Grades stehe gleichwertig neben dem Führen der dort zugelassenen Abkürzung des Grades. Soweit der Beklagte bzw. das MIWFT annehme, dass die nachweislich übliche Abkürzung nur relevant sei, wenn es keine durch positives Recht normierte Abkürzung gebe, weiche diese Auslegung von Wortlaut und Wortsinn des § 119 Abs. 2 Satz 3 HG 2005 ab. Dies verstoße gegen das im Hinblick auf § 132 a des Strafgesetzbuches (StGB) zu beachtende Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG). Dass es auch im Falle der Existenz einer ausdrücklich verliehenen Abkürzung auf eine nachweislich allgemein übliche Abkürzung ankomme, ergebe sich unter anderem auch daraus, dass die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein Verfahren wegen Titelmissbrauchs nach § 132 a StGB mit dieser Begründung eingestellt habe, was die Generalstaatsanwaltschaft E. mit Entscheidung vom 24. April 2007 bestätigt habe. Auch in anderen Bundesländern seien entsprechende Verfahren eingestellt worden.

Die Abkürzung "Dr." sei in der Slowakischen Republik eine zulässige und nachweislich übliche Abkürzung für den Grad "doktor pràv", was u.a. aus einem Schreiben des Ministeriums für Schulwesen der Slowakischen Republik vom 14. Januar 2004 folge, wonach die Verwendung eines Doktortitels nach § 110 des Gesetzes Nr. 131/2002 "in der slowakischen Abkürzungsform, aber auch in der Form "Dr." entsprechend" möglich sei. Auch aus zwei Schreiben des Prodekans der juristischen Fakultät der D. -Universität vom 19. Oktober 2004 und 1. Juni 2006 ergebe sich, dass der verliehene Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik neben der Langform "JUDr." auch allgemein zugelassen und rechtmäßig in der Kurzform "Dr." geführt werde bzw. die Benutzung des Titels Doktor von Inhabern von Doktortiteln in der täglichen Praxis nicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Slowakischen Republik stehe. Nach dem Schreiben der Botschaft der Slowakischen Republik vom 28. Oktober 2005 sei die Benutzung des akademischen Titels "PhDr." oder "JUDr." als "dr." bzw. "Dr. + Name" in der Slowakei üblich und der Inhaber des Titels begehe damit keine Ordnungswidrigkeit. Auch aus einem Schreiben des Vorsitzenden des Verfassungsausschusses des Nationalrats der Slowakischen Republik, Prof. JUDr. N. N1. , vom 10. Juni 2010 an das Bildungsministerium der Slowakei ergebe sich, dass es in der Slowakei gängige Praxis und nicht gesetzeswidrig sei, den Titel "JUDr." abgekürzt zu führen. Für die Zulässigkeit des Führens der Abkürzung "Dr." spreche zudem auch die Visitenkarte seines Doktorvaters. Auch die Anwaltsliste der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bratislava, in welcher zahlreiche Inhaber des akademischen Grades "doktor pràv" mit "Dr." bezeichnet würden, spreche für die Üblichkeit der Verwendung der Abkürzung "Dr." in der Slowakei.

Der vollständige Titel "JUDr." werde nur innerhalb des akademischen Betriebes, in welchem die Fakultätsbezeichnung wichtig sei, benutzt. Außerdem sage in der Slowakei zu einem Inhaber des Grades "doktor pràv" niemand "Herr JUDr.", sondern vielmehr "Herr Dr.". Entsprechend sei es auch weltweit gewohnheitsrechtlich üblich, den Titel "Dr." ohne fachlichen Zusatz zu führen. Für die Slowakei bestätige sich dies bei einem Blick auf die Praxisschilder freiberuflich tätiger Akademiker in einer slowakischen Großstadt. Die Unterlassung des fachlichen Zusatzes sei in der Slowakei auch nicht vorwerfbar im Sinne einer Ordnungswidrigkeit, da es in der Slowakei genauso wie in Deutschland auf das von entsprechenden Ordnungswidrigkeitstatbeständen zu schützende Rechtsgut ankomme. Dies sei der Doktortitel selbst und nicht der jeweilige fachliche Zusatz.

Überdies gebe es keine Abkürzungsalternative zu "Dr.". Die Übersetzung von "doktor pràv" laute lateinisch "doctor iuris" und deutsch "Doktor der Rechte". Bei "pràv" handele es sich wie bei "iuris" nur, genauso wie in Deutschland gehandhabt, um den fachlichen Zusatz. Zudem belege auch die Tatsache, dass "JUDr." die Abkürzung von "iuris utrisque doctor" darstelle, dass es sich beim "doktor pràv" um einen "Dr.-Titel" handele. Außerdem entspreche der in § 54 des slowakischen Hochschulgesetzes vorgesehene akademische Grad "PhD." dem deutschen Grad "Dr. habil.", woraus zwangsläufig folge, dass der Titel "JUDr." genauso wie ein Doktortitel in Deutschland keinen endgültigen Abschluss eines Doktorandenstudiums darstelle.

Auch das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. November 2001 (im Folgenden: deutschslowakisches Äquivalenzabkommen) sei nicht heranzuziehen, da es durch den Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union im Jahr 2004 überholt sei und auch nicht die Rechtslage aufgrund des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 berücksichtige. Zudem sei dieses Abkommen nicht gemäß § 69 Abs. 5 HG vorrangig zu berücksichtigen, da es keine gegenüber § 69 Abs. 2 HG günstigere Rechtsposition für ihn - den Kläger - begründe.

Weiterhin sei nach der Sichtweise des Beklagten bei überhaupt keinem in der Slowakischen Republik erworbenen "Dr.-Titel" eine Führung als "Dr." in Nordrhein-Westfalen erlaubt, da in der Slowakei - wie aus dem deutschslowakischen Übereinkommen ersichtlich - ein "isolierter" Doktortitel ohne Zusatz offiziell überhaupt nicht vorgesehen sei. Nach Nr. 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 i.d.F. vom 5. Juli 2007 müsse eine solche Führung aber gestattet sein.

Er, der Kläger, habe zudem den Eindruck, dass nur gegen ihn ein Untersagungsverfahren eingeleitet worden sei. Ihm seien zumindest zwei Inhaber des Grades "doktor pràv" bekannt, denen die Führung der Abkürzung "Dr." nicht untersagt worden sei. Eine Täuschung seiner Mandanten durch die Führung der Abkürzung "Dr." finde außerdem nicht statt. Er werde allein aufgrund seiner Fachkompetenz mandatiert. Er habe zudem nur noch wenige Mandate und nehme aufgrund seines Alters keine neuen Mandate mehr an.

Der Kläger beantragt - sinngemäß -,

die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 6. Januar 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass die angefochtene Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 rechtmäßig sei. Der Grad des "doktor pràv" dürfe in Nordrhein-Westfalen nicht in der Abkürzung "Dr." geführt werden. Es handle sich nicht um eine im Herkunftsland zugelassene Abkürzung im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG); zugelassen sei allein die Abkürzung "JUDr." Weiterhin sei die Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakei auch nicht nachweislich allgemein üblich im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 HG. Nach einer Auskunft des Slowakischen Bildungsministeriums an die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen vom November 2005 sowie nach einer während des Gerichtsverfahrens eingeholten weiteren Stellungnahme des slowakischen Wissenschaftsministeriums vom 7. Juli 2010 könne nach slowakischem Recht der Grad "doktor pràv" in gesetzlich allein zugelassener Weise nur mit "JUDr." abgekürzt werden und seien andere Abkürzungsalternativen - insbesondere "Dr." - nicht gebräuchlich. Dies ergebe sich schließlich auch aus einer durch das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem gleichgelagerten Verfahren (Az. 15 L 3040/09) eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2010. Auf die allgemeine Üblichkeit der Abkürzung "Dr." komme es aber ohnehin nicht an, da es eine Regelung nach dem Slowakischen Hochschulgesetz zur zugelassenen Abkürzungsform gebe und da bei Existenz einer gesetzlich zugelassenen Abkürzung des Grades allein diese maßgeblich sei. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der einschlägigen nordrheinwestfälischen Vorschriften sowie aus der Erwägung, dass sowohl im In- als auch im Ausland gewohnheitsrechtliche Üblichkeiten stets hinter förmlichem Recht zurückträten.

Aus dem deutschslowakischen Äquivalenzabkommen ergebe sich keine günstigere Rechtslage. Die Befugnis, die Abkürzung "Dr." zu führen, ergebe sich auch nicht aus dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001 oder der hierauf beruhenden Verordnung über die Führung ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005. Voraussetzung sei hiernach nämlich der Erwerb des Grades in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren. Bei der zum Erwerb des Grades "doktor pràv" führenden Prüfung handele es sich jedoch nicht um ein wissenschaftliches Promotionsverfahren, wie sich auch aus der Stellungnahme des slowakischen Bildungsministeriums vom 7. Juli 2010 ergebe. Durch den Begriff des wissenschaftlichen Promotionsverfahrens werde verdeutlicht, dass es nicht auf die Bezeichnung eines Abschlusses ankomme, sondern zu berücksichtigen sei, dass der Doktorgrad im deutschen Hochschulwesen eine Qualifikation sei, die über die "normalen" Hochschulabschlüsse deutlich hinausgehe. Dies sei beim Grad "doktor pràv" nicht der Fall, denn bei diesem müsse nur nachgewiesen werden, was das "normale" Ergebnis eines Hochschulstudiums sei, nämlich die Fähigkeit, sich neue Kenntnisse anzueignen und schöpferisch anzuwenden. Wie in der Datenbank ANABIN, in der die Erkenntnisse der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen gesammelt würden, erläutert werde, stehe der Grad "doktor pràv" in engem Zusammenhang zum ersten Hochschulgrad und weise insoweit Ähnlichkeit mit den akzessorischen Hochschulgraden nach § 66 HG auf. Hierfür spreche auch Art. 4 des deutschslowakischen Äquivalenzabkommens, wonach der Grad "doktor pràv" erst die Qualifikation für die Aufnahme in ein deutsches Promotionsstudium darstelle und wonach als einziger slowakischer Promotionsgrad der "PhD." genannt sei.

Seit der klarstellenden Neufassung in § 1 Abs. 2 VO.AGr. 2008 und durch den zugrunde liegenden KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 komme eine Einstufung des slowakischen Grades "doktor pràv" als Abschluss eines wissenschaftlichen Promotionsstudiums erst recht nicht mehr in Betracht. Denn der Grad "doktor pràv" sei nach den rechtlichen Regelungen der Slowakischen Republik nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet. Dies sei allein der Grad "philosphiae doctor" ("PhD."). Der Grad "doktor pràv" sei in § 53 Abs. 8, der "PhD." in § 54 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 geregelt. Nach den gesetzlichen Vorschriften seien die Abschlüsse nicht gleichwertig. Für den Erwerb des Grades "doktor pràv" müsse der Prüfling zeigen, dass er auf Basis eines eigenständigen Studiums tiefere Kenntnis in seinem breiteren Fachgebiet erreicht habe und die jüngsten Erkenntnisse von Wissenschaft und Praxis beherrsche und sie kreativ praktisch anwenden könne. Der "PhD."-Prüfling müsse hingegen zeigen, dass er geeignet und vorbereitet sei zur eigenständigen wissenschaftlichen und kreativen Aktivität im Bereich von Forschung oder Entwicklung oder zu einer eigenständigen theoretischen und kreativen künstlerischen Aktivität. Für den Grad "doktor pràv" sei demnach die praktischkreative Anwendung der Maßstab, für den "PhD." die Weiterentwicklung der Wissenschaft selbst.

Eine Zulässigkeit des Führens des Grades "doktor pràv" unter der Abkürzung "Dr." könne sich im Landesgebiet auch nicht daraus ergeben, dass das MIWFT im Januar 2006 irrtümlich fehlerhafte Auskünfte erteilt habe, da diese kein neues Recht schaffen könnten. Ob die Führung der Abkürzung "Dr." in anderen Bundesländern zulässig sei, spiele für die Titelführung in Nordrhein-Westfalen keine Rolle. Die Haltung der zuständigen Landesbehörden in Berlin und Bayern stütze sich auf dortige Gegebenheiten; ein allgemeines schutzbedürftiges und schutzwürdiges Vertrauen in die Führbarkeit der Abkürzung "Dr." habe in Nordrhein-Westfalen hingegen nicht entstehen können. Nach dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 sei es überdies gemeinsamer Standpunkt aller Bundesländer, dass die sogenannten kleinen Doktorgrade nicht als "Dr." geführt werden dürften.

Weiterhin sei Vertrauensschutz unter dem Aspekt der Rückwirkung nicht zu gewähren, denn den Betroffenen werde nicht für die Vergangenheit das Recht aberkannt, die Abkürzung "Dr." zu führen, sondern lediglich für die Zukunft. Eine echte - verfassungsrechtlich unzulässige - Rückwirkung liege daher nicht vor. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 sei überdies keine Allgemeinverfügung i.S.d. § 35 Satz 2 VwVfG.

Das durch § 69 Abs. 7 Satz 3 HG eingeräumte Ermessen sei - insbesondere im Hinblick auf die strafrechtliche Relevanz - bei unbefugter Gradführung regelmäßig dahin auszuüben, dass diese zu untersagen sei. Gründe, hiervon abzusehen, seien nicht ersichtlich. Das Führen der Abkürzung "Dr." sei unzulässig und stelle zugleich eine strafbare Handlung im Sinne des § 132 a StGB dar. Dass entsprechende Ermittlungsverfahren eingestellt worden seien, sei dabei vorliegend nicht von entscheidender Bedeutung. So verweise die Generalstaatsanwaltschaft in E. z.B. darauf, dass der Beschuldigte sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe; dies ändere aber nichts daran, dass die Führung der Abkürzung "Dr." zumindest objektiv eine strafbare Handlung darstelle. Außerdem verschaffe der Kläger sich mit der Führung der Abkürzung "Dr." einen Wettbewerbsvorteil, was gegen §§ 1 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegen das anwaltliche Berufsrecht verstoße. Die Zahl der Mandanten des Klägers sei dabei nicht entscheidend. Entscheidend sei allein der hohe Stellenwert des Doktortitels für das breite rechtsuchende Publikum.

Mit Beschluss vom 16. April 2009 hat die Kammer im Verfahren 9 L 45/09 den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Untersagungsverfügung gerichteten Klage abgelehnt. Auf die daraufhin vom Kläger eingelegte Beschwerde des Klägers haben die Parteien das einstweilige Rechtsschutzverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) - Az. 19 B 600/09 - in einem Erörterungstermin am 14. Dezember 2009 übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte erklärt hatte, keine Vollstreckungsmaßnahmen aus der Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht hat eine im Rahmen des vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf geführten Verfahrens 15 K 3040/09 im Wege der Amtshilfe über die Deutsche Botschaft in der Slowakischen Republik eingeholte amtliche Auskunft (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2010 darüber, ob "Dr." eine in der Slowakischen Republik zugelassene oder allgemein übliche Abkürzungsform für den Grad "doktor pràv" darstellt, zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens, der Gerichtsakte zum Verfahren 9 L 45/09 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Gründe

I.

Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Nachdem sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Januar 2011 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat, hat auch der Kläger unter dem 8. Februar 2011 und dem 12. Mai 2011 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Kammer ist an einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auch nicht mit Blick darauf gehindert, dass der Kläger mit dem Schriftsatz vom 12. Mai 2011 sowie mit früheren Schriftsätzen noch Beweisanträge gestellt hat. Verzichtet ein Beteiligter nach oder zumindest gleichzeitig mit der Stellung eines Beweisantrags auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, so verwirkt er seinen Anspruch auf eine Vorabentscheidung durch Beschluss für den Fall der Ablehnung dieses Beweisantrags. Im schriftlichen Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO findet § 86 Abs. 2 VwGO daher nur insoweit entsprechende Anwendung, als zeitlich nach dem Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein Beweisantrag gestellt wird.

Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 86, Rn. 19.

Dem Interesse der Beteiligten an einer Begründung des Verzichts auf eine vor einem Verzicht auf mündliche Verhandlung beantragte Beweiserhebung wird Genüge getan, wenn das Gericht in den Gründen der in der Sache ergehenden Entscheidung mitteilt, warum es von der Erhebung des beantragten Beweises abgesehen hat.

Vgl. nur Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 28. Juni 1983 - 9 C 15/83 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1983, 1016; Beschluss vom 10. April 1992 - 9 B 142/91 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1992, 890 (891).

II.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 ist nicht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, da sie nicht rechtswidrig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Ermächtigungsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 7 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG) in der seit dem 1. Januar 2007 geltenden Fassung vom 31. Oktober 2006 (GV. NRW. S. 474). Nach dieser Bestimmung kann das Ministerium oder eine von ihm beauftragte Behörde eine von § 69 Abs. 2 bis 6 HG abweichende Grad- oder Titelführung untersagen.

Die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Das MIWFT ist als die gemäß § 69 Abs. 7 Satz 3 HG in Verbindung mit § 82 Abs. 2 HG zuständige Behörde tätig geworden und hat den Kläger vor Erlass der Untersagungsverfügung gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) mit Schreiben vom 15. August 2008 angehört.

Auch die materiellen Voraussetzungen des § 69 Abs. 7 Satz 3 HG liegen vor. Die Führung der Abkürzung "Dr." durch den Kläger weicht von der gemäß § 69 Abs. 2 bis 6 HG zulässigen Grad- und Titelführung ab. Die Abkürzung "Dr." stellt für den Kläger keine derjenigen Führungsweisen dar, die für den von der D. -Universität in C. als staatlicher bzw. staatlich anerkannter Hochschule in der zur Europäischen Union gehörenden Slowakischen Republik verliehenen Grad (§ 69 Abs. 2 Satz 1 HG) bzw. Hochschultitel (§ 69 Abs. 4 HG) "doktor pràv" in Betracht kommen. Es handelt sich bei der Abkürzung "Dr." weder um die verliehene Form im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 1 HG (1.), noch um eine in der Slowakischen Republik zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG (2.). Auch durch begünstigende Regelungen in Vereinbarungen und Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten (§ 69 Abs. 5 Alt. 1 HG), in Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (§ 69 Abs. 5 Alt. 2 HG) (3.) oder in einer Rechtsverordnung des beklagten Landes (§ 69 Abs. 6 HG) (4.) ist das seitens des Klägers beabsichtigte Führen der Abkürzung "Dr." nicht gedeckt. Schließlich begegnet die angefochtene Untersagungsverfügung auch aus sonstigen Gründen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (5.).

1. Die Führung der Abkürzung "Dr." durch den Kläger entspricht nicht § 69 Abs. 2 Satz 1 HG. Gemäß dieser Bestimmung können im Geltungsbereich des Hochschulgesetzes die von einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einschließlich der Europäischen Hochschulen in Florenz und Brügge sowie der Päpstlichen Hochschulen in Rom verliehenen Hochschulgrade sowie entsprechende staatliche Grade "in der verliehenen Form" geführt werden. Dem Kläger ist ausweislich der Diplomurkunde der D. -Universität in Bratislava vom 3. November 2005 aber gerade nicht der Grad "Dr." verliehen worden, sondern "der akademische Grad ‚doktor pràv' (Abkürzung ‚JUDr.')".

2. Die Führung der Abkürzung "Dr." ist auch nicht durch § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG gedeckt. Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 HG kann die verliehene Form des Grades bei - hier nicht gegebener - Verleihung in fremder Schriftart in die lateinische Schrift übertragen werden (Halbsatz 1); ferner kann die im Herkunftsland zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt sowie eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden (Halbsatz 2).

Jedoch kann die Abkürzung "Dr.", die keine wörtliche Übersetzung i.S.v. § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 a.E. HG darstellt, weder als in der Slowakischen Republik zugelassene Abkürzung (a), noch als dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung (b) für den Grad "doktor pràv" im Gebiet des beklagten Landes geführt werden.

a) Als "zugelassene" Abkürzung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG ist nicht jede nicht verbotene bzw. nicht sanktionierte Abkürzungsweise zu verstehen, sondern nur diejenige Abkürzung, die positiv (z.B. durch Gesetz oder durch Verleihungsakt) im Herkunftsland geregelt ist. Dies geht eindeutig aus der Wahl des Wortes "zugelassen" statt "zulässig" sowie aus der Verwendung des bestimmten Artikels "die" und der Formulierung im Singular hervor. Zudem erschließt sich dies auch aus dem Zusammenhang mit dem Grundsatz des Führens eines Grades in der "verliehenen" Form (§ 69 Abs. 2 Satz 1 HG) und aus der Gegenüberstellung von zugelassener Abkürzung und allgemein üblicher Abkürzung. Hätte mit dem Begriff "zugelassen" jede im Herkunftsland nicht verbotene, also jede zulässige Abkürzungsform erfasst sein sollen, hätte es keiner Erwähnung allgemein üblicher Abkürzungen - insbesondere mit dem Erfordernis der Nachweislichkeit - mehr bedurft, da allgemeinübliches Verhalten in der Regel ebenfalls zulässig und nicht verboten ist. Es ist nicht vorstellbar, dass der nordrheinwestfälische Gesetzgeber mit § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG und die KMK mit den der Formulierung dieser Vorschrift zugrunde liegenden Beschlüssen vom 14. April 2000, vom 21. September 2011 und vom 5. Juli 2007 neben dem Führen im Herkunftsland erlaubter (zulässiger) Abkürzungsformen auch das Führen im Herkunftsland verbotener und somit rechtswidriger Abkürzungsformen, die dort unter Umständen trotz des Verbots allgemein üblich sind, durch das Üblichkeitskriterium als rechtmäßig legitimieren wollten. Dementsprechend können als "allgemein übliche Abkürzung" i.S.v. § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG nur im Herkunftsland rechtmäßige - also gesetzlich nicht verbotene bzw. sanktionierte - Abkürzungen gemeint sein, die dort allgemein üblich sind, während als "zugelassene [...] Abkürzung" nur solche Abkürzungen in Betracht kommen, deren Führung mit dem Zeitpunkt der Verleihung für den Inhaber aufgrund positiver rechtlicher Regelung zugelassen wird, also durch den Verleihungsakt selbst oder durch eine gesetzliche Regelung, die an die Verleihung eines Grades Rechtsfolgen bezüglich der diesbezüglich führbaren Abkürzung knüpft. Mehrere verschiedene zugelassene Abkürzungsweisen kommen allenfalls für den kaum vorstellbaren Fall, dass ein ausländischer Staat auch mehrere Abkürzungen gesetzlich zulässt, in Betracht.

Hiernach erweist sich die Abkürzung "Dr." nicht als "zugelassene" Abkürzung des slowakischen Grades "doktor pràv". Aus der dem Kläger verliehenen Diplomurkunde der D. -Universität in Bratislava vom 3. November 2005 sowie aus § 53 Abs. 8 lit. d des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 ergibt sich, dass für den Grad des "doktor pràv" die in der Slowakischen Republik positiv zugelassene Abkürzung "JUDr." lautet. Dass § 53 Abs. 8 lit. d des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 ausdrücklich nicht den Begriff "zulassen" verwendet, sondern - wie der Kläger einwendet - von "verleihen" (to award) spricht, ist für die Frage, was "zugelassen" im Sinne des in Nordrhein-Westfalen anwendbaren § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG bedeutet, unerheblich. Die Bedeutung des Begriffs "zugelassen" ist - entsprechend den obigen Ausführungen - allein durch Auslegung dieser Vorschrift zu ermitteln, wonach nur die positiv geregelte Abkürzung "JUDr." die zugelassene Abkürzung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG darstellt.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es neben einer eindeutig positiv geregelten Abkürzungsweise in manchen Ländern weitere zugelassene Abkürzungen geben kann, deren Führung der nordrheinwestfälische Gesetzgeber in seinem Gebiet gestatten wollte, ist die Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik - unabhängig davon, ob ihre Verwendung eine Ordnungswidrigkeit darstellt oder nicht - keine zugelassene Abkürzung, wie sich auch aus der im Rahmen des vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf geführten Verfahrens 15 K 3040/09 im Wege der Amtshilfe über die Deutsche Botschaft in der Slowakischen Republik eingeholten amtlichen Auskunft (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2010 ergibt. Diese Auskunft hat die Kammer auch zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.

b) Die Abkürzung "Dr." ist auch nicht als im Herkunftsland nachweislich allgemein übliche Abkürzung des Grades "doktor pràv" gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG in Nordrhein-Westfalen führbar. Zum einen kommt es auf die allgemein übliche Abkürzung vorliegend nicht an, da in der Slowakischen Republik mit "JUDr." eine gesetzlich zugelassene Abkürzungsform für den Grad "doktor pràv" vorhanden ist (aa), und zum anderen ist die Abkürzung "Dr." in der Slowakischen Republik keine "nachweislich allgemein übliche Abkürzung" im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG für den Grad "doktor pràv" (bb).

aa) Entgegen der Auffassung des Klägers, der § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG dahingehend versteht, dass im Falle der Existenz einer im Herkunftsland zugelassenen Abkürzungsform daneben oder stattdessen auch eine dort allgemein übliche Abkürzungsform, die von der zugelassenen Abkürzung abweicht, in Nordrhein-Westfalen geführt werden darf, ergibt sich bei Auslegung der Vorschrift, dass es auf eine "nachweislich allgemein übliche" Abkürzung im Herkunftsland nur ankommen kann, soweit es keine "zugelassene" Abkürzung gibt, wenn also die Frage der Abkürzung nicht positiv rechtlich geregelt ist. Weil der Wortlaut der Vorschrift (1), obgleich er deutlich für die hier vertretene Auslegung spricht, daneben auch die vom Kläger vertretene Auslegung zulässt, hat die Bestimmung des Bedeutungsgehalts der Vorschrift durch eine auch die Systematik (2), die Entstehungsgeschichte (3) sowie Sinn und Zweck (4) berücksichtigende Auslegung zu erfolgen.

Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Berlin 1991, S. 322; Eser, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 27. Aufl., München 2006, § 1 Rn. 37-44; Schmidt-Aßmann, in Maunz/Dürig, Grundgesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand: 10/2010, Band VI, Art. 103 Abs. 2, Rn. 228.

(1) Der Wortlaut von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG scheint zwar sowohl die hier als auch die vom Kläger vertretene Auslegung zuzulassen, spricht aber bereits dafür, dass der Gesetzgeber im Falle der Existenz einer im Herkunftsland zugelassenen Abkürzung nicht von einer daneben oder stattdessen in Nordrhein-Westfalen führbaren sonstigen im Herkunftsland üblichen Abkürzung ausgeht.

§ 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG selbst trifft keine eindeutige Aussage zum Verhältnis zwischen einer "zugelassenen" Abkürzung und einer "nachweislich allgemein üblichen" Abkürzung. Die Konjunktion "oder", welche die beiden Varianten verbindet, wird in der deutschen Sprache aber nur in seltenen Fällen mit aneinanderreihender (kopulativer) und somit nichtausschließender Funktion verwendet; ganz überwiegend wird sie hingegen als Verbindung alternativer, sich ausschließender Möglichkeiten verstanden (Disjunktion).

Vgl. Duden, Band 10: Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl., Mannheim (u.a.) 2002; Duden, Band 4: Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 4. Aufl., Mannheim (u.a.) 1984.

Für eine solche disjunktive - d.h. exklusive - Verwendung des Wortes "oder" in § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG spricht neben der allgemein überwiegenden Üblichkeit einer solchen Verwendung der Konjunktion "oder" auch der weitere Wortlaut der Vorschrift, welcher von "Abkürzung" im Singular spricht und diese mit einem bestimmten Artikel ("die") benennt, statt den Plural ("Abkürzungen") oder einen unbestimmten Artikel ("eine [...] zugelassene oder [...] nachweislich allgemein übliche Abkürzung") zu verwenden.

Bei der somit vorzugswürdigen disjunktiven Deutung der Konjunktion "oder" kommt neben dem hier zugrunde gelegten Verständnis zwar auch noch eine Auslegung dahingehend in Betracht, dass zwar beide Abkürzungsformen - die zugelassene und die nachweislich allgemein übliche - führbar sein sollen, der Inhaber eines Grades sich aber für eine entscheiden muss und nur diese gewählte Form führen darf. Hiergegen spricht aber die Tatsache, dass der Gesetzgeber im Singular mit einem bestimmten Artikel ("die") formuliert und hinsichtlich der zweiten Abkürzungsvariante auf das erneute Einfügen eines Artikels ("die" oder "eine") verzichtet hat. Wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass im Falle einer im Herkunftsland bestehenden zugelassenen Abkürzung daneben auch noch zusätzlich eine andere allgemein übliche Abkürzungsform existieren kann, die nach der Vorschrift in Nordrhein-Westfalen führbar sein soll, wäre es sprachlich treffender gewesen, wie folgt zu formulieren: "[...] ferner kann die im Herkunftsland zugelassene oder die/eine dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt [...] werden". Weil das Führen einer gesetzlich oder durch Verleihungsakt zugelassenen Abkürzung stets auch nachweislich "allgemein üblich" ist, hätte der Gesetzgeber auch auf die besondere Erwähnung der zugelassenen Abkürzungsform verzichten können, wenn er im Falle parallel existierender "üblicher" Abkürzungsformen diese hätte zulassen wollen, z.B. durch die Formulierung: "[...] ferner kann eine im Herkunftsland nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt [...] werden". Durch die besondere Erwähnung der "zugelassenen" Abkürzungsform wird aber deutlich, dass eine (sonstige) allgemein übliche Abkürzung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG nur führbar sein soll, soweit es keine rechtlich ausdrücklich zugelassene Abkürzung gibt.

Spricht demnach der Wortlaut bereits für die hier vertretene Auslegung, kann dieses Normverständnis entgegen der Ansicht des Klägers erst recht nicht die Grenze des Wortsinns der gesetzlichen Formulierung überschreiten, welcher stets die äußerste Grenze der Auslegung darstellt.

Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Berlin 1991, S. 322; so - im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) - auch Bundesgerichtshof (BGH), Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (BGHSt), Bd. 4, S. 144 (148) und Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Bd. 71, S. 108 (115).

Dementsprechend scheidet auch ein vom Kläger gerügter Verstoß gegen das - nur für die strafrechtliche Beurteilung gemäß § 132 a StGB, nicht aber für die verwaltungsrechtliche Beurteilung relevante - Bestimmtheitsgebot gemäß Artikel 103 Abs. 2 GG aus, erst recht ein Verstoß gegen das allgemeine rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot, welches im Einzelfall auch Überschreitungen des Wortsinnes einer Vorschrift durch analoge Anwendung auf nicht geregelte Fälle oder durch teleologische Reduktion der Vorschrift zulässt.

Vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 17. September 2009 - 5 ZB 08.838 -, juris, Rn. 11.

(2) In systematischer Hinsicht findet die hier vertretene Auslegung eine gewichtige Stütze zunächst in § 69 Abs. 2 Satz 1, 2 und Satz 3 Halbsatz 1 sowie Satz 5 HG, wonach es jeweils um die "verliehene Form" des Grades, also um die Originalform und nicht eine für einen anderen Staat umgewandelte Abkürzungsform geht. Dies spricht bereits dafür, dass es gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG grundsätzlich auf die Abkürzung ankommen soll, zu deren Führen der Erwerber des Grades mit der Verleihung im Herkunftsland ausdrücklich ermächtigt wird oder die sich aus einer gesetzlichen Regelung des Herkunftslandes bezüglich des konkreten verliehenen Grades ergibt. Demnach soll offenkundig mit der zweiten Alternative ("nachweislich allgemein übliche Abkürzung") lediglich für den Fall vorgebeugt werden, dass es in einem ausländischen Staat ausnahmsweise keine durch Verleihungsurkunde oder durch gesetzliche Regelungen vorgegebene ("zugelassene") Abkürzungsform gibt. Da akademische Grade grundsätzlich nur in einer einzigen Langform verliehen werden, kann sich die für Abkürzungen geltende Führungserlaubnis des § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG auch nur auf eine einzige Abkürzung der originalen Langform beziehen, die entweder positiv im Herkunftsland geregelt ist oder deren Rechtsüblichkeit anderweitig nachgewiesen werden kann. Hierfür spricht auch, dass gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG die allgemeine Üblichkeit einer Abkürzung im Herkunftsland "nachweislich" sein muss. Würde der Gesetzgeber davon ausgehen, dass es neben einer im Ausland durch Verleihungsakt oder durch gesetzliche Regelungen zugelassenen und somit existierenden allgemein üblichen Abkürzungsform weitere allgemein übliche Abkürzungsformen gibt, deren Führen er in seinem Landesgebiet ebenfalls gestatten wollte, hätte es einer solchen Akzentuierung der Nachweislichkeit nicht bedurft. Das Hervorheben des Nachweislichkeits-Erfordernisses unter Hinzunahme des bestimmten Artikels "die" und der Formulierung im Singular macht vielmehr deutlich, dass gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG stets maximal eine im Ausland allgemein übliche - d.h. rechtsübliche - Abkürzungsvariante für die verliehene Originalform des Grades in Nordrhein-Westfalen zugelassen sein soll und dass es sich im Falle einer konkreten positivrechtlichen Regelung der Abkürzung im Herkunftsland bei dieser zugelassenen Abkürzungsform auch zugleich um die einzige "nachweislich allgemein übliche Abkürzung" im Sinne der Vorschrift handelt. Denn die Vorgabe der Abkürzungsform durch Verleihungsurkunde oder durch gesetzliche Regelungen ist per se "nachweislich". Nur dort, wo im Herkunftsland eine Zulassung durch Verleihungsurkunde oder Gesetze nicht erfolgt, bleibt demnach Raum für das Führen eines sonstigen Nachweises der Allgemeinüblichkeit, wobei § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG erkennbar auch in Kauf nimmt, dass es bei einzelnen ausländischen Graden unter Umständen weder eine gesetzlich zugelassene, noch eine sonstwie nachgewiesene allgemein übliche Abkürzungsform gibt, die im Gebiet des beklagten Landes geführt werden könnte.

(3) Weiterhin spricht auch der sich unter Betrachtung der Gesetzgebungsgeschichte subjektiv ergebende Wille des Gesetzgebers für die von der Kammer vertretene Auslegung. § 69 Abs. 2 HG hat seinen Ursprung in dem "Fünften Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen" vom 6. Dezember 1991 (GV. NRW. S. 518), mit welchem die seinerzeit in § 141 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (WissHG) vom 20. November 1979 (GV. NRW. S. 926) geregelte Führung von akademischen Graden grundlegend reformiert worden ist. Während § 141 Abs. 1 Satz 3 WissHG in seiner vorherigen, seit dem 22. November 1987 geltenden Fassung des "Vierten Gesetzes über die Änderung des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen" vom 20. Oktober 1987 (GV. NRW. S. 366) das Führen ausländischer akademischer Grade vollumfänglich von einer Zustimmung des zuständigen Ministeriums abhängig machte und den Verordnungsgeber zur Festlegung der Form der Führung des Grades ermächtigte, stellte § 141 WissHG in der seit dem 19. Dezember 1991 geltenden Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: WissHG 1991) erstmals das Führen bestimmter ausländischer Grade - nämlich aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und aus Staaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Äquivalenzabkommen abgeschlossen hat - in der verliehenen Form zustimmungsfrei und hob zugleich die Möglichkeit auf, die entsprechende deutsche Form eines Grades zu führen. Durch diese gesetzliche Allgemeingenehmigung sollten sich insbesondere auch sämtliche Einzelentscheidungen über EG-Grade und deren zulässige Führungs- und Abkürzungsformen erübrigen.

Vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache (LT-Drucks.) 11/1880, S. 7.

§ 141 Abs. 1 WissHG 1991 betraf Grade aus Deutschland und aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und lautete auszugsweise:

"[...] 2Der Grad ist grundsätzlich in der Form zu führen, die dem Wortlaut der Verleihungsurkunde entspricht. 3Der Berechtigte darf dem Grad eine Übersetzung hinzufügen, soweit das aus sprachlichen Gründen zum Verständnis erforderlich ist, eine im Herkunftsstaat zugelassene oder nachweisbar allgemein übliche Abkürzung verwenden und durch einen Zusatz auf den Herkunftsstaat oder die verleihende Hochschule verweisen. [...]"

Für Grade aus anderen ausländischen Staaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Äquivalenzabkommen geschlossen hat, sah § 141 Abs. 2 WissHG 1991 vor, dass diese Grade - ohne Zustimmungserfordernis - nach Maßgabe des jeweiligen Äquivalenzabkommens geführt werden konnten. Mit unverändertem Inhalt galt § 141 WissHG 1991 auch nach Umbenennung des WissHG in das Gesetz über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen (Universitätsgesetz - UG) durch das Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 6. Juli 1993 (GV. NRW. S. 476) zunächst fort.

Mit dem Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG) vom 14. März 2000 (GV. NRW. S. 190; im Folgenden: HG 2000) wurde § 141 Abs. 1 und 2 UG sodann mit einigen Änderungen in § 119 Abs. 1 und 2 HG 2000 übernommen, wobei Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 2 (als Halbsatz 1) mit identischem Wortlaut übernommen wurden.

Der heutige Wortlaut des § 69 Abs. 2 HG wurde mit Änderung des § 119 HG 2000 durch Gesetz vom 30. November 2004 (GV. NRW. S. 752) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (im Folgenden: HG 2005) eingeführt. Die Änderung von § 119 HG 2000 erfolgte insbesondere im Hinblick auf die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz vom 14. April 2000 und vom 21. September 2001. Die Bundesländer sind in dem KMK-Beschluss vom 14. April 2000 übereingekommen, dass nunmehr für alle im Ausland - auch außerhalb der Europäischen Union - erworbenen Hochschulgrade durchweg keine Überprüfung der Vergleichbarkeit der Hochschulen im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens mehr stattfinden, sondern eine allgemein gesetzliche Führungsgenehmigung für die verliehene Form des Grades unter Angabe der verleihenden Hochschule geschaffen werden soll. Ziffer 1 des Beschlusses lautet:

"Einen ausländischer Hochschulgrad, der aufgrund eines nach dem Recht des Herkunftslandes anerkannten Hochschulabschlusses nach einem ordnungsgemäß durch Prüfung abgeschlossenen Studium verliehen worden ist, kann in der Form, in der er verliehen wurde, unter Angabe der verleihenden Hochschule geführt werden. Dabei kann die verliehene Form ggf. transliteriert und die im Herkunftsland zugelassene oder nachweislich allgemein übliche Abkürzung geführt und eine wörtliche Übersetzung in Klammern hinzugefügt werden. Eine Umwandlung in einen entsprechenden deutschen Grad findet mit Ausnahme der nach dem Bundesvertriebenengesetz Berechtigten nicht statt. [...]"

In Umsetzung dieses KMK-Beschlusses hatte der Landesgesetzgeber somit zunächst eine Verwaltungsvereinfachung zum Ziel. Darüber hinaus sollte zum einen für die Inhaber von akademischen Graden Rechtssicherheit geschaffen werden und zum anderen sollte mit der Neuregelung ein "Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in die Lauterkeit der Titelführung" bzw. "Verbraucherschutz" erreicht werden. Abgesehen von eventuellen begünstigenden Ausnahmeregelungen (vgl. Ziffer 4 des KMK-Beschlusses vom 14. April 2000 sowie § 119 Abs. 5 und 6 HG 2005) sollte daher gemäß § 119 Abs. 2 Satz 5 HG 2005 - identisch zum heutigen § 69 Abs. 2 Satz 5 HG - eine Umwandlung eines ausländischen Grades in einen entsprechenden deutschen Grad grundsätzlich nicht (mehr) stattfinden.

Vgl. LT-Drucks. 13/5504, S. 156 f..

Entsprechend dem KMK-Beschluss vom 14. April 2000 weicht § 119 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG 2005 hinsichtlich der führbaren Abkürzungsform von § 119 Abs. 1 Satz 3 HG 2000 dahingehend textlich ab, dass - wortlautidentisch zum heutigen § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG - statt des unbestimmten Artikels "eine" der bestimmte Artikel "die" und statt des Begriffs "nachweisbar" der Begriff "nachweislich" verwendet wurde. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum HG 2005 soll die Regelung dem "Interesse der Verständlichkeit" dienen. Eine Hilfestellung dafür, welche Abkürzungen und Übersetzungen in anderen Ländern zugelassen bzw. nachweislich allgemein üblich im Sinne der Vorschrift sind, soll nach Vorstellung des Gesetzgebers die beim Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) - einsehbare Datenbank ANABIN (Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise) geben.

Vgl. LT-Drucks. 13/5504, S. 157.

Spätestens dadurch, dass er bei der gesetzlichen Neufassung des § 119 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG 2005 nicht nur die Führungserlaubnis für akademische Grade erweitert, sondern zugleich auch den Verbraucherschutz bzw. den Vertrauensschutz der Allgemeinheit als tragendes Regelungsziel in den Vordergrund gestellt und zugleich den unbestimmten Artikel "eine" durch den bestimmten Artikel "die" sowie das Wort "nachweisbar" durch den Begriff "nachweislich" ersetzt hat, hat der Gesetzgeber deutlich zu erkennen gegeben, dass er nur eine einzige - rechtsübliche - Abkürzungsweise der Originalform eines ausländischen akademischen Grades akzeptieren will und nicht mehrere - wenn auch womöglich verbreitet übliche - Abkürzungen. Das Führen verschiedener Abkürzungen für ein- und denselben ausländischen akademischen Grad würde zu erheblicher Verwirrung führen und stünde daher im Widerspruch zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zielen des Verbraucherschutzes und der Verständlichkeit, insbesondere wenn der Inhaber des ausländischen Grades - wie hier - eine mit der Abkürzung eines deutschen akademischen Grades identische Abkürzungsform wegen angeblicher Allgemeinüblichkeit im Herkunftsland in Nordrhein-Westfalen führen möchte, obwohl nachweislich eine andere allgemein übliche - nämlich die zugelassene - Abkürzungsform im Herkunftsland existiert und obwohl § 69 Abs. 2 Satz 5 HG gerade eine Umwandlung in einen inländischen Grad ausschließt. Im Falle des Grades "doktor pràv" würden Verbraucher bei demjenigen Inhaber des Grades, der diesen in Nordrhein-Westfalen unter der Abkürzung "Dr." führt, aller Voraussicht nach eine andere - wahrscheinlich höhere - akademische Qualifikation vermuten als bei demjenigen Inhaber desselben Grades, der diesen unter der in Deutschland eher unbekannten Abkürzung "JUDr." führt.

Wäre es dem Gesetzgeber nicht darauf angekommen, die Anzahl der möglichen Abkürzungsweisen auf eine einzige - entweder die durch Verleihung oder gesetzliche Regelung zugelassene oder aber diejenige, die anderweitig, v.a. durch ANABIN, als allgemein übliche Abkürzung nachgewiesen ist - zu begrenzen, hätte es keiner Änderung des bisherigen Wortlauts des § 119 Abs. 1 Satz 3 HG 2000 bedurft, nach dessen Wortlaut die zu führende Abkürzung "eine [...] nachweisbar allgemein übliche Abkürzung" sein sollte. Während das Wort "nachweisbar" begrifflich lediglich verlangt, dass sich etwas nachweisen lässt ("sich nachweisen lassend"), setzt das nunmehr verwendete Wort "nachweislich" begrifflich voraus, dass etwas bereits "durch Nachweis bestätigt" bzw. "belegt" ist.

Vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim (u.a.)

2007; siehe auch im Internetangebot des Dudenverlags unter der Adresse http://www.duden.de/definition/nachweisbar bzw. unter der Adresse http://www.duden.de/definition/nachweislich (letzter Aufruf: 27. Juli 2011).

Als solche Bestätigung durch Nachweis für "die im Herkunftsland zugelassene oder dort nachweislich allgemein übliche Abkürzung" sieht der Gesetzgeber entsprechend der Übereinkunft der Bundesländer in der KMK offenkundig die in der Gesetzesbegründung benannte Datenbank ANABIN. Soweit in ANABIN Aussagen zur Abkürzung von ausländischen Graden getroffen werden, wird jeweils lediglich eine einzige Abkürzungsweise genannt.

Vgl. http://www.anabin.de (letzter Aufruf: 27. Juli 2011).

(4) Dieser Befund, dass es nach der historisch nachvollziehbaren Vorstellung des Gesetzgebers für ausländische Grade grundsätzlich nur eine einzige gemäß § 119 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG 2005 bzw. in der Folge gemäß dem identischen § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG führbare Abkürzungsform geben kann, ergibt sich auch bei objektivteleologischer Betrachtung. Sinn und Zweck von § 69 Abs. 2 HG ist offenkundig, dass ausländische Hochschulgrade - unabhängig davon, ob sie in Mitgliedstaaten der EU oder im sonstigen Ausland erworben worden sind - in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich "in der verliehenen Form" führbar sein sollen (vgl. Sätze 1 und 2). Eine Differenzierung nach EU- bzw. Nicht-EU-Ausland findet nur hinsichtlich des Erfordernisses der Angabe der verleihenden Institution statt (vgl. Satz 2.). Soweit § 69 Abs. 2 Satz 3 HG für sämtliche ausländische Grade und Hochschultitel sodann eine Transliteration in lateinische Schrift (Halbsatz 1) sowie das Hinzufügen einer wörtlichen Übersetzung in Klammern (Halbsatz 2 a.E.) zulässt, soll erkennbar erreicht werden, dass die verliehene Form des Grades im hiesigen Sprachraum verständlich und somit für die Allgemeinheit eindeutig wird. Hierdurch wird auch die Gradführung für den Inhaber des ausländischen Grades praktikabler, indem es bei Verwenden der Übersetzung keiner ergänzenden Erläuterungen über die Bezeichnung des jeweiligen Grades bedarf. Hingegen soll durch die Transliteration bzw. Übersetzung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 HG keine Umwandlung in einen deutschen Hochschulgrad bewirkt werden. Wenn § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG im selben Kontext auch das Führen der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung eines Hochschulgrades gestattet, so muss auch dies im Lichte einer beabsichtigten Verständlichkeit für die Allgemeinheit und einer Vereinfachung für den Inhaber des Grades gesehen werden. Jedoch dient es weder der Verständlichkeit und Eindeutigkeit von Abkürzungen von Hochschulgraden noch der Praktikabilität für den Inhaber eines Grades, wenn von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG im Falle mehrerer im Herkunftsland verbreiteter Abkürzungsformen jede dieser Abkürzungen in Nordrhein-Westfalen neben einer gesetzlich zugelassenen - und somit ebenfalls üblichen - Abkürzungsweise führbar wäre.

Zudem würden im Herkunftsland bestehende rechtliche Vorgaben über die führbare Abkürzung eines akademischen Grades umgangen werden, wenn anstelle der dort gesetzlich zugelassenen Abkürzung eine unter Umständen im Herkunftsland zwar umgangssprachlich weit verbreitete und somit gegebenenfalls als allgemein üblich zu betrachtende Abkürzungsweise, die jedoch von den rechtlichen Vorgaben des Herkunftslandes abweicht, in Nordrhein-Westfalen als gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG gesetzlich zugelassene Abkürzung geführt werden könnte. Eine solche Umgehung bestehender rechtlicher Vorgaben des Herkunftslandes kann - unabhängig davon, ob eine derartige Abweichung im Herkunftsland rechtswidrig bzw. verboten ist und ggf. sanktioniert wird - mit der Zulassung der im Herkunftsland nachweislich allgemein üblichen Abkürzung in § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG nicht bezweckt sein. Entgegen der Auffassung des Klägers würde eine solche Interpretation auch nicht dazu führen, dass im Falle des Fehlens einer gesetzlichen Regelung im Herkunftsland über die Abkürzung eines Grades eine allgemein übliche Abkürzungsweise dort rechtswidrig wäre und gleichwohl in Deutschland wegen der Allgemeinüblichkeit rechtmäßig geführt werden könnte. Denn sofern im Herkunftsland keine rechtliche Regelung der Abkürzungsform existiert, stellt die Verwendung einer allgemein üblichen Abkürzung auch keine Abweichung von rechtlichen Abkürzungsvorgaben dar, so dass eine Rechtswidrigkeit des Führens der allgemein üblichen Abkürzung ausscheidet, solange im Herkunftsland das Verwenden von Abkürzungen anstelle der ausgeschriebenen Gradbezeichnung nicht ausdrücklich verboten ist. Eine im Herkunftsland gesetzlich zugelassene Abkürzung ist aber allein aufgrund der gesetzlichen Regelung stets auch eine nachweislich allgemein übliche Abkürzung, so dass es im Falle der Existenz einer rechtlichen Abkürzungsregelung eines Rückgriffs auf eine davon abweichende andere - unter Umständen ebenfalls übliche - Abkürzungsform im Sinne der von § 69 Abs. 2 Satz 3 HG bezweckten Verständlichkeit und Eindeutigkeit nicht bedarf.

Da in der Slowakischen Republik - wie dargestellt - rechtlich geregelt ist, dass als Abkürzung für den Grad des "doktor pràv" die Abkürzung "JUDr." zu führen ist, kommt es demnach auf die Frage der Üblichkeit anderer Abkürzungsweisen nicht an.

Vgl. auch Beschluss der Kammer vom 16. April 2009 - 9 L 45/09 -, juris, Rn. 45, sowie - in Übereinstimmung hierzu zu den jeweiligen, § 69 HG insoweit entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen - VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 1 K 1638/10 -, juris, Rn.31, und - allgemein zu dem den Vorschriften zugrunde liegenden KMK-Beschluss vom 14. April 2000 - auch Oberlandesgericht (OLG) Bamberg, Urteil vom 4. Mai 2011 - 3 U 7/11 -, juris, Rn. 83 ff..

Ebenso kommt es nicht darauf an, inwieweit eine von einer positiv rechtlich geregelten Abkürzungsform abweichende Führungsweise des Grades "doktor pràv" in der Slowakischen Republik verboten ist und unter Umständen sanktioniert wird. Denn auch unter mehreren womöglich nicht verbotenen Führungsweisen des Grades "doktor pràv" existiert nur eine, die positiv zugelassen und demnach auch nachweislich allgemein üblich ist und somit in Nordrhein-Westfalen von § 69 Abs. 2 Satz 3 HG abweichende, in der Slowakei womöglich übliche Abkürzungsformen ausschließt. Dem Beweisantrag des Klägers, eine Auskunft des slowakischen Justizministeriums dazu einzuholen, dass das Führen der Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik nicht strafbar ist, musste daher nicht nachgegangen werden. Unerheblich ist auch, ob auf § 132 a StGB gestützte Strafverfahren in Deutschland eingestellt worden sind, da im Rahmen dieser Strafverfahren neben der Frage der unberechtigten Führung eines Grades auch andere Gesichtspunkte wie der Vorsatz und das Vorliegen eventueller Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe zu prüfen waren, die für die Einstellungsentscheidung maßgeblich gewesen sein können.

bb) Unabhängig davon, ob trotz Existenz einer im Herkunftsland zugelassenen Abkürzung alternativ zu dieser noch eine andere Abkürzung, die dort nachweislich allgemein üblich ist, gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG im Geltungsbereich des Gesetzes geführt werden kann, ist der Kläger auch bereits deshalb nicht zur Führung der Abkürzung "Dr." berechtigt, weil es sich bei dieser Abkürzung nicht um eine in der Slowakischen Republik "nachweislich allgemein übliche Abkürzung" des Grades "doktor pràv" handelt.

Zunächst gehen die Ausführungen des Klägers dazu, wie ein Inhaber eines Doktorgrades üblicherweise angesprochen wird, fehl. Durch die angefochtene Untersagungsverfügung vom 6. Januar 2009 wird dem Kläger die Führung der Bezeichnung "Dr." untersagt, also einer geschriebenen Abkürzungsform, die in verbaler Kommunikation keine Verwendung findet. Kein Inhaber eines Grades wird mit den einzelnen Buchstaben der geschriebenen Abkürzung mündlich angesprochen ("Frau/Herr Dr."), sondern stets mit dem als vollständiges Wort ausgesprochenen Grad ("Frau/Herr Doktor"). Überdies ist ohnehin - anders als bei Titelbezeichnungen - eine verbale Anrede mit Gradbezeichnungen (z.B. "Herr Bachelor of Arts", "Frau Diplom-Ingenieurin", "Mister Master of Laws") weltweit wohl eher unüblich. Diesbezüglich nimmt der Doktorgrad, der in Deutschland entgegen der anscheinend vom Kläger vertretenen Ansicht weder einen Titel noch einen Namensbestandteil darstellt, eine Sonderstellung ein, was nichts daran ändert, dass in der verbalen Anrede stets die vollständig ausgesprochene Bezeichnung ("Doktor") und nicht die untersagte Abkürzung "Dr." verwendet wird. Es kann daher offen bleiben, ob § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG - wofür wegen der überwiegend nur schriftlichen Verwendung von Gradbezeichnungen einiges spricht - stets nur die übliche geschriebene Abkürzungsform erfasst und nicht auch eine eventuelle Üblichkeit, in der verbalen Kommunikation einen vollständig ausgesprochenen Grad ohne fachlichen Zusatz (also z.B. "Herr Doktor" statt "Herr Doktor der Rechte") zu führen.

Überdies dringt der Kläger auch nicht mit seinem Einwand durch, dass es sich bei der Abkürzung "Dr." in der Sache um die lediglich um den fachlichen Zusatz gekürzte Abkürzung "JUDr." handelt. Denn mit dem Begriff "Abkürzung" im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG kann, soweit es wie hier auf die Üblichkeit einer schriftlichen Abkürzungsform ankommt, nur die vollständige Abkürzung des original verliehenen Grades gemeint sein, nicht hingegen das Weglassen einzelner Abkürzungsbestandteile (z.B. der für einen fachlichen Zusatz stehenden Buchstaben) aus einer schon bestehenden Abkürzungsschreibweise - quasi als Abkürzung der Abkürzung des Grades statt als Abkürzung des Grades selbst. Dies folgt bereits daraus, dass der Gesetzgeber und der Verordnungsgeber jeweils eine ausdrückliche Regelung trafen und treffen, soweit das Weglassen eines fachlichen Zusatzes bei einer Abkürzung vorgesehen war bzw. ist. So war z.B. entsprechend den obigen Ausführungen in § 119 Abs. 1 Satz 4 HG 2000 für bestimmte Doktorgrade geregelt, dass der Inhaber sie in deutscher Form "in der Abkürzung ‚Dr.' ohne fachlichen Zusatz führen" darf, während § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Führung von akademischen Graden vom 31. März 2008 (GV. NRW. S. 375) - im Folgenden VO.AGr. 2008 - von der "Bezeichnung ‚Dr.' ohne fachlichen Zusatz" spricht. Für Grade, für die nicht ausnahmsweise nach Ziffer 2 Satz 1 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 in der mittlerweile maßgeblichen Fassung vom 15. Mai 2008 bzw. nach § 1 Abs. 1 VO.AGr. 2008 die Führung der deutschen Abkürzungsform "Dr." gestattet ist, sondern entsprechend dem allgemeinen Führungsgrundsatz nur eine Führung in der verliehenen vollständigen Originalform in Betracht kommt, liegt den entsprechenden KMK-Beschlüssen und der Regelung des § 69 Abs. 2 HG daher eindeutig die Vorstellung zugrunde, dass sowohl die ausgeschriebene Originalform eines ausländischen akademischen Grades (§ 69 Abs. 2 Satz 1 HG; hier: "doktor pràv"), als auch eine - für den bereits in lateinischem Schriftbild geschriebenen Grad des Klägers nicht mehr notwendige - Transliteration in die lateinische Schrift (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 HG), als auch eine entsprechende ausgeschriebene Übersetzung (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 a.E. HG; hier: "Doktor der Rechte"; nicht hingegen - wie vom Kläger im Briefkopf geführt - "iuris utrisque doctor" oder - lateinisch korrekt - "iuris utriusque doctor"), als schließlich auch eine im Herkunftsland rechtsübliche Abkürzung nur in der vollständigen Form - also mit fachlichem Zusatz, sofern ein solcher für die verliehene Form im Herkunftsland vorgesehen ist - führbar sein sollen. Da es sich in der Slowakischen Republik bei der gesetzlich geregelten Abkürzung "JUDr." um eine vollständige Abkürzungsform der vollständigen Gradbezeichnung "doktor pràv" handelt, welche zudem aufgrund der gesetzlichen Vorgabe und der entsprechenden Verleihung zwangsläufig auch eine - bzw. im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG "die" - nachweislich allgemein übliche Abkürzung ist, stellt eine eventuell in der Slowakei praktizierte Verkürzung der Abkürzung "JUDr." um die für den fachlichen Zusatz stehenden Buchstaben "JU" nicht "die" nachweislich allgemein übliche Abkürzung der Gradbezeichnung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG dar, sondern lediglich eine von dieser Vorschrift nicht erfasste Abkürzung der Abkürzung.

Sofern man auf Grundlage von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG überhaupt das Führen einer von der im Herkunftsland durch Gesetz bzw. Verleihungsakt geregelten Abkürzungsform abweichenden Abkürzung wegen deren Üblichkeit als zulässig ansehen will, kann ferner offen bleiben, ob es - wofür aufgrund der Formulierung im Singular und der Verwendung des bestimmten Artikels "die" einiges spricht - im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG nur eine einzige im Herkunftsland nachweislich allgemein übliche Abkürzung geben kann, die nur dann eine andere als die dort positiv zugelassene Abkürzung ist, wenn ihr Führen im Herkunftsland noch gebräuchlicher ist als das Führen der geregelten Abkürzung. Denn das Kürzel "Dr." stellt in der Slowakischen Republik weder die einzige noch überhaupt eine nachweislich allgemein übliche Abkürzungs-Schreibweise im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG dar.

Entsprechend den obigen Ausführungen macht die Verwendung der Begriffe "allgemein" und "nachweislich" in § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG deutlich, dass der Gesetzgeber nicht jede Abkürzungsform, die im Herkunftsland des Grades ohne entsprechende Regelung durch Gesetz oder Verleihungsakt von mehreren, unter Umständen auch von einer nicht unerheblichen Zahl von Inhabern dieses Grades schriftlich geführt wird, in Nordrhein-Westfalen zulassen wollte. Das Führen einer schriftlichen Abkürzungsweise ist vielmehr nur dann "allgemein" üblich, wenn die Allgemeinheit der Inhaber des entsprechenden Grades - d.h. annähernd alle Gradinhaber - im Schriftverkehr überwiegend diese Abkürzungsform führt. Wegen des Erfordernisses der Nachweislichkeit muss diese Allgemeinüblichkeit durch Nachweis belegt bzw. bewiesen sein. Das Erfordernis der Nachweislichkeit begründet zwar im Rahmen der Beweiswürdigung insoweit keine höheren Anforderungen an das für die Bildung der freien Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) nötige Beweismaß.

Vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 108, Rn. 5.

Jedoch akzentuiert es die strengen Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal der Allgemeinüblichkeit zu stellen sind. Zudem verdeutlicht das Nachweislichkeitserfordernis die Beweislastverteilung. Nicht auszuräumende Zweifel an der Allgemeinüblichkeit einer Abkürzungsform im Herkunftsland für einen ausländischen Grad müssen bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Führens der Abkürzung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG zu Lasten des Inhabers des Grades gehen, der aus einer Allgemeinüblichkeit im Herkunftsland die für ihn günstige Rechtsfolge der Führbarkeit im Gebiet des beklagten Landes herleiten will. Gleichwohl entbindet das Tatbestandsmerkmal der Nachweislichkeit das Gericht nicht von der eigenen Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO.

Hiernach stellt "Dr." in der Slowakischen Republik keine im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG nachweislich allgemein übliche Abkürzungsschreibweise für den Grad "doktor pràv" dar.

Bereits die vom Kläger vorgelegten Dokumente lassen eine nachweislich allgemeine Üblichkeit der Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik nicht erkennen.

Das vom Kläger eingereichte Schreiben des Ministeriums für Schulwesen der Slowakischen Republik vom 14. Januar 2004 - unterzeichnet vom Direktor der Rechtsabteilung, Herrn "JUDr. Juraj Aresta" - enthält folgende Mitteilung:

"Im Sinne des Gesetzes Nr. 131/2002 d. Smlg. über die Hochschulen wird im § 110 die Verwendung der Titel geregelt. Die Verwendung eines Doktortitels ist nach diesem Paragraphen in der slowakischen Abkürzungsform, aber auch in der Form "Dr." entsprechend."

Die Richtigkeit dieser Aussage unterstellt, würde es sich bei der Form "Dr." gerade nicht um die slowakische - d.h. die in der Slowakei übliche - Abkürzungsform handeln, welcher der Verfasser die Abkürzung "Dr." mit den Worten "aber auch" gegenüberstellt. Zudem entbehrt die Aussage des Verfassers jeglicher Grundlage in der zitierten Vorschrift. § 110 Abs. 3 Satz 1 des in slowakischer Originalfassung

- das slowakische Gesetzblatt ist unter http://www.zbierka.sk im Internet einsehbar, wo ebenso wie beim Online-Angebot zum tschechischen Gesetzblatt (http://aplikace.mvcr.cz/sbirkazakonu) auch Jahrgänge aus der Zeit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR) und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik (CSFR) enthalten sind (letzter Aufruf jeweils: 27. Juli 2011) -

und englischer Übersetzung,

vgl. http://www.astu.tuke.sk/dokumenty/L_131.pdf (letzter Aufruf: 27. Juli 2011),

vorliegenden slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 stellt ausweislich der Überschrift ("Prechodné ustanoveni" bzw. "Transitional Provisions") des entsprechenden Gesetzesabschnitts (Teil 13, Kapitel 2) eine Übergangsvorschrift dar und bezieht sich auf Inhaber des wissenschaftlichen Grades ("vedeckà hodnost") "kandidàt vied", auf Inhaber des akademischwissenschaftlichen Titels ("akademickovedecký titul") "doktor" und Inhaber des wissenschaftlichakademischen Grades ("vedeckoakademickà hodnost") "philosophiae doctor", die den jeweiligen Grad nach den vor Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 131/2002 bestehenden Regelungen ("doterajších predpisov" bzw. "current regulations") erlangt haben. Dies geht, ohne dass es der Einholung einer Übersetzung in die deutsche Sprache bedarf, eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift hervor:

"Absolventi vedeckej prípravy, ktorým bola podla predchàdzajúcich predpisov udelenà vedeckà hodnost "kandidàt vied" alebo ktorým bol priznaný podla doterajších predpisov akademickovedecký titul "doktor" a vedeckoakademickà hodnost "philosophiae doctor", sú opràvnení používat akademický titul "doktor" podla § 54 ods. 15."

"Graduates of supervised research who were awarded pursuant to the current regulations the scientific degree of "kandidàt vied" or, pursuant to the current regulations, the academicscientific degree of "doctor" and scientificacademic degree of "philosophiae doctor", shall be entitled to use the academic degree of "doctor" pursuant to Section 54, Clause 15."

Dementsprechend ist eine Anwendung für den auf Grundlage von § 53 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 erworbenen Hochschultitel ("akademický titul") "doktor pràv" ausgeschlossen. Aber auch hinsichtlich der zugelassenen und demnach womöglich auch üblichen Führung des nach früheren Bestimmungen erworbenen Grades bzw. Titels "doktor pràv" gibt § 110 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes Nr. 131/2002 nichts für die Aussage des Verfassers des Schreibens vom 14. Januar 2004 her.

Die sogenannten "Hochschultitel" ("vysoké školy tituly") bzw. "Titel" ("tituly") wie z.B. "doktor pràv" (abgekürzt "JUDr.") wurden in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR) mit § 14 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 19/1966 über das Hochschulwesen - als Kompromiss zum 1950 eingeführten sowjetisch motivierten System des Postgraduiertenstudiums mit den ausschließlich vorgesehenen und zentralistisch vergebenen Graden "kandidàt vied" (abgekürzt "CSc.") und "doktor vied" (abgekürzt "DrSc.") - eingeführt und mit § 44 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 39/1980 - mit noch geringeren Leistungsanforderungen - zunächst beibehaltenen.

Vgl. zu den Hochschuldoktortiteln der Jahre 1966 bis 1989 auch: Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen - (KMK-ZAB), Das Hochschulsystem in der Tschechoslowakei, Nr. 2.3; in: KMK-ZAB, Ausländische Hochschulsysteme - Darstellungen und Vergleichsempfehlungen, Band I, Bonn 1989.

Im Gesetz Nr. 172/1990 über das Hochschulwesen vom 4. Mai 1990, mit welchem in der Zeit der damaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik (CSFR) anstelle des bisherigen sowjetischen Systems des Postgraduiertenstudiums (CSc. Und DrSc.) in § 22 ein mit dem akademischwissenschaftlichen Titel "Doktor" ("akademickovedecký titul ‚doktor'"; abgekürzt "Dr.") abschließendes Postgraduiertenstudium ("Postgraduàlne štúdium" bzw. "Postgraduate Studies") eingeführt worden war, waren die Hochschuldoktortitel sodann - abgesehen von den medizinischen ("MUDr.") und veterinärmedizinischen ("MVDr.") Titeln - nicht mehr vorgesehen. Ausdrücklich wurden sie nach Teilung der CSFR in der Slowakischen Republik wieder durch Gesetz Nr. 324/1996 vom 23. Oktober 1996 in § 21 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 172/1990 unter der Bezeichnung "akademický titul" eingeführt, während anstelle des "akademickovedecký titul ‚doktor'" (abgekürzt "Dr.") der in einem Doktorandenstudium ("Doktorandské štúdium") zu erwerbende wissenschaftlichakademische Grad ("vedeckoakademickú hodnost) des "philosophiae doctor" ("PhD.") nach angelsächsischem Vorbild - bzw. in künstlerischen Fachrichtungen durch den Grad des "artis doctor" ("ArtD.") - eingeführt wurde.

Vgl. § 22a des Gesetzes Nr. 172/1990 in der Fassung des Gesetzes Nr. 324/1996.

Soweit in § 110 Abs. 3 Satz 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 nunmehr vom akademischwissenschaftlichen Titel ("akademickovedecký titul") "doktor" die Rede ist, bezieht sich dies somit ersichtlich auf den im tschechoslowakischen Gebiet nach dem zweiten Weltkrieg erstmals mit dem Gesetz Nr. 172/1990 in § 22 für Postgraduiertenstudiengänge eingeführten und mit Gesetz Nr. 324/1996 wieder abgeschafften "akademickovedecký titul ‚doktor'" (abgekürzt "Dr."), der seither in der Slowakischen Republik nicht mehr verliehen wurde.

Vgl. auch die Ausführungen ANABIN zum Abschlusstyp "Doktor" in der Slowakischen Republik.

Dementsprechend wird der in § 110 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes Nr. 131/2002 genannte "akademickovedecký titul‚ doktor'" auch in einem Atemzug genannt mit dem Grad "philosophiae doctor" ("PhD.")

- gemäß den §§ 22 ff. des Gesetzes Nr. 172/1990 in der Fassung des Gesetzes Nr. 324/1996 als bisherigen Regelungen im Sinne von § 110 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes Nr. 131/2002 ("doterajších predpisov" bzw. "current regulations") -

und dem wissenschaftlichen Grad ("vedeckà hodnost" bzw. "scientific degree") "kandidàt vied" (CSc.)

- gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des noch aus sowjetisch geprägter Zeit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik (CSSR) stammenden Gesetzes Nr. 53/1964 in Verbindung mit dem Dekret der slowakischen Kommission für Wissenschaftliche Abschlüsse Nr. 65/1977, geändert durch das Dekret Nr. 302/1990 (Vyhlàška Slovenskej komisie pre vedecké hodnosti c. 65/1977 Zb. v znení vyhlàšky c. 302/1990 Zb.), als in amtlicher Fußnote Nr. 51 zu § 110 des Gesetzes Nr. 131/2002 benannter "bisheriger Regelung" -.

Dass neben diesen nach den "bisherigen Regelungen" verliehenen Doktorgraden gemäß § 110 Abs. 3 Satz 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 auch die bereits zuvor bis 1990 in der CSSR existierenden Hochschultitel ("vysoké školy tituly") wie "doktor pràv" ebenfalls als "‚doktor' nach § 54 Abs. 15" ("‚doktor' podla § 54 ods. 15"), d.h. als "akademický titul ‚doktor' (‚philosophiae doctor' [...] PhD. [...])" i.S.v. § 54 Abs. 15 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 führbar sein sollten, ist daher bereits aufgrund der gewählten Begrifflichkeiten abwegig. Demnach kann weder die im Hinblick auf vorangegangene Regelungen erlassene Übergangsvorschrift des § 110 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 noch das hierauf gestützte Schreiben vom 14. Januar 2004 eine relevante Aussage über die Üblichkeit von Abkürzungsformen für die nach Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 131/2002 in der Slowakei erworbenen akademischen Grade hergeben.

Auch aus den vom Kläger vorgelegten Schreiben des Pro- bzw. Vizedekans der Juristischen Fakultät der D. -Universität Bratislava, Herrn "Prof. JUDr. M. D1. , CSc." vom 19. Oktober 2004 und vom 1. Juni 2006 sowie aus dem von Herrn "Prof. JUDr. M. D1. , CSc." und Herrn "Prof. JUDr. N2. Q. , CSc." unterzeichneten "Gutachten" vom 22. November 2005 ergibt sich keine Allgemeinüblichkeit der Abkürzung "Dr." in der Slowakischen Republik. Soweit hierin geäußert wird, dass die "Benutzung des Titels Doktor von Inhabern von Doktortiteln in der täglichen Praxis [...] nicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Slowakischen Republik" stehe bzw. dass der "Hochschuldoktorgrad ‚doktor pràv' in der Slowakei neben der Langform als ‚JUDr.' auch allgemein zugelassen und rechtmäßig in der Kurzform ‚Dr.' geführt" werde, besagt dies nichts über die nachweislich allgemein übliche Abkürzungsform des Grades "doktor pràv". Hierfür ist es nämlich zunächst unerheblich, ob - die Richtigkeit der Aussage in den vorgelegten Dokumenten unterstellt - die Benutzung "des Titels Doktor" bzw. das Führen "der Kurzform Dr." in der Slowakei zugelassen wird und rechtmäßig ist. Selbst wenn die Slowakische Republik das Verwenden von Abkürzungen, die von der Verleihungsurkunde und den gesetzlichen Vorgaben abweichen, nicht verbieten oder unter Strafe stellen sollte, folgt daraus nach den obigen Ausführungen keine nachweisliche Allgemeinüblichkeit im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 HG. Denn nicht jedes in einem Land unter Umständen geduldete Verhalten ist begrifflich zwingend auch allgemein üblich, erst recht nicht nachweislich allgemein üblich. Auch wenn entsprechend der Aussage des Gutachtens vom 22. November 2005 in der Slowakischen Republik "in der üblichen Praxis [...] oft die verkürzte Form von ‚Doktor - Dr.' benutzt" werden sollte, würde hieraus keine nachweislich allgemeine Üblichkeit im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG folgen. Eine "in der üblichen Praxis [...] oft" benutzte verkürzte Form ist eben nicht zwangsläufig "die [...] nachweislich allgemein übliche" Abkürzung im Herkunftsland, die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG geführt werden darf. Zudem ist zu beachten, dass es sich bei den Dokumenten nicht um offizielle staatliche Auskünfte der Slowakischen Republik, sondern um Äußerungen von Mitgliedern einer slowakischen Hochschule handelt, die überdies durch Verträge mit Bewerbern aus dem europäischen Ausland über die Absolvierung einer Doktorprüfung gemäß § 53 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 aufgrund der Zahlung vierstelliger EUR-Beträge finanziell erheblich davon profitiert, wenn der von ihr verliehene Grad im Ausland in einer dort begehrteren Form geführt werden könnte.

In dem vom Kläger eingereichten Schreiben der Botschaft der Slowakischen Republik in Berlin vom 28. Oktober 2005 wird zwar die Aussage getroffen, "dass die Benutzung der Abkürzung des akademischen Titels [...] JUDr. [...] als dr. bzw. Dr. + Name in der Slowakei üblich ist und der Inhaber des Titels damit keine Ordnungswidrigkeit begeht". Jedoch ist auch hiermit, zumal der Schwerpunkt der Mitteilung ebenfalls auf der Ordnungswidrigkeit des Verwendens alternativer Abkürzungen liegt, keine Aussage über die nachweislich allgemeine Üblichkeit dieser Abkürzungsform im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG getroffen. Zudem ist nicht ersichtlich, inwieweit der unterzeichnende Konsul zu einer entsprechenden Aussage überhaupt befähigt und befugt ist.

Auch die vom Kläger eingereichte Stellungnahme des Vorsitzenden des Verfassungsausschusses des Nationalrats der Slowakischen Republik, Herrn "Prof. JUDr. N. N1. , CSc., Dr. h.c.", vom 10. Juni 2010 trifft keine Aussage konkret zur in der Slowakischen Republik "nachweislich allgemein üblichen" Abkürzungsschreibweise für den Grad "doktor pràv", sondern erschöpft sich in Ausführungen lediglich zur gängigen Praxis bei der verbalen Kommunikation. Denn der Verfasser des Schreibens erklärt, ohne zu bezeichnen, wie der akademische Grad üblicherweise abgekürzt wird, eine in der Slowakei eventuell bestehende "Gepflogenheit", den Titel "JUDr." "bei der Kommunikation mit Klienten oder auch beim Kontakt mit staatlichen Organen" abzukürzen, damit, dass niemand mit "Herr Doktor der Rechtswissenschaften", sondern mit "Herr Doktor" angesprochen werde. Dass es jedoch für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen, die Führung der Abkürzung "Dr." untersagenden Verfügung des Beklagten - wie grundsätzlich auch sonst im Rahmen von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG - auf die geschriebene Abkürzungsform ankommt, wurde oben bereits erläutert.

Soweit der Kläger eine in der Slowakischen Republik nachweislich allgemeine Üblichkeit der Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" aus der Aufstellung der deutschen Botschaft in Bratislava über deutschsprachige Rechtsanwälte herleiten will, geht dies ebenfalls fehl. Zum einen ist die Anwaltsliste nicht von einer slowakischen Behörde, sondern eben von der deutschen Botschaft herausgegeben worden, so dass hieraus nur schwerlich eine Aussage über die Üblichkeit der Abkürzungen in der Slowakei folgen kann. Zum anderen verwenden die in dieser Anwaltsliste mit der Abkürzung "Dr." geführten und vom Kläger als "JUDr." bezeichneten Rechtsanwälte auf der jeweiligen Kanzlei-Homepage, soweit eine solche von der Kammer ermittelt werden konnte, die Abkürzung "JUDr." und eben nicht "Dr.".

Vgl. http://www.brichta.sk (JUDr. K. C. und JUDr. U. C1. ), http://www.dedak.com (E. T. [JUDr.]), http://www.dlmu.sk (JUDr.

T1. E1. , JUDr. K1. N. , JUDr. A. M. und JUDr. M1.

V. ), http://www.bep.sk (JUDr. Q. F. ), http://www.havlat.sk

(JUDr. K2. I. ), http://www.rccms.sk (JUDr. K3. S. , PhD.), http://www.schweighofer.sk (JUDr. M2. T2. ), http://www.proiuris.sk (JUDr. E2. W. ) (letzter Aufruf jeweils:

27. Juli 2011).

Wenn die von der deutschen Botschaft herausgegebene Anwaltsliste gleichwohl die meisten Inhaber des Grades "doktor pràv" mit "Dr." bezeichnet, so muss dies demnach darauf zurückgeführt werden, dass entweder die sich bei der Botschaft meldenden Anwälte oder der aufnehmende Sachbearbeiter eine für deutsche Staatsbürger verständliche "Übersetzung" der Abkürzung "JUDr." verwenden wollten bzw. - irrig - davon ausgingen, dass es sich um einen identischen Grad handele.

Die vom Kläger eingereichte englischsprachige Visitenkarte des Herrn "Prof. Dr. N2. Q. " kann schließlich ebenfalls kein Indiz für eine nachweisliche Allgemeinüblichkeit der Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik darstellen. Denn aufgrund der englischen Schreibweise handelt es sich zum einen um eine Visitenkarte, die gegenüber englischsprachigen Personen, also außerhalb der Slowakischen Republik Verwendung finden soll und demnach nichts zur Üblichkeit der Führung im Umgang mit slowakischsprachigen Personen auf slowakischem Gebiet aussagt. Zum anderen ist Herr Prof. Q. ausweislich des von ihm mitunterzeichneten "Gutachtens" vom 22. November 2005 nicht nur Inhaber des mit "JUDr." abgekürzten Hochschultitel "doktor pràv", sondern auch des mit "CSc." abgekürzten Kandidatengrades ("candidatus scientiarum" bzw. "kandidat ved"), der zuletzt während des Bestehens CSSR bis zur Einführung des Doktorgrades "Dr." durch Gesetz Nr. 172/1990 und des Doktorgrades "PhD." durch Gesetz Nr. 324/1996 vergeben wurde und gemäß § 110 Abs. 3 Satz 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 als "doktor" gemäß § 54 Abs. 15 des Gesetzes geführt werden kann. Demnach ist die Verwendung der Abkürzung "Dr." auf der Visitenkarte nicht als Abkürzung für den Hochschuldoktortitel "doktor pràv", sondern vielmehr für den höherwertigen Kandidatengrad zu sehen, der auf der Visitenkarte in seiner Originalform nicht erwähnt ist. Hätte Herr Prof. Q. die Abkürzung "Dr." anstelle von "JUDr." verwenden wollen, hätte er sicherlich nicht auf die Angabe des Grades "CSc." oder eines Pendants hierfür (z.B. eines zweiten "Dr." oder eines "PhD.") verzichtet.

Die tschechoslowakischen Kandidatengrade, die entsprechend den obigen Ausführungen gemäß § 110 Abs. 3 Satz 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 wie der Doktorgrad "PhD." (§ 54 Abs. 15) geführt werden dürfen, nehmen bildungssystematisch einen ähnlichen Rang wie deutsche Doktorgrade ein,

vgl. KMK-ZAB, Ausländische Bildungssysteme, Tschechoslowakei, Nr. 4.3, S. 6, sowie die Ausführungen in ANABIN zum Abschlusstyp "kandidat vied"/ "CSc." in der Slowakischen Republik sowie zu diesbezüglichen Äquivalenzen,

so dass ihre Gleichwertigkeit zu einem materiellen Doktorgrad der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation anerkannt ist.

Vgl. Art. 7 Abs. 1 des am 12. Dezember 2003 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Slowakischen Republik über die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23.11.2001 (im Folgenden: deutschslowakisches Äquivalenzabkommen), verkündet am 14. April 2004, Bundesgesetzblatt (BGBl.) II S. 488, für den anstelle des "CSc."-Grades in der Slowakischen Republik eingeführten Doktorgrad "PhD."; vgl. konkret zum tschechoslowakischen "CSc." auch Art. 6 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechischen Republik über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten von Bildungsnachweisen im Hochschulbereich vom 23. März 2007 (deutschtschechisches Äquivalenzabkommen), verkündet am 26. Januar 2009, BGBl. II S. 158.

Nachdem die vom Kläger eingereichten Dokumente nicht die nachweislich allgemeine Üblichkeit der Verwendung der geschriebenen Abkürzung "Dr." für den Grad "doktor pràv" in der Slowakischen Republik ergeben, ist der gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG erforderliche Nachweis der Allgemeinüblichkeit der Abkürzung "Dr." in der Slowakischen Republik für den Grad "doktor pràv" auch unter Berücksichtigung weiterer Erkenntnisse, die das Gericht im Rahmen seiner Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsermittlung (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) heranzieht, nicht zu führen; vielmehr sprechen die weiteren Erkenntnisse gegen eine solche Üblichkeit.

So äußerte das Ministerium für Schulwesen, Wissenschaft, Forschung und Sport der Slowakischen Republik gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2010, "dass die Abkürzung des akademischen Titels ‚doktor pràv' [...] durch das Gesetz Nr. 131/2002 [...] festgelegt ist, und zwar in der Form ‚JUDr.'". Auch wenn hiermit keine ausdrückliche Aussage über Üblichkeiten in der Slowakischen Republik getroffen wird, so hat das slowakische Ministerium jedenfalls mit den folgenden Ausführungen doch erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass es keine Allgemeinüblichkeit der Abkürzungsalternative "Dr." auf seinem Staatsgebiet sieht:

"Die slowakischen allgemein verbindlichen Rechtsvorschriften regeln keine Abkürzungsalternativen zu akademischen Titeln und deswegen drückt eine andere Abkürzung nicht den akademischen Titel aus, der einer Person verliehen wurde."

Dies folgt insbesondere auch aus der diesem Schreiben zugrunde liegenden Fragestellung des Beklagten gemäß Schreiben vom 16. März 2010:

"[...]

4. Ist es in der Slowakei allgemein üblich, dass jemand, der den Grad "doktor pràv" hat, sich selbst als "Dr." bezeichnet€"

Aufgrund dieser ausdrücklichen Fragestellung ist die vom Kläger mit Schriftsatz vom 30. August 2010 erhobene Einwendung, dass in nicht korrekter Weise nur nach der Zulässigkeit, nicht aber nach der Üblichkeit der Abkürzung "Dr." gefragt worden sei, ersichtlich unzutreffend.

Weiterhin ergibt sich auch aus einer im Rahmen des vor dem VG Düsseldorf geführten Verfahrens 15 K 3040/09 im Wege der Amtshilfe über die Deutsche Botschaft in der Slowakischen Republik eingeholten amtlichen Auskunft (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO) des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2010, dass die Abkürzung "Dr." für den in der Slowakei in der Fachrichtung Recht erworbenen Doktortitel "doktor pràv" [...] im Herkunftsland Slowakei nicht allgemein üblich" ist. Diese Auskunft hat die Kammer auch zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht. Die Einwände, die der Kläger gegen die Verwertung dieses amtlichen Schreibens erhebt, sind nicht durchgreifend. Soweit der Kläger rügt, dass aus dem Schreiben des Auswärtigen Amtes nicht hervorgehe, von wem im slowakischen Schulministerium die zugrunde liegenden Angaben stammen, hat das Auswärtige Amt mit einem - vom Kläger selbst in Kopie eingereichten - Schreiben vom 20. Januar 2011 ergänzt, dass die zugrunde liegenden Auskünfte von Herrn K.1.. K...i... aus der Abteilung für Hochschulen im slowakischen Bildungsministerium stammen und per Email am 8. Dezember 2010 an die Deutsche Botschaft in Bratislava übersandt wurden, wo sie aktenkundig sind. Soweit der Kläger sich diesbezüglich Einwendungen des Klägers des Verfahrens 15 K 3040/09 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf zu eigen macht, greifen diese nicht durch. Die Zweifel an der Befugnis des genannten Mitarbeiters des slowakischen Ministeriums sind offenkundig ins Blaue hinein ohne jeglichen Anhaltspunkt dafür, dass die - mittelbar über das Auswärtige Amt - von einem deutschen Gericht mit einer amtlichen Auskunft (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beauftragte Deutsche Botschaft zur Bearbeitung dieser Auskunft von einem hierzu nicht ermächtigten Mitarbeiter des Ministeriums eingeholt haben sollte, geäußert und bieten daher keinen Anlass, den offiziellen Aussagegehalt der amtlichen Auskunft in Frage zu stellen. Zudem handelt es sich ausweislich der Homepage des slowakischen Schulministeriums bei dem benannten Verfasser der Antwort aus dem slowakischen Schulministerium, Herrn K.z.. K...o..., um den Direktor ("riaditel") der Abteilung für höhere Bildung ("odbor vysokoškolského vzdelàvania") in der Sektion Hochschulen ("Sekcia vysokých škôl").

Vgl. nur http://www.minedu.sk/index.php€lang=sk&rootId=250 oder auch http://www.minedu.sk/index.php€lang=sk&rootId=7257 (letzter Aufruf jeweils: 27. Juli 2011).

Soweit in dem Schreiben vom 20. Januar 2011 der Name "K...i..." geschrieben wurde, handelt es sich offenkundig um einen Schreibfehler. Denn der Name K...i... kommt ausweislich einer auf slowakische Domains beschränkten Google-Abfrage (Abfrage: 27. Juli 2011) in der Slowakischen Republik nicht vor (Suchergebnis: "Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage - K...i... site:.sk - übereinstimmenden Dokumente gefunden.").

Aufgrund der Stellungnahmen des slowakischen Schulministeriums vom 7. Juli 2010 und des Auswärtigen Amtes vom 13. Dezember 2010 ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei der geschriebenen Abkürzung "Dr." nicht um eine in der Slowakischen Republik nachweislich allgemein übliche Abkürzungsschreibweise im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG für den Grad "doktor pràv" handelt, erst recht nicht um "die" (eine) gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG allgemein übliche Abkürzungsform.

Dies wird auch bestätigt durch den weiteren Aussagegehalt des Schreibens des Auswärtigen Amtes vom 20. Januar 2011, wonach Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Bratislava Schilder von Rechtsanwaltskanzleien in Augenschein genommen haben und hierbei "ausschließlich das Führen des slowakischen juristischen Doktorgrades ‚doktor pràv' in der in der Slowakei gesetzlich vorgeschriebenen Form ‚JUDr.'" festgestellt haben. Anhaltspunkte, die begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser Auskunft aufkommen lassen, vermag der Kläger ebenfalls nicht zu nennen. Die bloße Rüge, dass gefertigte Fotos nicht mit der Auskunft des Auswärtigen Amtes vorgelegt seien und dass der Botschafter wohl kaum selbst solche Aufnahmen gemacht habe, ist untauglich, Zweifel an der Richtigkeit der amtlichen Auskunft zu begründen. Dass der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland selbst Fotos aufgenommen habe, wird in den Schreiben des Auswärtigen Amtes an keiner Stelle behauptet und ist auch nicht erforderlich. Soweit der Kläger die Repräsentativität der gefertigten Fotografien anzweifelt, vermag dies nicht die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Aussage zu erschüttern. Denn der vom Auswärtigen Amt geäußerte Befund hinsichtlich der Praxisschilder von Rechtsanwaltskanzleien deckt sich mit dem Befund, der sich der Kammer bei Betrachtung der Internetauftritte der auf der Anwaltsliste der Deutschen Botschaft als "Dr." bezeichneten Rechtsanwälte gezeigt hat (s.o.). Auch im Internet wurde keine Homepage entdeckt, auf der sich ein slowakischer Rechtsanwalt, der Inhaber des Grades "doktor pràv" ist, mit "Dr." abkürzt.

Selbst wenn durch weitere Ermittlungen, z.B. die Einholung von Fotografien oder Aussagen über weitere Kanzleischilder oder die Betrachtung weiterer Internetauftritte von Rechtsanwälten in der Slowakei, vereinzelt ein Inhaber des Grades "doktor pràv" finden sollte, der sich beim Auftritt in der Slowakischen Republik mit "Dr." abkürzt, würde dies aufgrund der bisherigen Erkenntnisse bei weitem nicht geeignet sein, die gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG erforderliche allgemeine Üblichkeit der Abkürzungsform "Dr." für den Grad "doktor pràv" nachweislich zu belegen.

Die Kammer hält den Sachverhalt nach alledem hinsichtlich der Üblichkeit der Abkürzungsform "Dr." für ausreichend im Sinne von § 86 Abs. 1 VwGO erforscht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG bei Bestehen einer gesetzlich zugelassenen Abkürzungsform auch die Möglichkeit weiterer allgemein üblicher Abkürzungsformen erfasst, kommt die Kammer daher nach ihrer freien richterlichen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO) zu dem Ergebnis, dass die Abkürzung "Dr." keine nachweislich allgemein übliche Abkürzung in der Slowakei für den Grad "doktor pràv" und erst recht nicht "die" nachweislich allgemein übliche Abkürzung im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG darstellt. Eine weitere Klärungsbedürftigkeit des Sachverhalts besteht zur Überzeugung der Kammer diesbezüglich nicht.

Demnach steht auch der mit Schriftsatz vom 12. Januar 2011 gestellte Antrag des Klägers einer Entscheidung der Kammer nicht entgegen. Soweit der Kläger bezüglich der Üblichkeit von Abkürzungsformen beantragt hat, eine Stellungnahme des slowakischen Schulministeriums zu den von ihm vorgelegten Schreiben der Juristischen Fakultät der D. -Universität Bratislava, der Botschaft der Slowakischen Republik, des Verfassungsausschusses des Nationalrates sowie zur Visitenkarte des Prof. Dr. Q. einzuholen, musste dem nicht nachgekommen werden. Das Gericht ist gemäß § 86 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten gebunden. Bei dem mit Schriftsatz vom 12. Januar 2011 gestellten Antrag des Klägers auf Einholung einer Stellungnahme des slowakischen Schulministeriums zu den vom Kläger eingereichten Dokumenten handelt es sich bereits nicht um einen hinreichend bestimmten und substantiierten Beweisantrag, da er keine bestimmte Tatsache und kein klares Beweisthema benennt. Der Kläger trägt nicht vor, welche entscheidungserhebliche Aussage das slowakische Schulministerium neben der bereits gegenüber der Deutschen Botschaft für die Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes getätigten Auskunft noch treffen soll. Welches Ergebnis der Kläger von einer Stellungnahme des slowakischen Ministeriums zu den vom ihm vorgelegten Dokumenten noch erwartet, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger die Richtigkeit der in den vorgelegten Unterlagen getroffenen Aussagen unter Beweis stellen möchte, ist dies für die Entscheidung in der Sache zudem unerheblich, da nach den obigen Ausführungen sämtliche Dokumente - selbst, wenn man ihre Richtigkeit unterstellt - nichts für eine nachweisliche Allgemeinüblichkeit der schriftlichen Abkürzung "Dr." in der Slowakei im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG hergeben. Dementsprechend ist auch unerheblich, warum das Schulministerium der slowakischen Republik - wie der Kläger gemäß Schriftsatz vom 4. April 2011 geklärt wissen möchte - die von ihm vorgelegten Dokumente "schlicht ignoriert". Ferner musste die Kammer auch nicht dem weiteren Antrag des Klägers auf Einholung einer Auskunft des slowakischen Schulministeriums oder des Verfassungsausschusses zur Frage der Echtheit des Schreibens des Verfassungsausschusses vom 10. Juni 2010 nachgehen, da auch dieses Schreiben nichts für eine nachweisliche Allgemeinüblichkeit der schriftlichen Abkürzung "Dr." in der Slowakei im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 HG hergibt.

3. Die Führung der Abkürzung "Dr." entspricht auch nicht der in § 69 Abs. 5 HG vorgesehenen Grad- und Titelführung. In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass, soweit Vereinbarungen und Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich und Vereinbarungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland die Betroffenen gegenüber den Absätzen 2 bis 4 des § 69 HG begünstigen, diese Regelungen vorgehen. Derartige begünstigende Regelungen zugunsten des Klägers finden sich aber weder in Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit der Slowakischen Republik (a) noch in den als Vereinbarungen der Länder zu beachtenden Beschlüssen der Kultusministerkonferenz vom 14. April 2000 einerseits (b) und vom 21. September 2001 andererseits (c).

a) Eine begünstigende Regelung i.S.d. § 69 Abs. 5 HG findet sich nicht in dem deutschslowakischen Äquivalenzabkommen vom 23. November 2001. Unabhängig davon, dass diese Abkommen durch den zum 1. Mai 2004 erfolgten Beitritt der Slowakischen Republik zur Europäischen Union aufgrund Art. 351 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (ehemals Art. 307 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [EGV]), wonach Rechte und Pflichten aus zum Zeitpunkt des Beitritts eines Mitgliedsstaates bestehenden Übereinkünften grundsätzlich unberührt bleiben, nicht gegenstandslos geworden sind,

vgl. insoweit auch OLG Bamberg, Urteil vom 25. Mai 2011 - 3 U 7/11 -, juris, Rn. 45,

ist der Kläger aufgrund dieses Äquivalenzabkommens nicht befugt, die Abkürzung "Dr." zu führen. Das Abkommen sieht nämlich in Artikel 6 Abs. 1 vor, dass der Grad des "doktor pràv" in der Bundesrepublik in der Form geführt werden darf, in der er verliehen wurde; als Abkürzung ist hierbei "JUDr." angegeben. Eine begünstigende Regelung dahingehend, dass anstelle der in der Slowakischen Republik verliehenen Form die deutsche Abkürzung "Dr." geführt werden darf, sieht Art. 7 Abs. 1 des Äquivalenzabkommens lediglich für die Ebene der slowakischen Grade "philosophiae doctor (PhD.)" und "artis doctor (ArtD.)" vor.

Vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 17. September 2009 - 5 ZB 08.838 -,

juris, Rn. 9; OLG des Landes Sachsen-Anhalt (LSA), Urteil vom 27. Oktober 2010 - 5 U 91/10 -, juris, Rn. 36; VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011

- 1 K 1638/10 -, juris, Rn. 21; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Mai 2011

- 3 U 7/11 -, juris, Rn. 43 und 46.

b) Der weiterhin geltende KMK-Beschluss vom 14. April 2000 ("Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen") stellt zum eine keine gegenüber § 69 Abs. 2 bis 4 HG begünstigende und somit unmittelbar geltende Regelung im Sinne von § 69 Abs. 5 HG dar, da in § 69 Abs. 2 bis 4 HG die Regelungen der Ziffern 1 bis 3 des KMK-Beschlusses vom 14. April 2000 zwar mit modifiziertem Text, aber ohne hier relevante inhaltliche Änderungen übernommen worden sind; die Ziffern 4 und 5 des KMK-Beschlusses sind in § 69 Abs. 6 und 7 HG eingeflossen. Zum anderen berechtigt die allein in Betracht kommende Regelung in Ziffer 1 des KMK-Beschlusses entsprechend den Ausführungen zu § 69 Abs. 2 HG den Kläger nicht zum Führen der Abkürzung "Dr.", da diese weder die verliehene Form des Grades "doktor pràv", noch die im Herkunftsland zugelassene oder nachweislich übliche Abkürzung darstellt.

c) Eine den Kläger begünstigende Regelung im Sinne von § 69 Abs. 5 HG findet sich auch nicht in dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001 ("Vereinbarung der Länder in der Bundesrepublik Deutschland über begünstigende Regelungen gemäß Ziffer 4 der ‚Grundsätze für die Regelung der Führung ausländischer Hochschulgrade im Sinne einer gesetzlichen Allgemeingenehmigung durch einheitliche gesetzliche Bestimmungen vom 14.04.2000'"). Gemäß Ziffer 2 Satz 1 dieses über § 69 Abs. 5 HG in der jeweils aktuellen Fassung unmittelbar anwendbaren Beschlusses - hier in der mittlerweile maßgeblichen Fassung vom 15. Mai 2008 (n.F.) - können Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) sowie am Europäischen Hochschulinstitut Florenz und den Päpstlichen Hochschulen erworben wurden, anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung wahlweise die Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Dies gilt gemäß Ziffer 2 Satz 2 des Beschlusses nicht für Doktorgrade, die als so genannte Berufsdoktorate ohne Promotionsstudien und -verfahren vergeben werden (Variante 1) und - jedenfalls seit Änderung des Beschluss-Wortlauts durch KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 - für Doktorgrade, die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind (Variante 2).

Unabhängig davon, ob es sich bei dem vom Kläger erworbenen Grad "doktor pràv" gemäß Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 um einen in einem "wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgrad" handelt,

vgl. hierzu verneinend BayVGH, Beschluss vom 17. September 2009 - 5 ZB 8.838 -, juris, Rn. 13; sowie OLG LSA, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 5 U 91/10 -, juris, Rn. 37; offen gelassen von OLG Köln, Urteil vom 8. Oktober 2010 - 6 U 109/10 -, juris, Rn. 3; VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011

- 1 K 1638/10 -, juris, Rn. 28; OLG Bamberg, Urteil vom 25. Mai 2011 - 3 U 7/11 -, juris, Rn. 66,

und ob dieser einen nicht in einem Promotionsstudium bzw. -verfahren (sog. Berufsdoktorat) vergebenen Grad darstellt, ist der Kläger gemäß Ziffer 2 Satz 2 Variante 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 n.F. nicht zur Führung der Abkürzung "Dr." berechtigt. Denn der Grad "doktor pràv" ist nach den rechtlichen Regelungen der Slowakischen Republik nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordnet. Als "Bologna-Klassifikation" wird dabei die Einteilung der Studien- und Forschungsabschlüsse bezeichnet, die im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses festgelegt worden ist. Mit der Gemeinsamen Erklärung der Europäischen Bildungsminister vom 19. Juni 1999 (Bologna-Erklärung) haben sich die unterzeichnenden Staaten - darunter auch die Slowakische Republik - auf die Schaffung eines Europäischen Hochschulraums (EHR) - englisch: European Higher Education Area (EHEA) - bis zum Jahr 2010 verständigt. Während dieses Prozesses ist ein Qualifikationsrahmen für den EHR ("Framework of Qualifications for the European Higher Education Area") entwickelt worden, der anlässlich der Bologna-Nachfolgekonferenz der für die Hochschulen zuständigen europäischen Ministerinnen und Minister vom 19. bis 20. Mai 2005 in Bergen von den beteiligten Staaten angenommen worden ist.

Vgl. insoweit das Kommuniqué zur Nachfolgekonferenz vom 19. und 20. Mai 2005 in Bergen; die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache ist abrufbar unter: http://www.bmbf.de/pubRD/bergen_kommunique_dt.pdf, die englische Originalfassung unter http://www.bolognabergen2005.no (letzter Aufruf jeweils: 27. Juli 2011)

Soweit der Kläger behauptet, der Bologna-Prozess sehe nicht drei, sondern lediglich zwei Stufen vor und nur dies sei vom slowakischen Hochschulgesetz Nr. 131/2002 umgesetzt worden, ist dies ersichtlich unzutreffend. Der Kläger hat zwar Recht, soweit er in der in Bologna-Erklärung vom 19. Juni 1999 nur die Verankerung eines zwei Hauptzyklen umfassenden Systems erkennt. Nachdem sich aber gezeigt hat, dass in den meisten beteiligten Staaten über der zweiten Master-Ebene eine höherrangige Doktoratsebene besteht, sind die Mitgliedsstaaten im Rahmen des weiteren, bis 2010 angesetzten Bologna-Prozesses bei der Nachfolgekonferenz der europäischen Hochschulministerinnen und -minister am 19. September 2003 in Berlin übereingekommen, "über die gegenwärtige Beschränkung auf die zwei Hauptzyklen der Hochschulbildung hinauszugehen und die Doktorandenausbildung als dritten Zyklus in den Bologna-Prozess einzubeziehen."

Vgl. insoweit das Kommuniqué zur Nachfolgekonferenz vom 19. September 2003 in Berlin; die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vorgenommene Übersetzung in die deutsche Sprache ist abrufbar unter: http://www.bmbf.de/pubRD/berlin_communique.pdf, die englische Originalfassung unter http://www.bolognaberlin2003.de (letzter Aufruf jeweils: 27. Juli 2011); vgl. auch VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 1 K 1638/10 -, juris, Rn. 29.

Die Einbeziehung dieses dritten Zyklus' der Doktorandenausbildung hat im Qualifikationsrahmen für den EHR, der auf der Nachfolgekonferenz in Bergen angenommen worden ist, Niederschlag gefunden. Diese Einteilung von Qualifikationen ist demnach in Anlehnung an die in vielen Mitgliedsstaaten schon bestehende Dreiteilung der Qualifikationsebenen - so auch im Hinblick auf die in § 2 Abs. 5 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 vorgenommene Unterscheidung zwischen einer ersten Ebene des Bachelor-Studiums (§ 52 Abs. 1), einer zweiten Ebene des Master- und Ingenieurstudiums sowie des - hier betroffenen - "doktorský študijný program" (§ 53 Abs. 1) und einer dritten Ebene des zum "PhD." führenden "doktorandský študijný program" (§ 54 Abs. 1) - erfolgt und entspricht der von den Ländern vorgenommenen Einordnung der Abschlüsse. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die am Bologna-Prozess beteiligten Staaten bei der Einbeziehung der Doktorandenausbildung als dritten Zyklus in den Bologna-Prozess von der Zyklen-Einteilung der einzelnen Staaten abweichen wollten und etwa eine auf staatlicher Ebene im zweiten Zyklus eingeordnete Qualifikation für den gemeinsamen Qualifikationsrahmen des EHR auf der dritten Ebene einordnen wollten.

Die sogenannte dritte Stufe ("third cycle qualification") des Qualifikationsrahmens des EHR umfasst nach der Formulierung des in der Konferenz in Bergen angenommenen Qualifikationsrahmens solche Abschlüsse, die Studierende erhalten, "who have demonstrated a systematic understanding of a field of study and mastery of skills and methods of research associated with that field; have demonstrated the ability to conceive, design, implement and adapt a substantial process of research with scholarly integrity; have made a contribution through original research that extends the frontier of knowledge by developing a substantial body of work, some of which merits national or international refereed publication; ...".

Vgl. The framework of qualifications for the European Higher Education Area, http://www.ehea.info/Uploads/QF/050520_Framework_qualifications.pdf (zter Aufruf: 27. Juli 2011).

Kernelement dieser in den meisten Ländern der Arbeitsbelastung eines drei- bis vierjährigen Vollzeitstudiums entsprechenden dritten Ebene des Doktorats ist die Förderung des Wissens durch originäre Forschung.

Vgl. insoweit das Kommuniqué zur Nachfolgekonferenz vom 19. und 20. Mai 2005 in Bergen, S. 4 der deutschen Übersetzung.

Dementsprechend wird auch in Nordrhein-Westfalen gemäß § 67 Abs. 1 und 2 HG von den Absolventen eine im Rahmen forschungsorientierter Studien (Abs. 2) mit einer wissenschaftlich beachtlichen Arbeit und weiteren Prüfungsleistungen festgestellte Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (Abs. 1) verlangt.

In der slowakischen Republik setzt lediglich der Grad "PhD." ein solches, der dritten Bologna-Ebene vergleichbares, schwerpunktmäßig auf Forschung (research) ausgerichtetes Anforderungsprofil voraus und ist dementsprechend gemäß § 54 Abs. 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 Slg als einziger Grad ausdrücklich der dritten slowakischen Qualifikationsebene zugeordnet. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 zielt die zum "PhD." führende Ausbildung auf "acquisition of knowledge based on current scientific and artistic knowledge and particularly at the student's own contribution to it as a result of a scientific research and independent creative activity in the field of science or technology or an independent theoretical and creative activity in the field of art".

Nicht dieser dritten Stufe entspricht hingegen das zum Erwerb des "doktor pràv" führende Studium, welches gemäß § 2 Abs. 5 Satz 5 und § 53 Abs. 1 und 8 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 ausdrücklich und zweifelsfrei - zusammen mit dem Master-Grad - der zweiten von drei Qualifikationsebenen zugeordnet ist. Der Schwerpunkt des Erwerbs des Grades "doktor pràv" liegt im Bereich der Wissensaneignung und -anwendung, nicht, wie in der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation vorausgesetzt, im Bereich der eigenständigen Forschung und des eigenständigen wissenschaftlichen Beitrags. Denn gemäß § 53 Absatz 9 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 ist das Ziel des zum Erwerb des Grades "doktor pràv" führenden Studiums wie folgt definiert:

"The examina rigorosa and the defence of a thesis are to demonstrate that on the basis of independent study the applicant has achieved deeper knowledge in its broader scope and is able to master the recent knowledge of science and practice, and use it in creative way in practice."

Die Voraussetzungen des Erwerbs des "doktor pràv" entsprechen damit eher den Voraussetzungen für die Abschlüsse der zweiten Stufe der Bologna-Klassifikation, die voraussetzt, deren Abschluss Studierende erreichen, "who have demonstrated knowledge and understanding that is founded upon and extends and/or enhances that typically associated with the first cycle, and that provides a basis or opportunity for originality in developing and/or applying ideas, often within a research context; can apply their knowledge and understanding, and problem solving abilities in new or unfamiliar environments within broader (or multidisciplinary) contexts related to their field of study;...".

Vgl. The framework of qualifications for the European Higher Education Area, http://www.ehea.info/Uploads/QF/050520_Framework_qualifications.pdf (letzter Aufruf: 27. Juli 2011).

Diese Bewertung wird bestätigt durch das deutschslowakische Äquivalenzabkommen vom 23. November 2001, dem jedenfalls entnommen werden kann, dass auch die Slowakische Republik zugestimmt hat, nicht von einer Gleichwertigkeit des "doktor pràv" mit dem - der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zuzuordnenden - deutschen Doktorgrad auszugehen. In dem in Artikel 7 des Abkommens enthaltenen Anerkennungsschema werden nämlich als gleichwertig zum deutschen Doktorgrad nur die Grade des "philosophiae doctor" ("PhD.") und des "artis doctor" ("ArtD.") aufgeführt. Zudem berechtigt nach Artikel 4 des Abkommens der Grad "doktor pràv" zur Promotion in der Bundesrepublik Deutschland, ist also Zugangsvoraussetzung zur Promotion und nicht dieser gleichzusetzen. Auch durch die fachkundige Bewertung der ZAB in der Datenbank ANABIN wird deutlich, dass in der Slowakischen Republik erst der Grad "PhD." der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation (Bachelor - Master - Doktor) zugeordnet ist.

Vgl. auch VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 1 K 1638/10 - Rn. 29 f..

Gegen diese Bewertung spricht auch nicht der vom Kläger im vorgerichtlichen Schriftwechsel mit dem Beklagten übersandte Auszug aus dem Bildungsbericht der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2005. Die OECD geht nämlich in den aktuelleren Bildungsberichten von 2007 bis 2010, jeweils unter "Annex 3: Sources, methods and technical notes - Chapter A: The output of educational institutions and the impact of learning" mittlerweile ebenfalls davon aus, dass der Grad des "JUDr." nicht derselben Ebene wie die deutsche Promotion und der Grad "PhD." - ISCED 6 ("advanced research programmes") -, sondern derselben Ebene - ISCED 5 - wie z.B. der Masterabschluss zuzuordnen ist.

Vgl. OECD, Education at a Glance 2008: OECD Indicators; Annex 3, Chap

ter A abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/4/33/39314561.doc;

Education at a Glance 2008: OECD Indicators; Annex 3, Chapter A

abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/8/25/41271819.pdf; Educa

tion at a Glance 2009: OECD Indicators; Annex 3, Chapter A abrufbar

unter http://www.oecd.org/dataoecd/35/35/43618388.pdf; Education at a Glance 2010: OECD Indicators; Annex 3, Chapter A abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/44/30/45931991.pdf (letzter Aufruf jeweils:

27. Juli 2011).

Weiterhin widerspricht auch das österreichischslowakische Äquivalenzabkommen vom 25. April 2002 nicht einer Einstufung des Grades "doktor pràv" auf der zweiten Ebene der Bologna-Klassifikation. Denn zur Zeit des Vertragsschlusses war - ebenso wie bei dem deutschslowakischen Äquivalenzabkommen vom 23. November 2001 - die erst 2005 angenommene Bologna-Klassifikation noch nicht entwickelt, so dass dem Abkommen nur entnommen werden kann, dass die Österreichische und die Slowakische Republik sich - ungeachtet der zu diesem Zeitpunkt im slowakischen Hochschulgesetz Nr. 131/2002 vom 21. Februar 2002 schon bestehenden Einordnung der Hochschuldoktortitel gemäß § 53 Abs. 8 ("doktor pràv" u.a.) auf der zweiten slowakischen Qualifikationsebene - darauf verständigt haben, den österreichischen Doktorgrad und die slowakischen Hochschuldoktortitel wie "doktor pràv", als "entsprechend" anzusehen, wobei es sich im Gegensatz zum deutschslowakischen Äquivalenzabkommen ausdrücklich nur um Empfehlungen handelt. Dass der österreichische Doktorgrad mittlerweile der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen ist, ist unerheblich, da nach dem österreichischslowakischen Äquivalenzabkommen die dort bezeichnete dritte Ebene auch die österreichischen Mastergrade MAS und MBA erfasst, die nicht der der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen sind. Dem Abkommen liegt daher erkennbar eine andere Abgrenzung der Qualifikationsebenen zugrunde.

Gegen eine Zuordnung des "doktor pràv" zur zweiten Stufe der Bologna-Klassifikation spricht im Übrigen auch nicht, dass dann nur der eine Lehrbefähigung enthaltene Grad "PhD." zur dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zu zählen ist. Dass nach slowakischem Recht auf der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation über die im Qualifikationsrahmen niedergelegten Anforderungen hinaus weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind, kann nicht dazu führen, dass Grade, die - wie der "doktor pràv" - unterhalb dieser dritten Stufe anzusiedeln sind, gewissermaßen automatisch aufgewertet werden müssten. Überdies ist die vom Kläger vorgenommene Gleichsetzung des slowakischen "PhD.", der - anders als der in der Slowakei vorgesehene, erst nach Abschluss der dritten Qualifikationsebene mögliche wissenschaftlichpädagogische Grad "docent" (vgl. § 76 Abs. 3 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002) - keine Habilitation voraussetzt, mit dem erst nach erfolgreicher Habilitation möglichen nordrheinwestfälischen Doktorgrad "Dr. habil." (vgl. § 68 Abs. 1 HG) abwegig. Unzutreffend ist auch das Vorbringen des Klägers, in der Slowakei sei ein isolierter Doktortitel ohne Zusatz nicht vorgesehen und demgemäß komme nach der Sichtweise des Beklagten bei keinem in der Slowakischen Republik erworbenen Doktortitel eine Führung der Abkürzung "Dr." in Nordrhein-Westfalen in Betracht. Abgesehen davon, dass der slowakische Grad "PhD." nicht nur im Fach Philosophie, sondern in jeder Fachrichtung erworben werden kann, ohne dass ein die Fachrichtung kennzeichnender Zusatz vergeben wird, und dass somit in der Slowakei ein Doktortitel ohne Zusatz existiert, ist es für die begünstigende Regelung in Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 unbeachtlich, ob im Herkunftsland ein fachlicher Zusatz vorgesehen ist oder nicht. Denn der KMK-Beschluss betrifft nur das Weglassen eines fachlichen Zusatzes für die abweichend vom Grundsatz der Führung in der im Herkunftsland verliehenen Form stattdessen ausnahmsweise gestattete Führung der deutschen Abkürzung "Dr.".

Der Kläger kann für sich eine begünstigende Regelung im Sinne von § 69 Abs. 5 HG auch nicht daraus herleiten, dass für seinen im Jahre 2005 erworbenen Grad die ursprüngliche Fassung (a.F.) des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 anwendbar wäre. Ziffer 2 des KMK-Beschluss vom 21. September 2001 a.F. sah vor, dass Inhaber von in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgraden, die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder am Europäischen Hochschulinstitut Florenz oder an den Päpstlichen Hochschulen erworben wurden, anstelle der im Herkunftsland zugelassenen oder nachweislich allgemein üblichen Abkürzung wahlweise die Abkürzung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen durften. Eine Einschränkung für Doktorgrade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zuzuordnen waren, enthielt die ursprüngliche Fassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 nicht.

Diese Ursprungsfassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 ist jedoch im Rahmen des § 69 Abs. 5 HG nicht mehr heranzuziehen. Gemäß § 69 Abs. 5 HG erhalten sowohl früher als auch erst in Zukunft gefasste Beschlüsse der KMK als Vereinbarungen der Länder unmittelbare Anwendung,

zur unmittelbaren Wirkung der KMK-Beschlüsse aufgrund der entsprechenden Bestimmung des Bayerischen Hochschulgesetzes vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 25. Mai 2011 - 3 U 7/11 -, juris, Rn. 55,

soweit sie eine Begünstigung gegenüber § 69 Abs. 2 bis 4 HG darstellen; dies kann freilich nur wirksame Fassungen der Vereinbarungen der Länder betreffen. Maßgeblich ist daher jeweils die aktuelle Fassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001, seit Änderungs-Beschluss vom 5. Juli 2007 also Ziffer 2 des KMK-Beschlusses in der heutigen, auch an die Bologna-Klassifikation anknüpfenden Fassung. Eine Einschränkung dieser aktuellen Fassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 auf Doktorgrade, die nach dem Änderungsbeschluss vom 5. Juli 2007 erworben worden sind bzw. werden, kann dem Wortlaut des Beschlusses nicht entnommen werden. Ebenso ist keine Übergangsregelung enthalten. Daher ist der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 n.F. so auszulegen, dass die Frage der zukünftigen Titelführung für alle Inhaber der betreffenden Grade - unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbs des Grades - geregelt wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer daraufhin in einzelnen Bundesländern (z.B. Bayern oder Berlin) womöglich vom Gesetzes- und Beschlusswortlaut abweichende Verwaltungspraxis.

Vgl. auch VG München, Urteil vom 18. Februar 2008 - M 25 K 07.2387 -,

juris, Rn. 31; bestätigt durch BayVGH, Beschluss vom 17. September 2009

- 5 ZB 08.838 -, juris, Rn. 13.

Unabhängig davon, ob die durch KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 vorgenommene Ergänzung um den an die Bologna-Klassifikation anknüpfenden Passus in Ziffer 2 Satz 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001, aufgrund dessen der Kläger jedenfalls seit dem 5. Juli 2007 nicht die deutsche Abkürzung "Dr." gemäß Ziffer 2 Satz 1 des Beschlusses führen darf, bloß deklaratorischer,

so ausdrücklich BayVGH, a.a.O., Rn. 10, 13; OLG LSA, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 5 U 91/10 -, juris, Rn. 37,

oder vielmehr konstitutiver Natur ist, hat diese Ergänzung weder wegen einer Unvereinbarkeit mit dem Europarecht (aa) noch wegen unzulässiger Rückwirkung (bb) außer Betracht zu bleiben.

aa) Der mit dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 beschlossenen Anknüpfung an die Bologna-Klassifikation steht nicht das europäische Gemeinschaftsrecht entgegen. Insbesondere verstößt der Ausschluss des Führens der Abkürzung "Dr." für Grade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Kriterien zugeordnet sind, nicht gegen die Personenverkehrsfreiheiten der Art. 45 und 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer (AEUV) - ehemals Artikel 39 und 43 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) - und die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (RL 2005/36/EG).

Die in den Artikeln 45 und 49 AEUV garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer und selbständig Tätigen ist grundsätzlich auch auf Unionsbürger anwendbar, die - wie der Kläger - in einem anderen Mitgliedstaat einen akademischen Grad erworben haben, wenn es um die Frage des Führens im Heimatstaat geht. Die in diesen Artikeln niedergelegten Freiheiten stehen dabei jeder nationalen Regelung über die Voraussetzungen für die Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades entgegen, die geeignet ist, die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht garantierten grundlegenden Freiheiten durch die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.

Vgl. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 31. März 1993 - Rs C-19/92 (Dieter Kraus ./. Land Baden-Württemberg) -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1993, 661 (662).

Hieraus folgt, dass in einem - grundsätzlich zulässigen - Verfahren zur Genehmigung der Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades nur überprüft werden darf, ob der aufgrund eines Postgraduiertenstudiums erworbene akademische Grad ordnungsgemäß verliehen worden ist.

Vgl. EuGH, aaO., S. 663.

Dagegen verstößt es gegen Gemeinschaftsrecht, wenn für eine Genehmigung auch materielle Kriterien wie die Vergleichbarkeit der verleihenden ausländischen Hochschule mit einer deutschen staatlichen Hochschule und die Vergleichbarkeit der der Verleihung des ausländischen Grades zugrundeliegenden Studien- und Prüfungsleistungen aufgestellt werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 1997 - 6 C 12/96 -, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 105, 336 (346).

Abgesehen davon, dass die Grad- und Titelführung nach § 69 HG gerade nicht von einer vorherigen Genehmigung abhängig ist, sind durch den KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 auch keine den Grundfreiheiten zuwider laufenden materiellen Kriterien für die Führung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verliehenen Grades aufgestellt worden. Denn die von den Grundfreiheiten allein erfasste Befugnis, den verliehenen Grad und die verliehene Abkürzung zu führen, ergibt sich bereits aus § 69 Abs. 2 Sätze 1 und 3 HG. Dem Kläger ist es hiernach, ohne dass über die inhaltliche Wertigkeit materiell zu entscheiden ist, unbenommen, den verliehenen Grad "doktor pràv" und die verliehene Abkürzung "JUDr." in dieser Form - auf Wunsch auch mit Hinzufügung der deutschen Übersetzung "Doktor der Rechte" in Klammern (nicht hingegen einer vermeintlichen lateinischen Übersetzung) - im Gebiet des beklagten Landes zu führen. Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 n.F. regelt jedoch die von den europarechtlichen Grundfreiheiten nicht erfasste Frage, inwieweit in den deutschen Bundesländern für einen ausländischen akademischen Grad eine im Herkunftsland gerade nicht verliehene Abkürzung, nämlich die deutsche Abkürzung "Dr.", an Stelle der verliehenen Abkürzung geführt werden darf.

So zutreffend auch VG Freiburg, Urteil vom 26. Januar 2011 - 1 K 1638/10 -, juris, Rn. 25.

Der Ausschluss des Führens der Abkürzung "Dr." für Grade, die nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation entsprechen, verstößt auch nicht gegen die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU L 255 vom 30. September 2005, S. 22). Nach Artikel 54 dieser Richtlinie trägt ein Mitgliedstaat dafür Sorge, dass Personen zum Führen von akademischen Titeln ihres Herkunftsmitgliedstaats und gegebenenfalls der entsprechenden Abkürzung in der Sprache des Herkunftsmitgliedstaats berechtigt sind. Der Mitgliedstaat kann vorschreiben, dass neben dieser Bezeichnung Name und Ort der Lehranstalt oder des Prüfungsausschusses aufgeführt werden, die bzw. der diesen akademischen Titel verliehen hat. Auch hieraus ergibt sich lediglich das Recht, einen erworbenen Titel in der erworbenen Form bzw. Abkürzung zu führen (hier: "doktor pràv." bzw. "JUDr."), nicht aber die Befugnis, eine nicht erworbene Abkürzung (hier: "Dr.") zu führen.

bb) Selbst wenn angenommen wird, dass die mit KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 vorgenommene Ergänzung von Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 nicht bloß deklaratorischer Natur ist, sondern erstmals eine Beschränkung für die Inhaber von nicht der dritten Stufe der Bologna-Klassifikation zugeordneten Doktorgraden begründet hat, ist die dadurch geschaffenen Rechtslage seitdem auch für den Kläger maßgeblich. Soweit der Kläger im Gegensatz hierzu geltend macht, dass aufgrund des Erwerbs des Grades des "doktor pràv" am 11. November 2005 für ihn allein der KMK-Beschluss in der ursprünglichen Fassung vom 21. September 2001 maßgeblich sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Die Anwendung des KMK-Beschlusses in der seit dem 5. Juli 2007 geltenden Fassung verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Artikel 20 Abs. 3 GG fließende Rückwirkungsverbot schützt das Vertrauen des Bürgers in die Beständigkeit der geltenden Rechtsordnung. Dabei sind jedoch rückwirkende Normen nicht in jedem Fall verfassungsrechtlich unzulässig. Vielmehr ist zwischen echter und unechter Rückwirkung zu unterscheiden: Greift eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein, so liegt ein Fall der echten Rückwirkung vor, der grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig ist.

Vgl. BVerfG, Entscheidung vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66 u.a. -, BVerfGE 30, 367 (386); Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 -, BVerfGE 95, 64 (86).

Diese - auch als Rückbewirkung von Rechtsfolgen bezeichnete - Rückwirkung liegt vor, wenn der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97, 67 (78 f.); Beschluss vom 24. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a. -, juris, Rn. 65.

Unechte Rückwirkung liegt hingegen vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92 -, BVerfGE 95, 64 (86) = juris, Rn. 109.

Durch diese - auch tatbestandliche Rückanknüpfung genannte - unechte Rückwirkung ist nicht der zeitliche, sondern der sachliche Anwendungsbereich einer Norm betroffen: Die Rechtsfolgen eines Gesetzes treten erst nach Verkündung der Norm ein, deren Tatbestand erfasst aber Sachverhalte, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1997, a. a. O. sowie Beschluss vom 5. Februar 2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93 -, BVerfGE 105, 17 (37).

Eine derartige unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. Grenzen für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Es ist daher eine Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl vorzunehmen.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109, 96 (122).

Im Hinblick auf die durch KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 erfolgte und gemäß § 69 Abs. 5 HG unmittelbar wirksam gewordene Ergänzung von Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 kommt, sofern überhaupt eine inhaltliche Änderung und nicht lediglich eine - ohnehin nicht rückwirkende - Klarstellung angenommen wird, allenfalls eine grundsätzlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung in Betracht. Eine echte Rückwirkung liegt nicht vor, da dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht entnommen werden kann, dass das Führen der Abkürzung "Dr." auch für bereits abgeschlossene Zeiträume vor dem Beschluss geregelt werden sollte. Die durch KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 erfolgte Ergänzung regelt vielmehr einen noch nicht abgeschlossenen Lebenssachverhalt für die Zukunft, nämlich das von § 69 Abs. 2 HG bzw. vom KMK-Beschluss vom 14. April 2000 abweichende Führen der deutschen Abkürzung "Dr." für Inhaber bestimmter akademischer Grade. Dieser Sachverhalt - das Führen der Abkürzung "Dr." - hat zwar bei Personen, die bereits in der Zeit vor dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 einen betreffenden akademischen Grad erworben und diesen in einem der am KMK-Beschluss beteiligten Länder unter der Abkürzung "Dr." geführt haben, bereits in der Vergangenheit begonnen, ist aber für die Zukunft noch nicht abgeschlossen, da die Inhaber von bislang unter "Dr." geführten Graden unter Umständen auch weiterhin eine solche Rechtsposition halten möchten.

Die demnach in diesem Fall unechter Rückwirkung vorzunehmende Interessenabwägung zwischen den Belangen der Allgemeinheit und dem schutzwürdigen Vertrauen der Inhaber von Promotionsgraden unterhalb der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation fällt zu Lasten der Betroffenen aus. Auf Seiten der Allgemeinheit besteht das erhebliche Interesse, zum Schutz des Rechtsverkehrs und zum Schutz von beruflichen Wettbewerbern Verwechslungen zwischen den betroffenen Graden und der deutschen Promotion oder anderen unter "Dr." führbaren Abschlüssen der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zu verhindern, weil nach Auffassung aller im Bologna-Prozess beteiligten Staaten zwischen der zweiten und der dritten Ebene der entwickelten Klassifikation - ebenso wie zwischen Berufsdoktoraten und wissenschaftlichen Promotionen - trotz eventuell übereinstimmender Begrifflichkeiten inhaltlich ein beachtlicher qualitativer Unterschied besteht, selbst wenn ein Grad der zweiten Bologna-Ebene nach den einschlägigen Bestimmungen zusätzliche, über den ebenfalls der zweiten Bologna-Ebene zuzuordnenden Master-Abschluss hinausgehende Leistungen voraussetzt. Aufgrund der bis dahin offenbar bestehenden Unsicherheit, ob und inwieweit bestimmte ausländische Grade als Doktorgrade anzusehen sind, die in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren vergeben wurden, stellt die begrifflich neu eingefügte Anknüpfung an die unter Beteiligung sämtlicher Länder des Europäischen Hochschulraumes - auch der Slowakischen Republik - fachkundig entwickelte Bologna-Klassifikation einen geeigneten Maßstab dar, um im Interesse der Allgemeinheit Rechtssicherheit zu erzeugen. Zudem bewirkt die Regelung, durch welche komplexe Gleichwertigkeitsprüfungen im Einzelfall überwiegend entbehrlich geworden sind, eine deutliche Verwaltungsvereinfachung, welche ebenfalls im Allgemeininteresse liegt.

Dem steht auf Seiten der Inhaber ausländischer akademischer Promotionsgrade lediglich das Interesse entgegen, ihren ausländischen akademischen Grad in den deutschen Bundesländern unter der im Herkunftsland nicht so verliehenen Abkürzung "Dr." zu führen. Dies stellt zur Überzeugung der Kammer aber keine gegenüber dem Allgemeininteresse beachtliche Beschwer dar. Denn Inhaber ausländischer akademischer Grade der zweiten Ebene der Bologna-Klassifikation haben weiterhin die Möglichkeit, den erworbenen Grad in der verliehenen Form und in der verliehenen Abkürzung zu führen und damit auf ihre Zusatzqualifikation aufmerksam zu machen. Auch aus Gründen der Verständlichkeit ist das Führen der Abkürzung "Dr." für einen ausländischen akademischen Grad, der im Herkunftsland begrifflich einen Doktorgrad darstellt, nicht erforderlich, da die im Herkunftsland verliehene Form des akademischen Grades im Falle der Unverständlichkeit in den deutschen Bundesländern in das lateinische Schriftbild übertragen und/oder um eine deutsche Übersetzung in Klammern ergänzt werden kann. Überdies ist zu beachten, dass ein eventuelles Vertrauen eines Absolventen eines ausländischen Studiums primär im Hinblick auf die Führungsweise des Grades im Herkunftsland entstehen kann, da sich derjenige, der einen akademischen Grad anstrebt und dem es neben dem Erwerb der Zusatzqualifikation überhaupt auf das Führen des entsprechenden Grades ankommt, in erster Linie mit der in dem entsprechenden Herkunftsland verliehenen Form des Grades auseinanderzusetzen hat. Dies gilt auch für einen deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Deutschland, der allein wegen einer in Deutschland beabsichtigten Führung der Abkürzung "Dr." bewusst in einem anderen Land einen akademischen Grad erwirbt, für welchen zu dieser Zeit unter Umständen teilweise die Auffassung vertreten worden ist, er könne als in einem wissenschaftlichen Promotionsverfahren vergebener Doktorgrad im Sinne der begünstigenden Ausnahmeregelung gemäß Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 angesehen werden. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die durch KMK-Beschluss vom 21. September 2001 vorgesehene Möglichkeit des Führens der deutschen Abkürzung "Dr." statt der verliehenen Form des Grades nur eine begünstigende Ausnahme des im KMK-Beschluss vom 14. April 2000 sowie in § 69 Abs. 2 HG normierten Grundsatzes des Führens jeglicher ausländischer Grade in der verliehenen Originalform darstellt, die im Hinblick auf die Besonderheit und das Ansehen einer wissenschaftlichen Promotion nach deutschem Recht nur solchen Graden vorbehalten sein soll, die ohne Zweifel gleichwertigen Anforderungen wie ein hiesiger Doktorgrad unterliegen. Im Falle des Grades "doktor pràv" konnte daher auch vor dem KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 nicht sicher darauf vertraut werden, dass dieser überhaupt gemäß Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 in Deutschland unter der Abkürzung "Dr." geführt werden konnte. Erst recht konnte aufgrund des Ausnahmecharakters des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 kein Vertrauen darauf entstehen, dass eine Führung der Abkürzung "Dr." für den slowakischen Grad "doktor pràv" dauerhaft möglich bliebe und keine Änderung oder Aufhebung dieser begünstigenden und europarechtlich nicht zwingend gebotenen Ausnahmeregelung erfolgt.

Auch ist kein Verstoß gegen den allgemeinen Vertrauensschutzgrundsatz darin zu sehen, dass der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 in seiner seit dem 5. Juli 2007 geltenden Fassung auf den Kläger angewandt wird, obwohl der Beklagte nach dem klägerischen Vorbringen im Jahr 2006 auf verschiedene Anfragen erklärt habe, dass der Grad des "doktor pràv" in der Bundesrepublik als "Dr." abgekürzt werden könne. Zum einen konnten solche Mitteilungen kein schutzwürdiges Vertrauen beim Kläger begründen, weil sie nicht an ihn gerichtet waren und weil er den Grad "doktor pràv" auch nicht erst im Hinblick auf diese Mitteilungen angestrebt, sondern bereits früher - am 3. November 2005 - erworben hatte. Zum anderen bezogen sich diese Auskünfte auf die Rechtslage vor dem hier maßgeblichen KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007. Eine Erklärung des Inhalts, dass diese Rechtslage sich - zumindest auf absehbare Zeit - nicht ändern würde, enthielten diese Auskünfte nicht. Auf seine eigene Anfrage vom 29. Mai 2006 hat der Kläger im Übrigen die Antwort erhalten, dass eine Führung des "doktor pràv" als "Dr." nicht möglich sei.

Der Anwendung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 in der seit dem 5. Juli 2007 geltenden Fassung auf den Kläger steht auch nicht die vom Kläger angeführte Wirkung einer Allgemeingenehmigung im KMK-Beschluss vom 21. September 2001 entgegen. Insbesondere war keine Aufhebung - Rücknahme oder Widerruf - dieses Beschlusses nach den Regelungen in §§ 48 ff. VwVfG NRW über die Aufhebung von Verwaltungsakten erforderlich. Bei der im Beschluss vom 21. September 2001 getroffenen Regelung hinsichtlich der Führung von Doktorgraden handelte es sich nämlich nicht um einen Verwaltungsakt. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 VwVfG NRW jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Eine Allgemeinverfügung ist dabei ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlichrechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Der KMK-Beschluss vom 21. September 2001 ist bereits deshalb kein Verwaltungsakt in diesem Sinne, weil die Kultusministerkonferenz keine Behörde im Sinne des § 35 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 VwVfG NRW ist. Sie hat zudem mit dem KMK-Beschluss vom 21. September 2001 auch keine Regelung getroffen, die unmittelbar auf Rechtswirkung nach außen gerichtet war; vielmehr ist der Beschluss erst aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 69 Abs. 5 HG in Nordrhein-Westfalen anwendbar.

Letztlich kann somit offen bleiben, ob es sich bei dem vom Kläger erworbenen Grad "doktor pràv" gemäß Ziffer 2 des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 a.F. um einen in einem "wissenschaftlichen Promotionsverfahren erworbenen Doktorgrad" handelt (Satz 1), ob dieser einen nicht in einem Promotionsstudium bzw. -verfahren (sog. Berufsdoktorat) vergebenen Grad darstellt (Satz 2) und - bejahendenfalls - ob er demnach bis zum 5. Juli 2007 im Gebiet des beklagten Landes unter der Abkürzung "Dr." hätte geführt werden dürfen. Dementsprechend musste die Kammer auch nicht den Anträgen des Klägers nachgehen, für die Frage der Wissenschaftlichkeit seiner Leistung eine Auskunft über den Inhalt von § 53 Abs. 9 des slowakischen Hochschulgesetzes Nr. 131/2002 vom slowakischen Schulministerium und von der D. -Universität Bratislava und ein Gutachten von Frau Prof. JUDr. I. über die Wissenschaftlichkeit des zum akademischen Grad "doktor pràv" führenden Studiums einzuholen, zumal selbst bei festgestellter "Wissenschaftlichkeit" des zum "doktor pràv" führenden Prüfungsverfahrens aufgrund der Weite des Begriffs "wissenschaftlich" - auch Haus- und Seminararbeiten während eines Studiums auf der zweiten Ebene der Bologna-Klassifikation sind wissenschaftliche Leistungen - nicht per se auch von einem "wissenschaftlichen Promotionsverfahren" im Sinne des KMK-Beschlusses vom 21. September 2001 ausgegangen werden kann.

4. Die Führung der Abkürzung "Dr." durch den Kläger entspricht auch nicht § 69 Abs. 6 Satz 1 HG. Nach dieser Vorschrift kann das Ministerium in begründeten Fällen durch Rechtsverordnung für bestimmte Grade, Institutionen und Personengruppen Ausnahmen regeln, die Betroffene gegenüber § 69 Abs. 2 bis 5 HG begünstigen. Eine den Kläger in diesem Sinne begünstigende Regelung findet sich nicht in der VO.AGr. 2008. Nach § 1 Abs. 2 dieser dem KMK-Beschluss vom 21. September n.F. nachgebildeten Verordnung können die Inhaber von Graden, die die Bezeichnung "Doktor" enthalten, aber die nach den rechtlichen Regelungen des Herkunftslandes nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation der Studienabschlüsse zugeordnet sind, nicht anstelle der im Herkunftsland verliehenen Bezeichnung die Bezeichnung "Dr." ohne fachlichen Zusatz und ohne Herkunftsbezeichnung führen. Da der Grad des "doktor pràv" - wie dargestellt - nicht der dritten Ebene der Bologna-Klassifikation zuzuordnen ist, ergibt sich aus dieser Verordnung kein Recht des Klägers, die Abkürzung "Dr." zu führen. Ein solches Recht ergibt sich auch nicht aus der Verordnung über die Führung ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005 (GV. NRW. 2006 S. 4), die - wie die ursprüngliche Fassung des KMK-Beschlusses vom 21. September 2011 - das Kriterium der Bologna-Klassifikation nicht enthielt. Maßgeblich ist nämlich allein die am 30. April 2008 in Kraft getretene VO.AGr. 2008, durch deren § 3 die Verordnung über die Führung ausländischer Doktorgrade vom 9. Dezember 2005 außer Kraft gesetzt worden ist. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zur Rückwirkungsverbot und zum Vertrauensschutz auch hier.

5. War somit die Führung der Abkürzung "Dr." durch den Kläger nicht durch § 69 Abs. 2 bis 6 HG gedeckt, lagen die Voraussetzungen für die Untersagung der Führung der Abkürzung vor. Die Untersagung stand dabei nicht im Ermessen des Beklagten. Obwohl das Ministerium gemäß § 69 Abs. 7 Satz 3 HG eine von den Absätzen 2 bis 6 abweichende Grad- oder Titelführung untersagen "kann", wird mit dieser Formulierung kein Ermessen eingeräumt. Zwar ist dies in der Regel bei "Kann-Vorschriften" der Fall; in bestimmten Rechtsvorschriften bedeutet "kann" allerdings nur die Ermächtigung der Behörde, eine im Gesetz vorgesehene bestimmte Entscheidung zu treffen, zu der sie dann, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, zugleich verpflichtet ist.

Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage, München 2010, § 40 Rn. 43.

Zu diesen Vorschriften zählt § 69 Abs. 7 Satz 3 HG. Es würde nämlich dem in § 69 Abs. 7 Satz 1 HG angeordneten Verbot, von den Absätzen 2 bis 6 abweichende Grade und Titel sowie durch Titelkauf erworbene Grade zu führen, sowie der Ahndung von Verstößen dagegen als Ordnungswidrigkeiten nach § 69 Abs. 7 Sätze 4 bis 7 widersprechen, wenn es im Ermessen der Behörde stünde, eine solche Titelführung nicht zu untersagen. Eventuell würde sie damit sogar Beihilfe zu einer Straftat nach § 132 a StGB leisten.

Vgl. VG Minden, Urteil vom 25. August 2008 - 2 K 2145/07 -, juris, Rn. 26 ff.

Überdies sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, wonach der Beklagte im Falle eines im Rahmen von § 69 Abs. 7 HG verbleibenden Ermessens durch Erlass der angefochtenen Untersagungsverfügung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

Die Anwendung des KMK-Beschlusses vom 5. Juli 2007 auf den Kläger verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger vorträgt, dass der KMK-Beschluss vom 5. Juli 2007 in anderen Bundesländern - insbesondere Berlin und Bayern - auf die Inhaber von vor diesem Beschluss erworbenen Graden nicht angewandt werde, vermag dies keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu begründen. Der Gleichheitssatz verlangt nämlich lediglich die Gleichbehandlung durch ein- und denselben Hoheitsträger, nicht aber die Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige Hoheitsträger.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 1999 - 6 B 42/99 -, juris, Rn. 8.

Ohne Erfolg macht der Kläger auch geltend, dass der Beklagte lediglich gegen ihn und nicht auch gegen andere Inhaber des Grades "doktor pràv", die die Abkürzung "Dr." führten, vorgehe. Der Beklagte hat - vom Kläger unwidersprochen - hierzu vorgetragen, dass er gegen alle ihm bekannten Betroffenen vorgegangen sei; weiterhin hat er um Mitteilung der Namen der anderen Betroffenen gebeten, auf die der Kläger verwiesen hat. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Kammer sieht von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO ab, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.






VG Arnsberg:
Urteil v. 27.07.2011
Az: 9 K 259/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bf589eb08d51/VG-Arnsberg_Urteil_vom_27-Juli-2011_Az_9-K-259-09




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