Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. September 2007
Aktenzeichen: 6 W (pat) 321/04

(BPatG: Beschluss v. 13.09.2007, Az.: 6 W (pat) 321/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Patent mit der Bezeichnung "Straßenaufsatz" wurde widerrufen. Gegen das Patent wurde Einspruch erhoben, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht als erfinderisch angesehen wurde. Die Einsprechende verwies unter anderem auf eine andere Patentanmeldung. Die Patentinhaberin hingegen ging davon aus, dass der Anspruch 1 sowohl neu als auch erfinderisch sei. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den Einspruch zuständig geworden, da er im vorgeschriebenen Zeitraum beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist. Der Einspruch wurde als zulässig und substanziiert angesehen. Das Bundespatentgericht stellte fest, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig ist. Es wurde auf eine bekannte Abdeckanordnung verwiesen, die ähnliche Merkmale aufweist wie der Straßenaufsatz nach Anspruch 1. Die Kombination dieser vorhandenen Merkmale erforderte keine erfinderische Tätigkeit. Daher wurde das Patent widerrufen, einschließlich der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.09.2007, Az: 6 W (pat) 321/04


Tenor

Das Patent 100 13 981 wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das am 25. März 2004 veröffentlichte Patent DE 100 13 981 B4 mit der Bezeichnung "Straßenaufsatz" ist am 22. Juni 2004 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In der Einspruchsbegründung verweist die Einsprechende u. a. auf die DE 41 34 533 A1.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 100 13 981 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent 100 13 981 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sowohl neu als auch erfinderisch sei.

Der erteilte Anspruch 1 lautet:

"Straßenaufsatz, mit einem auf einer Schachtöffnung anbringbaren Rahmen (2) und einem darin einsetzbaren Rost (3), der sich über die Rahmenöffnung erstreckt und Auflageflächen (8a, 8b) aufweist, mit denen er auf Auflageflächen (4a, 4b) am Rahmen aufliegt, wobei der Rost (3) nach unten über die Auflageflächen (4a/b, 8a/b) vorstehende Fixierungsnasen (9) aufweist, und der Rahmen (2) seitliche Anschlagflächen (5a, 5b) für die Fixierungsnasen (9) hat zur Zentrierung des Rostes (3) in der Rahmenöffnung, dadurch gekennzeichnet, dass die seitlichen Anschlagflächen (5a/b) sich an den Innenseiten des im Rahmen vorhandenen Durchgangs befinden, wobei die Fixierungsnasen (9) von oben in diesen Durchgang eingreifen und seitlich gegen die Anschlagflächen (5a/5b) anliegen."

Wegen der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 19 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden, weil der Einspruch im in dieser Vorschrift genannten Zeitraum beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist. Gegen die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für das Einspruchsverfahren nach dieser Vorschrift bestehen weder unter dem Aspekt der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) noch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungsrechtliche Bedenken (vgl. BGH X ZB 9/06 v. 17. April 2007 - Informationsübermittlungsverfahren I).

Das Bundespatentgericht ist auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori, der u. a. in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO seine gesetzliche Ausprägung gefunden hat, zuständig geblieben (vgl. hierzu auch 23 W (pat) 327/04; 23 W (pat) 313/03; 19 W (pat) 344/04; BGH X ZB 6/05 v. 27. Juni 2007 Seite 6 - Informationsübermittlungsverfahren II).

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und auch im Übrigen zulässig, was seitens der Patentinhaberin nicht angezweifelt worden ist.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

a. Die erteilten Ansprüche sind zulässig.

Der erteilte Anspruch 1 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m. S. 3, Z. 3 - 7, S. 6, Z. 31, S. 7, Z. 6, S. 9, Z. 31 - 38, S. 11, Z. 4 - 24 und Fig. 2 und 4. Die erteilten Ansprüche 2 bis 16, 18 und 19 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 16, 19 und 20 und der erteilte Anspruch 17 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 17 und 18.

Die Zulässigkeit der Ansprüche ist im Übrigen seitens der Einsprechenden nicht bestritten worden.

b. Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Straßenaufsatz nach dem erteilten Anspruch 1 ist neu, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der DE-GM 18 45 390 (vgl. insbes. Fig. 1) ist ein Straßenaufsatz mit den Merkmalen des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs bekannt (vgl. Abs. [0006] der Streitpatentschrift).

Weiterhin erläutert die DE 41 34 533 A1 eine Abdeckanordnung für Rinnen mit einem in die Rinne 30 einsetzbaren Abdeckelement 10, das sich über die Rinnenöffnung erstreckt und Auflageflächen (untere horizontale Kante von Pos. 24) aufweist, mit denen es auf Auflageflächen (obere horizontale Kante von Pos. 34) an der Rinne aufliegt, wobei das Abdeckelement 10 nach unten über die Auflageflächen vorstehende Fixierungsnasen (nach unten weisende Fortsätze von Pos. 24) aufweist, und die Rinne 30 seitliche Anschlagflächen (obere vertikale innenliegende Bereiche von Pos. 30) für die Fixierungsnasen hat zur Zentrierung des Abdeckelementes 10 in der Rinnenöffnung (vgl. Sp. 4, Z. 20 bis 25).

Diese bekannte Abdeckanordnung zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dassdie seitlichen Anschlagflächen sich an den Innenseiten des in der Rinne vorhandenen Durchgangs befinden, wobei die Fixierungsnasen von oben in diesen Durchgang eingreifen und seitlich gegen die Anschlagflächen anliegen.

Gemäß Streitpatentschrift sollen die nach unten vorstehenden Fixierungsnasen eine eindeutige räumliche Zuordnung ermöglichen (vgl. Ende von Abs. [0010]) sowie eine Zentrierung des Rostes sicherstellen (vgl. Abs. [0011] sowie den Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1).

Eben dies will auch die Abdeckanordnung nach der DE 41 34 533 A1 erreichen, wo in Sp. 4, Z. 20 bis 25 wörtlich ausgeführt ist:

"Versteifungsrippen 24 oder dergleichen, welche die Unterseite 26 der Abdeckplatte 12 und die Innenseiten 28 der Seitenwände 14 miteinander verbinden, sind gleichzeitig zur Zentrierung des Abdeckelementes 10 gegenüber der U-förmigen Rinne 30 vorgesehen."

Somit konnte der Fachmann die aus der DE 41 34 533 A1 bekannte Ausgestaltung zum gleichen Sinn und Zweck auf den Straßenaufsatz nach dem DE-GM 18 45 390 übertragen, wenn er eine einfache und sichere Zentrierung des Rostes in dem Rahmen gewährleisten wollte. Einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte es dazu nicht, da die DE 41 34 533 A1 bereits auf Sinn und Zweck der seitlichen Fixierungsnasen hinweist, so dass eine einfache Übertragung der entsprechenden Merkmale auf einen Straßenaufsatz nach dem DE-GM 18 45 390 im Griffbereich des Fachmannes lag.

Somit ergibt sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 aus einer einfachen Zusammenschau von DE-GM 18 45 390 und DE 41 34 533 A1.

Der erteilte Anspruch 1 ist folglich nicht bestandsfähig.

e. Zusammen mit dem Anspruch 1 fallen notwendigerweise auch die auf ihn rückbezogenen Unteransprüche (vgl. BGH GRUR 1989, 103 "Verschlussvorrichtung für Gießpfannen" i. V. m. BGH GRUR 1980, 716 "Schlackenbad").

Lischke Guth Schneider Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.09.2007
Az: 6 W (pat) 321/04


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