ArbG Duisburg:
Urteil vom 5. März 2012
Aktenzeichen: 3 Ca 1986/11

(ArbG Duisburg: Urteil v. 05.03.2012, Az.: 3 Ca 1986/11)

1.Ist im Arbeitsvertrag eine konzernweite Versetzungsmöglichkeit vereinbart, kommt eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung nicht in Betracht, solange ein Arbeitgeber, der zu 50 % an einem Unternehmen beteiligt ist, in dem für den Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht, nicht zumindest versucht hat, den Arbeitnehmer dort tatsächlich auf Dauer einzusetzen.

2.Ein Leiter der IT-Abteilung in einem größeren Unternehmen kann in der Regel nicht zum Datenschutzbeauftragten bestellt werden. Es besteht eine Interessenkollision, da die Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter auf die Kontrolle der eigenen Arbeit hinauslaufen würde.

3.Ist gleichwohl ein Leiter der IT-Abteilung zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden, liegt im vorgenannten Fall ein Grund für einen Widerruf der Bestellung gem. § 4f Abs. 3 S. 4 BDSG vor.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nicht durch die Kündigung vom 26.09.2011 aufgelöst wird.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die dem Kläger unter dem 28.11.2011 erteilte Abmahnung ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die dem Kläger unter dem 02.12.2012 erteilte Abmahnung ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 3/4 und die Beklagte zu 1) 1/4. Soweit ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht, trägt der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1); im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

6. Der Streitwert beträgt 60.000,00 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung, die Entfernung von zwei Abmahnungen sowie über die Wirksamkeit des Widerrufs einer Bestellung zum Datenschutzbeauftragten und die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der 55jährige, verheiratete Kläger trat zum 1.4.1989 als kaufmännischer Angestellter im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung in die Dienste der Beklagten zu 1) bzw. deren Rechtsvorgänger. In der Folgezeit war der Kläger im Bereich der allgemeinen Verwaltung unter anderem im Bereich IT tätig, darüber hinaus jedenfalls auch im Bereich des Qualitätsmanagements.

Im Arbeitsvertrag vom 30.9.1997 wurde vereinbart, dass der Kläger seine Tätigkeit als Bereichsleiter Administration fortsetzt. Als Sitz wurde Duisburg vereinbart. Weiter wurde im Arbeitsvertrag folgendes vereinbart:

"Sollte es sich als notwendig erweisen, behalten wir uns vor, Sie in unserer Gesellschaft oder - nach vorheriger Abstimmung mit Ihnen - innerhalb unseres Unternehmenskreises auch mit anderen Ihren Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen entsprechenden Aufgaben zu betrauen. Im gegenseitigen Einvernehmen können Versetzungen auch ins Ausland erfolgen."

Für das Arbeitsverhältnis gilt eine ordentliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Quartalsende. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 4 zur Klageerwiderung (Bl. 39 ff. der Akte) Bezug genommen.

Am 8.12.2004 wurde der Kläger zum Datenschutzbeauftragten für die Beklagte zu 1) bestellt. Die Beklagte zu 2), die eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) ist, berief den Kläger am 17.6.2008 zum Datenschutzbeauftragten.

Die Beklagte zu 1) teilte dem Kläger im Jahr 2010 mit, dass aufgrund organisatorischer Änderungen der Bereich Betriebswirtschaft aus seinem Verantwortungsbereich herausgelöst werde. Der Kläger sollte seine Tätigkeit als Bereichsleiter der allgemeinen Verwaltung (Allgemeine Verwaltung, ICT und Qualitätsmanagement) fortführen. Diesbezüglich wurde am 17.4./28.7.2010 eine neue Vereinbarung geschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 7 zur Klageerwiderung (Bl. 46 der Akte) Bezug genommen.

Im gleichen Jahr ließ die Beklagte ein Konzept zur Implementierung eines Shared Service Center erstellen. Gegenstand war die Zusammenführung der allgemeinen Verwaltungsbereiche der Beklagten sowie der Firma I. in einer gemeinsamen Servicegesellschaft. In diesem Konzept war zunächst vorgesehen, dass der Kläger sowie ein weiterer Mitarbeiter nicht auf die neue Gesellschaft übergehen würden.

Mit Wirkung zum 1.8.2011 führte die Beklagte die Abteilungen Buchhaltung, Personalwesen, Aus- und Weiterbildung, Datenverarbeitung (IT), Allgemeine Verwaltung, Versicherung und Qualitätsmanagement in einem Shared Service Center, der Firma J., zusammen. Diese GmbH gehört zu 50 % der Beklagten zu 1), zu den anderen 50 % der Firma I.

In Anbetracht dieser Teilbetriebsveräußerung und der damit verbundenen Betriebsänderung wurde ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. In der entsprechenden Anlage wird der Kläger nicht als Mitarbeiter genannt, der auf das Shared Service Center übergeht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 8 zur Klageerwiderung (Bl. 47 ff. der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.7.2011 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Firma I. übergehe.

Mit Schreiben vom 25.8.2011 widersprach der Kläger dem Betriebsübergang.

Mit Schreiben vom 15.9.2011 widerrief die Beklagte zu 1) die Bestellung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten.

Mit Schreiben vom 22.9.2011 widerrief die Beklagte zu 2) die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten.

Auf Antrag der Beklagten zu 1) erteilte das Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 23.9.2011.

Mit Schreiben vom 26.9.2011 kündigte die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis außerordentlich betriebsbedingt mit sozialer Auslauffrist zum 30.9.2012. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 4 der Akte) Bezug genommen.

Mit bei Gericht am 28.9.2011 eingegangener, den Beklagten am 5.10.2011 zugestellter Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung sowie die Unwirksamkeit der Abberufung als Datenschutzbeauftragter geltend gemacht.

Die Beklagte erteilte dem Kläger am 28.9.2011 die Weisung, die Geschäftsleitung über etwaige Unrichtigkeiten, Fehler und Verstöße zu unterrichten. Dies sollte bis zum 7.10.2011 erfolgen. In diesem Zeitraum hatte der Kläger keine Zugriffsmöglichkeiten auf die EDV. Nachdem der Kläger am 10.10.2011 mitteilte, dass er keine Auskünfte erteilen könne, wurde dem Kläger erneut eine Frist gesetzt, innerhalb derer er berichten sollte. Mit E-Mail vom 4.1.2011 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass ein Zugriff auf die operativen Systeme nicht erforderlich sei, um Auskünfte zu erteilen. Es sei nicht verlangt worden, dass eine minutiöse Fassung erfolge, sondern die aufgetretenen Fehler sollten ihrer Art nach umrissen werden. Mit Schreiben vom 16.11.2011 wurde der Kläger "letztmalig" aufgefordert worden, die Weisung bis zum 17.11.2011, 17 Uhr, zu erfüllen.

Mit Schreiben vom 28.11.2011 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageerweiterung vom 30.11.2011 (Bl. 141 f. der Akte) Bezug genommen.

Mit bei Gericht am 30.11.2011 eingegangener, den Beklagten am 5.12.2011 zugestellter Klageerweiterung hat der Kläger die Entfernung der Abmahnung vom 28.11.2011 geltend gemacht.

Mit Schreiben vom 2.12.2011 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine "letztmalige Abmahnung". Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageerweiterung vom 6.12.2011 (Bl. 147 f. der Akte) Bezug genommen.

Mit bei Gericht am 6.12.2011 eingegangener, den Beklagten am 12.12.2011 zugestellter Klagerweiterung hat der Kläger die Entfernung der Abmahnung vom 2.12.2011 geltend gemacht.

Mit Schriftsatz vom 2.2.2012 hat der Kläger die Klage um einen Weiterbeschäftigungsantrag erweitert.

Der Kläger behauptet, soweit er in der Vergangenheit für die Betriebswirtschaft zuständig gewesen sei, handele es sich hierbei um das von der Beklagten jetzt als Controlling bezeichnete Tätigkeitsfeld.

Es sei absprachewidrig gewesen, dass er auch auf das Shared Service Center habe übergehen sollen. Dies habe den bisherigen Planungen widersprochen. Er habe als gestellter Mitarbeiter der Beklagten zu 1) in Zukunft die Datenverarbeitung erledigen sowie die allgemeine Verwaltung und den Einkauf betreuen sollen.

Stattdessen sei vor den hier infrage stehenden Vorgängen seitens der Firma I. Herr H. als IT-Leiter beauftragt worden.

Die Kündigung sei durch keinen Grund gerechtfertigt.

Der Bereich Organisation sei bei der Beklagten verblieben. Entsprechende Aufgaben würden zurzeit von dem Mitarbeiter T. erledigt. Zudem könne er auch das Controlling weiter bearbeiten, das auch bei der Beklagten verblieben sei. Auch die Beklagte zu 2) sei weiterhin zu betreuen. Zumindest auf Teilzeitbasis sei ein Arbeitsverhältnis durchführbar.

Nachdem der Interessenausgleich und Sozialplan am 20.6.2011 unterzeichnet worden sei, habe der endgültige Umzug am 25.7.2011 stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Betriebsübergang hinsichtlich der Mitarbeiter der Firma I. bereits erledigt gewesen, da kein Mitarbeiter widersprochen habe. Auch er habe seine Aufgaben angetreten und übernommen, und zwar seit dem 25.7.2011. Sein Einsatz sei einvernehmlich zwischen ihm und den beteiligten drei Gesellschaften erfolgt. Kurz nachdem er dies getan habe, sei ihm mit Schreiben vom 28.7.2011 die Mitteilung über den Betriebsübergang zugegangen. Ab dem 1.8.2011 seien der Geschäftsführer der I. und die Geschäftsführer der Beklagten für ihn nicht zu erreichen gewesen. Unter dem 25.8.2011 habe er widersprochen, um insofern seine formale Stellung aus der Vergangenheit zu behalten.

Erst am 13.1.2012 sei ihm mitgeteilt worden, dass er seine Räumlichkeiten im Gebäude der Firma I. zu räumen habe und wieder zurückkehren würde in die Räumlichkeiten der Beklagten.

Die Unterrichtung über dem Betriebsübergang sei nicht ordnungsgemäß.

Er könne bei der Beklagten zu 1) auch für den Bereich "Prozessentwicklung" eingesetzt werden. Zudem könne er noch die Leitung des Lagers bei der Beklagten zu 2) übernehmen. Es sei auch zu bestreiten, dass es bei der Beklagten zu 2) keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gebe.

Es bestünden starke Bedenken, ob überhaupt ein wirksamer Antrag auf Einleitung des Verfahrens beim Integrationsamt gegeben sei, da dieser allein vom Geschäftsführer unterzeichnet worden sei und von Herrn G., der zum Zeitpunkt der Beantragung noch nicht eingetragener Geschäftsführer gewesen sei.

Eine ordnungsgemäße Sozialauswahl sei zu bestreiten.

Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Ein Grund zum Widerruf zur Bestellung als Datenschutzbeauftragter sei nicht gegeben. Er könne bei der Beklagten zu 1) weiterbeschäftigt werden. Dies schließe eine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter ein.

Zum Zeitpunkt des Widerrufs der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten sei er nicht mehr für die Betreuung der Datenverarbeitung zuständig gewesen.

Der jetzige Datenschutzbeauftragte für die I. sei auch im Bereich IT tätig als Administrator.

Die Abmahnung vom 28.11.2011 enthalte keine konkrete Rüge eines Fehlers. Er habe für das Jahr 2011 die geforderte Stellungnahme nicht abgeben können, da er - insoweit unstreitig - seit Anfang August keinen Zugriff auf die EDV mehr gehabt habe. Dieser sei aber erforderlich. Er könne entsprechende Fehler und Probleme nicht allein aus dem Gedächtnis reproduzieren. Er sei zu einem vereinbarten Termin am 4.11.2011 um 15:00 Uhr bei der Beklagten gewesen. Von Seiten des Arbeitgebers sei aber niemand anwesend gewesen. Er habe nicht gesagt, dass er keine Informationen liefern wolle, sondern dass er keine Informationen mangels Zugriffs auf das System liefern könne.

In den letzten 22 Jahren habe es keine schriftlichen Problemberichte gegeben, so dass er auch nicht auf einen entsprechenden Bericht habe zurückgreifen können.

Aus dem gleichen Grunde sei auch die Abmahnung vom 2.11.2012, die den gleichen Sachverhalt betreffe, unwirksam.

Der Kläger beantragt,

1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.9.2011 aufgelöst wird,

2.festzustellen, dass der Widerruf der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten durch die Beklagte zu 1) vom 15.9.2011 unwirksam ist,

3.festzustellen, dass der Widerruf der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten durch die Beklagte zu 2) vom 22.9.2011 ebenfalls unwirksam sei,

4.die Beklagte zu verurteilen, die ihm unter dem 28.11.2011 erteilte Abmahnung ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen,

5.die Beklagte zu verurteilen, die ihm unter dem 2.12.2011 erteilte Abmahnung ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen,

6.für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe dem Kläger nie die Zusage gegeben, dass sein Arbeitsverhältnis bei ihr verbleibe. Diesbezüglich habe es lediglich anfängliche Überlegungen gegeben. Der Kläger sei im Organigramm der I. vorgesehen gewesen.

Das Arbeitsverhältnis habe letztlich doch auf die I. übergehen sollen, um eine "Zweiklassengesellschaft" in der I. zu vermeiden.

Dies sei dem Kläger am 30.6.2011 in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer Herrn N. erklärt worden.

Der Kläger sei deshalb im Interessenausgleich nicht erwähnt, weil er leitender Angestellter sei.

Sie verfüge nach dem Betriebsübergang über keine eigene ICT-Abteilung bzw. keine Abteilung Allgemeine Verwaltung/Qualitätsmanagement mehr. Der klägerische Arbeitsplatz sei entfallen.

Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt Aufgaben des Controlling verrichtet.

Herr H. habe zu keiner Zeit die Datenverarbeitung bzw. die Leitung der Abteilung IT der I. übernommen. Dieser sei ein externer Mitarbeiter, der als Interimsprojektleiter spezielle Themen bearbeite. Er sei im Monat lediglich ca. 40 Stunden für sie tätig.

Freie Arbeitsplätze in ihrem Unternehmen seien nicht vorhanden. Eine Weiterbeschäftigung bei der I. wäre, auch sogar als IT-Leiter, möglich gewesen.

Auch Arbeitsplätze, die im Wege einer Änderungskündigung in Betracht kommen würden, seien im Betrieb bzw. Unternehmen der Beklagten zu 1) nicht vorhanden.

Auch ein rein faktischer Einfluss auf die I. sei seitens der Beklagten zu 1) objektiv nicht gegeben.

Die I. habe fest mit dem Kläger gerechnet. Sie sei wie "vor den Kopf gestoßen" gewesen, als der Kläger ohne jeden Grund einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erklärt habe.

Nachdem der Kläger nicht erschienen sei, sei die für den Kläger vorgesehene Position mit einem der beiden Geschäftsführer nachbesetzt worden.

Eine Sozialauswahl sei nicht vorzunehmen gewesen. Alle mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeiter seien auf die I. übergegangen. Im Übrigen sei der Kläger auch einziger IT Leiter gewesen.

Der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung seien jeweils am 6.9.2011 angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 10 zur Klageerwiderung (Bl. 57 ff. der Akte) Bezug genommen.

Der Kläger könne auch nicht als Datenschutzbeauftragter für das Unternehmen tätig sein. Denn es finde sich keine IT-Abteilung mehr, in der der Kläger seinen maßgeblichen Einsatzbereich finden würde. Ohne operative Tätigkeit des Klägers für ihr Unternehmen sei es ihr auch nicht zuzumuten, die Funktion des Klägers als Datenschutzbeauftragter aufrecht zu erhalten.

Eine eingehende Überprüfung habe für sie zu dem überraschenden Ergebnis geführt, dass die Tätigkeit des Klägers als Datenschutzbeauftragter unzulässig gewesen sei. Denn der Kläger sei sowohl IT-Leiter als auch Datenschutzbeauftragter gewesen. Diese beiden Positionen seien miteinander nicht vereinbar. Es sei ein Abberufungsverlangen der Landesdatenschutzbehörde zu erwarten gewesen.

Es liege ein unzulässiger Interessenkonflikt vor, wenn der Leiter der IT-Abteilung gleichzeitig Datenschutzbeauftragter sei. Dies führe zu einer Unzuverlässigkeit im Sinne von § 4f Abs. 2 S. 1 BGSG, da der Leiter der IT-Abteilung permanent seine eigene Arbeit kontrollieren müsste. Da der Kläger dies nicht erkannt habe, beweise dies zugleich, dass die notwendige Sachkunde fehle, um die Funktion als Datenschutzbeauftragter auszuüben. Der Kläger habe weiter versäumt, im Rahmen des Outsourcing der diversen Verwaltungsbereiche darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung über eine Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BGSG abzuschließen sei.

Zu den typischen Aufgaben des Klägers als Bereichsleiter habe es gehört, die Geschäftsleitung über etwaige Unrichtigkeiten, Fehler und Verstöße hinsichtlich der Geschehensabläufe in den Bereichen "Verwaltung und IT" zu unterrichten. Diese Pflicht sei nicht dadurch suspendiert worden, dass der Kläger in den genannten Bereichen seit dem 25.8.2011 nicht mehr tätig sei. Die Geschäftsleitung sei gegenüber den Wirtschaftsprüfern und dem Gesellschafter dazu verpflichtet, über etwaige Unrichtigkeiten, Fehler und Verstöße zu informieren.

Dem Kläger sei auch die Art der geforderten Informationen bekannt, da der Rechenschaftsbericht alljährlich zu erstatten sein. Der Kläger habe am 4.11.2011 ausdrücklich erklärt, die geforderten Informationen nicht liefern zu wollen. Auch nach erfolgter Abmahnung habe der Kläger sich geweigert, eine Einschätzung zum Risikomanagement abzugeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zum Teil begründet.

1.

Die Kündigung vom 26.9.2011 hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) zu deren Datenschutzbeauftragten bestellt worden. Gemäß § 4f Abs. 3 S. 5 und 6 BDSG kann mithin das Arbeitsverhältnis bis zu einem Jahr nach Beendigung der Stellung als Datenschutzbeauftragter ordentlich nicht gekündigt werden. Da eine Abberufung frühestens im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung erfolgte, ist die Jahresfrist noch nicht abgelaufen. In Betracht kommt mithin allein eine außerordentliche Kündigung.

Ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses liegt nicht vor.

Gem. § 626 BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. In Fällen der vorliegenden Art ist anerkannt, dass die außerordentliche Kündigung zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch als "außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist" erfolgen kann. Dies ändert aber nichts daran, dass Prüfungsmaßstab § 626 BGB bleibt (BAG v. 12.5.2005, 2 AZR 159/04, NZA 2005, 1173).

Die Prüfung des wichtigen Grundes erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in zwei Stufen (vgl. BAG v. 26.3.2009, 2 AZR 953/07, DB 2009, 1772; BAG v. 9.6.2011, 2 AZR 381/10, NZA 2011, 1027). Auf der ersten Stufe ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Liegt ein an sich geeigneter Kündigungsgrund vor, ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht.

Zur Begründung der Kündigung hat die Beklagte sich allein auf betriebsbedingte Gründe bezogen. Bei einer betriebsbedingten Kündigung kommt eine außerordentliche Kündigung nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (KR/Fischermeier, 7. Aufl., BGB § 626 Rn. 155). Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) besteht für den Kläger eine kündigungsschutzrechtlich zu berücksichtigende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Auch eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung setzt voraus, dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht besteht (BAG v. 25.4.2002, 2 AZR 260/01, NZA 2003, 605).

Der Kläger kann sich darauf berufen, dass er seine Aufgaben als Leiter des Bereichs Allgemeine Verwaltung und IT bei der I., die das Shared Service Center betreibt, wahrnehmen könnte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass diese Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht bei ihr, sondern bei der Firma I. besteht.

Der Vortrag der Beklagten zu 1) genügt nicht für das Bestreiten der Tatsache, dass ihr jedenfalls ein ausreichender faktischer Einfluss bei dieser Gesellschaft zusteht, um den Einsatz des Klägers bei dieser Gesellschaft durchzusetzen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist das Kündigungsschutzgesetz nicht konzernbezogen. Der Arbeitgeber ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung grundsätzlich nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb eines anderen Unternehmens unterzubringen. Ausnahmsweise kann jedoch auch eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht bestehen (vgl. grundlegend BAG v. 14.10.1982, 2 AZR 568/80, BAGE 41, 72), z. B. dann, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat, sowie vor allem dann, wenn sich eine solche Verpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag oder einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt (vgl. BAG v. 23.11.2004, 2 AZR 24/04, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Weitere Voraussetzung einer derartigen unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des Beschäftigungsbetriebs bzw. des vertragsschließenden Unternehmens auf die "Versetzung”. Die Entscheidung darüber darf grundsätzlich nicht dem zur Übernahme bereiten Unternehmen vorbehalten worden sein (BAG v. 23.3.2006, 2 AZR 162/05, AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 13). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Möglichkeit der Einflussnahme auf Grund eindeutiger rechtlicher Regelungen (z. B. auf Grund eines Beherrschungsvertrags) oder eher nur faktisch besteht (BAG v. 21.2.2002, 2 AZR 749/00, EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 7; BAG v. 18.9.2003, 2 AZR 79/02, BAGE 107, 318; BAG v. 23.4.2008, 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939).

Die erforderliche und ausreichende faktische Einflussmöglichkeit besteht hier bereits deshalb, weil die Beklagte zu 1) mit 50 % an der I. beteiligt ist und Geschäftsgegenstand der I. das Betreiben eines Shared Service Center ist. Insofern ist der Vortrag nicht schlüssig, wenn die Beklagte behauptet, sie könne bei der I. keine Entscheidung beeinflussen. Es mag zwar sein, dass sie nicht ohne weiteres in der Lage ist, einseitig Entscheidungen durchzusetzen. Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass der weitere Partner, der ebenfalls mit 50 % beteiligt ist, seine Interessen auch nicht einseitig durchsetzen kann. Wesen einer gleichberechtigten Beteiligung ist, dass jeweils eine Einigung zu erfolgen hat. Angesichts dessen wäre es erforderlich gewesen, dass die Beklagte im Einzelnen darlegt, warum auch die - objektiv naheliegende - jedenfalls faktische Einflussnahmemöglichkeit nicht bestanden haben soll. Dies gilt umso mehr, da die Parteien ursprünglich ohnehin vorgesehen hatten, dass der Kläger bei dieser Firma tätig ist.

Nach Auffassung der Kammer genügt eine 50-prozentige Beteiligung für eine ausreichende faktische Einflussnahmemöglichkeit im Sinne des Kündigungsschutzrechts jedenfalls dann, wenn es sich, wie vorliegend, um ein so genanntes Shared Service Center handelt. Ein Shared Service Center unterscheidet sich von anderen im Konzern verbundenen Unternehmen dadurch, dass das Shared Service Center keinen eigenen operativen Zweck verfolgt. Das Shared Service Center ist vielmehr lediglich eine Servicegesellschaft, die allein deswegen immer dem faktischen Einfluss der jeweiligen Trägerunternehmer unterliegt. Wie den vorzitierten Urteilen des BAG zu entnehmen ist, ist die Einschränkung in Bezug auf die Möglichkeit der Einflussnahme vor allem deswegen gemacht worden, um sicherzustellen, dass nicht alleine die Verbundenheit im Konzern dazu führt, dass einem Arbeitgeber etwas Unmögliches abverlangt würde und gegebenenfalls einem Konzernunternehmen ein Arbeitnehmer aufgedrängt würde, der vielleicht von der formalen Qualifikation, nicht aber von der praktischen Erfahrung her gebraucht werden könnte. Mit diesen Konstellationen ist ein Shared Service Center jedoch nicht vergleichbar. Seinem Wesen nach unterliegt das Shared Service Center der Einflussnahme der Trägerunternehmen, da das Shared Service Center keine nach außen auftretende, eigene unternehmerische Zwecke verfolgt, sondern eben "shared services", also gemeinsam ausgeübte Dienstleistungen, erbringt.

Dieses Ergebnis bedeutet auch nicht, dass die Beklagte verpflichtet wäre, den Kläger bis zum 30.9.2013 ohne irgendeine operative Tätigkeit das Gehalt weiterzuzahlen. Aufgrund der arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel kann sie vom Kläger verlangen, bei einem anderen konzernangehörigen Unternehmen, insbesondere dem neu gegründeten Shared Service Center, tätig zu werden.

Die vorstehenden Ausführungen wären jedenfalls im Rahmen der auf der zweiten Stufe zu erfolgenden Interessenabwägung bei einer fristlosen Kündigung von ausschlaggebender Bedeutung.

Gegenüber dem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer obliegen dem Arbeitgeber besondere Pflichten. Jedenfalls bei Ausschluss der ordentlichen Kündigung wäre zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie nicht zumindest versucht hat, auch nach dem Widerspruch des Klägers ihren Arbeitnehmer auf die ohnehin für diesen vorgesehene Stelle im Shared Service Center zu versetzen.

Dies ist auch nicht deswegen entbehrlich, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Der Kläger hat insoweit lediglich das ihm gem. § 613a Abs. 6 BGB zustehende Recht ausgeübt. Einem Arbeitnehmer kann aus Gründen der Vertragsfreiheit kein Arbeitgeber aufgezwungen werden kann (st. Rspr. seit BAG v. 2.10.1974, 5 AZR 504/73, NJW 1975, 1378; BAG v. 14.12.2006, 8 AZR 763/05, NZA 2007, 682 mwNw.). Entschließt sich der Arbeitnehmer, zugunsten der Unternehmenszugehörigkeit die Betriebszugehörigkeit aufzugeben, so hat sein Vertragspartner, der Arbeitgeber, dies zu respektieren. Der Betriebsübergang ist von der Kündigung als solcher zu trennen. § 613a BGB kann nicht als Grundlage dafür verstanden werden, dass es für Arbeitgeber eine Art "Recht auf Betriebsübergang" gibt, worauf die umfangreichen rechtlichen Darlegungen der Beklagten hindeuten könnten. Vielmehr ist Zweck von § 613a BGB, Arbeitnehmer zu schützen, wenn sie in die Situation eines Betriebsübergangs kommen. Es ist auch unzulässig, den Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner weiteren Rechte von vorneherein allein aufgrund des Umstands zu beschränken, dass er dem Betriebsübergang widersprochen hat. So hat das BAG entschieden, dass auch widersprechende Arbeitnehmer an einer dadurch erforderlich werdenden Sozialauswahl zwecks Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung gleichberechtigt teilnehmen. Nur bei der Prüfung der sozialen Auswahlgesichtspunkte wären die Gründe für den Widerspruch zu berücksichtigen (BAG v. 22.4.2004, 2 AZR 244/03, NZA 2004, 1389). Letzteres Problem stellt sich vorliegend nicht, da unstreitig keine Vergleichsgruppe vorhanden ist und der Kläger aufgrund seiner herausgehobenen, singulären Stellung durch seinen Widerspruch die Beklagte nicht nötigt, andere Mitarbeiter an seiner Stelle zu kündigen.

2.

Die Abmahnung vom 28.11.2011 ist aus der Personalakte zu entfernen.

Einem Arbeitnehmer steht in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB bei einer ungerechtfertigten Abmahnung ein Anspruch auf Beseitigung und Rücknahme zu (vgl. BAG v. 12.8.2010, 2 AZR 593/09, NZA-RR 2011, 162; BAG v. 13.4.1988, 5 AZR 537/86, DB 1988, 1702). Befindet sie sich in der Personalakte, ist sie daraus zu entfernen (vgl. BAG v. 12.8.2010, 2 AZR 593/09, NZA-RR 2011, 162; BAG v. 5.8.1992, 5 AZR 531/91, DB 1993, 1677).

Eine Abmahnung ist ungerechtfertigt, wenn sie - alternativ - auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder auf Tatsachen, die vor Gericht nicht bewiesen werden können, unverhältnismäßig oder verwirkt ist oder trotz zutreffender Tatsachenfeststellung die Grenzen des vertraglichen Rügerechts überschreitet durch Formulierungen, die nicht zu billigende Überreaktionen, Ehrverletzungen, oder unsachliche Werturteile enthält oder nur vermeintliche Vertragsverstöße enthält, weil der Arbeitgeber eine unzutreffende rechtliche Wertung vorgenommen hat oder wenn kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. BAG v. 12.8.2010, 2 AZR 593/09, NZA-RR 2011, 162; BAG v. 11.12.2001, 9 AZR 464/00, DB 2002, 1507).

Vorliegend liegt nur ein vermeintlicher Vertragsverstoß vor. Die Weisung der Beklagten an den Kläger, ohne Zugriff auf seinen dienstlichen EDV-Arbeitsplatz einen Bericht zu verfassen, ist unwirksam. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Soll eine Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist sie gem. § 315 Abs. 3 BGB nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht.

Die von der Beklagten erklärte Anweisung hat die Grenze des billigen Ermessens überschritten. Es ist widersprüchlich, einerseits dem Arbeitnehmer den Zugang zu seinem angestammten oder überhaupt zu einem EDV-Arbeitsplatz zu verwehren, andererseits aber zu verlangen, er habe einen Bericht zu erstellen. Damit der Bericht über vorhandene Risiken eine einigermaßen belastbare Qualität bekommt, ist es erforderlich, dass der Kläger etwa vorhandene Erinnerungen anhand der EDV verifiziert. Dies entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und kann deshalb als gerichtsbekannt gelten. Der Kammer sind jedenfalls keine Leitungsfunktionen in Unternehmen der Art der Beklagten bekannt, die im Jahre 2011 ohne EDV ausgekommen wären. Die Beklagte hat nicht die Abgabe eines Einzeilers, z. B. im Sinne einer Fehlanzeige, gefordert, sondern einen Bericht. Auch wenn sie bewusst sich darauf beschränken wollte, dass der Kläger aus seiner Erinnerung einen Bericht schreibt, ist die Weisung gleichwohl unbillig. Gerade wenn es um Risiken geht, ist es von besonderer Bedeutung, dass die entsprechenden Angaben auch belegt oder zumindest verifiziert werden. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass der insoweit berichtende Arbeitnehmer einen solchen Bericht nur aufgrund einer sinnvollen Datenbasis verfassen möchte. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass eine Erklärung, die notwendigerweise mit der - sinngemäßen - Einleitung "Soweit ich mich erinnere, ohne dies konkret belegen zu können, hat sich folgendes ereignet: …" tatsächlich von Wert wäre.

Spätestens als der Kläger darauf hinwies, dass er die Aufgabe nur erfüllen wird, wenn er Zugriff auf die EDV bekommt, hätte die Beklagte dem nachkommen müssen. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten, das aus den genannten Gründen zu bestanden ist, kann sie ihrerseits nicht etwaige Äußerungen des Klägers in diesem Zusammenhang beanstanden.

3.

Entsprechendes gilt für die Abmahnung vom 2.12.2011. Auch in dieser Abmahnung wird wiederum Bezug genommen darauf, dass der Kläger bereits der ersten Weisung vom 28.9.2011 nicht nachgekommen ist. Wie ausgeführt, kann dies dem Kläger jedoch nicht vorgeworfen werden. Es ist unmöglich, einen abschließenden Bericht über eine Risikoeinschätzung abzugeben, wenn man bereits seit einer gewissen Zeit nicht mehr in dem entsprechenden Bereich tätig ist und keinen Zugriff auf die EDV hat.

II.

Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.

1.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen verlangen.

Nach dem Beschluss des Großen Senats des BAG vom 27.2.1985 (GS 1/84 = EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9) hat der gekündigte Arbeitnehmer auch außerhalb der Regelung der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei fristloser Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen.

Dieser Anspruch steht dem Kläger aufgrund der besonderen Umstände des Falles nicht zu.

Der Kündigungsschutzklage war wie ausgeführt deshalb stattzugeben, weil der Arbeitsplatz des Klägers gerade auf die I. übergegangen ist und die dortige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Beklagten zu 1) zuzurechnen ist. Wie ausgeführt, ist gerade dies der Grund dafür, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Bei dieser Sachlage ist die Erfüllung der Weiterbeschäftigungspflicht zur Zeit unzumutbar. Der Weiterbeschäftigung steht es als überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers entgegen, wenn tatsächlich eine Einsatzmöglichkeit fehlt (BAG v. 19.12.1985, 2 AZR 190/85, NZA 1986, 566; ErfK/Kiel, 12. Aufl., KSchG § 4 Rn. 43). Bevor der Kläger die Aufnahme seiner bisherigen Tätigkeit durchsetzen kann, ist der Beklagten zu 1) zuzugestehen, dass sie dies aufgrund eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses oder in sonstiger Weise durch faktische Einflussnahme bei der I. durchsetzt. Bevor ihr dies nicht gelingt, ist es der Beklagten nicht möglich, den Kläger weiter zu beschäftigen. Dies gilt jedenfalls bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Solange die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht rechtskräftig feststeht, überwiegt das Interesse der Beklagten, die Beschäftigung des Klägers bei dem Dritten noch nicht durchzusetzen.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er zu den bisherigen Bedingungen, etwa nach Ausübung eines Versetzungsrechts, in anderen Abteilungen bei der Beklagten zu 1) beschäftigt werden könnte. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers genügt hierfür nicht, auch wenn man berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer, der eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geltend macht, diese nur nach den ungefähren Grundlagen zu umschreiben hat und die Nennung eines konkreten Arbeitsplatzes nicht erforderlich ist (vgl. hierzu BAG v. 25.2.1988, 2 AZR 500/87, RzK I 5c Nr. 26; ErfK/Oetker, 12. Aufl., KSchG § 1 Rn. 264).

Auch diesen abgeschwächten Voraussetzungen genügt der Vortrag des Klägers jedoch nicht. Der Arbeitnehmer muss zumindest darlegen, wie er sich eine andere Beschäftigung vorstellt.

Wesentlich ist, dass der Kläger zunächst lediglich vorgetragen hat, dass für ihn bei der Beklagten ein Aufgabenbereich in Form einer Teilzeittätigkeit vorhanden sei. Soweit der Kläger sodann weiter darauf abstellt, dass wohl auch eine Beschäftigung in Vollzeit möglich ist, fehlt es an näheren Darlegungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst maßgeblich immer wieder mit dem Konzept der Installation eines Shared Service Center argumentiert hat. Sinn und Zweck eines Shared Service Center ist es aber gerade, dass die Tätigkeit der allgemeinen Verwaltung, deren Leitung dem Kläger oblag, auf dieses Shared Service Center übertragen wird. Demnach ist es geradezu atypisch, wenn eine entsprechende Einsatzmöglichkeit bei dem das Shared Service Center beauftragenden Unternehmen verblieben wäre. Angesichts dessen ist bereits für die Schlüssigkeit des Vortrags für das Vorliegen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu verlangen, dass diese im Einzelnen konkret dargetan wird. Es genügt nicht, dass lediglich Aufgaben genannt werden, in denen man tätig sein möchte. Denn das Vorhandensein von Aufgaben ist nicht gleichbedeutend mit einer Beschäftigungsmöglichkeit.

2.

Die Abberufung als Datenschutzbeauftragter ist zu Recht erfolgt.

Nach § 4f Abs. 3 S. 4 BDSG kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung von § 626 BGB, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden.

Als wichtige Gründe kommen insbesondere solche in Betracht, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden. Beispielsweise können ein Geheimnisverrat, eine dauerhafte Verletzung der Kontrollpflichten als Datenschutzbeauftragter oder die wirksame Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses ein wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung eines internen Beauftragen für den Datenschutz sein (BAG v. 23.3.2011, 10 AZR 562/09, NZA 2011, 1036).

Ein Widerruf kann aber auch erfolgen, wenn eine Bestellung gar nicht erst hätte erfolgen dürfen, z. B., wenn der Datenschutzbeauftragte nicht die gem. § 4f Abs. 2 S. 1 BDSG erforderliche Zuverlässigkeit im Rechtssinne aufweist. Dies folgt aus § 38 Abs. 5 S. 3 BDSG, der vorsieht, dass bei fehlender Zuverlässigkeit eine Abberufung verlangt werden kann. Hierbei handelt es sich um einen typisierten Unterfall des wichtigen Grundes (APS/Greiner, 4. Aufl., BDSG § 4f Rn. 7). Für eine Interessenkollision und damit gegen eine Zuverlässigkeit kann sprechen, wenn der Datenschutzbeauftragte auch arbeitsvertraglich mit Fragen der Informationstechnologie befasst ist (BAG v. 22.3.1994, 1 ABR 51/93, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 4).

Dementsprechend ist bei der Abgrenzung, wann die erforderliche Zuverlässigkeit wegen einer bestehenden Interessenkollision nicht mehr gegeben ist, entscheidend darauf abzustellen, ob die betroffene Person auch in ihrem Einsatzbereich als Arbeitnehmer damit betraut ist, für eine datenschutzkonforme Verarbeitung personenbezogener Daten zu sorgen. Denn nur in einer solchen Konstellation bestände die Gefahr, dass es bei einer parallelen Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben als Datenschutzbeauftragter, nämlich auf die Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Bestimmungen im Bereich personenbezogener Daten hinzuwirken (§ 4f Abs. 1 Satz 1 BDSG), im Ergebnis auf eine Kontrolle der eigenen Arbeit hinauslaufen würde (vgl. BAG, a. a. O.; LAG Hamm v. 8.4.2011, 13 TaBV 92/10, BeckRS 2011, 73602).

Genau dies ist aber bei dem Leiter der IT zu bejahen. Der Leiter der IT ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Vorgaben der Geschäftsleitung bestmöglich in deren Sinne umgesetzt werden. Damit unterliegt der Leiter der IT einem Weisungsrecht. Damit lässt es sich nicht vereinbaren, dass er diese Aufgaben gleichzeitig unabhängig und neutral und insbesondere weisungsfrei zu überwachen hat (vgl. § 4f Abs. 3 S. 2 BDSG). Im Zweifel ist auch der Leiter der IT derjenige, der den Datenschutzbeauftragten gem. § 4g Abs. 1 S. 3 Nr. 1, 2 Hs. BDSG über Vorhaben der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten rechtzeitig zu unterrichten hat. Diesem Unterrichtungsrecht, dem maßgebliche Bedeutung durch die Schaffung von Transparenz zukommt, könnte nicht entsprochen werden, wenn der Leiter der IT geltend machte, eine solche Unterrichtung sei entbehrlich, da er gleichzeitig Datenschutzbeauftragter ist. Von diesen Grundsätzen sind gem. § 4g Abs. 2a BDSG nur in kleineren Unternehmen Ausnahmen möglich.

3.

Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat beide Beklagte in Anspruch genommen. Hierauf haben die Beklagten hingewiesen, ohne dass der Kläger dies in Abrede gestellt hat. Beweggrund mag auch gewesen sein, dass der Kläger gerade der Ansicht war, jedenfalls als Datenschutzbeauftragter, auch für die Beklagte zu 2), weiterbeschäftigt werden zu können.

Hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages, der Anträge betreffend die Abmahnungen und den Antrag auf Weiterbeschäftigung war die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage bereits deshalb abzuweisen, da die Beklagte zu 2) unstreitig nicht Arbeitgeber des Klägers war.

Entsprechendes gilt für den Antrag auf Feststellung, dass die Abberufung als Datenschutzbeauftragter der Beklagten zu 1) unwirksam ist.

Der Antrag auf Feststellung, dass die Abberufung als Datenschutzbeauftragter der Beklagten zu 2) unwirksam ist, richtet sich im Unterschied dazu gerade gegen die Beklagte zu 2).

Wie ausgeführt, ist die Abberufung jedoch zu Recht erfolgt. Der Kläger selbst hat ausgeführt, dass die Beklagte zu 2) als Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) lediglich einen unternehmerischen Teilbereich abdeckt. Somit war der Kläger als IT-Leiter gleichermaßen für die IT-Belange der Beklagten zu 2) zuständig. Mithin ist die Abberufung aufgrund der bestehenden Interessenkollision zu Recht erfolgt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i. Verb. mit § 92 ZPO. Die Verteilung der Kosten entspricht der sog. "Baumbach’schen Formel", die im Hinblick auf den Ausschluss der Erstattung von Kosten für Prozessbevollmächtigte in § 12a ArbGG zu modifizieren war.

Der Streitwert ist gem. § 61 Abs. 1 ArbGG, § 3 ZPO, § 42 Abs. 3 GKG im Urteil festzusetzen. Er entspricht im Übrigen dem gem. § 63 Abs. 2 GKG für die Gerichtsgebühren festzusetzenden Gegenstandswert.

Die gem. § 64 Abs. 3a ArbGG im Urteilstenor geforderte Klarstellung, ob die Berufung gesondert zugelassen wird, konnte nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift wegen Bedeutungslosigkeit unterbleiben Denn jeder einzelne, nicht mehr teilbare Streitgegenstand - die Abberufung als Datenschutzbeauftragter wurde jeweils mit einem Monatsgehalt bewertet - hat einen Gegenstandswert von deutlich mehr als 600 €, so dass der Wert des Beschwerdegegenstands gem. § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG für jeden denkbaren Fall der Berufung erreicht wird.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Ludwig-Erhard-Allee 21

40227 Düsseldorf

Fax: 0211-7770 2199

eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

-Hagen-






ArbG Duisburg:
Urteil v. 05.03.2012
Az: 3 Ca 1986/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/be6d519cf913/ArbG-Duisburg_Urteil_vom_5-Maerz-2012_Az_3-Ca-1986-11




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