Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Februar 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 186/02

(BPatG: Beschluss v. 16.02.2004, Az.: 30 W (pat) 186/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Markeninhabers werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. August 2000 und 18. Juni 2002 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der Marke angeordnet worden ist.

Der Widerspruch aus der Marke 395 45 203 wird zurückgewiesen.

Bezüglich des Widerspruchs aus der Marke 396 31 365 werden die vorgenannten Beschlüsse für gegenstandslos erklärt.

Gründe

I.

Die Marke TROPIC ROYAL ist unter der Nummer 398 12 617 am 7. August 1998 ua für "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel; Verpflegung von Gästen" in das Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. September 1998.

Widerspruch erhoben hat am 20. November 1998 die Inhaberin der am 6. September 1996 für "Früchte- und Kräutertees" eingetragenen Marke 395 45 203 Tropics. Den ursprünglich auch aus der Marke 396 31 365 eingelegten Widerspruch hat die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Die Benutzung der Widerspruchsmarken ist im Beschwerdeverfahren bestritten worden (Schriftsatz vom 12. Februar 2004).

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Erst-Beschluß bezüglich der oben der genannten Waren und Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund der Widersprüche aus den Marken 395 45 203 und 396 31 365 angeordnet. Ausgehend insoweit von teils identischen, teils ähnlichen Waren und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken seien noch strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, denen die jüngere, allein durch den Bestandteil TROPIC geprägte Marke in klanglicher Hinsicht nicht gerecht werde. Im Übrigen sind die Widersprüche wegen fehlender Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit zurückgewiesen worden. Die Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke ist erfolglos geblieben.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt. Er hält mit näheren Ausführungen den Bestandteil TROPIC der angegriffenen Marke nicht für alleinprägend, weil er für Tee glatt beschreibend sei. Bei Vergleich der Marken insgesamt sei die Gefahr von Verwechslungen ausgeschlossen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. August 2000 und 18. Juni 2002 aufzuheben, soweit die teilweise Löschung der Marke angeordnet worden ist und auch insoweit die Widersprüche zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und regt vorsorglich an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Sie hält mit näheren Ausführungen die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für zutreffend. Insbesondere tritt sie der Auffassung entgegen, dass "Tropen" bzw "tropisch" für die hier maßgeblichen Waren eine schutzunfähige Angabe sei. Sie hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Marke 395 45 203 werde benutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet.

Gegenstand der Entscheidung ist nur noch der Widerspruch aus der Marke 395 45 203 Tropics. Nachdem die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung den Widerspruchs aus der Marke 396 31 365 zurückgenommen hat, waren insoweit zur Klarstellung die Beschlüsse der Markenstelle für gegenstandslos zu erklären.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st Rspr zB vgl BGH MarkenR 2002, 332, 333 - DKV/-OKV; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2000, 506, 508 - ATTA-CHÉ/TISSERAND jew mwN).

Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer deutlich reduzierten Kennzeichnungskraft und damit von einem deutlich unterdurchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Denn "Tropics" ist das englische Wort für "Tropen" (vgl Langenscheidts Großwörterbuch Englisch S 1168) und zur Beschreibung der maßgeblichen Waren geeignet. Unter "Tropen" versteht man die heiße Zone zu beiden Seiten des Äquators zwischen den Wendekreisen, die infolge des ganzjährig von der Senkrechten nur wenig abweichenden Sonnenstandes mit hohen Temperaturen gekennzeichnet ist und dementsprechend besondere tropische Pflanzen beheimatet. Für "Früchte- und Kräutertees", bei denen - wie auch die der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Beispiele zeigen - Mischungen mit tropischen Früchten und Kräutern gebräuchlich sind (zB Mango, Pfirsich, Maracuja, Jackfrucht, Passionsfrucht, Vanille, Minze, Ingwer, Yasmin, Süßholz, Hibiscus), ist "Tropen" insoweit ein Oberbegriff und daher als Hinweis auf die Beschaffenheit des Tees geeignet. Soweit die Widersprechende meint, dass Tropics nur unter gedanklicher Hinzufügung des Wortes "Tee" beschreibende Anklänge eröffne, kann dem nicht gefolgt werden. Soweit im Rahmen der Beurteilung der Kennzeichnungskraft einer Marke ihre Schutzfähigkeit geprüft wird, erfolgt dies stets hinsichtlich der in Rede stehenden Waren und nicht losgelöst hiervon, und erfordert insbesondere nicht die Nennung der Ware im Zeichen (vgl § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG).

Auch wenn - ungeachtet der aufgeworfenen Benutzungsfragen (die Nichtbenutzungseinrede ist verspätet, vgl BPatG GRUR 1999, 350, 352 Ruoc/ROC) - zu Gunsten der Widersprechenden von identischen und eng ähnlichen Waren - ausgegangen wird, ist Verwechslungsgefahr zu verneinen. Bei Anlegung nicht mehr ganz strenger Maßstäbe ist ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand in jeder Hinsicht gewahrt.

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken klar und unverwechselbar in allen für die Beurteilung des Gesamteindrucks wesentlichen Kriterien; die angegriffene Marke besteht aus zwei Wörtern und vier Sprechsilben im Vergleich zur aus einem Wort gebildeten, zweisilbigen Widerspruchsmarke. Im Schriftbild ist die sich daraus ergebende unterschiedliche Länge der Vergleichswörter nicht zu übersehen. Auch wenn die Widerspruchsmarke - formal betrachtet - in der angegriffenen Marke enthalten ist, führt dies nicht zur Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr. Solches würde abweichend von dem Grundsatz, daß ein Elementenschutz dem Markenrecht fremd ist (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 9 Rdn 368), nur dann in Betracht kommen, wenn der Bestandteil TROPIC die angegriffene Marke allein kollisionsbegründend prägen würde. Für die Prägung des Gesamteindrucks kommen kennzeichnungsschwache bzw schutzunfähige Bestandteile nicht in Betracht; ebensowenig kann von einer Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil ausgegangen werden, wenn sich dieser nur als gleichwertig mit anderen Markenbestandteilen darstellt (vgl Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdn 376 mwN). Eine selbständig kollisionsbegründende Wirkung kommt TROPIC nicht zu. Denn "tropic" ist - neben der Bedeutung von "Wendekreis" - im Englischen (neben tropical) ein Adjektiv mit der Bedeutung "tropisch" (vgl Webster's Third New International Dictionary S 2452). Es ist insoweit dem inländischen Publikum sogar wegen seiner weitgehenden Übereinstimmung mit tropisch leichter verständlich als tropical und ebenso wie das Substantiv "Tropen" zur Beschreibung der maßgeblichen Waren geeignet, was hier eine allgemeine Kennzeichnungsschwäche indiziert. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Zwar trifft es zu , dass das Wort "royal" vielfach als Hinweis auf eine gehobene Produktqualität verwendet wird, wie auch die Nachweise der Markenstelle zeigen. Dies begründet aber nicht eine Prägung des Zeichens durch den Markenteil TROPIC, sondern macht ihn gleichgewichtig. Denn zwischen zwei beschreibenden Adjektiven besteht im Regelfall kein deutlicher Rangunterschied.

Verwechslungsgefahr scheidet damit aus, mit der Folge, dass der Widerspruch aus der Marke 395 45 203 zurückzuweisen ist.

Anhaltspunkte dafür, daß aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen keine Gründe vor (§ 83 Abs 2 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
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Az: 30 W (pat) 186/02


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