Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Februar 2002
Aktenzeichen: 10 W (pat) 60/01

(BPatG: Beschluss v. 04.02.2002, Az.: 10 W (pat) 60/01)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G06 T des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. September 2001 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmelderin reichte am 27. April 2001 beim Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zum Anzeigen dreidimensionaler Daten als Kombination dreier Schnittbilder, Speichermedium auf welchem ein computerlesbares Programm zum Ausführen des Verfahrens gespeichert ist sowie computerlesbares Programm zum Ausführen des Verfahrens" ein und nahm dabei ua die Priorität der japanischen Anmeldung 2000-129629 vom 28. April 2000 in Anspruch.

In der Bibliographie-Mitteilung vom 24. August 2001, die die Anmelderin, wie sie angibt, am 4. September 2001 erhalten hat, ist die Zeile "Weitere Anforderungen" angekreuzt und ua der handschriftliche Zusatz enthalten: "Priobelege fehlen, bitte fristgerecht nachreichen".

Am 17. September 2001 ging die Abschrift zu der oben genannten Voranmeldung beim Patentamt ein.

Durch Beschluß vom 27. September 2001 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patent- und Markenamts festgestellt, daß die beantragte ausländische Priorität vom 28. April 2000, Japan 2000-129629, unwirksam sei, da die Abschrift der Voranmeldung erst am 17. September 2001 eingereicht und die 16-Monatsfrist somit nicht eingehalten worden sei.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben und gleichzeitig Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der Abschrift der früheren ausländischen Anmeldung gemäß § 41 Abs 1 PatG gestellt und diesen begründet. Hinsichtlich der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird Bezug genommen auf Blatt 7 bis 21 der Gerichtsakte.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T vom 27. September 2001 aufzuheben.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zu einer Zurückverweisung der Sache an das Patent- und Markenamt, § 79 Abs 3 Nr 2 PatG, weil das Verfahren vor dem Patentamt an einem wesentlichen Mangel leidet. Der angefochtene Beschluß ist unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ergangen.

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art 103 Abs 1 GG, beinhaltet, daß die Entscheidung nur auf die Gründe gestützt werden darf, zu denen Gehör gewährt worden ist (vgl Schulte, PatG, 6. Aufl, vor § 34 Rdn 214). Er gilt im Verfahren vor dem Patentamt nicht nur dort, wo der Anspruch auf rechtliches Gehör ausdrücklich im Patentgesetz noch einmal wiederholt worden ist (§§ 42 Abs 3 Satz 2, 48 Satz 2 PatG), sondern rechtliches Gehör ist vor allen Entscheidungen, die Rechte Beteiligter berühren können, zu gewähren (vgl Schulte, aaO, vor § 34 Rdn 203), mithin auch vor der Entscheidung über die Verwirkung des Prioritätsanspruchs nach § 41 Abs 1 Satz 3 PatG.

Diesem Grundsatz ist hier nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Denn die Prüfungsstelle hat, nachdem die Abschrift der japanischen Anmeldung 2000-129629 am 17. September 2001 eingegangen war, sofort Beschluß gefaßt und darin ihre Entscheidung über die Unwirksamkeit der Prioritätsinanspruchnahme auf die verspätete Einreichung der Abschrift der Voranmeldung gestützt, ohne daß sie zuvor der Anmelderin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte. Der Zusatz auf der Bibliographie-Mitteilung vom 24. August 2001, mit dem zur fristgerechten Einreichung der Priobelege aufgefordert worden ist, hat hierzu nicht genügt, denn zu diesem Zeitpunkt haben die Unterlagen noch nicht vorgelegen. Auch wenn die verspätete Einreichung angesichts des Ausmaßes der Fristüberschreitung vorliegend offensichtlich zu sein scheint, ist die Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Entscheidung unverzichtbar. Auch in solchen Fällen müssen die Beteiligten prüfen können, ob eine Verspätung vorliegt und insbesondere ob sie trotz der Verspätung an ihrem Begehren festhalten möchten, was, wie der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag zeigt, hier der Fall ist.

Der Senat hat es aufgrund dieses Verfahrensmangels für sachgerecht erachtet, die Sache an das Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, mit der Folge, daß es auch in die Lage versetzt ist, erstinstanzlich über den gestellten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden.

Schülke Püschel Schuster Na






BPatG:
Beschluss v. 04.02.2002
Az: 10 W (pat) 60/01


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