Landgericht Köln:
Urteil vom 12. Januar 2006
Aktenzeichen: 84 O 74/05

(LG Köln: Urteil v. 12.01.2006, Az.: 84 O 74/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Köln hat in einem Urteil vom 12. Januar 2006 (Aktenzeichen 84 O 74/05) die Klage abgewiesen. Die Klägerin, ein Krankentransportunternehmen, hatte die Beklagte verklagt, da diese ohne die erforderliche behördliche Genehmigung Krankentransporte im Stadtgebiet von Köln durchgeführt hatte. Die Klägerin sah darin eine wettbewerbswidrige Handlung und forderte Unterlassung sowie Schadensersatz. Die Beklagte argumentierte, dass die genannten Vorschriften des RettG NRW nicht wettbewerbsbezogen seien und daher nicht unter das UWG fallen würden. Das Gericht stimmte der Beklagten zu und wies die Klage ab. Es stellte fest, dass die Vorschriften des RettG NRW lediglich Marktzutrittsregelungen seien und keine unlauteren Wettbewerbshandlungen darstellten. Die Genehmigungspflicht diene in erster Linie dem Schutz des öffentlichen Rettungsdienstes. Das Gericht betonte, dass das UWG nicht dazu diene, Märkte vor dem Zutritt weiterer Wettbewerber abzuschotten, sondern lediglich unlautere Verhaltensweisen zu unterbinden, die den bestehenden Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber oder Verbraucher beeinträchtigen können. Daher könne die Klägerin keinen Anspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG geltend machen. Die Klage wurde daher abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch kann die Klägerin die Vollstreckung durch die Beklagte abwenden, indem sie eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages erbringt oder die Beklagte ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Streitwert wurde auf 15.678,05 € festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Köln: Urteil v. 12.01.2006, Az: 84 O 74/05


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

Tatbestand

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Krankentransportunternehmen, das über mehrere Krankentransportfahrzeuge verfügt, die es mit behördlicher Genehmigung nach §§ 18, 22 RettG NRW im Stadtgebiet von Köln einsetzt. Die Beklagte ist ein entsprechendes Unternehmen mit Betriebssitz in München.

Die Beklagte nahm am 20. 3. 2005 eine Patientin im Stadtgebiet von Köln zum Transport mit einem Krankentransportwagen nach München auf. Der Transport war zunächst von einem Angehörigen der Patientin bei der Klägerin bestellt worden, die daraufhin die Krankenkasse der Patientin, die DAK in Köln, um Genehmigung der Fahrt zu einem Preis von € 2.000,00 gebeten hatte. Diese hatte sodann bei der Leitstelle der Beklagten in München angefragt und ein Kostenangebot eingeholt. Da dieses unter dem von der Klägerin geforderten Betrag lag, erteilte die Krankenkasse den Auftrag für die Durchführung des Transports an die Beklagte.

Die Klägerin sieht den von der Beklagten durchgeführten Transport gemäß § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbswidrig an, weil die Beklagte die behördliche Genehmigung nach §§ 18, 22 RettG NRW für das Stadtgebiet von Köln nicht besitzt. Sie fordert deshalb von der Beklagten Unterlassung entsprechender Krankentransportfahrten sowie Schadensersatz. Den ihr entgangenen Gewinn beziffert sie auf € 400,00; daneben macht sie € 278,05 an nicht anrechnungsfähigen Rechtsanwaltskosten geltend, die im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 18. 4. 2005 entstanden waren.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zur Höhe von € 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Patienten im Stadtbereich von Köln mit Krankentransportwagen aufzunehmen, wenn hierfür keine entsprechende Genehmigung nach dem Rettungsgesetz NRW gemäß §§ 18, 22 RettG NRW besteht;

2. an die Klägerin € 400,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. 4. 2005 zu zahlen;

3. an die Klägerin weitere € 278,05 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. 4. 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Ansicht der Beklagten bestehen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nicht, weil die Vorschriften des RettG NRW, auf die sich die Klägerin beruft, nicht wettbewerbsbezogen seien; bei den Vorschriften handele es sich um Marktzutrittsregelungen, so dass Verstöße hiergegen nicht unter § 4 Nr. 11 UWG fallen würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG besteht nicht. Die von der Klägerin angegriffene Zuwiderhandlung richtet sich nicht gegen eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Sie richtet sich vielmehr gegen eine Marktzutrittsregelung. Verstöße gegen reine Marktzutrittsregelungen fallen nicht unter § 4 Nr. 11 UWG und können auch nicht über die Generalklausel des § 3 UWG erfaßt werden, weil es nicht die ordnungspolitische Aufgabe des UWG ist, Märkte vor dem Zutritt weiterer Wettbewerber abzuschotten; dem UWG geht es lediglich darum, unlautere Verhaltensweisen auf einem Markt zu unterbinden, die geeignet sind, den bestehenden Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer zu beeinträchtigen (vgl. Köhler in Baumbach/Hefermehl, UWG, 24. Aufl., § 4, Rdnr. 11.44).

Bei der Genehmigungspflicht gemäß §§ 18ff. RettG NRW ist zu unterscheiden zwischen der Genehmigung gemäß § 19 Abs. 1, deren Gegenstand die Gewährleistung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes sowie die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung des Unternehmens und der für die Führung der Geschäfte bestellten Person ist, und der Genehmigung, die gemäß § 22 Abs. 1 für die Ausübung von Notfallrettung und Krankentransport nur in einem bestimmten Betriebsbereich erteilt wird. Hinsichtlich der in § 19 Abs. 1 RettG NRW aufgeführten Voraussetzungen verfügt die Beklagte über die auch nach dem BayRDG erforderlichen Genehmigungen, wobei - was zwischen den Parteien nicht im Streit ist - die Anforderungen dieses Gesetzes an die Qualität des Unternehmens nicht geringer sind als die des RettG NRW. Nur dieser Bereich der Genehmigungspflicht regelt zugleich auch ein Marktverhalten und dient aufgrund der Voraussetzungen, an die eine Genehmigung geknüpft wird, der Gesundheitsfürsorge.

Anders verhält es sich mit §§ 22 Abs. 1, 23 RettG NRW, wonach die Genehmigung nur für einen bestimmten Betriebsbereich erteilt wird und wonach Unternehmen, die eine § 19 Abs. 1 RettG NRW entsprechende Genehmigung für die Durchführung von Krankentransporten für andere Betriebsbereiche besitzen, beim Krankentransport Beförderungen mit Ausgangspunkt in dem betreffenden Betriebsbereich nicht vornehmen dürfen, wenn sie die Genehmigung nicht eben auch für diesen bestimmten Betriebsbereich haben. Zweck dieser Vorschriften ist es nicht, anderen privaten Unternehmern, die für den betreffenden Betriebsbereich die Genehmigung besitzen, ihr Auskommen zu sichern und sie vor Wettbewerbern zu schützen. Wie sich aus § 19 Abs. 4 RettG NRW ergibt, dient diese Beschränkung des Marktzutritts allein dem öffentlichen Rettungsdienst. Denn gemäß dieser Vorschrift ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst i.S.v. § 6 RettG (der die Trägerschaft von Kreisen, kreisfreien Städten und großen kreisangehörigen Städten bezüglich des Rettungsdienstes bestimmt) beeinträchtigt wird, wobei insbesondere die Pflicht zur flächendeckenden Vorhaltung und die Auslastung des öffentlichen Rettungsdienstes im vorgesehenen Betriebsbereich zu berücksichtigen ist und bei der Verträglichkeitsprüfung auf die Entwicklung der Einsatzzahlen und der Kosten- und Ertragslage des Rettungsdienstes abzustellen ist.

Hiernach dient die Genehmigungspflichtigkeit, soweit sie sich nur auf einen bestimmten Betriebsbereich bezieht, dem Schutz des öffentlichen Rettungsdienstes, zu dem die Klägerin nicht zählt, und nicht dem Schutz privater Krankentransportunternehmen vor Konkurrenz. Es handelt sich also insoweit um eine reine Marktzugangsregelung, aufgrund der der Markt allein zugunsten des öffentlichen Rettungsdienstes abgeschottet werden soll. Ein Verstoß hiergegen begründet keinen Anspruch eines Wettbewerbers gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

Durch die jetzige gesetzliche Regelung ist die Rechtsprechung des BGH festgeschrieben worden, der in seiner Entscheidung vom 25. 4. 2002 - Elektroarbeiten - (in GRUR 2002, 825ff.) zum früheren § 1 UWG ausgeführt hatte: "Ein Anspruch aus § 1 UWG ist nicht schon immer dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müsste. Als Grundlage deliktsrechtlicher Ansprüche von Wettbewerbern bezweckt § 1 UWG nur den Schutz vor unlauterem Wettbewerb. Es ist nicht Sinn des § 1 UWG, den Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, dass ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs gehört, ist vielmehr jede Belebung des Wettbewerbs ... grundsätzlich erwünscht."

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert € 15.678,05






LG Köln:
Urteil v. 12.01.2006
Az: 84 O 74/05


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