Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Dezember 2004
Aktenzeichen: 15 W (pat) 304/03

(BPatG: Beschluss v. 09.12.2004, Az.: 15 W (pat) 304/03)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:

Ansprüche 1-4 und Beschreibung Spalten 1-5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung sowie 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 gemäß DE 199 15 868 C2.

Gründe

I Auf die am 8. April 1999 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 199 15 868 (Streitpatent) mit der Bezeichnung:

"Verfahren zur Herstellung eines gemusterten Linoleumflächengebildes"

mit fünf Verfahrensansprüchen und vier Sachansprüchen erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 20. Juni 2002.

Die erteilten Verfahrensansprüche 1 bis 5 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung eines gemusterten Linoleumflächengebildes, welches die Schritte - Aufstreuen mindestens einer Sorte von ein- oder mehrfarbigen Mischmassepartikeln auf mindestens eine Seite eines ein- oder mehrfarbigen Linoleumwalzfells,

- im wesentlichen verzugsfreies Einpressen der Mischmassepartikel in das Linoleumwalzfell und - Schneiden des durch Aufstreuen und Einpressen von Mischmassepartikeln ausgerüsteten Linoleumwalzfells, Legen des geschnittenen Linoleumwalzfells zu einem schuppenförmigen Fellpaket und anschließend Auswalzen des schuppenförmigen Fellpakets zu einem mustergebenden Fellumfaßt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Linoleumwalzfell beidseitig mit Mischmassepartikeln bestreut wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Partikel mittels einer Mangel oder eines anderen Presswerkzeugs in das Linoleumfell eingedrückt werden.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein unifarbenes, marmoriertes oder jaspiertes Linoleumwalzfell verwendet wird.

5. Verfahren einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Zusammensetzung der Mischmassepartikel verwendet wird, welche einen geringeren Anteil Linoleumzement aufweist als das Linoleumwalzfell."

Gegen die Patenterteilung hat die Firma F...in A... (N... ) Einspruch erhoben. Sie ist der Meinung, daß der Patentgegenstand we der neu noch erfinderisch sei. Sie stützt sich dabei auf folgenden Stand der Technik:

(1) DE 197 30 954 A1

(2) US 29 87 104

(3) Linoleum - Geschichte, Design, Architektur 1882-2000, Hatje Cantz Verlag 2000, Seiten 51 und 58 bis 65,

(4) Archivmaterial der Forbo-Linoleum B.V. 1960/61 und undatiertes Archivmaterial,

(5) Kollektionsbuch 1960/61 der Linoleum Krommenie Nr 14, Mustertypen 3048 und 3060 bis 3067 Holland Granite,

(6) Kollektionsbuch der Firma Sarlino (Reims) Mustertypen Linoleum etoilè 637 - 638 - 641 - 642 - 643,

(7) F. Fritz, Das Linoleum und seine Fabrikation, Berlin, 1925, Seiten 300 bis 301 (mit vergrößerter Darstellung der Abbildung 63).

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden entgegen. Sie überreicht in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 4, die die erteilten Patentansprüche 1 bis 9 ersetzen sollen. Diese Patentansprüche lauten:

"1. Verfahren zur Herstellung eines gemusterten Linoleumflächengebildes, welches die Schritte - Aufstreuen mindestens einer Sorte von ein- oder mehrfarbigen Mischmassepartikeln, wobei eine Zusammensetzung der Mischmassepartikel verwendet wird, welche einen geringeren Anteil Linoleumzement aufweist als das Linoleumwalzfell, auf mindestens eine Seite eines ein- oder mehrfarbigen Linoleumwalzfells,

- im wesentlichen verzugsfreies Einpressen der Mischmassepartikel in das Linoleumwalzfell und - Schneiden des durch Aufstreuen und Einpressen von Mischmassepartikeln ausgerüsteten Linoleumwalzfells, Legen des geschnittenen Linoleumwalzfells zu einem schuppenförmigen Fellpaket und anschließend Auswalzen des schuppenförmigen Fellpakets zu einem mustergebenden Fellumfaßt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Linoleumwalzfell beidseitig mit Mischmassepartikeln bestreut wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Partikel mittels einer Mangel oder eines anderen Preßwerkzeugs in das Linoleumfell eingedrückt werden.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein unifarbenes, marmoriertes oder jaspiertes Linoleumwalzfell verwendet wird."

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß den Ansprüchen 1-4 und Beschreibung Spalten 1-5, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-3 gemäß DE 199 15 868 C2.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren aufgrund mündlicher Verhandlung gemäß § 78 und § 147 Absatz 3 PatG.

III Der zulässige Einspruch hat insoweit Erfolg, daß das Patent beschränkt wurde.

1. Die ursprüngliche Offenbarung der geltenden Patentansprüche ist gegeben. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 5 und 6 offenbart, die Patentansprüche 2 bis 4 sind identisch mit den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 4. In der Patentschrift finden sich die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 in den Ansprüchen 1 und 5, während die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 identisch sind mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 4.

Die Einsprechende sieht es als Mangel der offenbarten Lehre an, daß das im Patentanspruch 1 angegebene Merkmal 3 (verzugsfreies Einpressen der Mischmassepartikel in das Linoleumwalzfell) nur in Verbindung mit dem Linoleumfell, nicht aber in Verbindung mit der Deckschicht, bzw. Matrix offenbart sei. Sie übersieht jedoch dabei, daß in der ursprünglichen Beschreibung die ungerichteten (d.h. verzugsfreien) farbigen Linoleumpunkte sowohl in der Deckschicht, bzw. Matrix als auch in der Oberflächenschicht angesprochen sind (vgl. ursprüngliche Beschreibung S 5 Z 9 ff und S 4 Z 27 bis 30, bzw. Patentschrift Abs 0019, 0020 und 0016).

Die Einsprechende ist außerdem der Meinung, daß der Begriff "geringerer Anteil Linoleumzement" im Merkmal 2 ohne Zahlenangabe nicht unterscheidungskräftig sei. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß der Begriff "geringer" hier keine Zahlenangabe ersetzen soll, sondern nur, für den Fachmann verständlich, ausdrücken soll, daß die eingestreuten Partikel "weniger" Linoleumzement enthalten als das Linoleumwalzfell (vgl. ursprüngliche Beschreibung S 3 Z 4 bis 11 und Patentschrift Abs 0011). Die geltenden Patentansprüche sind daher zulässig.

2. Mit der Erfindung soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren zur Herstellung eines Linoleumflächengebildes, welches eine größere Variationsbreite der Musterung des herzustellenden Linoleumflächengebildes erlaubt, sowie ein derartig hergestelltes Linoleumflächengebilde bereitzustellen. Dabei sollen vorzugsweise bereits vorhandene Herstellungsanlagen zur Herstellung verwendet werden können.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Aufstreuen mindestens einer Sorte von ein- oder mehrfarbigen Mischmassepartikeln auf mindestens eine Seite eines ein- oder mehrfarbigen Linoleumwalzfells, wobei 2. eine Zusammensetzung der Mischmassepartikel verwendet wird, welche einen geringeren Anteil Linoleumzement aufweist als das Linoleumwalzfell, 3. im wesentlichen verzugsfreies Einpressen der Mischmassepartikel in das Linoleumwalzfell und 4. Schneiden des durch Aufstreuen und Einpressen von Mischmassepartikeln ausgerüsteten Linoleumwalzfells, 5. Legen des geschnittenen Linoleumwalzfell zu einem schuppenförmigen Fellpaket und 6. anschließend Auswalzen des schuppenförmigen Fellpakets zu einem mustergebenden Fell.

4. Die Neuheit des beanspruchten Verfahrens gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist gegeben und wird auch von der Einsprechenden nicht mehr bestritten, da in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ein Verfahren offenbart ist, das alle anspruchsgemäßen Merkmale in sich vereint. Insbesondere ist keiner dieser zum Stand der Technik genannten Druckschriften das Merkmal 2 zu entnehmen (unterschiedlicher Linoleumzementanteil in den Mischmassepartikeln und in Linoleumwalzfell).

5. Das beanspruchte Verfahren beruht auch auf der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit. Der nächstliegende Stand der Technik ist in (2) US 29 87 104 beschrieben. Denn auch dort, insbesondere in Figur 1, wird ein Verfahren zur Herstellung eines gemusterten Linoleumflächengebildes beschrieben. Bei diesem bekannten Verfahren wird mindestens eine Sorte von einfarbigen Partikeln auf einer Seite eines einfarbigen Linoleumwalzfells aufgestreut (Merkmal 1; (2) Sp 9 Z 50 bis 66). Auch dort werden die Artikel im wesentlichen verzugsfrei in das Linoleumwalzfell eingepreßt (Merkmal 3; (2) Sp 10 Z 1 bis 7). Dabei werden auch die von der Patentinhaberin als allgemein bekannt genannten Weiterverarbeitungsschritte, Merkmale 4 bis 6 - Schneiden des Linoleumwalzfells, Legen der geschnittenen Felle zu einem schuppenförmigen Fellpaket und anschließendes Auswalzen des Fellpakets - in (2) angesprochen (vgl. Sp 9 Z 16 bis 21).

Jedoch ist dieser US-Patentschrift (2) kein Hinweis zu Merkmal 2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents zu entnehmen, nach dem die Zusammensetzung der Mischmassepartikel einen geringeren Anteil an Linoleumzement aufweist als das Linoleumwalzfell. Da auch in den weiter entfernt liegenden entgegengehaltenen Druckschriften (1) und (3) bis (7) kein Hinweis auf dieses Merkmal 2, d.h. auf die Wirkung unterschiedlicher Linoleumzementanteile in Mischmassepartikeln und Linoleumwalzfell zu finden ist, und dieses Merkmal nicht platt selbstverständlich ist, kann auch eine Zusammenschau aller Entgegenhaltungen nicht zum beanspruchten Verfahren führen. Das beanspruchte Verfahren beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1, über dessen gewerbliche Verwertbarkeit keine Zweifel bestehen, ist daher patentfähig. Damit sind auch die Patentansprüche 2 bis 4 gewährbar, die vorteilhafte Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens betreffen.

Kahr Jordan Klante Egerer Pü/Na






BPatG:
Beschluss v. 09.12.2004
Az: 15 W (pat) 304/03


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