Verwaltungsgericht Münster:
Urteil vom 24. Oktober 2008
Aktenzeichen: 1 K 2113/07

(VG Münster: Urteil v. 24.10.2008, Az.: 1 K 2113/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Mitglied des Beklagten. Sie wendet sich gegen eine Beteiligung des Beklagten an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG und gegen die Bildung eines Reservefonds.

Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der öffentlich- rechtlichen Kreditinstitute in Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2002 (im Folgenden: Neuregelungsgesetz; GV. NRW. S. 284) wurden die bisher von der WestLB als Anstalt des öffentlichen Rechts wahrgenommenen Funktionen als Staats- und als Geschäftsbank aufgespalten. Die neu gegründete Landesbank Nordrhein-Westfalen übernahm die Aufgaben einer Staats- und Kommunalbank (Art. 3 § 58 Abs. 1 Neuregelungsgesetz). Das Betreiben bankmäßiger Geschäfte aller Art und die Aufgaben einer Sparkassenzentral- und Kommunalbank übernahm die zum 1. August 2002 gegründete WestLB AG (§ 2 Absätze 1 und 2 der Satzung der WestLB AG). Als Gründer der WestLB AG gilt die Landesbank Nordrhein-Westfalen, die auch das Grundkapital übernahm (Art. 1 § 8 Abs. 2 Neuregelungsgesetz).

Die Landesbank Nordrhein-Westfalen stand zunächst in der Trägerschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (zu 43,164 %), des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands (RSGV, zu 16,666 %), des Beklagten (zu 16,666 %), des Landschaftsverbands Rheinland (LVR, zu 11,752 %) und des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL, zu 11,752 %; Art. 3 § 59 Abs. 1 Neuregelungsgesetz).

Die Gewährträger - mit Ausnahme des Landes Nordrhein-Westfalen - erhielten durch das Neuregelungsgesetz jedoch das Recht, aufgrund einer Vereinbarung aller Gewährträger unter Übertragung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten auf die Landesbank Nordrhein-Westfalen aus dem Kreis der Gewährträger der Landesbank Nordrhein-Westfalen auszuscheiden und statt dessen einen dem Wert ihrer jeweiligen Gewährträgerschaft an der Landesbank Nordrhein-Westfalen entsprechenden Anteil am Grundkapital der WestLB AG zu erhalten (Art. 3 § 59 Abs. 5 Satz 1 Neuregelungsgesetz). Der Anteil der Landesbank Nordrhein-Westfalen an der WestLB AG sollte sich dementsprechend verringern (Art. 3 § 59 Abs. 5 Satz 2 Neuregelungsgesetz).

Bereits am 12. Dezember 2001 hatten die (künftigen) Träger der Landesbank Nordrhein-Westfalen mit der WestLB eine Vereinbarung über die Ausübung dieses Optionsrechts getroffen. Danach sollten der Landschaftsverband Rheinland, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der Rheinische Sparkassen- und Giroverband und der Beklagte berechtigt sein, als Träger aus der (künftigen) Landesbank Nordrhein-Westfalen unter Übertragung ihres jeweiligen Trägeranteils auf die Landesbank Nordrhein-Westfalen auszuscheiden. Als Abfindung sollten der Beklagte und der Sparkassen- und Giroverband Rheinland im Falle der Ausübung ihres Rechts jeweils einen Anteil an der WestLB AG in Höhe von 14,661 % erhalten (§ 1 Abs. 1 und 4 der Vereinbarung). Diese Vereinbarung wurde durch die Landesbank Nordrhein-Westfalen unter dem 10. Dezember 2002 bestätigt. Zum 31. März 2004 wurde die Landesbank Nordrhein-Westfalen zur NRW.BANK umstrukturiert.

In den Jahren 2002 und 2003 wurden große finanzielle Probleme der WestLB AG bekannt.

Im Jahr 2004 beabsichtigte der Beklagte, sein Optionsrecht auszuüben und sich an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG zu beteiligen. In der Verbandsversammlung am 21. April 2004 wurde der Ausübung der Option durch den Verbandsvorsteher, die Beteiligung an der NRW.BANK gegen 14,661 % der Anteile an der WestLB AG zu tauschen, zugestimmt. Ferner wurde der Beschlussvorschlag

´"Die westfälischlippischen Sparkassen stehen der Beteiligung an einer Kapitalmaßnahme bei der WestLB AG grundsätzlich positiv gegenüber. ..."

bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen - darunter die der Klägerin - angenommen.

Am 16. Juni 2004 beschloss die Verbandsversammlung bei vier Gegenstimmen - darunter die der Klägerin - und drei Enthaltungen, sich unter bestimmten Voraussetzungen an einer allein von ihm und dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband getragenen Kapitalerhöhung bei der WestLB AG in Höhe von insgesamt 1,5 Mrd. Euro mit einem Betrag von 750 Mio. Euro zu beteiligen und diesen Betrag fremd zu finanzieren.

Nach Durchführung der Kapitalerhöhung sollten der Beklagte und der Rheinische Sparkassen- und Giroverband ca. 60 % der Anteile an der WestLB AG halten.

Den Betrag von 750 Mio. Euro erhielt der Beklagte durch die Begebung von Anleihen, und zwar von 15.000 Teilschuldverschreibungen mit einem Nennwert von je 50.000,- Euro. Die Schuldverschreibungen haben eine Laufzeit von zehn Jahren (vom 24. September 2004 bis zum 24. September 2014) und weisen einen Nominalzinssatz von jährlich 4,375 % bei einem Ausgabepreis von 99,176 % auf. Die Kosten der Fremdfinanzierung werden durch eine zusätzliche jährliche Umlage der Mitgliedssparkassen aufgebracht. Der Anteil der einzelnen Mitgliedssparkasse richtet sich nach der jeweiligen geprüften Bilanzsumme.

Am 29. Juni 2004 schlossen der Rheinische Sparkassen- und Giroverband, der Beklagte, der Landschaftsverband Rheinland, der Landschaftsverband Westfalen- Lippe, das Land Nordrhein-Westfalen, die NRW.BANK und die WestLB AG eine Konsortialvereinbarung, in der unter anderem die Durchführung der Kapitalerhöhung geregelt wurde.

Mit Wirkung zum 1. Juli 2004 schied der Beklagte als Gewährträger der NRW.BANK aus und erhielt eine Beteiligung an der WestLB AG in Höhe von 14,661 %. Nach Durchführung der Kapitalerhöhung hielten der Beklagte und der Rheinische Sparkassen- und Giroverband an der WestLB AG einen Anteil von jeweils 30,625 %. Inzwischen sind sie mit jeweils 25,154 % an der WestLB AG beteiligt.

Bereits im Juni 2004 hatte die Ratingagentur T. & Q. zu erkennen gegeben, der WestLB AG ein Rating im „A"-Bereich nur dann zu erteilen, wenn seitens der nordrheinwestfälischen Sparkassen- und Giroverbände ein weiteres „materiell unterlegtes Zeichen der Verbundenheit" erfolge. In einem darauf folgenden Gespräch mit den Vorstandsvorsitzenden der NRW.BANK und der WestLB AG sowie dem Verbandsvorsteher des Beklagten und des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands hatte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht T1. vor den Folgen einer Bewertung der WestLB AG unterhalb des Bereichs „A" gewarnt und für diesen Fall bankaufsichtliche Schritte nicht ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund beschloss die Verbandsversammlung am 21. Juli 2004 bei vier Gegenstimmen, im Falle der Zusage eines „A"-Ratings einen Reservefonds mit einem Gesamtvolumen von 500 Mio. Euro als unselbständiges Sondervermögen des Beklagten zu bilden, der in Höhe von 250 Mio. Euro durch jährliche Einzahlungen der WestLB AG in Höhe von 12,5 Mio. Euro und jährliche Einzahlungen des Beklagten in Höhe von 12,5 Mio. Euro sowie aus Zinszahlungen für die Fondsmittel des bereits bestehenden Sparkassenunterstützungsfonds aufgebracht werden soll. In Höhe des Restbetrags besteht eine Nachschusspflicht. Seit 2007 beteiligt sich die Westdeutsche Immobilienbank (WIB) an der Dotierung des Reservefonds mit jährlich 1,5 Mio. Euro, so dass sich die jährlichen Einzahlungen des Beklagten und der WestLB AG seitdem auf 11,75 Mio. Euro beziffern. Die Einzahlungen des Beklagten werden durch jährliche zusätzliche Umlagen der Mitgliedssparkassen aufgebracht. Der Anteil der einzelnen Mitgliedssparkasse richtete sich zunächst nach den jeweiligen Kundenforderungen. 2006 wurde damit begonnen, den Umlagemaßstab schrittweise über einen 6-Jahres- Zeitraum umzustellen, um den jeweiligen Anteil schließlich nur noch nach einem risikoorientierten Beitragssystem zu berechnen.

Am 22. Juli 2004 hob T. & Q. ´ das Rating der WestLB AG für vorrangige ungesicherte, nicht garantierte Schuldverschreibungen von „BBB+" auf „A-" an.

Am 23. März 2005 schlossen die WestLB AG und ihre Aktionäre eine Vereinbarung, durch die unter anderem die Dividendenberechtigung des Beklagten hinsichtlich der von ihm gehaltenen Stückaktien der Gattung B als Ausgleich für die Bildung des Reservefonds befristet von 0,67 Euro je Aktie auf 2,26 Euro je Aktie angehoben wurde. Am 14. Juni 2005 beschloss die Verbandsversammlung einstimmig, die Unterhaltung eines Reservefonds klarstellend in die Verbandssatzung mit aufzunehmen.

Unter Vorbehalt zahlte die Klägerin im September und Oktober 2005 153.354,68 Euro für den Reservefonds (für die Jahre 2004 und 2005) und 332.596,78 Euro für Zinsaufwendungen (für die Jahre 2004 und 2005) der fremdfinanzierten Kapitalerhöhung bei der WestLB AG. Im Jahr 2006 betrug ihr Anteil an den Zinsaufwendungen der begebenen Anleihe 309.159,13 Euro und ihr Anteil an der Aufbringung des Reservefonds 77.822,25 Euro. Im Jahr 2007 betrug ihr Anteil an den Zinsaufwendungen der begebenen Anleihe 323.854,27 Euro und ihr Anteil an der Aufbringung des Reservefonds 34.689,26 Euro.

Die Klägerin hat am 18. Dezember 2007 Klage erhoben.

Sie macht geltend, als Zwangsmitglied des Beklagten könne sie nur durch rechtmäßige Mehrheitsbeschlüsse der Verbandsversammlung verpflichtet werden. Es bestünden jedoch bereits Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beschlüsse, da die Ladungsfrist von einem Monat aus § 7 Abs. 2 der Satzung des Beklagten nicht eingehalten worden und nicht belegt sei, dass der Verbandsvorstand der Kürzung der Ladungsfrist zugestimmt habe. Die beschlossenen Maßnahmen überschritten überdies den Aufgabenbereich des Beklagten. Der Beteiligung an einer Kapitalerhöhung habe bereits entgegen gestanden, dass der Gesetzgeber eine Beteiligung an der WestLB AG nur in dem durch das Neuregelungsgesetz vorgesehenen Umfang habe ermöglichen wollen. Der Kapitalbedarf der WestLB AG habe nur aufgrund von Verlusten aus ihrer Geschäftsbankentätigkeit bestanden. Diese Verluste auszugleichen, sei nicht Aufgabe des Beklagten gewesen. Die Beteiligung an der Kapitalerhöhung lasse sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der Beklagte zu den Trägern der Landesbank Nordrhein-Westfalen gehört und damit eine indirekte Haftung für Verluste der WestLB AG bestanden habe. Denn ein Haftungsfall habe nicht vorgelegen. Bei Eintritt eines Haftungsfalls wäre die finanzielle Belastung des Beklagten im übrigen wesentlich geringer, und zwar auf 250.500.000,- Euro begrenzt gewesen. Der Beschluss zur Bildung eines Reservefonds sei rechtswidrig, da die Satzung des Beklagten nur die Bildung eines Stützungsfonds für die Mitgliedssparkassen vorsehe. Der Reservefonds sei jedoch nicht für die Mitgliedssparkassen gebildet worden, sondern um der WestLB AG ein Rating im „A"-Bereich zu verschaffen. Die angefochtenen Maßnahmen schränkten die Eigenständigkeit der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen der Gemeinde unangemessen ein und beachteten nicht die innerhalb der Klägerin geltenden Entscheidungszuständigkeiten. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus ungerechtfertigter Bereicherung, da die angefochtenen Beschlüsse ihr gegenüber unwirksam seien.

Die Klägerin hat ursprünglich sinngemäß beantragt,

1. festzustellen, dass die Beschlüsse der Verbandsversammlung des Beklagten vom 21. April 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 3) und vom 16. Juni 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 6) über die Zustimmung zu einer Kapitalmaßnahme bei der WestLB AG über 1,5 Mrd. Euro mit einem auf den Beklagten entfallenden Volumen von 750 Mio. Euro sowie der Beschluss über die Finanzierung dieser Kapitalmaßnahme (einschließlich Nebenkosten) über eine Fremdfinanzierung, soweit sie zu Lasten der Klägerin gehen, unwirksam sind;

2. festzustellen, dass der Beschluss der Verbandsversammlung des Beklagten vom 21. Juli 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 2) über die Bildung eines Reservefonds, soweit er zu Lasten der Klägerin geht, unwirksam ist,

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 485.951,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. Dezember 2007 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. festzustellen, dass die in Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsversammlung des Beklagten vom 21. April 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 3) und 16. Juni 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 6) erfolgte Beteiligung des Beklagten an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG in Höhe von 750 Mio. Euro und deren Fremdfinanzierung sowie die Beschlüsse selbst rechtswidrig waren,

2. festzustellen, dass die in Umsetzung des Beschlusses der Verbandsversammlung des Beklagten vom 21. Juli 2004 (dort: zu Tagesordnungspunkt 2) erfolgte Bildung eines Reservefonds sowie der genannte Beschluss selbst rechtswidrig waren,

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 485.951,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. Dezember 2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, die von der Klägerin erhobenen Feststellungsklagen seien bereits nicht statthaft. Die von der Klägerin angegriffenen Beschlüsse wirkten entweder gegenüber allen Verbandsmitgliedern oder gegenüber keinem. Sie könnten jedenfalls nicht teilweise - soweit sie die Klägerin betreffen - unwirksam sein. Ferner habe die Klägerin kein Feststellungsinteresse. Unabhängig davon seien die angegriffenen Maßnahmen auch materiell nicht zu beanstanden. Sie dienten der Förderung des Sparkassenwesens und seien damit von dem Aufgabenkreis des Beklagten umfasst. Das dem Beklagten in Art. 3 § 59 Abs. 5 Neuregelungsgesetz eingeräumte Recht, seinen Anteil an der Gewährträgerschaft der Landesbank Nordrhein-Westfalen gegen einen entsprechenden Anteil am Grundkapital der WestLB AG einzutauschen, mache deutlich, dass der Erwerb, das Halten und das Ausüben der Beteiligung am Stammkapital der WestLB AG durch die Sparkassen- und Giroverbände Teil ihrer Aufgabe zur Förderung des Sparkassenwesens sei. Die Beteiligung an einer Kapitalerhöhung gehöre zu den Rechten eines Aktionärs. Die beschlossene Art der Finanzierung sei sachgerecht und schränke die Klägerin nicht in ihrer Eigenständigkeit ein. Die Beteiligung des Beklagten verursache nicht nur Aufwendungen, sondern erwirtschafte auch Erträge in Form von Ausschüttungen. Auch mit der Bildung des Reservefonds habe der Beklagte nicht seinen Aufgabenkreis überschritten, denn er diene der Förderung des Sparkassenwesens und der Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen. Der Reservefonds habe die Aufgabe, bei drohenden oder bestehenden finanziellen Schwierigkeiten von Mitgliedssparkassen oder der WestLB AG Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen. Er diene damit auch der Sicherung der Mitgliedssparkassen. Soweit mit der Bildung des Reservefonds auch das Rating der WestLB AG stabilisiert werde, gehöre dies - wie bereits ausgeführt - ebenfalls zu den Aufgaben des Beklagten als Aktionär. Sofern die WestLB AG kein Rating im „A"-Bereich erhalten hätte, wären die Investitionen der Sparkassen in Westfalen-Lippe und im Rheinland massiv gefährdet gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge (6 Ordner) ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Soweit die Klägerin ihre Feststellungsklage nunmehr über die bisher allein angegriffenen Beschlüsse der Verbandsversammlung des Beklagten vom 21. April 2004, 16. Juni 2004 und 21. Juli 2004 hinaus auch auf die zu ihrer Umsetzung ergangenen Maßnahmen erstreckt, handelt es sich nicht um eine Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO, sondern um eine bloße Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO).

Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse der Verbandsversammlung gerichtet ist. Insoweit fehlt es der Klägerin an der Klagebefugnis. Eine Rechtsverletzung durch die Beschlüsse selbst kommt nicht in Betracht. Die Klägerin belastende Wirkungen gehen erst von den Maßnahmen aus, mit denen die Beschlüsse umgesetzt werden. Auch bei der Feststellung, dass die Beschlüsse rechtswidrig wären, bestünden die Maßnahmen fort.

Im übrigen ist die Feststellungsklage zulässig.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Unter einem Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht.

Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. z. B. Urteil vom 23. August 2007 - 7 C 13/06 -, NVwZ 2007, 1311 = GewArch 2008, 75; Beschluss vom 26. Juli 2007 - 6 B 25/07 -, Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2.

Ein Rechtsschutzbegehren ist ohne Rücksicht auf die Klageart nur dann zulässig, wenn es sich auf Rechte stützt, die gerade dem Kläger zustehen können. Zwar ist das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung nicht gleichbedeutend mit einem "rechtlichen Interesse", sondern schließt darüber hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art, ein. Daraus folgt indessen nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben kann. Auf diese Klage ist vielmehr die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1 VwGO) sind nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder weil er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19/94 -, BVerwGE 100, 262 = NJW 1996, 263 = DVBl. 1996, 993 = Buchholz 454.9 Mietpreisrecht Nr. 15; OVG NRW, Urteil vom 13. November 1996 - 16 A 4461/95 -, FamRZ 1997, 647 = NWVBl. 1997, 232.

Die Klägerin kann geltend machen, durch die Kapitalerhöhung und die Bildung des Reservefonds deshalb in ihren eigenen Rechten verletzt zu sein, weil diese Maßnahmen nicht zu den Aufgaben des Beklagten gehört hätten. Zwar stehen dem einzelnen Verbandsmitglied als Anstalt des öffentlichen Rechts keine Grundrechte zu, deren Verletzung es gegenüber dem Verband geltend machen könnte.

Vgl. zur Grundrechtsfähigkeit von öffentlich- rechtlichen Sparkassen: BVerfG, Beschluss vom 15. August 1994 - 2 BvR 1430/94 -, NJW 1995, 582 = NVwZ 1995, 371; Beschluss vom 14. April 1987 - 1 BvR 775/84 -, BVerfGE 75, 192 = DÖV 1987, 819 = DVBl. 1987, 844 = NVwZ 1987, 879.

Jedoch begründet das Sparkassengesetz in Verbindung mit der jeweiligen Verbandssatzung einen Abwehranspruch der Mitgliedsparkassen unmittelbar gegen eine rechtswidrige Aufgabenwahrnehmung durch den Verband. Die durch die Regelungen des Sparkassengesetzes und der jeweiligen Satzung vorgegebene Ausgewogenheit des Verhältnisses zwischen Sparkassen und Sparkassen- und Giroverband erfordert es, dass sich das einzelne Verbandsmitglied gegen zwar mehrheitlich beschlossene, gleichwohl rechtswidrige Verbandstätigkeiten auf seine Kosten effektiv schützen kann.

Die Klägerin ist nach § 2 SpkG eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die gemäß § 36 SpkG Mitglied des körperschaftlich verfassten Beklagten ist. Sie hat nach § 3 Abs. 1 SpkG als Wirtschaftsunternehmen der Stadt S. die Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere ihres Geschäftsgebietes und der Stadt S. zu dienen. Der Beklagte hat nach § 38 SpkG die Aufgabe, das Sparkassenwesen zu fördern, Prüfungen bei den Mitgliedssparkassen durchzuführen und die Aufsichtsbehörden gutachtlich zu beraten. Den Verpflichtungen der Sparkassen- und Giroverbände steht die Verpflichtung der Sparkassen gegenüber, sich nach § 37 Satz 1 SpkG in Verbindung mit der jeweiligen Satzungsbestimmung an der Finanzierung der Verbandsaufgaben mit einer Umlage zu beteiligen. Die Aufgaben der Sparkassen und der Sparkassen- und Giroverbände sind durch diese Ausgestaltung in vielfältiger Weise aufeinander bezogen und miteinander verflochten. Insbesondere bei der Förderung des Sparkassenwesens handeln die Sparkassen- und Giroverbände im Gesamtinteresse der Mitgliedssparkassen

- vgl. Berger, Niedersächsisches Sparkassengesetz, Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 29, Rn. 2 -,

indem sie dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitgliedssparkassen zu verbessern. Dieses ausbalancierte und auf ein wechselseitiges Ergänzen und Unterstützen

- vgl. Schlierbach, Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 2003, S. 291 (Kap. 24.1) -

angelegte Gefüge wird gestört, wenn die Sparkassen über die Verbandsumlage zur Finanzierung von Aufgaben herangezogen werden, für die der Sparkassen- und Giroverband nicht zuständig ist. Weil der Einwand rechtswidriger Aufgabenwahrnehmung gegenüber dem Umlagebescheid nicht erhoben werden kann, begründet das Sparkassengesetz in Verbindung mit der jeweiligen Satzung einen Abwehranspruch unmittelbar gegen die rechtswidrige Aufgabenwahrnehmung als solche. Dieser Abwehranspruch kann prozessual im Wege der Unterlassungs- oder - bei Vorliegen eines entsprechenden Feststellungsinteresses - der Feststellungsklage geltend gemacht werden.

Vgl. zu dem Verhältnis zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden: OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2005 - 15 A 130/04 -, DVBl. 2005, 652 = DÖV 2005, 568 = NWVBl. 2005, 431.

An der Feststellung der Rechtswidrigkeit der in den Anträgen zu 1. und 2. bezeichneten Maßnahmen hat die Klägerin auch ein berechtigtes Interesse, da die Verbandsversammlung des Beklagten nach den gegebenen Umständen zukünftig ähnliche Maßnahmen beschließen könnte. Auch mit Blick auf die gegenwärtige Situation auf den Finanzmärkten und die Diskussionen um die WestLB ist eine Wiederholungsgefahr als hinreichend konkret anzusehen.

Die im vorbeschriebenen Umfang zulässige Feststellungsklage und die zulässige Leistungsklage sind indes nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen und die begehrte Erstattungszahlung.

Die in Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsversammlung vom 21. April 2004 und 16. Juni 2004 erfolgte Beteiligung des Beklagten an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG in Höhe von 750 Mio. Euro und deren Fremdfinanzierung sowie die in Umsetzung des Beschlusses der Verbandsversammlung vom 21. Juli 2004 erfolgte Bildung eines Reservefonds waren rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat mit diesen Maßnahmen - unter Berücksichtigung des ihm zukommenden Einschätzungs- und Gestaltungsspielraumes - seinen Aufgabenkreis nicht überschritten.

Der Beklagte hat nach § 38 SpkG die Aufgabe, das Sparkassenwesen zu fördern, Prüfungen bei den Mitgliedssparkassen durchzuführen und die Aufsichtsbehörden gutachtlich zu beraten. Die Aufgaben des Beklagten werden in § 2 der auf der Grundlage von § 37 Satz 1 SpkG erlassenen Satzung des Beklagten (in der hier maßgeblichen Fassung vom 20. Juni 2000) präzisiert. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung unterstützt der Beklagte die Mitgliedssparkassen bei der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags und dient der Förderung des Sparkassenwesens und der Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 lit. e seiner Satzung obliegt ihm insbesondere die Unterhaltung eines Stützungsfonds für die Mitgliedssparkassen. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben kann sich der Beklagte nach § 2 Abs. 5 seiner Satzung an Rechtspersonen des öffentlichen und privaten Rechts und anderen Einrichtungen beteiligen, Rechtspersonen des privaten Rechts und andere Einrichtungen schaffen und die Durchführung seiner Aufgaben sonstigen Dritten übertragen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob bestimmte Maßnahmen das Sparkassenwesen fördern, steht dem Beklagten eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative zu. Denn insoweit handelt es sich um eine wertende Einschätzung mit prognostischem Charakter, die besondere Sachkenntnis und Erfahrung auf dem Gebiet des Sparkassenwesens und der Finanzwirtschaft voraussetzt und für die das nordrheinwestfälische Sparkassengesetz keine konkreten Entscheidungsvorgaben vorsieht. Institutionell ist durch die Besetzung der Verbandsversammlung mit den über spezielle Sachkunde in der Finanzwirtschaft und im Sparkassenwesen verfügenden Sachwaltern des Sparkasseninteresses Sorge dafür getragen, dass der erforderliche besondere Sachverstand zur Geltung kommt. Vor diesem Hintergrund trägt eine von der Verbandsversammlung mehrheitlich beschlossene Maßnahme die Vermutung in sich, den Interessen der Verbandsmitglieder und damit dem Sparkassenwesen zu dienen, insbesondere die Wahrnehmung der den Sparkassen nach § 3 Abs. 1 SpkG zukommenden Aufgaben nicht zu gefährden. Die gerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob das von dem Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung angenommene Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung plausibel erscheint und die ins Auge gefassten und schließlich beschlossenen Maßnahmen nicht offensichtlich ungeeignet waren, die erwarteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten der Verbandsmitglieder zu beeinflussen.

Ob die Ziele des Beklagten mit anderen, gleich geeigneten, die finanzielle Betätigungsfreiheit der Mitgliedssparkassen weniger einschneidenden Maßnahmen hätten erreicht werden können, ist einer gerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht zugänglich. Denn dem Beklagten steht insoweit als Ausfluss seines Selbstverwaltungsrechts

- vgl. hierzu: Heinevetter, Sparkassengesetz Nordrhein- Westfalen, Loseblatt-Kommentar, 2. Aufl., Stand: August 1992, § 45, Erl. 2 -

ein Gestaltungsspielraum zu

- vgl. zur Aufgabenwahrnehmung durch die Kreise: OVG NRW, Urteil vom 22. Februar 2005 - 15 A 130/04 -, a.a.O.; zur Aufgabenwahrnehmung durch die Industrie- und Handelskammern: BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 - 1 C 29/99 -, BVerwGE 112, 69 = DVBl. 2001, 139 = Buchholz 451.09 IHKG Nr. 15 -,

dessen Wahrnehmung lediglich auf Willkür überprüft wird.

Gemessen an diesen Grundsätzen zu seinem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum hat der Beklagte mit seiner Beteiligung an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG in Höhe von 750 Mio. Euro und der Bildung eines Reservefonds den ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich nicht überschritten. Denn diese Maßnahmen verfolgten auf der Grundlage eines plausibel erscheinenden Szenarios der wirtschaftlichen Entwicklung das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen und damit das Sparkassenwesen zu fördern und waren hierzu nicht offensichtlich ungeeignet.

Die Kapitalerhöhung in Höhe von insgesamt 1,5 Mrd. Euro sollte den nordrhein- westfälischen Sparkassen- und Giroverbänden eine Stimmrechtsmehrheit und der WestLB AG ein Rating im „A"-Bereich der Agentur T. & Q. ´ verschaffen, und so das erfolgreiche Bestehen der Bank am Markt gewährleisten. Der Beklagte ging davon aus, dass die Geschäftschancen der WestLB AG ohne ein entsprechendes Rating erheblich sinken und ihre Refinanzierungskosten wesentlich steigen würden. Eine solche Entwicklung hätte nach Einschätzung des Beklagten weitere Verluste der WestLB AG und eine etwaige Haftung des Beklagten als ehemaliger Gewährträger der Landesbank Nordrhein-Westfalen nach Art. 3 § 59 Abs. 6, Art. 1 § 11 Neuregelungsgesetz zur Folge gehabt. Diese Einschätzung ist in sich schlüssig und ohne weiteres nachvollziehbar.

Die Kapitalerhöhung war angesichts dieses plausiblen Szenarios nicht offensichtlich ungeeignet, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Mitgliedssparkassen zu verbessern und damit das Sparkassenwesen zu fördern. Im Ergebnis war die Kapitalerhöhung darauf gerichtet, eine Haftung des Beklagten und weitere Verluste der WestLB AG zu vermeiden.

Der Eintritt eines Haftungsfalls hätte für den Beklagten einen außerordentlichen Bedarf im Sinne von § 23 Abs. 2 seiner Satzung verursacht, den er nach der vorgenannten Vorschrift durch Rückgriff auf sein Vermögen, durch eine außerordentliche Umlage oder durch Aufnahme eines Darlehens hätte decken können. Die Kosten der Aufnahme eines Darlehens hätten die Erträge des Beklagten vermindert und so zu einer höheren ordentlichen Umlage der Mitgliedssparkassen auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 der Satzung geführt. Die gleichen Auswirkungen hätte ein Rückgriff auf das Verbandsvermögen gehabt. Der Eintritt eines Haftungsfalls hätte mithin unabhängig davon, ob dessen Kosten geringer gewesen wären als die Kosten der Kapitalerhöhung, zu einer im Vergleich zu seinem Ausbleiben höheren Zahlungsverpflichtung der Mitgliedssparkassen geführt und damit deren Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflusst. Ob es mit Blick auf eine möglicherweise geringere Zahlungslast der Mitgliedssparkassen wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre, das Risiko einer Haftung des Beklagten einzugehen, ist durch das erkennende Gericht nicht zu überprüfen. Diese Entscheidung ist Teil des Gestaltungsspielraums des Beklagten. Dass dieser willkürlich ausgeübt worden wäre, ist nicht ersichtlich.

Mit dem Erwerb eines bestimmenden Einflusses auf die Geschäftspolitik der WestLB AG gemeinsam mit dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband erwarb der Beklagte die nicht von vornherein auszuschließende Möglichkeit, das Entstehen weiterer Verluste zu verhindern. Anhand einer Stimmrechtsmehrheit hätte auch maßgeblicher Einfluss auf den Geschäftszweck der WestLB AG, die Funktion einer Sparkassenzentralbank zu übernehmen und bankmäßige Produkte für die Sparkassen zu entwickeln und bereitzustellen (vgl. § 2 Abs. 2 der Satzung der WestLB AG), ausgeübt werden können.

Auf die Ursache für den Kapitalbedarf der WestLB AB kommt es danach ebenso wenig an wie auf die ohnehin erst rückblickend und nicht im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung feststellbare Ertragssituation des WestLB-Engagements für die Mitgliedsparkassen.

Die Beteiligung an der Kapitalerhöhung zur Förderung des Sparkassenwesens widersprach auch nicht etwa den Wertungen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des öffentlichrechtlichen Bankensektors. Das wird durch das dem Beklagten durch Art. 3 § 59 Abs. 5 Neuregelungsgesetz eingeräumte Recht, aus dem Kreis der Gewährträger der Landesbank Nordrhein-Westfalen auszuscheiden und stattdessen eine Beteiligung an der WestLB AG zu erhalten, deutlich. Der Gesetzgeber hat den nordrheinwestfälischen Sparkassen- und Giroverbänden dieses Recht in Kenntnis ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung und ohne diese abzuändern eingeräumt und damit zum Ausdruck gebracht, dass der Erwerb einer Beteiligung an der WestLB AG der Wahrnehmung der den nordrheinwestfälischen Sparkassen- und Giroverbänden zugewiesenen Aufgaben dient. Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, eine Direktbeteiligung der Sparkassen- und Giroverbände könne „künftig grundsätzlich sinnvoll" sein, wird hierdurch die Einschätzung, die Beteiligung diene der Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben, nicht infrage gestellt. Hiermit wird lediglich auf das Ermessen der Sparkassen- und Giroverbände hingewiesen, das eingeräumte Recht wahrzunehmen oder nicht. Wenn aber der Erwerb einer Beteiligung an der WestLB AG zu den Aufgaben der nordrheinwestfälischen Sparkassen- und Giroverbände gehört, kann für die Ausübung der mit der Beteiligung verbundenen Rechte, insbesondere des Erwerbs weiterer Anteile im Rahmen einer Kapitalerhöhung, nichts anderes gelten. Das Recht, im Rahmen einer Kapitalerhöhung weitere Aktien zu beziehen, gehört zu den dem Beklagten als Aktionär nach den §§ 182ff. AktG zustehenden Rechten. Einer zusätzlichen gesetzlichen Ermächtigung für den Erwerb weiterer Anteile an der WestLB AG bedurfte es mit Blick auf die durch Art. 3 § 59 Abs. 5 Neuregelungsgesetz getroffene Grundentscheidung und die bereits vorhandene Beschränkung in § 38 SpkG nicht. Dass die Beteiligung an der WestLB AG auf den Umfang begrenzt bleiben sollte, der nach Ausübung des Optionsrechts bestand, lässt sich dem Neuregelungsgesetz nicht entnehmen.

Die Entscheidung, die Kosten der Kapitalerhöhung durch die Aufnahme eines Darlehens (Begebung von Schuldverschreibungen) aufzubringen, gehört zu dem Gestaltungsspielraum des Beklagten. Dass der Beklagte von diesem Ge- staltungsspielraum insoweit willkürlich Gebrauch gemacht hätte, ist nicht ersichtlich.

Mit der Bildung des Reservefonds verfolgte der Beklagte wie bereits mit der Durchführung der Kapitalerhöhung das Ziel, der WestLB AG zu einem Rating im „A"- Bereich durch die Agentur T. & Q. zu verhelfen. Zum Zeitpunkt der diesbezüglichen Beschlussfassung war der Beklagte der Ansicht, eine schlechtere Bewertung der WestLB AG hätte neben den bereits aufgezeigten Konsequenzen zur Folge, dass die bereits getätigten Investitionen des Beklagten deutlich geringere Erträge erwirtschaftet hätten. Darüber hinaus erwartete der Beklagte, dass bei der nach dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung zu erwartenden Bewertung der Mitgliedssparkassen die Beteiligung des Beklagten an der WestLB AG berücksichtigt werden würde. Eine schlechtere Bewertung der WestLB AG hätte nach Einschätzung des Beklagten daher auch höhere Refinanzierungskosten für die Mitgliedssparkassen zur Folge gehabt. Demgegenüber wäre das Rating der Mitgliedssparkassen mit der Bildung des Reservefonds aufgrund der damit verbundenen zusätzlichen Absicherung unabhängig von dem positiven Effekt auf das Rating der WestLB AG ebenfalls positiv beeinflusst worden. Auch diese Einschätzung ist ohne weiteres nachvollziehbar und daher rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Bildung des Reservefonds war angesichts dieses plausiblen Szenarios ebenfalls nicht offensichtlich ungeeignet, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Mitgliedssparkassen zu verbessern und damit das Sparkassenwesen zu fördern. Sie war auf die Sicherung von Erträgen der WestLB AG zugunsten des Beklagten und die Vermeidung höherer Refinanzierungskosten der Mitgliedssparkassen gerichtet.

Ein geringerer Ertrag des Beklagten hätte zu einer höheren ordentlichen Umlage der Mitgliedssparkassen auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 der Satzung geführt. Dieser Umstand und höhere Refinanzierungskosten hätten sich negativ auf die Ertragsstruktur und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedssparkassen unabhängig davon ausgewirkt, ob deren finanzielle Auswirkungen geringer gewesen wären als die Kosten des Reservefonds. Ob es mit Blick auf eine möglicherweise geringere Zahlungslast der Mitgliedssparkassen wirtschaftlich sinnvoller gewesen wäre, das Risiko eines geringeren Ertrags des Beklagten und höherer Refinanzierungskosten der Mitgliedssparkassen einzugehen, ist durch das erkennende Gericht nicht zu überprüfen. Diese Entscheidung ist Teil des Gestaltungsspielraums des Beklagten. Dass dieser willkürlich ausgeübt worden wäre, ist nicht ersichtlich.

Der Reservefonds dient darüber hinaus auch deshalb den Interessen der Verbandsmitglieder, weil auch bei finanziellen Schwierigkeiten von Mitgliedssparkassen auf ihn zurückgegriffen werden kann.

Die Klägerin kann den angefochtenen Maßnahmen schließlich nicht entgegenhalten, diese griffen angesichts der finanziellen Dimensionen in die Kompetenzen ihrer Entscheidungsorgane und in ihre Eigenständigkeit als Wirtschaftsunternehmen der Stadt S. unangemessen ein. Über den aufgezeigten Rahmen hinaus gibt es für das Tätigwerden des Beklagten keine auf ein Finanzvolumen abstellende gesetzliche Grenze. Im übrigen kann dahin stehen, ob eine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung einer einzelnen Mitgliedssparkasse durch von der Verbandsversammlung beschlossene Maßnahmen die Rechtswidrigkeit dieser Aufgabenwahrnehmung zur Folge haben kann, wenn die Belastung im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits absehbar war und sie zur Folge hat, dass die Mitgliedssparkasse in der Wahrnehmung der ihr nach § 3 SpkG zugewiesenen Aufgaben wesentlich eingeschränkt wird. Denn derartige Beeinträchtigungen der Klägerin sind weder substantiiert geltend gemacht noch anderweitig erkennbar.

Der Klägerin, die nach den Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung wirtschaftlich gesund ist, ist nach den von ihr und dem Beklagten für die Jahre 2004 bis 2007 zur Verfügung gestellten Zahlen bislang trotz der aus diesen Maßnahmen resultierenden Zahlungsverpflichtungen ein substanzieller finanzieller Spielraum zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung

- vgl. zu den Auswirkungen der Kreisumlage: Nds. OVG, Urteil vom 27. Januar 1999 - 10 L 6960/95 -, DVBl. 1999, 842 = NdsVBl. 1999, 163 -

verblieben. Auch in Anbetracht der gewählten Umlagemaßstäbe, die die individuelle Situation der jeweiligen Mitgliedssparkasse berücksichtigen, ist nicht absehbar, dass sich diese Situation ändern könnte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die angefochtenen Maßnahmen in der Vergangenheit in ihren wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten wesentlich eingeschränkt wurde oder dies in der Zukunft sein wird. Konkrete Gefährdungen ihrer Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere ihres Geschäftsgebietes zu dienen, hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Vor diesem Hintergrund steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der für die angefochtenen Maßnahmen bereits erbrachten Zahlungen zu. Diese sind mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen und auf die zwischenzeitlich bestandskräftig gewordenen Umlagebescheide, denen der Einwand rechtswidriger Aufgabenwahrnehmung ohnehin nicht hätte entgegen gehalten werden können, mit Rechtsgrund erfolgt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

Das Gericht lässt die Berufung gegen das Urteil gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat. Die Frage, welche Rechte den Sparkassen gegenüber den Sparkassen- und Giroverbänden zustehen, und die Auslegung der Vorschrift des § 38, 1. Fall SpkG haben im Hinblick auf künftige gleichgelagerte Streitigkeiten über den hier zu entscheidenden Sachverhalt hinaus allgemeine Bedeutung für die in Nordrhein-Westfalen durch die Regelung betroffenen Sparkassen und Sparkassen- und Giroverbände. Die einschlägigen Rechtsfragen sind obergerichtlich noch nicht geklärt.






VG Münster:
Urteil v. 24.10.2008
Az: 1 K 2113/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bc6d871ddbcf/VG-Muenster_Urteil_vom_24-Oktober-2008_Az_1-K-2113-07


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BPatG, Beschluss vom 23. November 2010, Az.: 8 W (pat) 320/06OLG Köln, Beschluss vom 11. Februar 2008, Az.: 2 Ws 54/08Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27. Juni 2012, Az.: 10 LB 33/10BPatG, Beschluss vom 3. März 2010, Az.: 35 W (pat) 4/09BPatG, Beschluss vom 30. August 2005, Az.: 27 W (pat) 118/05OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2007, Az.: I-6 U 119/06BPatG, Beschluss vom 15. März 2005, Az.: 33 W (pat) 116/04OLG Hamburg, Urteil vom 9. April 2008, Az.: 5 U 124/07BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002, Az.: 1 BvR 1790/00OLG Köln, Beschluss vom 27. Juli 2000, Az.: 6 W 42/00