Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 14. Dezember 2005
Aktenzeichen: 5 U 36/05

(OLG Hamburg: Urteil v. 14.12.2005, Az.: 5 U 36/05)

1. Die Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 MarkG wird bei einer Internetdomain, die zeichenähnlich mit der prioritätsälteren Klagemarke ist, nicht dadurch aufgehoben, dass der das Internet nutzende Verbraucher bei der Wahrnehmung von Domains auf kleinste Unterschiede in der Schreibweise achtet.

2. Die markenrechtliche Verwechslungsgefahr wird regelmäßig nicht durch den Inhalt der Internetseite beseitigt, deren Domainname mit der Klagemarke zeichenähnlich ist.

3. Der Umstand, dass der Inhaber der Klagemarke eine mit dieser gleichlautende Internetdomain besitzt, schließt nicht die Verwechslungsgefahr zwischen der Marke und dem zeichenähnlichen Domainnamen (Verletzungszeichen) aus.

4. Ein nach § 53 Abs. 3 BRAGO bestellter Vertreter ist nicht gehalten, in der mündlichen Verhandlung zu offenbaren, dass er für einen anderen postulationsfähigen Rechtsanwalt handelt, wenn sich dieses aus anderen, sich aus der Verfahrensakte ergebenden Umständen ergibt (Anschluß an BGH NJW 1999, 365).

Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14.12.2005, 5 U 36/05 (rechtskräftig)

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 25.1.2005 (312 O 681/04), soweit nicht rechtskräftig, abgeändert.

I. Der Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr die Domain

"k...de"

für Beratungs- und Schulungsleistungen im IT-Bereich, Leasing von Hard- und Software, Netzwerkbetreuung und den Vertrieb von IT-Komponenten zu benutzen;

2. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe, in welchem Umfang über den Domain-Namen "k...de" Kontakt zu späteren Kunden entstanden ist und welche Umsätze hierdurch erzielt wurden.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

III. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 55.000,- abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert der Berufung wird auf EUR 50.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Nutzung der Internetdomain "k...de".

Der Geschäftsbetrieb der Klägerin ist auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Soft- und Hardwaresystemen, die Erbringung von Beratungsleistungen und die Veranstaltung von Schulungen auf diesem Gebiet gerichtet. Sie wurde am 1.2.1989 unter der Firma "c... Computer-B... GmbH" erstmals in das Handelsregister eingetragen, nachdem bereits seit 1988 die Gründungsgesellschafter das Unternehmen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung "c..." geführt haben (Anlagenkonvolut K 2). Nach Änderung der Firma in "c... Computer GmbH" firmiert die Klägerin seit dem 2.10.1997 als "c... Software GmbH" (Anlage K 1). Die Klägerin ist Inhaberin verschiedener Wortmarken und Wort-/Bildmarken mit dem Bestandteil "c...". Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der am 12.5.1989 angemeldeten und am 9.4.1990 eingetragenen Wort-/Bildmarke "c..." (Nr. 1 157 214; Anlage K 3) umfasst nach Teillöschung noch die Waren- und Dienstleistungen Datenverarbeitungsgeräte, Computer einschließlich Personalcomputer, Mikro-, Mini- und Großrechner und Arbeitsplatzcomputer, Computerprogramme (Anlagen K 3, K 4). Die am 17.11.1994 angemeldete und am 10.8.1995 eingetragene Wortmarke "c..." (Nr. 394 02 136) ist für die Veranstaltung von Messen, Ausstellungen und Computershows für wirtschaftliche Zwecke eingetragen (Anlage K 5). Für die am 14.1.2000 angemeldete und am 24.7.2000 eingetragene Wortmarke "c..." (Nr. 300 02 265) sind u.a. die Dienstleistungen Entwicklung, Erstellung, Einrichtung, Pflege und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen, die Beratung auf dem Gebiet der Computer-Hardware und Software sowie Dienstleistungen für die Nutzer von Multimediadiensten und Internetmarketing eingetragen (Anlage K 6). Daneben verfügt die Klägerin noch über die am 10.8.1995 eingetragene Wortmarke "c..." (Anlage K 5) sowie über eine Gemeinschaftsmarke, aus der aber keine Rechte geltend gemacht werden. Die Klägerin ist Inhaberin der Internetdomains "c...de" (Anlage K 8), "c...net" und "c...biz".

Der Beklagte ist Inhaber eines Unternehmens, welches unter der Firmierung "k...IT" im geschäftlichen Verkehr auftritt. Dieses Unternehmen ist im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik tätig. Der Beklagte ist seit 25.4.2000 Inhaber der Internetdomain "k...de" (Anlage K 17), unter deren Internetauftritt er die einzelnen Tätigkeitsbereiche seiner Firma aufführt. Das Angebot umfasst u.a. Beratungs- und Schulungsleistungen im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik. Unter der Rubrik "Servicedienstleistungen" wird eine Hard- und Softwareproblembehebung sowie das Leasing von Hard- und Software angeboten (Anlage K 18). Das Unternehmen des Beklagten ist unter der Bezeichnung "k...de" nicht nur online tätig, diese Bezeichnung wird auch für die allgemeine Werbung verwendet.

Mit Schreiben vom 31.7.2002 (Anlage K 20) fragte die Klägerin unter Hinweis auf ihre Markenrechte bei dem Beklagten nach, mit welcher Berechtigung dieser unter der Firmenbezeichnung "k...IT" im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik tätig sei. Der Beklagte wies mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 5.8.2002 (Anlage K 21) den Vorwurf der Kennzeichenverletzung zurück. Mit Schreiben vom 21.1.2003 mahnte die Klägerin den Beklagten sodann ergebnislos ab.

Die Klägerin macht mit der Klage vom 22.7.2004 hinsichtlich der von der Beklagten benutzten Domain "k...de" Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche geltend. Zwischen diesem Zeichen und den Klagezeichen bestehe Verwechslungsgefahr. Der Beklagte erhob Feststellungswiderklage im Hinblick auf die Nutzung der Bezeichnung "k...IT". Das Landgericht wies mit Urteil vom 25.1.2005 die Klage zurück und verurteilte die Klägerin entsprechend dem Widerklageantrag. Auf das landgerichtliche Urteil wird - auch zur Ergänzung des Tatbestandes - verwiesen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr Klagbegehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zur Begründung ihrer Berufung führt sie insbesondere aus, dass das Landgericht fehlerhaft annehme, dass die Verwechslungsgefahr durch den konkreten Inhalt der Website des Beklagten ausgeräumt werde. Hierauf könne es bei markenrechtlichen Ansprüchen, anders als bei wettbewerblichen oder namensrechtlichen Ansprüchen nicht ankommen. Dieses gelte auch, soweit das Landgericht eine Interessenbewertung im Rahmen der Verwechslungsgefahr vorgenommen habe. Es folge aus der markenrechtlich zulässigen Verwendung des Zeichens "k...IT" auch nicht die Berechtigung, die dem Klagezeichen sehr viel ähnlichere Domain "k...de" zu verwenden. Zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen "c..." und "k..." bestehe eine hochgradige schriftbildliche Zeichenähnlichkeit, in klanglicher Hinsicht liege sogar nahezu Identität vor. Bei den Waren bzw. Dienstleistungen liege eine Teilidentität, jedenfalls hochgradige Ähnlichkeit vor. Da das Klagezeichen zumindest normale Kennzeichnungskraft besitze, müsse von einer Verwechslungsgefahr ausgegangen werden.

Die Klägerin beantragt,

I. den Beklagten unter Abänderung des am 25. 1.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Aktenzeichen 312 O 681/04, zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr die Domain

"k...de"

für Beratungs- und Schulungsleistungen im IT-Bereich, Leasing von Hard- und Software, Netzwerkbetreuung und den Vertrieb von IT-Komponenten zu benutzen;

2. der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu I.1. bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen unter Angabe, in welchem Umfang über den Domain-Namen "k...de" Kontakt zu späteren Kunden entstanden ist und welche Umsätze hierdurch erzielt wurden.

II. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1. bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Nutzer des Internets sei es gewohnt, auf kleinste Unterschiede der Domainbezeichnungen zu achten. Für den Bereich des Internets müssten engere Voraussetzungen bezüglich der Annahme der Verwechslungsgefahr gefordert werden. Spätestens die Startseite seiner Internetseite würde die Gefahr von Verwechslungen beseitigen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.11.2005. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist von dem Beklagten die Postulationsfähigkeit des in der mündlichen Verhandlung auftretenden Prozessbevollmächtigten des Klägers in Zweifel gezogen worden. Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsatz vom 2.12.2005 reagiert.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin besitzt gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Internetdomain "k...de" aus dem Gesichtspunkt des Verwechslungsschutzes gemäß §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5; 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers einer prioritätsälteren Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH WRP 2004, 357, 359 - GeDios m.w.N.).

aa. Die Klägerin ist Inhaberin der Wort-/Bildmarke "c..." (Anlage K 3) und der Wortmarken "c..." (Anlagen K 5, K 6). Alle diese Marken sind gegenüber dem von dem Beklagten seit dem 25.4.2000 genutzten Zeichen "k...de" prioritätsälter, da sie vor diesem Zeitpunkt angemeldet und eingetragen worden sind.

bb. Die Klagemarken "c...", die bei den Wortmarken allein aus dem Wort "c..." bestehen und bei der Wort-/Bildmarke wegen der nur zeichnerischen Anteile eindeutig von diesem Wort geprägt wird, besitzen trotz gewisser, für die Computertechnologie beschreibender Anklänge eine normale Kennzeichnungskraft. Allerdings sind die Wortsilben jeweils mehrdeutig. So kann die Wortsilbe "com..." als ein Hinweis auf Computer, aber auch als "Communication" verstanden werden. Die Wortsilbe "...bit" erklärt sich offenbar aus dem früheren Firmenbestandteil der Klägerin "... B... ...", kann von dem Verkehr aber auch als Hinweis auf "bite" bzw. "bit" verstanden werden. Das Landgericht hat darüber hinaus zu Recht festgestellt, dass das Zeichen "c..." vom Verkehr in seiner Gesamtheit wahrgenommen und nicht zergliedert wird. Es genügt somit ohne weiteres als Marke seiner herkunftshinweisenden Funktion für die in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 1997, 468, 469 - NetCom). Selbst wenn aufgrund der beschreibenden Anteile die Kennzeichnungskraft zunächst im gewissen Umfang eingeschränkt gewesen sein sollte, ist sie durch die von der Klägerin belegte langjährige Benutzung der Marken soweit gestärkt worden, dass sie als normal anzusehen ist.

cc. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen "c..." und "k...de" ist eine hochgradige Zeichenähnlichkeit festzustellen. Der sich bei der zunächst gebotenen Gesamtbetrachtung der Zeichen (BGH WRP 2005, 341, 342 - il Padrone/il Portone) aus dem Domainbestandteil ".de" ergebende Unterschied kann nicht berücksichtigt werden, da es sich bei diesem Domainbestandteil lediglich um einen Hinweis auf die in Deutschland übliche Top-Level-Domain handelt (Senatsurteil vom 28.7.2005, 5 U 141/05). Dieses wird von dem Verkehr auch so ohne weiteres erkannt, so dass in den Vergleich die Zeichen "c..." und "k..." einzubeziehen sind. Eine hochgradige Zeichenähnlichkeit liegt nach Einschätzung des Senats sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht vor. Bei beiden Zeichen handelt es sich um zweisilbige Worte mit jeweils sechs Buchstaben, die dieselben Vokale enthalten. Der Konsonant "c" wird in der Stellung am Wortanfang üblicherweise als "k" ausgesprochen, so dass insoweit in klanglicher Hinsicht bei der ersten Silbe der jeweiligen Zeichen keinerlei Abweichung besteht. Bei ungenauer Aussprache oder bei gewissen landsmannschaftlichen Besonderheiten werden auch die - allein noch unterschiedlichen - Konsonanten "b" und "p" gleich oder sehr ähnlich ausgesprochen, so dass die klanglichen Unterschiede - wenn überhaupt - nur mit großer Mühe herausgehört werden können. Unter Berücksichtigung der anerkanntermaßen häufig nur flüchtigen Wahrnehmung von Marken und geschäftlichen Bezeichnungen im geschäftlichen Verkehr sind auch die Unterschiede in den Konsonanten "c"/"k" und "b"/"p" nur geringfügig. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Verletzungszeichen unstreitig auch "Offline", d.h. unabhängig von der Benutzung eines Computers, im Rahmen der allgemeinen Werbung verwendet wird.

dd. Auch die von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geforderte Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist gegeben. Das breit angelegte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Klagemarken umfasst u.a. sowohl Computer-Hardware als auch Computer-Software sowie die Beratung auf diesen Gebieten, die Entwicklung, Einrichtung und Vermietung von Softwareprogrammen, aber auch die Bereitstellung und das Betreiben von Kommunikationssystemen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 3, K 5 und K 6 verwiesen. Der Beklagte befasst sich mit seinem Unternehmen u.a. ausweislich der Anlage K 19 mit Beratungs- und Schulungsleistungen im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik, es werden aber auch Service-Dienstleistungen im Rahmen der Behebung von Hardware- und Softwareproblemen und das Leasen von Hard- und Software angeboten. Selbst wenn der jeweilige geschäftliche Schwerpunkt der Unternehmen der Klägerin und des Beklagten unterschiedlich sein mag, gehören beide Parteien der Computer- bzw. IT-Branche an und ergeben sich eine Reihe von Überschneidungen. Insgesamt bewertet der Senat die Ähnlichkeit der Waren- und Dienstleistungen als hoch.

ee. In Anbetracht der normalen Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Klagemarken und der hochgradigen Zeichenähnlichkeit und einer hohen Ähnlichkeit der Waren- und Dienstleistungen ist unter Berücksichtigung der Wechselwirkung dieser Parameter eine unmittelbare Verwechslungsgefahr (im engeren Sinne) zu bejahen.

ff. Die Verwechslungsgefahr wird entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass - nach seiner nicht näher belegten Behauptung - der durchschnittlich informierte Internetnutzer bei Eingabe von Domains ein hohes Maß an Sorgfalt aufwendet und daher auch schon bei der Wahrnehmung von Domains auf kleinste Unterschiede in der Schreibweise achtet. Selbst wenn dieses zutreffen sollte, würde dieses in erster Linie für die schriftbildliche Wahrnehmung von Domains bei der Internetnutzung zu gelten haben. Dieses ist aber nicht die einzige Wahrnehmungsmöglichkeit von Internetdomains. Vielmehr werden diese auch mündlich weitergegeben, so dass schon wegen der oben aufgezeigten hohen klanglichen Zeichenähnlichkeit von der unmittelbaren Verwechslungsgefahr auszugehen ist. Unabhängig von diesen Überlegungen vermag der Einwand des Beklagten nicht durchzugreifen, weil zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Beklagte die Domain "k...de" nicht nur im Internet, sondern auch im Rahmen seiner allgemeinen Werbung benutzt und als Herkunftszeichen verwendet. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob eine andere rechtliche Betrachtung möglich erscheint, wenn - anders als im vorliegenden Fall - nur eine geringe Kennzeichnungskraft oder eine nur schwache Zeichen- bzw. Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit gegeben ist.

gg. Unerheblich ist weiter, dass die Klägerin selbst eine Internet-Domain "c...de" besitzt und somit mit einer an ihrer Firma/Marke angelehnten Adresse im Geschäftsverkehr auftreten und im Internet aufgesucht werden kann. Letztlich ist hiermit nicht eine Frage der Verwechslungsgefahr aufgeworfen, sondern eine Interessenbewertung vorgenommen. Entscheidend ist markenrechtlich aber allein, ob zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist. Dieses ist der Fall, wie bereits oben ausgeführt worden ist. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der angesprochene Verbraucher die Internet-Domains der Parteien auch regelmäßig nicht nebeneinander oder zeitgleich wahrnimmt, sondern nur eine relativ undeutliche Erinnerung besitzt, ist auch insoweit die Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen.

hh. Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Beklagten, dass die vorliegend gegebene Verwechslungsgefahr beim Aufsuchen der Website des Beklagten aufgrund des Inhalts der Startseite beseitigt wird. Der Internetnutzer erkenne hier, dass der Beklagte unter seiner Firmenbezeichnung "k...IT " ein "kompetenter Partner im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik" sei und aufgrund der auf der Seite angebotenen Waren- und Dienstleistungen nicht mit der Klägerin verwechselt werden könne. Der Beklagte verweist zur Begründung seiner Ansicht insbesondere auf die BGH-Entscheidungen vom 11.4.2002 (I ZR 317/99) "vossius.de" (BGH GRUR 2002, 706) und vom 25.11.2002 (I ZR 41/02) "p...de" (BGH NJW 2003, 662), aus denen sich entnehmen lasse, dass der BGH bei der Frage der Verwechslungsgefahr bzw. der Irreführung für einen Internetnutzer die Aufmachung der ersten Seite der Homepage mit berücksichtige. Eine entstandene Fehlvorstellung könne durch die Startseite ausgeräumt werden.

Der vorliegende Fall lässt sich nach Ansicht des Senates schon vom Sachverhalt her nicht mit den von dem Beklagten angeführten Entscheidungen vergleichen:

Die Entscheidung des BGH "vossius.de" besitzt zwar ebenfalls eine markenmäßigen Anknüpfung (§ 15 Abs. 2 MarkenG). Der zugrunde liegende Sachverhalt weist aber die Besonderheit auf, auf die der BGH ausdrücklich hinweist (BGH a.a.O. S. 707), dass die klagende Anwaltskanzlei ihre Domainbezeichnung von dem Namen des beklagten Anwalts (vertraglich) abgeleitet hatte, der seinen Namen später ebenfalls für seine Domain verwendete. Der beklagte Anwalt konnte sich trotz grundsätzlichen Vorliegens der Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG somit als Namensträger auf sein Namensrecht berufen und es lag eine besondere vertragliche Konstellation vor. In einem solchen Fall ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ein Anspruch auf Unterlassung dann zu verneinen, wenn ein ausreichender Abstand der Zeichen in anderer Weise gewahrt wird und die Verwendung der angegriffenen Domain regelmäßig auch nicht isoliert, sondern zusammen mit anderen, eine Identifizierung ermöglichenden und damit eine Irreführung ausschließenden oder wenigstens erschwerenden Angaben erfolgt. In dem hier zur Entscheidung stehenden Fall aber nennt sich der Beklagte firmenmäßig nicht "k...", sondern "k...IT". Durch die Veränderung seiner Firmenbezeichnung in der Domain entfernt er sich von seiner eigenen Firma und nähert sich dem prioritätsälteren Klagemarken "c..." in einer die Verwechslungsgefahr begründenden Weise an. Dieses ist erst Recht dann markenrechtlich nicht hinnehmbar, wenn dem Beklagten auch unter Berücksichtigung der - engen - Gestaltungsmöglichkeiten einer Internetdomain die Einhaltung eines weiteren Abstandes zu den Klagemarken möglich ist. So ist zwischen den Parteien unstreitig, dass dem Beklagten auch die Anmeldung der Domain "k...-it.de" möglich gewesen wäre, die sowohl von der Aussprache als auch vom Schriftbild deutlich näher bei der Firmenbezeichnung des Beklagten "k...IT" als bei den Klagemarken "c..." liegt.

Auch die Entscheidung "p...de" ist nicht auf den hiesigen Fall zu übertragen, da im Rahmen der dort zur Entscheidung stehenden Frage einer wettbewerbswidrigen Irreführung schon immer auf den Äußerungszusammenhang und eine hierdurch mögliche Ausräumung der Irreführung abgestellt worden ist. Dieses ist auch der Grund, warum weitere Entscheidungen, die auf wettbewerbsrechtlichen oder namensrechtlichen Anspruchsgrundlagen beruhen, für die Argumentation des Beklagten nicht ins Feld geführt werden können.

Entscheidend spricht gegen die Übertragung der von den Beklagten genannten Entscheidungen auf den vorliegenden Fall aber, dass hier der Beklagte mit seiner Domain nicht nur im Internet auftritt, sondern unstreitig diese Domain im Rahmen seiner allgemeinen Werbung im Geschäftsverkehr benutzt. Dieses stellt im Übrigen eine im Geschäftsverkehr mittlerweile übliche und normale Benutzung von Domains dar, wie dem Senat aus einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten aus eigener Anschauung bekannt ist. Die Verwechslungsgefahr realisiert sich in diesen Fällen regelmäßig bereits für den jeweils angesprochenen Verkehr bei der Wahrnehmung der Werbung und nicht erst dann, wenn der Kunde im Rahmen der Internetnutzung die Adresse eingibt. Die durch die markenrechtlichen Parameter (Kennzeichnungskraft, Zeichenähnlichkeit, Warenähnlichkeit) begründete Verwechslungsgefahr und die hieraus entstandene Fehlvorstellung führt - möglicherweise zeitlich erst sehr viel später - zur Eingabe der Internet-Domain des Beklagten. Selbst wenn die Startseite durch ihren Inhalt dem Internetnutzer ermöglicht, seine Fehlvorstellung zu erkennen, ist die Verwechslungsgefahr in jedem Fall doch bereits relevant geworden.

ii. An der Bejahung der Verwechslungsgefahr ändern sich auch nichts dadurch, dass der Beklagte berechtigterweise seine Firmenbezeichnung "k...IT" verwenden darf. Der Beklagte hat gleichwohl gegenüber den prioritätsälteren klägerischen Zeichen mit seiner Domain, die er nicht nur als Adresse, sondern auch kennzeichenmäßig verwendet, den ausreichenden Abstand einzuhalten. Dieses geschieht mit der Domain "k..." gerade nicht. So ist es ihm - worauf bereits hingewiesen worden ist - unstreitig unbenommen, eine Domain "k...-it" zu wählen und sich somit unmittelbar an seine Firma "k...IT" auszurichten. Der Senat hat im Hinblick hierauf auch nicht zu entscheiden, ob die auf tatsächlicher Grundlage bejahte Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG überhaupt einer derartigen Interessenbewertung unterworfen werden kann.

Die Klägerin besitzt gegen den Beklagten ebenfalls aus dem Gesichtspunkt des Verwechslungsschutzes einen Anspruch auf Unterlassung nach § 15 Abs. 2, Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 2 MarkenG.

Nach § 15 Abs. 2 MarkenG ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Auch hier ist die Prüfung der Verwechslungsgefahr an den in Wechselbeziehung zueinander stehenden Parametern der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens, der Zeichenähnlichkeit und der Branchenähnlichkeit vorzunehmen.

Bei dem Zeichen "c..." handelt es sich um eine geschäftliche Bezeichnung im Sinne von §§ 15 Abs. 2, 5 Abs. 2 MarkenG, unter der die Klägerin seit 1988 ihre Geschäftstätigkeit ausübt. Dieses prioritätsältere Zeichen weist eine normale Kennzeichnungskraft auf. Zwischen dem Klagezeichen und dem Verletzungszeichen besteht eine hochgradige Zeichenähnlichkeit. Die Parteien sind in derselben Branche tätig. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist demgemäß unter Berücksichtigung der Wechselbezüglichkeit der Kriterien zu bejahen. Insoweit kann auf die entsprechenden Ausführungen zu § 14 Abs. 2 MarkenG (oben unter a.) verwiesen werden.

Der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist gemäß §§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5 MarkenG begründet. Der diesen Schadensersatzanspruch vorbereitende Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 19 MarkenG.

Soweit der Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Postulationsfähigkeit des für die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auftretenden Rechtsanwalts Dr. J... in Zweifel gezogen hat, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2.12.2005 das Schreiben des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf vom 16.12.2004 vorgelegt. Aus diesem ist ersichtlich, dass Rechtsanwalt Dr. J... für das Jahr 2005 zum amtlichen Vertreter von Rechtsanwalt R... bestellt worden ist, der wiederum eine OLG-Zulassung besitzt. Dass Rechtsanwalt Dr. J... in der Senatsverhandlung vom 9.11.2005 auf seine Eigenschaft als amtlich bestellter Vertreter nicht hingewiesen hat, macht seine Prozesshandlung nach Auffassung des Senates nicht unwirksam, da es allein darauf ankommt, ob er wirksam für den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt R... im Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung, hier der Stellung der Berufungsanträge in der Senatsverhandlung, auftreten konnte (vgl. BGH NJW 1992, 2706; Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rn. 3 zu § 78 ZPO). Dieses ist der Fall gewesen. Es ist auch nicht erforderlich gewesen, dass Dr. J... als gemäß § 53 Abs. 3 BRAGO bestellter Rechtsanwalt seine Stellung als allgemein bestellter Vertreter in der mündlichen Verhandlung offenbart, dass er für einen anderen postulationsfähigen Rechtsanwalt handelt. Es muss lediglich aus den die Prozesshandlung begleitenden Umständen hinreichend deutlich erkennbar sein, dass ein Handeln für einen anderen postulationsfähigen Rechtsanwalt vorliegt (BGH NJW 1999, 365). Diese Umstände ergeben sich vorliegend aus der Tatsache, dass Rechtsanwalt Dr. J... den in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsatz vom 18.3.2005 unter Hinweis auf seine Stellung als amtlich bestellter Vertreter von Rechtsanwalt R... unterzeichnet hat. Darüber hinaus ergibt sich aus den Schriftsätzen der prozessbevollmächtigten Anwaltskanzlei, dass Rechtsanwalt Dr. J... nicht über die Zulassung bei einem Oberlandesgericht verfügt und er somit nur als Vertreter eines postulationsfähigen Rechtsanwalts der bevollmächtigten Kanzlei auftreten konnte. Weitere Umstände ergeben sich daraus, dass sowohl der Berufungsschriftsatz vom 28.2.2005 als auch der Berufungsbegründungsschriftsatz vom 28.4.2005 jeweils von postulationsfähigen Rechtsanwälten unterzeichnet worden sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Entscheidung bietet dem Senat keine Veranlassung, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Der Rechtsstreit beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall und hat keine grundsätzliche Bedeutung. Einer Entscheidung des Revisionsgerichtes bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.






OLG Hamburg:
Urteil v. 14.12.2005
Az: 5 U 36/05


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