Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 19/02

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 29 W (pat) 19/02)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2001 wird aufgehoben und das Deutsche Patent- und Markenamt angewiesen die Marke 300 57 895.4 für die Dienstleistung "Telekommunikation" einzutragen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Fenster1 wurde am 3. August 2000 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 06:

Fenster und Türen, ausschließlich oder überwiegend aus Metall;

Klasse 17:

Kunststoffprofile für die Herstellung von Fenstern und Türen;

Klasse 19:

Fenster und Türen, ausschließlich oder überwiegend aus Kunststoff; Fenster und Türen, ausschließlich oder überwiegend aus Holz; Fenster und Türen aus Kunststoff und Holz;

Klasse 38:

Telekommunikationzur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 19. November 2001 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Hinsichtlich der beanspruchten Fenster handele es sich bei dem Markenbestandteil "Fenster" um eine reine Gattungsbezeichnung. In Verbindung mit Kunststoffprofilen für Fenster sei er ohne weiteres als Bestimmungsangabe verständlich. Den weiteren Bestandteil "1" erfasse der Verkehr lediglich als Hinweis auf das Fenster Nr. 1 einer Serie von Fenstern. Auch hinsichtlich der beanspruchten Türen erkenne der Verkehr den beschreibenden Aussagegehalt ohne weiteres, da auch Türen Fenster mit einer entsprechenden Nummerierung aufweisen könnten. Für andere Arten von Türen sei das angemeldete Zeichen ersichtlich täuschend. In Bezug auf die Dienstleistung der Telekommunikation fehle dem Zeichen ebenfalls die Unterscheidungskraft, da in diesem Bereich der Begriff "Fenster" eine Dialogfeld bezeichne und auch insoweit eine Nummerierung üblich sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2004 hat sie das Verzeichnis der Marke auf die Dienstleistung "Telekommunikation" eingeschränkt und den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen. Zur Begründung der Beschwerde trägt sie im Wesentlichen vor, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit die beanspruchte Dienstleistung der Telekommunikation nicht unmittelbar beschreibe. Der Bestandteil "Fenster" werde im Bereich der Telekommunikation sowohl als thematische Angabe im Sinne einer Licht- und Luftöffnung als auch zur Bezeichnung eines Dialogfelds verwendet. Der Gesamtbegriff "Fenster1" könne als Hinweis auf das erste oder beste Fenster oder im Sinne einer Nummerierung für die Anordnung des Fensters verstanden werden. Für das Gebiet der Telekommunikation sei die Angabe "Fenster1" ungewöhnlich und auch in der Fachsprache der Programmierer nicht gebräuchlich.

Die Anmelderin beantragt, die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.

Zur Frage der beschreibenden Bedeutung des Zeichens im Bereich der Telekommunikation wurde der Anmelderin das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Internet-Recherche übersandt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat nach Einschränkung des Verzeichnisses in der Sache Erfolg. Die angemeldete Marke ist in Bezug auf die Dienstleistung "Telekommunikation" weder als beschreibende Angabe noch auf Grund fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG).

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Schutzhindernis besteht auch dann, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 Rn 32 - Doublemint; BGH GRUR 2002, 64, 65 - INDIVIDUELLE mwN.). Bei der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses ist das Zeichen mit allen seinen Bestandteilen zugrunde zu legen, denn das angesprochene Publikum nimmt ein Zeichen regelmäßig in seiner Gesamtheit wahr (vgl. BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

2. Die angemeldete Marke ist ersichtlich aus dem Wort "Fenster" und der Zahl "1" zusammengesetzt. Im Bereich der Datenverarbeitung bezeichnet der Begriff "Fenster" bzw. der entsprechende englische Begriff "window" üblicherweise ein Dateneingabe- oder Dialogfeld und ist mit dieser Bedeutung dem hier angesprochenen Durchschnittsverbraucher vor allem im Zusammenhang mit Textverarbeitungs- und E-Mail-Programmen geläufig, z.B. Rittershofer, Telekommunikation und Datenfernübertragung, "Das Mail-Fenster von Netscape ist mit Window - Netscape Mail zu erreichen" - www.dbg.rt.bw.schule.de; "Gebührenzähler 5.21: Bis zu 10 Provider werden in einem extra Fenster verwaltet; " - http://downloadtipp.de; E-Mail-Programm Outlook Express - "Anpassen des Outlook Express-Fensters: Es gibt verschiedene Arten, wie Sie das Outlook Express-Fenster Ihrer Arbeitsweise anpassen können". Trotz des engen Sachzusammenhangs zwischen Datenverarbeitung und Datenübertragung hat der Senat aber nicht feststellen können, dass der Begriff "Fenster" für die Dienstleistung der Telekommunikation eine unmittelbar beschreibende Bedeutung aufweist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die technische Übertragung grundsätzlich von der Art der Dateneingabe unabhängig ist und die Angabe "Fenster" im Sinne eines Dateneingabefelds zur Beschreibung der eigentlichen Übertragungsleistung daher nicht geeignet erscheint. Auch durch die nachgestellte Zahl 1 erfährt die Bezeichnung "Fenster" insoweit keine Präzisierung. Denn selbst wenn man mit der Markenstelle darin den Hinweis auf eine numerische Reihenfolge sieht, wird damit lediglich eine Anordnung oder Abfolge, nicht jedoch ein bestimmtes Merkmal beschrieben.

3. Nichts anderes ergibt sich unter dem Gesichtspunkt, dass der Verkehr Sachangaben in Verbindung mit der Dienstleistung der Telekommunikation durchaus inhaltsbeschreibend erfasst, wenn er nicht zwischen den angebotenen Inhalten und der technischen Infrastruktur unterscheidet (vgl BPatG 29 W (pat) 218/01 - Think Systems). Nach der vom Senat durchgeführten Recherche und den von der Anmelderin übersandten Belegen zum Internet-Auftritt ihrer Mitbewerber findet die Bezeichnung "Fenster1" in der Branche der Fensterbauer und Fensterfachbetriebe keine beschreibende Verwendung. Die Annahme, das angesprochene Publikum werde in dem Markenwort einen thematischen Hinweis auf ein Internet-Portal oder eine Datenbank für eine bestimmte Fensterart verstehen, ist deshalb fernliegend.

4. Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2002, 1050 - Cityservice). Dies ist hier nicht der Fall, weil es sich bei der Bezeichnung "Fenster1" für die Dienstleistung der Telekommunikation aus den oben genannten Gründen um keine unmittelbare, hinreichend konkrete Sachangabe handelt.

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2004
Az: 29 W (pat) 19/02


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