Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 27. November 2009
Aktenzeichen: 18 K 5401/08

(VG Köln: Urteil v. 27.11.2009, Az.: 18 K 5401/08)

Tenor

Soweit die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Unter dem 11.10.2007 bat die Beklagte die Klägerin im Rahmen der Prüfung der Einhaltung des Verbotes der Óberleitung öffentlicher Gelder um Vorlage von Informationen bezüglich folgender Positionen: "Zuschüsse von Dritten", "Zuschüsse von Dritten - AHK mindernd", "Zuschüsse GVFG ( außer Bund )". Hintergrund war, dass der Geschäftsbericht der DB AG für das Jahr 2006 anders als der Geschäftsbericht für das Jahr 2005 keine Einzelbeträge unter den Titeln "Zuschüsse von Dritten - AHK mindernd", "Zuschüsse GVFG ( außer Bund )" auswies.

Dabei erklärte die Beklagte, dass sie vorerst jeweils eine klare und vollständige Aufschlüsselung der Zuschüsse und eine Beschreibung ihrer Verwendung, geordnet zunächst nach den Personen der Geber ( insbesondere nach Bundesländern ), sodann nach den einzelnen Projekten benötige.

Unter dem 22.10.2007 teilte die DB AG im Auftrag der Klägerin mit, dass eine rechtliche Verpflichtung der Klägerin, die erbetenen Informationen zu übersenden, aus ihrer Sicht nicht gegeben sei. Insbesondere lägen keinerlei Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1b AEG vor. Es werde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass sämtliche der Klägerin zugewendeten öffentlichen Gelder auch außerhalb des BSchwAG einer Verwendungsprüfung - in der Regel durch die Landesrechnungshöfe -unterlägen. Eine Doppelkontrolle ohne konkreten Anlass sei weder notwendig noch sachgerecht. Gerade im Verhältnis zwischen Bund und Ländern solle auch den derzeit laufenden Diskussionen über die Zuständigkeiten zur Kontrolle der Verwendung von Regionalisierungsmitteln nicht vorgegriffen werden.

Die Klägerin sei ihren etwaigen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Zusammenhang mit einer Óberwachung der Óberleitung öffentlicher Gelder bereits durch die Óbergabe der tabellarischen Aufstellung der Zuschüsse für das Jahr 2006 nachgekommen, die Herr Fried, der Unabhängigkeitsbeauftragte der DB AG, eingereicht habe. Durch diese Aufstellung und die Ausführungen im Geschäftsbericht des DB Konzerns für das Jahr 2006 sei eine Vergleichbarkeit der Daten mit den Daten des Geschäftsjahres 2005 hergestellt.

Mit Bescheid vom 28.1.2008, zugestellt am 13.2.2008, bat die Beklagte nach §§ 5a Abs. 5, 5 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 b AEG um Vorlage folgender Informationen:

Eine Aufschlüsselung der von der Klägerin im Geschäftsbericht 2006 als "Zuschüsse von Dritten" bezeichneten öffentlichen Gelder nach Zuschussgebern und eine Darstellung und Erläuterung ihrer Nutzung, aufgeschlüsselt nach Einzelprojekten.

Eine Aufschlüsselung der von der Klägerin im Geschäftsbericht 2006 als "Zuschüsse von Dritten - AHK mindernd " bezeichneten öffentlichen Gelder nach Zuschussgebern und eine Darstellung und Erläuterung ihrer Nutzung, aufgeschlüsselt nach Einzelprojekten.

Eine Aufschlüsselung der von der Klägerin im Geschäftsbericht 2006 als "Zuschüsse GVFG ( außer Bund )" bezeichneten öffentlichen Gelder nach Zuschussgebern und eine Darstellung und Erläuterung ihrer Nutzung, aufgeschlüsselt nach Einzelprojekten.

Eine Bezifferung des im Jahr 2006 von der Klägerin gezahlten Betrages für die Konzernumlage im DB-Konzern und eine Darstellung und Aufschlüsselung, aus welchen Quellen dieser Betrag intern finanziert wurde.

Eine Bezifferung und Aufschlüsselung der sonstigen im Jahr 2006 von der Klägerin an die Konzernmutter oder andere Konzerneisenbahnverkehrsunternehmen gezahlten Beträge und eine Darstellung und Aufschlüsselung, aus welchen Quellen diese Beträge intern finanziert wurden.

Zur Begründung machte die Beklagte geltend, dem Geschäftsbericht der DB AG für das Jahr 2006 sei zu entnehmen, dass die Klägerin, die DB Station und Service AG und die DB Energie GmbH im Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2006 öffentliche Gelder in einer Gesamthöhe von 3,683 Milliarden Euro erhalten hätten. Anders als im Vorjahresbericht sei keine konkrete Aufschlüsselung der Beträge nach Zuschussgebern erfolgt. Auch nach Vorlage einer Óbersichtstabelle über die Gesamtbeträge durch den Unabhängigkeitsbeauftragten der DB AG fehle eine Aufschlüsselung der Gesamtbeträge und eine Darstellung ihrer Nutzung. Ohne diese Informationen könne das Eisenbahnbundesamt (EBA) nicht prüfen, ob die Klägerin alle erhaltenen Zuwendungen aufgeführt habe und ob sie dem Óberleitungsverbot Rechnung getragen habe.

Da die Klägerin sich geweigert habe, insoweit Auskunft zu erteilen, sei nunmehr ein Auskunftsbescheid erforderlich, um die Sachverhaltsermittlung und damit eine stichprobenartige Kontrolle zu ermöglichen. Das EBA sei gemäß § 5a Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 als Eisenbahnaufsichtsbehörde des Bundes dafür zuständig, die Einhaltung des in § 9 Abs. 1b AEG normierten Verbotes der Óberleitung öffentlicher Gelder von Eisenbahninfrastrukturunternehmen ( EIU ) auf mit ihnen über ein Mutterunternehmen verbundene Eisenbahnverkehrsunternehmen ( EVU ) zu überwachen. In Wahrnehmung dieser Aufgabe führe das EBA systematische, stichprobenartige Óberprüfungen durch, die verdachtsunabhängig sein könnten.

Gemäß § 5a Abs. 5 AEG hätten EIU i. S. d. § 5a Abs. 2 Nr. 1 AEG dem EBA alle für die Durchführung der Óberwachung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Nachweise zu erbringen und Hilfsdienste zu leisten.

Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Anordnung bestünden nicht, da mildere Mittel ohne Erfolg geblieben seien. Ein Auskunftsverweigerungsrecht der Klägerin bestehe nicht.

Die Beklagte wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei ihrer Prüfung nicht um eine zweite Verwendungsprüfung handele. Vielmehr diene das Auskunftsersuchen der Vorbereitung der Prüfung nach § 9 Abs. 1b AEG, ob öffentliche Gelder verbotswidrig direkt oder indirekt ( z. B. durch Zahlung einer Konzernumlage ) über die Konzernmutter an Konzern-EVU übergeleitet worden seien. Dass das Gesetz an anderer Stelle eine sonstige Óberprüfung - wie etwa die Verwendungsprüfung - vorsehe, habe keinen Einfluss auf die Óberprüfungsbefugnis und -aufgabe der Beklagten nach § 9 AEG. Außerdem finde die Verwendungsprüfung nur stichprobenartig statt.

Für eine Óberprüfung der Óberleitung öffentlicher Gelder seitens des EBA gemäß § 9 Abs. 1b AEG sei kein wie auch immer gearteter Anfangsverdacht erforderlich. Um eventuelle Verstöße feststellen zu können, sei das EBA auf die Mitwirkung der betreffenden Unternehmen gemäß § 5a Abs. 5 AEG angewiesen. Deshalb unterstelle das EBA mit diesem Auskunftsersuchen weder der Klägern noch anderen Konzernunternehmen des DB- Konzerns einen Verstoß gegen § 9 AEG.

Eine Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sei bei Vorlage der verlangten Unterlagen seitens der Klägerin nicht zu besorgen, denn das EBA werde selbstverständlich alle eingehenden Daten vertraulich behandeln.

Die verlangten Auskünfte seien zur Óberprüfung der Einhaltung des Verbots der Óberleitung öffentlicher Gelder auch erforderlich.

Die geforderten Auskünfte zur Konzernumlage seien erforderlich, da diese Umlage, die von der Klägerin nach eigenen Angaben an die Konzernmutter gezahlt werde, direkt oder indirekt eine Óberleitung öffentlicher Gelder darstellen könnte, soweit sie aus solchen Geldern stammte. Die DB AG selbst sei als EVU zugelassen, so dass eine Óberleitung an sie sowie an konzerneigene EVU unzulässig sei.

Am 13.3.2008 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, die Beklagte sei nicht befugt, die Auskünfte zu verlangen, denn es fehle an einem erforderlichen Anfangsverdacht, der die Beklagte überhaupt erst zu einer Prüfung berechtigte.

Die verlangten Auskünfte seien für die Prüfung der Beklagten nicht erforderlich. Allein der Umstand, dass die Angaben in dem Geschäftsbericht der DB AG für das Jahr 2006 nicht die selbe Detailtiefe aufwiesen wie diejenigen im Geschäftsbericht für das Jahr 2005, könne nicht den Vorwurf des Verstoßes gegen das Óberleitungsverbot begründen.

Ferner sei die Vorlage der beanspruchten Unterlagen nicht erforderlich, weil alle öffentlichen Gelder bereits nach anderen Vorschriften einer Verwendungsprüfung unterlägen. Insoweit finde § 44 Abs. 1 Satz 2 BHO/ LHO Anwendung. Sollten die Gelder nicht zweckentsprechend verwendet werden, seien sie an den Zuwendungsgeber verzinst zurückzuführen.

Ziffern 4 und 5 des angefochtenen Bescheides seien rechtswidrig, weil es nicht möglich sei, eine Aufschlüsselung vorzulegen, aus welchen Quellen die Konzernumlage und andere an die Konzernmutter gezahlten Beträge gespeist worden seien. Ein- und Auszahlungsströme außerhalb der projektbezogenen Finanzierungstatbestände würden nicht gesondert kodiert. Sie könnten auch nicht sachverhaltsbezogen zugeordnet werden. Eine solche Zuordnung der Mittelherkunft und der Mittelverwendung sei jeder Kassenrechnung fremd. Nicht zuletzt deshalb könnte mit einem konzernübergreifenden Cash-Pooling, wo debitorische und kreditorische Kontokorrentpositionen konzernweit zusammengefasst und den Konzerngesellschaften zu marktüblichen Zinsen bereitgestellt würden, schon im Ansatz keine Óberleitung von Geldern zwischen EIU und EVU verbunden sein.

Ferner bleibe unklar, wie die von der Beklagten geforderte Detaillierung nach Zuschussgebern, Einzelprojekten und Einzelheiten der Nutzung Hinweise auf den von ihr zu prüfenden Tatbestand des Verstoßes gegen das Óberleitungsverbot geben könnten.

Schließlich sei es der Klägerin unzumutbar, während des Laufs eines Gerichtsverfahrens nach dem IFG ( 13 (27) K 2769/07 ) der Beklagten Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren und damit rechnen zu müssen, dass diese ohne Rücksicht auf ihren Geheimnischarakter verbreitet würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.7.2008, zugestellt am 16.7.2008, wies das EBA den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Die Beklagte sei berechtigt, die begehrten Auskünfte zu verlangen. Gemäß § 5a Abs. 5 Satz 1 AEG hätten die nach § 5a Abs. 2 AEG Verpflichteten und die für sie tätigen Personen den Eisenbahnaufsichtsbehörden und ihren Beauftragten alle für die Durchführung der Eisenbahnaufsicht erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Nachweise zu erbringen, Hilfsmittel zu stellen und Hilfsdienste zu leisten. Dabei korrespondiere der Pflicht des verantwortlichen Unternehmens eine entsprechende Befugnis der Aufsichtsbehörde, Auskünfte zu verlangen. Deshalb stelle § 5a Abs. 5 Satz 1 AEG eine geeignete Ermächtigungsgrundlage für das Auskunftsverlangen dar.

Welche Auskünfte konkret verlangt würden, entscheide die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Insbesondere setze § 5a Abs. 5 Satz 1 AEG keinen wie auch immer gearteten Anfangsverdacht voraus. Es handele sich hier nämlich nicht um ein repressives Vorgehen, sondern vielmehr um ein Vorgehen der Behörde im Rahmen der Gefahrenabwehr. Die Unabhängigkeitsaufsicht nach § 9 AEG sei Teil der Eisenbahnaufsicht. Ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr setze nicht voraus, dass bereits eine Gefahr oder der Verdacht auf Bestehen einer Gefahr vorliegen müsse. Ermittlungsmaßnahmen der Eisenbahnaufsicht seien auch anlassunabhängig zulässig. Die Auskunftspflicht setze noch nicht einmal die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens voraus. Maßnahmen der Informationsbeschaffung seien nicht nur gegenüber dem im konkreten Fall ordnungspflichtigen Unternehmen, sondern auch gegenüber Dritten möglich.

Die konkret verlangten Auskünfte seien erforderlich. Zur Wahrnehmung ihrer Óberprüfungspflicht sei die Beklagte auf die Auskünfte der Klägerin angewiesen, weil die maßgeblichen Informationen nicht frei zugänglich seien. Dabei sei es grundsätzlich Sache der Behörde, zu beurteilen, ob eine konkret angeforderte Auskunft erforderlich sei. Die Erforderlichkeit der Auskunftserteilung entfalle nicht etwa deswegen, weil verschiedene andere gesetzliche Regelungen eine Verwendungsprüfung vorsähen. Die Verwendungsprüfungen, auf die die Klägerin sich berufe, fänden nur stichprobenartig und nach Kenntnis der Beklagten auch nur sehr sporadisch statt, so dass nicht auf eine vorliegende flächendeckende Verwendungsprüfung geschlossen werden könne.

Der Auskunftserteilung könne schließlich nicht mit dem Argument begegnet werden, dass die geforderten Auskünfte auch Geschäftsgeheimnisse enthielten. In diesem Zusammenhang könne auch der Einwand der Unzumutbarkeit im Hinblick auf das Verfahren 13 (27) K 2769/07 nicht durchgreifen, denn das EBA habe der Klägerin in dem angefochtenen Bescheid ausdrücklich zugesichert, keine Geschäftsgeheimnisse an Dritte weiterzugeben.

Der Einwand der Widerspruchsführerin, eine Aufschlüsselung der Herkunft der Finanzmittel sei nicht möglich, werde nicht substantiiert belegt und könne deshalb die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht berühren.

Am 15.8.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren und macht ergänzend geltend, die Beklagte habe keinerlei Befugnis zum Erlass eines Auskunftsbescheides; namentlich verleihe der Amtsermittlungsgrundsatz keine Eingriffsbefugnisse. Ebenso wenig seien spezialgesetzliche Eingriffsbefugnisse gegeben. Wie sich aus einem Vergleich mit den einschlägigen Bestimmungen des Postgesetzes, des Telekommunikationsgesetzes und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ergebe, bedürfe es auch im Eisenbahnrecht einer ausdrücklichen Ermächtigung dafür, im Wege des Verwaltungsaktes zur Auskunftserteilung aufzufordern.

Selbst wenn man mit der Beklagten davon ausginge, dass § 5a Abs. 5, Abs. 2, Abs. 1 Satz 1, i.V. m. § 9 Abs. 1 b AEG eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines Auskunftsbescheides enthielten, wären vorliegend jedoch die Voraussetzungen dieser Bestimmungen nicht erfüllt. Denn zum einen bedürfe es aus allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen eines Anfangsverdachts für ein diesbezügliches Tätigwerden der Beklagten, der hier nicht gegeben sei. Die Beklagte sei nach § 5 a Abs. 2 AEG nur zum Einschreiten berechtigt, soweit dies zur Beseitigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich sei. Das hier streitgegenständliche Auskunftsbegehren diene weder der Beseitigung festgestellter Verstöße noch der Verhinderung zukünftiger Verstöße.

Auch die Aufgabenzuweisung der Óberwachung der Einhaltung des § 9 Abs. 1b AEG rechtfertige das vorliegende - verdachtsunabhängige - Auskunftsbegehren nicht. Die Tatsache, dass die Eisenbahnaufsicht nicht darauf beschränkt sei, aus Anlass einer durch den Eisenbahnbetrieb begründeten Gefahr oder eines entsprechenden Gefahrenverdachts tätig zu werden, lasse nicht den Schluss zu, nunmehr seien im gesamten sachlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten anlassunabhängige Auskunftsbegehren zulässig. Im Gegenteil seien derartige Eingriffe - gerade außerhalb des Bereichs der Abwehr betriebsspezifischer Gefahren - nur zulässig, wenn Verstöße gegen eisenbahnrechtliche Bestimmungen vorlägen oder drohten. Hierfür sei mit Blick auf § 9 Abs. 1b AEG nichts dargetan. Anlasslose Untersuchungsanordnungen verstießen gegen das Willkürverbot.

§ 9 AEG stelle eine infrastruktur- und wettbewerbsbezogene Vorschrift dar. Im Bereich des Regulierungsrechts sei anerkannt, dass Aufklärungseingriffe einen hinreichenden Anfangsverdacht voraussetzten.

Ferner seien die in den streitgegenständlichen Bescheiden angeordneten Maßnahmen unverhältnismäßig. Ziffern 4 und 5 des Auskunftsbescheides seien bereits nicht geeignet, denn die Darstellung der Konzernumlage und ihrer Finanzierungsquellen wäre nicht dazu geeignet, ( angebliche ) Verstöße gegen § 9 Abs. 1 b AEG aufzuzeigen. Die von der Beklagten verlangte Aufschlüsselung, aus welchen Quellen die genannten Beträge "intern finanziert" würden, sei aus tatsächlichen Gründen unmöglich und schon von daher rechtswidrig.

Schließlich liege rein tatsächlich mit dem von dem Unabhängigkeitsbeauftragten der DB AG nachgelieferten Datenmaterial für das Jahr 2006 die gleiche Informationstiefe vor wie in dem Geschäftsbericht der DB AG für das Jahr 2005.

Die mangelnde Erforderlichkeit ergebe sich hier auch daraus, dass sämtliche der Klägerin zugeflossenen Gelder einer Verwendungsprüfung durch die jeweils zuständigen Zuwendungsgeber unterlägen. Insoweit handele es sich hier um eine nicht erforderliche doppelte Prüfung. Bei der Klägerin seien für das Jahr 2006 keine Verstöße seitens der Zuwendungsgeber festgestellt worden, so dass es ausgeschlossen sei, dass die Klägerin die ihr zur Förderung der Infrastruktur zugewendeten öffentlichen Gelder unter Verstoß gegen die Vorgaben aus § 9 Abs. 1b AEG ganz oder teilweise auf Verkehrsunternehmen des DB-Konzerns übergeleitet habe.

Die Klägerin sei durch die rechtswidrige Anordnung in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 87e GG und Art. 2 Abs.1 GG verletzt.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Bescheid vom 28.1.2008 und den Widerspruchsbescheid vom 14.7.2008 insoweit aufgehoben, als dies Ziffern 4 und 5 des Bescheides vom 28.1.2008 betrifft.

Insoweit haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28.1.2008 und den Widerspruchsbescheid vom 14.7.2008, soweit sie nicht in der mündlichen Verhandlung aufgehoben worden sind, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und macht ergänzend geltend, es sei systematisch verfehlt, § 5a Abs. 5 AEG in eine Reihe mit regulierungsrechtlichen Auskunftsnormen zu stellen. Dass es im AEG zwei unterschiedliche Arten von Auskunftsnormen gebe, verdeutliche, dass der Gesetzgeber damit zwei unterschiedliche Rechtskreise habe regeln wollen. § 14c AEG betreffe das Regulierungsrecht, § 5a AEG dagegen das klassische Gefahrenabwehrrecht. § 5a AEG sei in erster Linie geschaffen worden, um dem Gefahrenabwehrrecht zur Wirksamkeit zu verhelfen. Daher sei in diesem Bereich allein ein Vergleich mit klassischem Gefahrenabwehrrecht - wie etwa dem Gaststättenrecht oder dem Gewerberecht - angemessen.

Der Gesetzgeber habe für den Bereich des §§ 9, 9a AEG bewusst § 5a AEG und nicht § 14c AEG für anwendbar erklärt.

Bei der teleologischen Auslegung sei zu beachten, dass § 5a AEG nachträglich in das AEG eingefügt worden sei und der Gesetzgeber damit bewusst auf das Fehlen konkreter Eingriffsbefugnisse reagiert habe. Dies gelte nicht nur für die Ermächtigungsgrundlage in § 5a Abs. 2 AEG, sondern auch für die Ermittlungsbefugnisnormen § 5a Abs. 4 und 5 AEG. Dass der Gesetzgeber § 5a Abs. 4 und 5 AEG als Eingriffskompetenzen konzipiert habe, ergebe sich auch ganz deutlich aus der Gesetzesbegründung. Dort stünden die Ausführungen zu § 5a Abs. 4 und 5 AEG unter der Óberschrift "Normierung der Eingriffskompetenzen". In der Begründung sei ferner auch davon die Rede, dass das Auskunftsverlangen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf das Erforderliche beschränkt sei.

Die streitgegenständliche Anordnung erfülle die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage und genüge ferner auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Insbesondere seien die geforderten Auskünfte erforderlich. Namentlich seien die von der Klägerin für das Jahr 2006 vorgelegten Unterlagen nicht hinreichend aussagekräftig, um eine Prüfung im Hinblick auf § 9 Abs. 1b AEG zu ermöglichen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Gründe

Soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Im Óbrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet.

Hinsichtlich der Anordnungen zu Ziffern 1 bis 3 des Bescheides vom 28.1.2008 sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ).

Die Beklagte ist gemäß § 5a Abs. 5, Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1b AEG befugt, Auskünfte von der Klägerin im Wege des Auskunftsbescheides zu fordern.

§ 5a Abs. 5, Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1b AEG statuieren nicht etwa nur eine Obliegenheit der Klägerin, die von der Beklagten nicht im Wege eines Verwaltungsaktes durchgesetzt werden könnte.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass bereits § 5a Abs. 5 AEG für sich genommen eine Ermächtigungsnorm zum Erlass eines Auskunftsbescheides darstellt.

Vgl. ebenso Kunz, Eisenbahnrecht, § 5a Abs. 5 AEG Anm.1; Wittenberg/ Heinrichs/ Mittmann/ Zwanziger, Kommentar zum AEG § 5a AEG Rdnr. 14, der davon ausgeht, dass den unternehmerischen Pflichten nach § 5a Abs. 5 AEG aufsichtsbehördliche Befugnisse korrespondieren.

Dafür spricht vor allem die Entstehungsgeschichte des § 5a AEG, der nach der Gesetzesbegründung eindeutig dazu bestimmt war, Eingriffsnormen für die Eisenbahnaufsichtsbehörden zu schaffen. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 5a Absätze 4 und 5 AEG in der Gesetzesbegründung mit "Normierung der Eingriffskompetenzen" überschrieben sind und dass in der Gesetzesbegründung von einem Auskunftsverlangen die Rede ist, das sich an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren hat. Dass es sich bei einem Auskunftsverlangen, das am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszurichten ist, nach der Vorstellung des Gesetzgebers um einen Verwaltungsakt handeln muss, ergibt sich schon daraus, dass eine bloße - unverbindliche - Auskunftsbitte nicht streng an diesem rechtlichen Maßstab zu messen ist.

Nimmt man den Zusammenhang mit den Betretens- und Einsichtsrechten nach § 5a Abs. 4 AEG in den Blick, so wird deutlich, dass hier für die Eisenbahnaufsichtsbehörden ein - ggf. nach § 5a Abs. 7 AEG mit Zwangsmitteln durchsetzbares - Instrumentarium geschaffen werden sollte, um in dem hier geregelten Bereich der Gefahrenabwehr wirksam tätig werden zu können. Dies macht auch eine Zusammenschau mit § 5a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AEG deutlich. Diese Vorschrift stellt eine Rechtsgrundlage für das aufsichtsbehördliche Verlangen dar, über bestimmte Vorgänge Aufzeichnungen zu erstellen, die für einen späteren Nachweis geeignet sind.

Vgl. Beckscher AEG-Kommentar, § 5a AEG Rdnr. 62.

Zu diesem wirksamen Instrumentarium der Sachverhaltserforschung gehört auch die Befugnis, im Wege des Auskunftsbescheides nach § 5a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AEG Auskünfte zu verlangen. Ein von der Klägerin vorgestelltes Instrumentarium, das allein eine nicht durchsetzbare Auskunftsobliegenheit der Unternehmen statuierte, wäre demgegenüber nicht imstande, eine schnelle und wirksame Kontrolle, die gerade im Bereich der Gefahrenabwehr unabdingbar ist, zu gewährleisten. Führt man sich vor Augen, dass es im Bereich der hier angesprochenen Gefahrenabwehr zumeist um interne Vorgänge der Eisenbahnunternehmen geht, wäre eine nicht mittels Verwaltungsakts durchsetzbare Informationsbeschaffung seitens des Eisenbahnbundesamtes völlig ineffektiv.

Schließlich ist zu beachten, dass die Bestimmung des § 5a Abs. 5 AEG - ausweislich der Gesetzesbegründung - der Vorschrift des § 12 Abs. 5 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) nachgebildet ist. In dieser Vorschrift ist ausdrücklich davon die Rede, dass die Auskünfte "auf Verlangen" zu erteilen sind. Im Güterkraftverkehrsrecht wird davon ausgegangen, dass § 12 Abs. 5 eine Ermächtigungsgrundlage für einen Auskunftsbescheid darstellt und dass die Weigerung, Auskunft zu erteilen eine - ggf. bußgeldbewehrte - Ordnungswidrigkeit nach § 19 Abs. 1 Nr. 7, 10 oder 11 GüKG darstellt.

Vgl. Lammich/Pöttinger, Gütertransportrecht, § 12 GüKG, Rdnr. 17.

Auch der Umstand, dass in § 127 Abs. 3 TKG, § 69 Abs. 7 EnWG und § 59 Abs. 6 GWB ausdrücklich die Befugnis zur Regelung durch Einzelverfügung geregelt ist und eine entsprechende Regelung in § 5a Abs. 5 AEG fehlt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, denn die drei erstgenannten Bestimmungen unterscheiden jeweils zwischen der Entscheidung durch schriftliche Verfügung und durch Beschluss. Diese Unterscheidung kennt das AEG nicht mit der Folge, dass hier die zulässige Entscheidungsform nicht eigens zu bezeichnen ist. Dies bedeutet aber auch, dass aus dem Fehlen einer solchen Bestimmung nicht geschlossen werden kann, dass eine Entscheidung im Wege des Verwaltungsaktes nicht zulässig wäre.

§ 5a Abs. 5 AEG ist vorliegend auch nicht in der Weise teleologisch zu reduzieren, dass eine Eingriffsermächtigung der Beklagten nur in dem unmittelbar sicherheitsrelevanten Bereich als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Auskunftsbescheides in Betracht kommt. Es trifft zwar zu, dass die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben des § 9 Abs. 1b AEG in der Sache eher als Regulierungsrecht zu qualifizieren ist, jedoch ist

§ 5a Abs. 5 AEG - ohne Einschränkung - auch für die Kontrolle der Vorgaben des § 9 Abs. 1b AEG anzuwenden. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus dem Gesetzeszweck ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass § 5a Abs. 5 AEG im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung nach § 9 Abs. 1b AEG ausnahmsweise nur als Obliegenheit der Eisenbahnunternehmen zu verstehen sein sollte.

Auch soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen

vgl. Beschluss vom 22.2.2008 - 13 B 68/08 -

die gleich lautende Vorschrift des § 14c Abs. 3 AEG nicht als Ermächtigungsnorm zum Erlass eines Auskunftsbescheides angesehen hat, rechtfertigt dies zur Óberzeugung der Kammer vorliegend keine andere Beurteilung. Denn hier ist eine Fallkonstellation im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung gegeben, in der sich aus dem Gesamtzusammenhang und auch aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass der Gesetzgeber von einem Auskunftsverlangen der Behörde ausgegangen ist. Namentlich ergibt sich hier nicht die vom Oberverwaltungsgericht aufgezeigte Problematik, dass eine Ermächtigungsnorm nur zu Maßnahmen gegen EVU berechtigte. Vielmehr lässt die Ermächtigungsnorm des § 5a Abs. 2 Nr. 1 AEG auch Maßnahmen gegenüber EIU zu.

Aber selbst wenn man davon ausginge, dass § 5a Abs. 5 AEG für sich genommen keine Ermächtigungsgrundlage darstellte, ergäbe sich die Ermächtigung zum Erlass eines Auskunftsbescheides jedenfalls aus § 5a Abs. 5, Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1b AEG. Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften sind vorliegend erfüllt. Denn die Maßnahme ist jedenfalls erforderlich, um künftige Verstöße zu verhüten. Die Beklagte ist im Rahmen der Wahrnehmung ihres Prüfauftrages nach § 9 Abs. 1b AEG berechtigt, eine Aufklärungsmaßnahme einzuleiten, um den für die Prüfung der Einhaltung des § 9 Abs. 1b AEG maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen. Zur Óberzeugung der Kammer bedarf es in diesem Zusammenhang weder eines Anfangsverdachts wie etwa bei strafrechtlichen Ermittlungen noch eines konkreten Anlasses, um eine Prüfung einzuleiten. Auch müssen für die Befugnis zur Einleitung einer Óberprüfung nicht bereits die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, die Voraussetzung für ein Einschreiten gegenüber einem Eisenbahnunternehmen sind. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine Maßnahme handelt, die nach der Regelungssystematik im Bereich der Gefahrenabwehr angesiedelt ist. Hier besteht auch in anderen Rechtsmaterien - wie etwa dem Gaststättenrecht, dem Gewerberecht oder Verkehrsrecht - keine Verpflichtung der zuständigen Behörden, erst dann zu prüfen, wenn ein Anfangsverdacht gegeben ist. Vielmehr sind in diesem Bereich Routinekontrollen und anlassunabhängige Stichprobenkontrollen nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen unzweifelhaft zulässig. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der Kontrollen nach dem Güterkraftverkehrsrecht nach § 12 Abs. 5 GüKG, dem die Vorschrift des § 5a Abs. 5 AEG nach der Gesetzesbegründung nachgebildet ist.

Vgl. Lammich/Pöttering, Gütertransportrecht, § 12 GüKG, Rdnr. 19; Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, N § 12, Anm. 5 m. w. N.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin bedarf es dabei keiner ausdrücklichen Ermächtigung zur Durchführung der routine- oder stichprobenartigen Kontrollen.

Die sich letztlich aus der Unschuldsvermutung ableitende Pflicht der Strafverfolgungsbehörden, nicht ohne einen konkreten Anfangsverdacht gegen Bürger - im Hinblick auf konkrete Strafvorwürfe - zu ermitteln, hat im Bereich der Eisenbahnaufsicht keine Parallele. Vielmehr kann die Kontrolle der Einhaltung des Óberleitungsverbots nach § 9 Abs. 1b AEG ebenso anlassunabhängig erfolgen wie die Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung von Zuwendungen durch die Zuwendungsgeber.

Hinzu kommt vorliegend, dass sich das hier in Rede stehende Óbertragungsverbot nach § 9 Abs. 1b AEG auf rein konzerninterne Vorgänge bezieht, hinsichtlich derer nur durch die stichprobenartigen Kontrollen der Zuwendungsgeber oder durch Indiskretionen von Konzernangehörigen ein Anfangsverdacht entstehen könnte. Das Initiativrecht der Eisenbahnaufsichtsbehörde für eine Prüfung aber von den Ergebnissen einer stichprobenartigen Kontrolle der Zuwendungsgeber oder aber von Indiskretionen Konzernangehöriger abhängig zu machen, würde das gesamte Kontrollrecht in unangemessener Weise beschränken. Denn hinsichtlich des Ergebnisses der Stichproben wäre die Beklagte dann darauf beschränkt, nur in einem Bereich zu forschen, in dem ein Zuwendungsgeber bereits Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten festgestellt hat. Dies würde aber die vom Gesetzgeber vorgesehene zweifache und unabhängige Kontrolle - einerseits der Zuwendungsgeber auf die zweckentsprechende Verwendung und andererseits der Eisenbahnaufsichtsbehörden auf die Einhaltung des Verbots der Óbertragung nach § 9 Abs. 1b AEG - hinsichtlich des Initiativrechts für eine Prüfung auf eine einfache Kontrolle reduzieren. Denn die Eisenbahnaufsichtsbehörden dürften nur dann prüfen, wenn sich aus den Erkenntnissen der Zuwendungsgeber ein Anfangsverdacht des Inhalts ergäbe, dass zugleich ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 9 Abs. 1b AEG vorliegt.

Ferner führte es zu einer im Gesetz offenkundig nicht angelegten und sachlich nicht zu rechtfertigenden Verkürzung der Prüfungskompetenz der Eisenbahnaufsichtsbehörden, diese Kompetenz im Óbrigen von dem Ergebnis der Indiskretionen von Konzernmitarbeitern abhängig zu machen.

Auch die von der Klägerin gesehenen Parallelen zu § 127 TKG, § 45 PostG, § 59 GWB und zu § 69 Abs. 10 EnWG rechtfertigen es nicht, hier eine Prüfungsbefugnis erst bei Vorliegen eines Anfangsverdachts anzunehmen. Denn die vorgenannten Bestimmungen einerseits und § 9 Abs. 1b AEG andererseits haben einen unterschiedlichen Ausgangspunkt und unterschiedliche Regelungsgegenstände. Während § 127 TKG, § 45 PostG, § 59 GWB und § 69 Abs. 10 EnWG die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen gegenüber jedem beliebigen Marktteilnehmer regeln, und insoweit von der Rechtsprechung verlangt wird, dass das Wirtschaftsgebaren der Marktteilnehmer Anlass für die Vermutung eines wettbewerbswidrigen Handelns bietet, richtet sich § 9 Abs. 1b AEG ganz konkret an die Zuwendungsempfänger und unterwirft speziell den Umgang mit diesen Zuwendungen der Kontrolle im Rahmen der Eisenbahnaufsicht. Vor diesem Hintergrund besteht im Rahmen der Prüfung des § 9 Abs. 1b AEG nicht die Gefahr einer gleichsam flächendeckenden Ausforschung der wirtschaftlichen Tätigkeiten aller Marktteilnehmer ohne konkreten Anlass, die im Rahmen der Prüfung nach § 127 TKG, § 45 PostG, § 59 GWB und zu § 69 Abs. 10 EnWG gegeben sein könnte. Auch ist in den Blick zu nehmen, dass den Freiheitsrechten der Marktteilnehmer aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG bei allgemeinem wirtschaftlichem Handeln sehr viel mehr Gewicht zukommt als dem Freiheitsrecht eines Unternehmens im Umgang mit öffentlichen Zuwendungen, die vollständig zweckgerecht zu verwenden und nicht in wettbewerbswidriger Weise überzuleiten sind.

Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es für eine Prüfung der Beklagten auch nicht etwa eines - unterhalb des Anfangsverdachts anzusiedelnden - konkreten Anlasses für die Prüfung. Die hier maßgeblichen Vorschriften machen einen derartigen Anlass nicht zur Voraussetzung einer Prüfung. Auch der Umstand, dass die Befugnis der Behörde, nach § 5a Abs. 2 AEG konkrete Maßnahmen gegen die Eisenbahnunternehmen zu ergreifen, davon abhängt, dass dies zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße erforderlich ist, sagt nichts darüber aus, dass auch das Initiativrecht für eine Prüfung vom Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen abhinge. Dass konkrete Maßnahmen nur dann getroffen werden dürfen, wenn es um die Beseitigung festgestellter Verstöße oder die Verhütung künftiger Verstöße geht, betrifft die Eingriffsermächtigung für konkrete Maßnahmen, nicht jedoch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine diesbezügliche Prüfung angestellt werden darf. Hinge auch das Initiativrecht für eine Prüfung vom Vorliegen eines konkreten Tatbestandes ab, wäre dieser im Gesetz zu regeln. Denn aus allgemeinen Grundsätzen ergibt sich nicht, dass eine für Sicherheitsfragen zuständige Behörde erst dann prüfen dürfte, wenn ein konkreter Anlass für eine solche Prüfung bestünde. Vielmehr kann es gerade im Sicherheitsbereich durchaus angemessen sein, Routinekontrollen oder aber anlassunabhängige Stichprobenkontrollen durchzuführen, um Sicherheitsmängel überhaupt erst festzustellen. Weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus der Gesetzesbegründung ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass diese Bestimmungen nur bei Vorliegen eines konkreten Anlasses ein Initiativrecht für eine Prüfung der Beklagten gäben, soweit es um die Kontrolle der Einhaltung des Verbots des § 9 Abs. 1b AEG geht.

Die Beklagte hat das ihr bei der Auswahl der zu verlangenden Auskünfte zustehende Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gebraucht. Die angestellten Ermessenserwägungen sind sachgerecht und tragfähig. Die von der Beklagten mit den nunmehr noch angefochtenen Bescheiden konkret geforderten Auskünfte genügen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die geforderten Auskünfte sind geeignet, die Einhaltung des Verbots des § 9 Abs. 1b AEG zu kontrollieren. Die in Ziffern 1 bis 3 des angefochtenen Ausgangsbescheides verlangten Angaben zu der Höhe der Zuschüsse und deren konkreter Verwendung sind unzweifelhaft geeignet, eine Aussage darüber zu machen, ob eine verbotene Óberleitung stattgefunden hat.

Die im vorliegenden Verfahren noch geforderten Auskünfte sind zur Óberzeugung des Gerichts auch erforderlich. Denn es gibt keine mildere Maßnahme, die das hier angestrebte Ziel, nämlich die Kontrolle des Verbots der Óberleitung öffentlicher Zuwendungen nach § 9 Abs. 1b AEG, in gleicher Weise erreichen könnte.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass die stichprobenartigen Kontrollen der einzelnen Zuwendungsgeber für sich genommen nicht in der Lage sind, die Einhaltung des Óberleitungsverbots umfassend zu überprüfen. Die Klägerin ist in diesem Zusammenhang dem Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert entgegen getreten, dass die Kontrollen keineswegs flächendeckend seien. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der Kontrollen der Zuwendungsgeber eine umfassende Kontrolle der Einhaltung des Verbots des § 9 Abs. 1b AEG bei den Eisenbahnaufsichtsbehörden angesiedelt hat, gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber allein die Kontrolle der Zuwendungsgeber nicht für ausreichend, sondern eine parallele Kontrolle der Eisenbahnaufsichtsbehörden für erforderlich gehalten hat.

Da vorliegend auch Auskunft über Zuschüsse der Länder verlangt wird, deren zweckentsprechende Verwendung nicht von der Beklagen kontrolliert wird, verfängt auch das Argument der Klägerin nicht, die Beklagte könne als milderes Mittel schlicht den Umfang der Kontrollen der zweckentsprechenden Mittelverwendung vergrößern.

Dass entsprechend dem Vorbringen der Klägerin für das Jahr 2006 im Rahmen der Verwendungsprüfung keine Verstöße festgestellt worden sind, lässt angesichts der vorgenommenen stichprobenartigen Kontrollen keineswegs den Schluss zu, dass ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1b AEG damit ausgeschlossen und eine diesbezügliche Kontrolle schon deshalb nicht erforderlich sei.

Da die Óberprüfungsziele einer Verwendungsprüfung und der Prüfung der Einhaltung des Verbots der Óberleitung öffentlicher Mittel nach § 9 Abs. 1b AEG nur teilweise identisch sind, und da nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung die Prüfung nach § 9 Abs. 1b AEG bei den Eisenbahnaufsichtsbehörden angesiedelt ist, stellt sich diese auch nicht als kompetenzwidrige Óberprüfung des Verwaltungshandelns der Länder, sondern vielmehr als eigenständige und erforderliche Prüfung im Rahmen der Zuständigkeit der Eisenbahnaufsicht dar.

Die noch im Streit befindlichen Auskunftsersuchen sind auch angemessen. Denn die der Klägerin mit der Auskunftserteilung zugemuteten Nachteile stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck, nämlich der wirksamen Kontrolle der Einhaltung des Óberleitungsverbots nach § 9 Abs. 1b AEG. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass sie in diesem Zusammenhang Geschäftsgeheimnisse preisgeben müsse, begegnet dies keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Denn zum einen hat die Beklagte diesbezüglich ausdrücklich Geheimhaltung zugesichert und es sind keine konkreten Umstände dafür ersichtlich, dass die Beklagte nicht bereit oder in der Lage wäre, sich an diese Zusage zu halten. Der Einwand der Klägerin, es sei ihr nicht zumutbar, vor einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 13 (27) K 2769/07, in dem eine unzulässige Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen nach dem Informationsfreiheitsgesetz gerügt wird, erneut Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren, greift nicht durch. Denn die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin in jenem Verfahren ist - jedenfalls in erster Instanz - mit dem Argument abgewiesen worden, dass eine Wiederholungsgefahr nicht bestehe, weil nichts dafür spreche, dass die Beklagte erneut Geschäftsgeheimnisse preisgeben werde; außerdem ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im vorliegenden Verfahren gewillt wäre, in unzulässiger Weise Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren.

Zum anderen handelt es sich bei den in Ziffern 1 bis 3 verlangten Angaben nach Einschätzung der Kammer nicht um schutzwürdige Geschäftsgeheimnisse, denn die Höhe der öffentlichen Zuwendungen aus öffentlichen Haushalten unterliegt der Transparenzpflicht mit der Folge, dass insoweit ein Geschäftsgeheimnis gar nicht bestehen kann. Auch die Art der Verwendung der öffentlichen Zuwendungen stellt sich nicht als Geschäftsgeheimnis dar, sondern unterliegt - auch im Rahmen der Kontrolle durch den Zuwendungsgeber - einer Transparenzverpflichtung. Denn ggf. muss sich auch ein Zuwendungsgeber im politischen Raum mit Nachfragen nach der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendungen auseinandersetzen und dann konkret bezifferte Angaben zu den mit den Zuwendungen tatsächlich durchgeführten Projekten machen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Dabei geht die Kammer davon aus, dass der Beklagten die Kosten des Verfahrens insoweit aufzuerlegen waren, als sie die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben hat, weil die Beklagte insoweit voraussichtlich unterlegen wäre.

Das Verhältnis der Gegenstände, hinsichtlich derer klaglos gestellt wurde, zu den übrigen Gegenständen der Auskunftserteilung gewichtet die Kammer wie aus dem Tenor ersichtlich. Dabei geht sie davon aus, dass das ganz überwiegende Gewicht des Auskunftsbescheids auf den Ziffern 1 bis 3 liegt und die Ziffern 4 und 5 lediglich einer "Gegenprobe" dienten.

Die Berufung war zuzulassen, weil die Fragen, ob § 5a Abs. 5 AEG bzw. § 5a Abs. 5, Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 9 Abs. 1b AEG Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass eines Auskunftsbescheids darstellen und ob ein solcher Auskunftsbescheid nur bei Vorliegen eines Anfangsverdachts oder jedenfalls eines konkreten Anlasses für eine Prüfung des § 9 Abs. 1b AEG erlassen werden darf, grundsätzliche Bedeutung haben (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).






VG Köln:
Urteil v. 27.11.2009
Az: 18 K 5401/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/bb3a6d6d64ea/VG-Koeln_Urteil_vom_27-November-2009_Az_18-K-5401-08




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