Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Mai 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 97/01

(BPatG: Beschluss v. 17.05.2001, Az.: 25 W (pat) 97/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Gründe

I.

Die Bezeichnung "DR. JAZZ" ist am 6. Juli 1992 für die Dienstleistungen "Verpflegung und Unterhaltung von Gästen; Musikdarbietungen" für die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin des Löschungsantrags, die Dr. Jazz Gaststättenbetrieb GmbH, in das Markenregister eingetragen worden. Die Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 23. November 1998 unter Vorlage eines Auszuges des Handelsregisters Löschungsantrag mit der Begründung gestellt, dass die Dr. Jazz Gaststättenbetrieb GmbH am 15. Januar 1998 gemäß § 2 Abs 1 LöschG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden und deshalb nach § 49 Abs 2 Ziff 3 MarkenG infolge Wegfalls der Markeninhaberin verfallen sei.

Der bereits durch schriftliche Vollmacht vom 18. Dezember 1991 verfahrensbevollmächtigte frühere Vertreter der Antragsgegnerin hat diesem ihm am 11. Dezember 1998 mittels Empfangsbekenntnis zugestellten Antrag erst mit Schriftsatz vom 4. März 1999 - eingegangen beim DPMA am 8. März 1999 - gemäß § 53 MarkenG nach Ablauf der Frist widersprochen. Mit weiterem Schriftsatz vom 12. April 1999 - eingegangen beim DPMA am selben Tag - hat er sodann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung ausgeführt, dass die Fristversäumnis unverschuldet sei. Er habe, da die Antragsgegnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und er von der Geschäftsführerin die generelle Anweisung erhalten habe, keine kostenverursachenden Schritte mehr zu unternehmen, Anfang 1998 die laufende Markenüberwachung eingestellt. Dementsprechend habe er auf den ihm zugestellten und nach Studium der Aktenlage wegen Wegfalls der Markeninhaberin begründet erscheinenden Löschungsantrag nichts unternommen. Auch sei die Geschäftsführerin postalisch nicht erreichbar gewesen und andere Anfragen paralleler Vorgänge unbeantwortet geblieben. Erst aufgrund eines am 3. März 1999 geführten Telefonats habe er erfahren, dass die angegriffene Marke bereits am 10. Januar 1996 übertragen worden sei und darauf hin sofort dem Löschungsantrag widersprochen. Diese Ausführungen hat die ehemalige Geschäftsführerin der Markeninhaberin durch eine dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügte eidesstattliche Versicherung bestätigt und darin ergänzend ausgeführt, dass gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen Betrugs geführt werde. Dieser habe in Kenntnis der tatsächlichen Umstände unter falschen Angaben ein Löschungsverfahren gegen die Antragsgegnerin eingeleitet. Es werde deshalb hilfsweise um Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gebeten.

Wie sich aus der dem Schriftsatz vom 12. April 1999 beigefügten "Abtretungserklärung" vom 10. Januar 1996 ergibt, hatte die Dr. J... GmbH, vertreten durch ihre Geschäftsführerin, zur Sicherung eines Darlehens-Rückzahlungsanspruchs sämtliche Markenrechte übertragen und der Darlehensgeberin im Rahmen der getroffenen Sicherungsabrede ausdrücklich die Berechtigung eingeräumt, einen Umschreibungsantrag als neue Markeninhaberin zu stellen. Tatsächlich ist eine Umschreibung jedoch nicht beantragt worden.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem Beschluss vom 27. April 2000 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass von der Zulässigkeit des Löschungsantrags wegen Verfalls auszugehen sei, da sich insbesondere dem unsubstanziierten Vorbringen der ehemaligen Geschäftsführerin der Markeninhaberin keine konkreten Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch der Antragstellerin entnehmen ließe und im übrigen die privatrechtlichen Beziehungen der jeweiligen Geschäftsführer der Verfahrensbeteiligten untereinander für das Löschungsverfahren vor dem Patentamt ohne Belang seien. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet, da der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin die in § 53 Abs 3 MarkenG bestimmten Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung über den Löschungsantrag wissentlich habe verstreichen lassen und es deshalb an der Verhinderung einer Fristeinhaltung iSv § 91 MarkenG fehle. Ob dieser aus den gegebenen Umständen so habe handeln müssen, sei eine das Innenverhältnis zur Mandantin betreffende Frage, die eine Wiedereinsetzung nicht begründen könne.

Hiergegen hat der ehemalige Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin am 13. Juni 2000 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2000 aufzuheben und Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist zu gewähren.

Am 19. Oktober 2000 hat die für die GmbH handelnde Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin dem jetzigen Verfahrensvertreter Vollmacht erteilt, der mit Schriftsatz vom 9. März 2001 die Übernahme des Mandats angezeigt und zur Begründung der Beschwerde ausgeführt hat, dass er die im angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung des DPMA teile, eine Rücknahme der Beschwerde jedoch im Hinblick auf ein Regressverfahren gegen den ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten, welcher mit Schriftsatz vom 18. April 2001 die Niederlegung der Vertretung der Beschwerdeführerin angezeigt hat, nicht erfolgen könne.

Die Beschwerdegegnerin und Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Sie hat ausgeführt, dass der Vertreter der Antragsgegnerin die Widerspruchsfrist bewusst habe verstreichen lassen und deshalb die Säumnis selbstverschuldet sei. Es gehöre selbst dann zu den Sorgfaltspflichten eines Anwalts, zumindest formlos seinem Mandanten Verwaltungsakte des Patentamts zur Kenntnis zu bringen, wenn dieser zB den Anwalt vorher beauftragt habe, eine Anmeldung fallen zu lassen. Der Antragsgegnerin seien auch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da diese ihren prozessualen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sei.

II.

1.) Die Beschwerde der noch im Register als Markeninhaberin eingetragenen Löschungsantragsgegnerin Dr. J... GmbH ist zulässig. Insbe- sondere fehlt es auch nicht an den für die zulässige Einlegung des Rechtsmittels erforderlichen und von Amts wegen zu prüfenden (§ 82 MarkenG iVm § 56 Abs 1 ZPO) Prozesshandlungsvoraussetzungen der Beteiligtenfähigkeit (Parteifähigkeit) und Prozessfähigkeit (vgl hierzu Zöller ZPO 22. Aufl. 2001, § 50 Rdn 5, vor § 50 Rdn 17), obwohl die GmbH bereits vor Anhängigkeit des Verfahrens am 15. Januar 1998 wegen Vermögenslosigkeit nach § 2 Abs 1 LöschG gelöscht worden ist.

a.) Die Löschung einer GmbH nach § 2 Abs 1 LöschG (ebenso hinsichtlich des seit dem 1. 1. 1999 geltenden § 141 a Abs 1 Satz 2 FGG, vgl Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Auflage 2000, vgl § 60 Rdn 6 und 7; § 77 Anh Rdn 16) führt dann nicht zu einer Beendigung der Gesellschaft und ihrem Wegfall als Rechtssubjekt sowie dem damit nach § 50 Abs 1 ZPO korrespondierenden Verlust ihrer Beteiligtenfähigkeit (Parteifähigkeit iSv § 50 ZPO), wenn noch Vermögen vorhanden ist oder wenn die gelöschte Gesellschaft noch an irgendwelchen Abwicklungsmaßnahmen wie zB auch einer Grundbuchberichtigung, Löschungsbewilligung oder einer Zustellung teilnehmen muss (vgl OLG Koblenz NJW-RR 1999, 39, 40; Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl., 2000, § 74 Rdn 19; Rasner in Rowedder GmbHG, 2. Aufl., 1990, Anh § 60 Rdn 20, § 74 Rdn 12; Scholz-Schmidt, GmbHG, 7. Aufl. 1988, § 74 Rdn 20 mit Rechtsprechungshinweisen; vgl auch zur Beteiligtenfähigkeit PAVIS PROMA BPatG 33 W (pat) 264/98 copal = ICOPAL).

Auch in diesen Fällen ist die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister nicht Beendigungs-, sondern Auflösungstatbestand (vgl zB Schulze-Osterloh aaO, § 60 Rdn 64 und § 66 Rdn 37) und die GmbH besteht als parteifähige Liquidationsgesellschaft fort (vgl hierzu Schulze-Osterloh aaO, § 60 Rdn 9; BGH NJW 1982, 238; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 49 Rdn 13), der die Möglichkeit zusteht, ihr gegenüber geltend gemachte Ansprüche abzuwehren (vgl auch BGH NJW-RR 1994, 542). Hierbei ist, sofern jedenfalls für die Erfüllung der noch bestehenden Abwicklungsverbindlichkeiten kein Vermögen erforderlich ist, ohne weiteres von einer passiven Beteiligtenfähigkeit auszugehen (vgl zur Parteifähigkeit iSv § 50 ZPO Schulze-Osterloh aaO, § 74 Rdn 19; Lutter/Hommelhoff aaO, § 74 Rdn 17; vgl dagegen OLG Oldenburg NJW-RR 1996, 160, 161 zum Fall fehlender Realisierbarkeit mangels Vermögen) und auch eine Wiedereintragung in das Handelsregister nicht erforderlich (Schulze-Osterloh aaO, § 60 Rdn 67). Dies muss entsprechend für die Beteiligung am Löschungsverfahren gelten (vgl auch PAVIS PROMA BPatG 33 W (pat) 264/98 copal = ICOPAL).

b.) Auch bestehen keine Bedenken an einer zulässigen Beschwerdeeinlegung im Hinblick auf die hierfür erforderliche Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin iSv § 52 ZPO, obwohl für diese noch die ehemalige Geschäftsführerin gehandelt hat. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob mit der ganz überwiegend vertretenen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon auszugehen ist, dass mit der Löschung einer GmbH nach § 2 Abs 1 LöschG - auch im Falle eines Fortbestands als nur aufgelöste Gesellschaft - die Vertretungsbefugnis der ehemaligen Geschäftsführer als gesetzliches Vertretungsorgan iSd § 35 GmbHG abweichend von § 66 Abs 1 GmbHG, wonach in der Regel die Geschäftsführer Liquidatoren sind, entfällt (vgl Zöller aaO, § 51 Rdn 4a; Rasner aaO, Anh § 60 Rdn 18, Bokelmann NJW 1977, 1130, 1131-1132) bzw diese Ämter nicht automatisch fortgeführt werden können (vgl Scholz-Schmidt aaO, Anh § 60 Rdn 20) und deshalb eine nicht anderweitig vertretene (vgl hierzu unten 2b) GmbH prozessunfähig wird (vgl BGH NJW-RR 1994, 542). Denn eine fehlende Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin ist vorliegend ohne Einfluss auf die Wirksamkeit und Zulässigkeit der Beschwerdeeinlegung. Die Beschwerdeführerin war nämlich durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten, dem sie bereits vor Löschung Prozessvollmacht erteilt hatte und der deshalb nach § 86 ZPO, wonach ein Wegfall der Prozessfähigkeit ohne Einfluss auf den Fortbestand der Vollmacht ist, das Verfahren für die vertretene Beschwerdeführerin weiterführen konnte, auch wenn der Verlust der Prozessfähigkeit durch Löschung der GmbH bereits vor Eintritt der Rechtshängigkeit des Verfahrens eingetreten war (vgl BGH NJW 1993, 1654; Zöller ZPO, 22. Aufl. 2001, § 86 Rdn 9; Bork in Stein/Jonas 21. Aufl. 1993, § 86 Rdn 5). Die Beschwerde erweist sich deshalb als zulässig.

2.) Der Senat sieht unter Berücksichtigung des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens, welches auf die Überprüfung einer im patentamtlichen Löschungs(vor)-verfahren nach §§ 49, 53 MarkenG ergangenen Entscheidung der Markenstelle gerichtet ist, auch keine Veranlassung zu der Annahme, es sei eine Verfahrensunterbrechung wegen Verlustes der Prozessfähigkeit (§ 241 Abs 1 ZPO) eingetreten, zumal die Überprüfung nur auf eine zurückweisende Entscheidung des DPMA über die dort beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gerichtet ist.

a.) Allerdings ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der im Beschwerdeverfahren erfolgten Mandatsniederlegung des Vorgängers des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten die mit dem Fortbestand der Vollmacht nach § 86 ZPO verbundenen Wirkungen entfallen sind und es bereits deshalb für den Fortgang des Verfahrens und für die zu treffende Sachentscheidung der erneuten Beurteilung bedarf, ob die Prozesshandlungs- und Sachurteilsvoraussetzung einer prozessfähigen Beschwerdeführerin zu schaffen ist. Denn die mit dem Fortbestand der Vollmacht verbundenen Rechtsfolgen können jedenfalls nicht zugunsten des jetzigen Verfahrensbevollmächtigten gelten, da dieser seine Vertretungsmacht nicht von seinem wirksam bevollmächtigten Vorgänger (vgl hierzu BGH NJW-RR 1994, 542), sondern von der bei Vollmachtserteilung bereits nicht mehr vertretungsberechtigten ehemaligen Geschäftsführerin der gelöschten GmbH ableitet. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob die Rechtswirkungen des § 86 ZPO sich nur darin erschöpfen, den Fortgang des Verfahrens bis zur Behebung dieses von Amts wegen zu beachtenden Mangels sicherzustellen oder ob auch ein Sachurteil erlassen werden darf (bejahend die Rspr, Übersicht hierzu in OLG Koblenz NJW-RR 1999, 39, 40; ablehnend Zöller ZPO 22. Aufl. 2001, § 87 Rdn 12; vgl auch Weber-Grellet in NJW 1986, 2559, 2600).

b.) Die in derartigen Fällen vorgeschlagenen Verfahrensweisen zur Wiederherstellung der Prozessfähigkeit und zur Fortführung des gemäß § 241 ZPO unterbrochenen Verfahrens reichen von der Bestellung neuer, vertretungsberechtigter (Nachtrags)-Liquidatoren entsprechend § 273 Abs 4 AktG, eines Betreuers bzw Pflegers durch das Registergericht, eines durch den Vorsitzenden des Prozessgerichts möglichen Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 57 ZPO (vgl hierzu Schulze-Osterloh aaO, § 75 Rdn 20 zur Nachtragsliquidation; Hüffer in Geßler/Hefermehl AktG, Band IV, 1993, § 273 AktG) bis zur entsprechenden Anwendung von § 74 Abs 1 Satz 2 AktG (vgl hierzu Scholz-Schmidt, GmbHG aaO, Anh § 60 Rdn 21 und § 74 Rdn 20 darauf hinweisend, dass es hinsichtlich der Fallgestaltung erforderlicher Abwicklungsmaßnahmen eigentlich nur noch um den Vollzug nachwirkender Handlungspflichten gehe und nicht um eine Liquidation des Gesellschaftsvermögens eines noch zu beendenden Rechtsträgers; zum Meinungsstand vgl auch Bokelmann aaO, S. 1130, Zöller ZPO, 22. Aufl., 2001, § 51 Rdn 4a mit weiteren Hinweisen; für eine Nachtragsliquidation plädierend Rasner aaO, Anh § 60 Rdn 20, § 74 Rdn 12).

c.) Dies kann jedoch in vorliegendem Verfahren dahingestellt bleiben. Denn das patentamtliche Löschungs(vor)verfahren nach §§ 49, 53 MarkenG ist ein aus Vereinfachungsgründen als reines - nicht kontradiktorisches - Registerfahren ausgestaltetes Verfahren (vgl Althammer/Ströbele MarkenR, 6. Aufl., § 53 Rdn 3), dass jedenfalls im Falle der Löschung einer wegen Wegfalls der Inhaberin verfallenen Marke nach § 49 Abs 1 Ziff 3 MarkenG iVm § 7 MarkenG denjenigen Verfahren vergleichbar ist, welche - wie bei der Klärung der Partei- oder Prozessfähigkeit - die im Streit stehende Frage gleichzeitig als Verfahrensvoraussetzung und Verfahrensgegenstand zum Inhalt haben. Insoweit ist es allgemein anerkannt, dass zur Austragung eines Streits über derartige (doppelrelevante) Tatsachen die Verfahrensvoraussetzung als gegeben zu unterstellen ist (vgl zB Thomas/Putzo ZPO, 22. Aufl., § 50 Rdn 11; BGH NJW 1982, 238; OLG Koblenz NJW-RR 1999, 39, 40 mit weiteren Hinweisen). Ebenso ist die - spätestens im sich anschließenden Verfahren nach § 55 MarkenG vor den Zivilgerichten relevant werdende - Begründetheit eines Löschungsantrags wegen eines geltend gemachten Wegfalls der noch eingetragenen Markeninhaberin gemäß § 49 Abs 1 Ziff 3 MarkenG iVm § 7 Ziff 2 MarkenG zwangsläufig mit der Verfahrensfrage verbunden, ob die noch eingetragene juristische Person tatsächlich ihre Rechtspersönlichkeit verloren hat und deshalb nicht mehr Verfahrensbeteiligte sein kann (§ 50 Abs 1 ZPO) bzw prozessfähig ist oder nicht.

d.) Es kommt ein weiteres hinzu: Selbst bei einer Vernachlässigung des Vermögensaspekts einer noch eingetragenen Marke würde ein markenrechtliches Löschungsverfahren - sofern man darin im Falle des § 2 Abs 1 LöschG jedenfalls eine sonstige Abwicklungsmaßnahme sähe, die eine der vorbeschriebenen (b.) Wirkungen einer fortbestehenden, in Auflösung befindlichen Gesellschaft auslöste - zwangsläufig der Annahme entgegenstehen, infolge der Beendigung der Gesellschaft sei ein Verlust der Markenfähigkeit der betroffenen juristischen Person iSv § 7 Ziff 2 MarkenG eingetreten. Ihre Verfahrensbeteiligung als solche im Löschungsverfahren vor dem DPMA nach den §§ 49, 53 MarkenG kann sich deshalb nur als eine nachwirkende Mitwirkungspflicht darstellen, die weder eine Bestellung von Liquidatoren oder sonstigen Handlungsträgern erfordert noch zu einer "Wiederbelebung" der Gesellschaft im Sinne einer als Rechtssubjekt und Prozesspartei bis zu ihrer Vollbeendigung fortbestehenden Liquidationsgesellschaft führt.

Hiervon mag die Rechtslage im Falle einer sich dem patentamtlichen Teil des Löschungsverfahren anschließenden Löschungsklage vor den Zivilgerichten (§ 55 MarkenG) zu unterscheiden sein, in dem zB ein nicht unerheblicher Vermögenswert der für die gelöschte GmbH noch eingetragenen Marke geltend gemacht werden kann und der dann eine im Einzelfall zu treffende andere Bewertung rechtfertigt. Dies bedarf hier jedoch keiner Entscheidung. Denn im Gegensatz dazu stellt sich jedenfalls das Verfahren nach §§ 49, 53 MarkenG als ein rein formales, auf die Einlegung des Rechtsbehelfs als solches beschränktes (Vor)Verfahren dar, in dem eine Beurteilung der hier maßgeblichen gesellschaftsrechtlichen Fragen, welche Wirkungen aus einer Löschung nach § 2 Abs 1 LöschG im konkreten Fall resultieren, gerade nicht stattfindet. Wird nämlich dem Antrag auf Löschung nicht fristgerecht widersprochen, erfolgt die Löschung der Marke ohne weiteres als gesetzlich vorgeschriebene Maßnahme (§ 53 Abs 2 MarkenG), d.h. ohne Einwirkungsmöglichkeit der Markeninhaberin und auch ohne förmlichen Beschluss (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 54 Rdn 13).

e.) Die nach § 2 Abs 1 LöschG gelöschte GmbH kann deshalb ihre auf einen Widerspruch reduzierte Mitwirkung an einem Löschungsverfahren nach § 49 Abs 1 Ziff 3 MarkenG iVm § 7 MarkenG wegen Wegfalls der Markeninhaberin auch durch ihre ehemaligen Geschäftsführer wahrnehmen, ohne dass es einer außerhalb des Markenregisters erforderlichen Klärung der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Fragen bedarf, welche zugleich auch für die (negative) Beurteilung der Verfahrensvoraussetzungen wie der Partei- oder Prozessfähigkeit maßgebend sind. Dann kann aber auch hinsichtlich eines in diesem Zusammenhang stehenden Beschwerdeverfahrens, insbesondere wegen eines von der Markenabteilung des DPMA zurückgewiesenen Wiedereinsetzungsgesuchs in die versäumte Widerspruchsfrist, nichts anders gelten und es sind die im Zweifel stehenden Prozessvoraussetzungen der am Verfahren beteiligten GmbH zu unterstellen.

3.) Hiermit steht auch in Einklang, dass für die Frage, wer richtiger Adressat der Benachrichtigung nach § 53 Abs 2 MarkenG ist, ausschließlich auf den formalrechtlich legitimierten eingetragenen Markeninhaber abzustellen ist und nur im Falle einer beantragten Umschreibung auch der Rechtsnachfolger zu benachrichtigen ist (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenR, 6. Aufl., § 53 Rdn 4 auf § 54 Rdn 11-12 verweisend; zur fehlenden Ermittlungspflicht vgl auch Fezer Markenrecht, 2. Aufl., § 28 Rdn 22; § 53 Rdn 4).

a.) Mit dem formalen Charakter eines derartigen Verfahrens wäre es nicht in Einklang zu bringen, wenn es für die Passivlegitimation eines Löschungsantrags auf die - ggf erst von der Markenstelle eigenständig überprüfte oder zu ermittelnde - materiellen Rechtslage und nicht auf die formelle Legitimation ankäme (vgl ebenso BPatG Mitt 1977, 235, 236 zu § 11 Abs 4 WZG). Dies entspricht auch der zu § 11 Abs 4 Satz 2 WZG vertretenen Rechtsauffassung (vgl BPatGE 25, 236, 239 = GRUR 1983, 320, 321 - Löschungsantrag - zur Zustellung an den nicht mehr materiell berechtigten letzten Firmeninhaber einer erloschenen Handelsgesellschaft; Busse/Starck WZG 6. Aufl., § 11 Rdn 35), auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die gesetzliche Formulierung in § 53 Abs 2 MarkenG "unterrichtet den Inhaber der eingetragenen Marke" von derjenigen des § 11 Abs 4 Satz 2 WZG "dem als Inhaber des Warenzeichen Eingetragenen" abweicht. Hieraus kann jedoch kein Gegenschluss gezogen werden, wie die gesetzliche Formulierung des § 55 Abs 1 MarkenG "gegen den als Inhaber der Marke Eingetragenen oder.." zeigt, die für die Passivlegitimation einer sich nach Widerspruch anschließenden Klage auf Einwilligung in die Löschung ausdrücklich eine auf die formelle Legitimation hindeutende Formulierung wählt (ebenso § 11 Abs 2 WZG). Insoweit ist zwar streitig, ob die Passivlegitimation der eingetragenen Markeninhaberin losgelöst von ihrer materiellen Berechtigung und damit der widerlegbaren Vermutung nach § 28 Abs 1 MarkenG besteht (so wohl Ingerl/Rohnke MarkenG 1998, § 55 Rdn 7) oder nur die Passivlegitimation vermutet wird und deshalb jedenfalls entkräftet werden kann, mithin letztlich die materiellrechtliche Rechtslage für die Passivlegitimation entscheidend ist (so Fezer Markenrecht, 2. Aufl., § 55 Rdn 9). Besteht aber bereits eine aus der formellen Legitimation zumindest resultierende Indizwirkung für ein der Widerspruchseinlegung nachgeschaltetes Klageverfahren, so lässt jedenfalls allein die unterschiedliche Formulierung der jeweils maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen keine hinreichenden Schlüsse auf eine unterschiedlichen, insbesondere von der formellen Legitimation wegführenden Regelungsgehalt für das Verfahrens nach § 53 MarkenG zu. Grundlage dieses Verfahrens bleibt danach, dass es dem tatsächlich materiell Berechtigten im Falle einer Divergenz zwischen materiellem und formalen Zeichenrecht überlassen bleiben muss, dafür zu sorgen, dass die Eintragung der Wirklichkeit entspricht (vgl hierzu BPatG GRUR 1983, 320, 321 - Löschungsantrag; Fezer Markenrecht, 2. Aufl., § 53 Rdn 4), wenn er eine Beteiligung am Verfahren sicherstellen und das Risiko eines Rechtsverlusts vermeiden will.

b.) So stand es auch vorliegend der nach den vorgelegten Unterlagen materiell berechtigten Sicherungsnehmerin unabhängig von der auch vertraglich eingeräumten Befugnis frei, einen entsprechenden Umschreibungsantrag nach § 27 Abs 3 MarkenG beim DPMA zu stellen (vgl auch § 29 Abs 2 MarkenG zu den sonstigen dinglichen Rechten: Althammer/Ströbele MarkenR, 6. Aufl., § 29 Rdn 2 zur Sicherungsübereignung).

4.) Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da der gemäß § 61 Abs 2 Satz 4 iVm § 91 Abs 1 und 2 MarkenG zulässige und rechtzeitig gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist des § 53 Abs 3 Satz 2 MarkenG unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten und glaubhaft gemachten Tatsachen (§ 91 Abs 3 MarkenG) zu Recht von der Markenstelle wegen verschuldeter (§ 276 BGB) Fristversäumnis zurückgewiesen worden ist.

Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG kann einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung einer Frist vor dem Patentamt oder dem Patentgericht nur bei unverschuldeter Säumnis entsprochen werden, wobei über den innerhalb der Antragsfrist von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses zu stellenden Antrag (§ 91 Abs 2 MarkenG) die Stelle entscheidet, die über die nachgeholte Handlung zu beschließen hat, § 91 Abs 4 MarkenG.

a.) Insoweit bestehen auch keine Bedenken, die nach § 53 Abs 3 MarkenG maßgebliche Widerspruchsfrist durch die am 11. Dezember 1998 mittels Empfangsbekenntnis erfolgte Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs 2 MarkenG als wirksam und fristauslösend anzusehen. Denn wie bereits ausgeführt, war die Antragsgegnerin trotz der außerhalb des Registers vollzogenen Markenübertragung vom 10. Januar 1996 passivlegitimiert, parteifähig und der etwaige Wegfall der Prozessfähigkeit bereits aufgrund der fortbestehenden Rechtswirkungen der Vollmachtserteilung gemäß § 86 ZPO unbeachtlich (vgl ebenso BPatG Mitt 1977, 235, 236 zu § 11 Abs 4 WZG). Der angefochtene Beschluss der Markenabteilung hat deshalb zutreffend den erst nach Ablauf der am 11. Februar 1999 endenden Widerspruchsfrist am 8. März 1999 eingelegten Widerspruch als verspätet behandelt.

b.) Die Markenabteilung ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass der am 12. April 1999 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen verschuldeter Fristversäumnis zurückzuweisen war. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine Wiedereinsetzung sich bereits deshalb als unbegründet erweist, weil der damalige Bevollmächtigte der Antragsgegnerin die Widerspruchsfrist des § 53 Abs 2 MarkenG wissentlich verstreichen ließ und es deshalb bereits an einer Verhinderung fehlt oder ob nicht vielmehr auch ein wissentliches, gewolltes Verstreichenlassen der Frist eine Verhinderung darstellen kann oder dieser gleichzusetzen ist, wenn die Säumnis als Folge eines rechtlichen oder tatsächlichen Irrtums gewollt ist (vgl zum Rechtsirrtum Zöller ZPO, 22. Aufl., § 233 Rdn 23 "Rechtsirrtum"; zum Begriff der "verhinderten Fristwahrung" Roth in Stein/ Jonas ZPO, 21. Aufl., § 233 IV, V Rdn 36; anders zur Rücknahme eines Rechtsbehelfs BGH NJW-RR 1998, 638). Denn auch wenn man davon ausgeht, dass der auf tatsächlichen Umstände beruhende Irrtum zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen kann, sofern er unverschuldet ist (vgl Zöller ZPO, 22. Aufl., § 233 Rdn 23 "Irrtum"), so fehlt es vorliegend jedenfalls an einer unverschuldeten Fristversäumung der Beschwerdeführerin.

c.) Es kommt auch nicht darauf an, ob das Verschulden (allein) im Verhalten des damaligen bevollmächtigten Rechtsanwalts der Beschwerdeführerin begründet ist oder ob nicht ihrer Geschäftsführerin selbst ein (alleiniges) Verschulden oder jedenfalls (überwiegendes) Mitverschulden im Hinblick auf ihre eigene - als Mandantin gegenüber ihrem bevollmächtigten Rechtsanwalt bestehende - Informations- und Benachrichtigungspflicht anzulasten ist (vgl hierzu zB Zöller ZPO, 22. Aufl. § 233 Rdn 23 "Informationspflicht"). Denn für die im Rahmen der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beurteilende Verschuldensfrage nach § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG ist es unerheblich, ob die antragsstellende Beteiligte ein Eigenverschulden trifft oder ihr ein Verschulden ihres Rechtsanwalts nach § 82 Abs 1 MarkenG iVm § 85 Abs 2 ZPO zuzurechnen ist (vgl auch BGH NJW-RR 1998, 1446; Müller, Die Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, NJW 2000, 322, 326 mit weiteren Hinweisen unter Anm 66). Ein Eigenverschulden der Antragsgegnerin kann aber bereits deshalb nicht angezweifelt werden, weil sie nach dem eigenen Vorbringen ihrer Geschäftsführerin dem beauftragten Rechtsanwalt hinsichtlich der erfolgten Übertragung der Marke wesentliche tatsächliche Umstände verschwiegen hatte, die - ungeachtet der Weisung, keine kostenverursachenden Schritte mehr zu unternehmen - erhebliche Bedeutung für die anwaltliche Markenüberwachung bzw nachwirkenden Anwaltspflichten besaßen, zumal die Geschäftsführerin für ihren Anwalt postalisch nicht erreichbar war und deshalb ihr gegenüber Rückfragen nicht erfolgen konnten.

d.) Zutreffend hat die Markenabteilung auch darauf hingewiesen, dass der vorliegenden Beurteilung keine sonstigen Umstände entgegenstehen, die Anlass zu einer abweichenden Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrags oder zu einer Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nach § 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG iVm § 148 ZPO geben könnten. Denn auch soweit die Beschwerdeführerin behauptet, das markenrechtliche Löschungsverfahren sei von der Beschwerdegegnerin in Kenntnis der tatsächlichen Umstände betrügerisch und rechtsmissbräuchlich eingeleitet worden, ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit derartige Umstände in tatsächlicher Hinsicht für ihr Verhalten und eine Fehlerhaftigkeit der mit der Beschwerde angegriffenen Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ursächlich geworden sein sollen. Überdies ist dieses Vorbringen auch aus Rechtsgründen für die angegriffene Entscheidung unerheblich und gibt auch keine Veranlassung zur Aussetzung des Beschwerdeverfahrens. Denn die Geltendmachung privatrechtlicher Einreden, insbesondere auch die Einrede eines rechtsmissbräuchlichen Parteiverhaltens iSd § 242 BGB, ist im patentamtlichen Löschungs(vor)verfahren nach § 53 MarkenG unbeachtlich (vgl zur Rechtsnatur des Verfahrens auch Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl., § 53 Rdn 3; zur Löschungsklage nach § 55 MarkenG vgl Ingerl/Rohnke MarkenG § 55 Rdn 11; zum Verfahren nach §§ 50, 54 MarkenG BPatG GRUR 1999, 746, 747 - Omeprazok) und kann schon deshalb auch keinen Einfluss auf eine Entscheidung ausüben, welche innerhalb eines solchen Verfahrens den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückweist.

Nach alledem ist die Beschwerde unbegründet und zurückzuweisen.

5.) Da die Beschwerdeführerin weder Gründe für eine von der angegriffenen Entscheidung abweichende Beurteilung der maßgeblichen Verschuldensfrage vorgetragen hat noch solche aus sonstigen Umständen ersichtlich sind und das eingelegte Rechtsmittel deshalb offensichtlich ohne Erfolg bleiben musste, entsprach es auch der Billigkeit, ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Brandt Engels Fa






BPatG:
Beschluss v. 17.05.2001
Az: 25 W (pat) 97/01


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