Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. April 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 45/99

(BPatG: Beschluss v. 17.04.2000, Az.: 10 W (pat) 45/99)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß des Deutschen Patentamts - Prüfungsstelle 11.31 - vom 26. Oktober 1998 aufgehoben, soweit der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückgewiesen worden ist.

Die Rückzahlung der Gebühr für die Beschwerde vom 15. Juli 1998 wird angeordnet.

Gründe

I Durch Bescheid vom 3. Februar 1998, durch den formale Mängel der Anmeldung beanstandet wurden, gewährte das Patentamt dem Anmelder zur Nachreichung ordnungsgemäßer Anmeldeunterlagen eine Frist von zwei Monaten. Die Frist wurde mit Bescheid vom 28. April 1998 um einen Monat verlängert.

Ausweislich einer Gesprächsnotiz des Patentamts vom 5. Juni 1998 bat der Anmelder telefonisch um nochmalige Fristverlängerung von zwei Monaten.

Durch Beschluß, der im Kopf das Datum 8. Juni 1998 trägt, aber erst am 15. Juni 1998 unterschrieben wurde, wies das Patentamt die Patentanmeldung aus den Gründen des Bescheides vom 3. Februar 1998 gemäß § 42 Abs 3 Patentgesetz zurück.

Der Anmelder legte unter Zahlung der Beschwerdegebühr am 15. Juli 1998 und unter Hinweis auf sein Fristverlängerungsgesuch Beschwerde ein, beantragte der Beschwerde abzuhelfen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Diese Beschwerdeschrift trägt keine Unterschrift. Eine Unterschrift des Anmelders ist dagegen auf einer dem Beschwerdeschreiben beigefügten Ablichtung der Durchschrift eines Überweisungsbelegs zu erkennen, mit dem die Beschwerdegebühr überwiesen wurde.

Durch Beschluß vom 26. Oktober 1998 hob die Prüfungsstelle den Zurückweisungsbeschluß auf, nahm die Sache wieder in Behandlung, wies den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr jedoch zurück. Eine Begründung insoweit enthält der Beschluß nicht.

Gegen diesen mittels eingeschriebenen Briefes am 4. November 1998 abgesandten Beschluß richtet sich die am 7. Dezember 1998 eingegangene Beschwerde des Anmelders, mit der er sein Begehren auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr weiter verfolgt. Er trägt vor, ihm sei im Telefongespräch vom 5. Juni 1998 versichert worden, daß die Frist verlängert werde, sobald die Akte aufgefunden sei.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen, da dies der Billigkeit entspricht, § 73 Abs. 4 S. 2 PatG.

Die Anordnung der Rückzahlung einer verfallenen Beschwerdegebühr ist immer dann billig, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlaß eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung der Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätten vermieden werden können. Billigkeitsgründe sind insbesondere Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, bei deren Beachtung die Beschwerde wahrscheinlich nicht erhoben worden wäre.

Ein solcher Verfahrensfehler liegt hier vor. Die Prüfungsstelle hat das - telefonisch gestellte - Fristgesuch vom 5. Juni 1998 nicht berücksichtigt. Daß das Fristverlängerungsgesuch dem Patentamt nicht schriftlich vorlag, ist unerheblich. Es ist jedenfalls zur Kenntnis der Prüfungsstelle gelangt. Auch im übergeordneten Interesse einer sachgerechten und ökonomischen Verfahrensweise wäre es geboten gewesen, zunächst eine Entscheidung über dieses Gesuch zu treffen. Zwar ist auch der Anmelder zur Förderung des Verfahrens verpflichtet. Nach seiner Darstellung ist ihm jedoch telefonisch Fristverlängerung bewilligt worden, wofür der Text der Telefonnotiz ("W...mit Anmeldung wegen Fristverlängerung") sprechen könnte. Auch ohne schriftliche Bestätigung durfte er sich daher darauf einrichten, daß vor fristgemäßer Nachreichung weiterer Anmeldeunterlagen oder vor Ablauf der beantragten Frist nicht über seine Anmeldung entschieden werden würde; für den Fall der Ablehnung oder Einschränkung des Fristgesuchs konnte der Anmelder vor der Entscheidung über die Anmeldung jedenfalls mit einer entsprechenden vorherigen Äußerung des Patentamts rechnen.

Unter diesen Umständen dürfte die Prüfungsstelle jedenfalls nicht davon ausgehen, daß sich der Anmelder zum Bescheid vom 3. Februar 1998 nicht mehr äußern werde und bereits am 15. Juni 1998 die Anmeldung zurückweisen.

Ob die Beschwerde des Anmelders vom 15. Juli 1998 wegen der fehlenden Unterschrift auf dem Beschwerdeschriftsatz unzulässig war, ist für die Frage einer Rückzahlung der Beschwerdegebühr unerheblich. § 73 Abs. 4 S. 2 PatG stellt ebenso wie § 80 Abs. 3 PatG (vgl Busse, PatG, 5. Aufl, § 73 Rdnr 132) ausschließlich darauf ab, ob die Einbehaltung einer verfallenen Gebühr unbillig ist oder nicht. Die Rückzahlung ist keine notwendige Folge des sachlichen Erfolgs, auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens kommt es nicht entscheidend an (Benkard, PatG, 9. Aufl, § 80 Rdnr 23). Daher kann grundsätzlich auch die für eine unzulässige Beschwerde gezahlte Gebühr zurückgezahlt werden, wenn Billigkeitsgründe dies gebieten, allerdings ist die Unzulässigkeit allein kein Billigkeitsgrund in diesem Sinne.

Bei richtiger Behandlung des Fristgesuchs wäre damit der Erlaß eines Zurückweisungsbeschlusses am 15. Juni 1998 nicht in Betracht gekommen. Die Erhebung der Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr wären also vermieden worden.

Unter diesen Umständen entspricht es der Billigkeit, dem Anmelder die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Von einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach § 79 Abs 3 Nr 2 Patentgesetz, weil die Ablehnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht begründet war, sieht der Senat ab. Die Sache ist entscheidungsreif. der Senat hat nicht zu prüfen, ob - im Hinblick auf die fehlende Unterschrift - die Prüfungsstelle der Beschwerde vom 15. Juli 1998 abhelfen konnte. Dieser Teil des angefochtenen Beschlusses ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

Bühring Winkler Schuster Hu/be






BPatG:
Beschluss v. 17.04.2000
Az: 10 W (pat) 45/99


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