Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 78/00

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 29 W (pat) 78/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Dezember 1999 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Schallplatten" und die Dienstleistung "Reparaturdienste hinsichtlich Schallplatten" zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung SCREENPHONE soll als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 37: Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren;

Klasse 38: Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die Markenanmeldung bestehe aus einfachen englischen Begriffen, die sprachüblich zusammengestellt und dem deutschen Verkehr auch in ihrer Gesamtheit ohne weiteres in dem beschreibenden Sinn von "Bildschirmtelephon" verständlich seien. In Bezug auf die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung weise die angemeldete Marke lediglich darauf hin, daß es sich um Bildschirmtelephone oder um Waren handele, die speziell für den Betrieb von Bildschirmtelephonen bestimmt und geeignet seien und daß die Dienstleistungen sich speziell mit der Reparatur und der Telekommunikation mittels Bildschirmtelephonen befassen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Rechtsnachfolgerin der Anmelderin, auf die die Markenanmeldung im Beschwerdeverfahren umgeschrieben worden ist, hat ihren Eintritt in das Beschwerdeverfahren erklärt. Zur Begründung beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, daß jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreiche, um das Schutzhindernis zu überwinden. Bei der Markenanmeldung "SCREENPHONE" handele es sich um eine Wortneuschöpfung, die weder in der deutschen noch in der englischen Sprache lexikalisch nachweisbar sei. Überdies seien bereits die Wortteile "Screen" und "Phone" unterscheidungskräftig, da sie jeweils eine Vielzahl von Bedeutungen ohne beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufwiesen. Die Gesamtmarke sei daher erst recht unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Die tatsächlichen Feststellungen aus der Internet-Recherche des Senats sowie die Unterrichtsblätter der Deutschen Telekom vom 10. Februar 2000 "Internet Glossar" sind zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur hinsichtlich der Waren "Schallplatten" und der auf "Schallplatten bezogenen Reparaturdienstleistungen" Erfolg. Für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen steht der Anmeldung bereits das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen, weil ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Einer reinen Wortmarke fehlt jegliche Unterscheidungskraft, wenn ihr ein für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn sie ansonsten keine konkrete Unterscheidungseignung entfalten kann, weil es sich etwa um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl stRsp BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; GRUR 1999, 1089, 1091 = MarkenR 1999, 349 - YES; MarkenR 2001, 314, 315 - marktfrisch; zuletzt Beschl. v. 28.6.2001 -I ZB 1/99 - INDIVIDUELLE m.w.N.).

Der Senat geht dabei mit der Anmelderin und der Markenstelle davon aus, daß jede noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Aber auch bei Anlegen des gebotenen großzügigen Maßstabs erfüllt die angemeldete Bezeichnung nicht die an die Unterscheidungskraft zu stellendenden Anforderungen, soweit sie für "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer" sowie für die "diese Waren betreffende Reparaturdienste" und für die Dienstleistung "Telekommunikation" beansprucht wird. Denn in Verbindung mit diesen Waren und Dienstleistungen steht von den verschiedenen Bedeutungen des englischen Wortes "screen" (Schirm, Wandschirm, Trennwand, Fliegenfenster, Verdunklungsschutz, Schleier, Leinwand, Bildschirm, Gittersieb, Lettner ua) allein der Begriff Bildschirm im Vordergrund (vgl PONS Collins Großwörterbuch Englisch/Deutsch 1997, 1513 unter (c) (Comput) Bildschirm), wie er in diesem Sinne im übrigen in der deutschen Umgangssprache verwendet wird. So ist das Wort "Screen" im Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auf. 2001, 1427, und in Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl 2000, 1207, ausschließlich in dieser Bedeutung nachweisbar. Auch die in der deutschen Sprache vorkommenden Wortzusammensetzungen mit "Screen" wie "Screendesigner" (Computergrafiker, der die Bildschirmoberfläche übersichtlich gestaltet), "Screensaver" (Bildschirmschoner) und "Sceenshot" (Abbildung einer Bildschirmanzeige) leiten sich von der Hauptbedeutung "Bildschirm" ab (vgl Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl, Stichwörter "Screendesigner", "Screensaver", "Screenshot"; vgl auch Thomas Irlbeck Computer-Lexikon, 3. Aufl, 724).

Die angemeldete Bezeichnung ist mit dem weiteren englischen Wort "PHONE" in einer den englischen wie deutschen Sprachregeln entsprechenden Weise zusammengesetzt, dessen einzige Bedeutung Telephon lautet. Entgegen der Ansicht der Anmelderin werden im Englischen mit dem Wort "phone" nicht Kopfhörer oder der Begriff "Laut" bezeichnet. Kopfhörer heißen "headphones" und "sound" ist das Wort für "Laut" (vgl PONS Fachwörterbuch Datenverarbeitung Englisch/Deutsch, 1997, 278; PONS Collins Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 1997, 1404; DUDEN OXFORD Großwörterbuch Englisch, 1990, 527). Die Zusammensetzung "SCREENPHONE" ist wie vergleichbare Fachbegriffe gebildet, die bereits auf den Gebieten der Elektronik und der Telekommunikation anzutreffen sind wie z.B. screenmail = Bildschirmpost; screendot = Bildschirmpunkt; screenlayout = Bildschirmanzeigeaufteilung; screenmenu = Bildschirmmenü; screen resolution = Bildschirmauflösung etc. (in Günter Glass "Fachbegriffe der Telekommunikation", S 198; Langenscheidts Fachwörterbuch Elektrotechnik und Elektronik, 6. Aufl, 586, 587 und 496).

Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu recht die im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung von "Bildschirmtelephon" zugeordnet. Der Begriffsinhalt entspricht im übrigen auch der Definition, die die Anmelderin selbst in ihrer Fachzeitschrift für Aus- und Weiterbildung, Unterrichtsblätter "Internet Glossar" vom 10. Februar 2000 auf Seite 137 dem Begriff "Screenphone" gegeben hat: "Auch als Webphone oder Smartphone bezeichnetes internetfähiges, multifunktionales Endgerät mit Bildschirm zum einfachen Internetzugang per ISDN-Telefon". Damit ist die angemeldete Bezeichnung für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen nur als Sachhinweis aufzufassen, ungeachtet der Frage, ob sie eine Wortneuschöpfung darstellt. Da auf den vorliegenden Gebieten neue Wortzusammensetzungen vorzugsweise aus englischsprachigen Wörtern zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften, Neuerungen oder Weiterentwicklungen gebildet und von den angesprochenen Verkehrskreisen auch aufgegriffen werden, ist die angemeldete Bezeichnung nicht geeignet, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen - mit Ausnahme von Schallplatten und der Reparaturdienste für Schallplatten - eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden.

2. Ob der angemeldeten Bezeichnung auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kann bei der gegebenen Sach- und Rechtslage dahingestellt bleiben. Nach Auffassung des Senats bestehen allerdings konkrete Anhaltspunkte, daß "SCREENPHONE" als Sachbezeichnung für Telephone oder für sonstige Geräte der Telekommunikation dienen kann, die eine Art der Telekommunikation ermöglichen, wie sie von der Anmelderin beispielsweise in den Unterrichtsblättern C 10964, Seite 137, dargelegt oder im Internet unter "wissen.de" "Screenphone" erläutert wird.

3. In Bezug auf die Waren und Dienstleistungen "Schallplatten; Reparaturdienste hinsichtlich der vorgenannten Waren" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), denn die Marke stellt mit ihrem Begriffsinhalt "Bildschirmtelephon" insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit diesen Waren und Dienstleitungen zusammenhängende Eigenschaft dar.

Auf die entsprechende Beurteilung der für die gleichen Waren und Dienstleistungen angemeldeten Wortmarken "SCREENART" (Beschluß v. 10.10.2001 - 29 W (pat) 133/00) und "SCREENFUN" (Beschluß v. 10.10.2001 - 29 W (pat) 132/00) der ursprünglich selben Anmelderin wird hingewiesen.

Grabrucker Baumgärtner Pagenberg Cl






BPatG:
Beschluss v. 23.01.2002
Az: 29 W (pat) 78/00


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