Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. März 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 83/05

(BPatG: Beschluss v. 28.03.2007, Az.: 32 W (pat) 83/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 5. August 2004 zur Eintragung als Marke angemeldete (farbige) Darstellungist seitens der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts zunächst in einem Bescheid vom 15. Oktober 2004 als nicht unterscheidungskräftig und freihaltebedürftig beanstandet worden.

Die Anmelderin hat ihre Anmeldung aufrechterhalten und unter dem 20. Dezember 2004 das nachfolgende Warenverzeichnis eingereicht:

"29: Tomatenpüree; Fertiggerichte, im Wesentlichen bestehend aus Fleisch, Fisch und/oder Geflügel unter Zugabe von Gemüse, Obst, Eiern, Käse, Kartoffeln, Mais, Hülsenfrüchten, Pilzen, Teigwaren und/oder Reis; konservierte Kräutermittel, Kräuterzubereitungen und/oder Kräuterzubereitungen für Lebensmittel, soweit in Klasse 29 enthalten; alle Waren in Form von Tiefkühlprodukten;

30: Pizzen ohne Belag; Pizzen mit Belag, mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Käse und/oder Obst; Backwaren, Sandwiches, Brot und geschnitzeltes Brot, auch in Form von Baguettes; Brioches, Brot (ungesäuert), Brot (belegt); feine Backwaren; Gewürze und Gwürzmischung, soweit in Klasse 30 enthalten; Ketchup; Kleinbackwaren, Kuchenmischungen; Pasteten, soweit in Klasse 30 enthalten; petit fours; Pfannkuchen; Sauerteig; Brötchen; Soßen; Teigwaren, Kuchenteigwaren, Torte; alle Waren in Form von Tiefkühlprodukten."

In einem ersten Beschluss der Markenstelle vom 21. Februar 2005 ist die Anmeldung zurückgewiesen worden. Es liege eine inhaltsbeschreibende, freihaltebedürftige Angabe vor, der zudem jegliche Unterscheidungskraft fehle. Der Wortbestandteil "Big Pizza" bedeute "große Pizza"; es handele sich um eine reine Warenangabe mit Hinweis auf die Größe des angebotenen Erzeugnisses, welche von den beteiligten Verkehrskreisen, zumindest zukünftig, zum freien Gebrauch benötigt werde. Angesichts der konkret warenbeschreibenden Aussage könne die angemeldete Marke die erforderliche betriebliche Hinweiswirkung nicht erfüllen. Auch die sich im werbeüblichen Rahmen haltende graphische Gestaltung sei nicht geeignet, der Marke die notwendige Unterscheidungskraft zu verschaffen.

Die Erinnerung der Anmelderin ist durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes derselben Markenstelle vom 24. Juni 2005 zurückgewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie bei sach- und interessengerechter Auslegung die Aufhebung der ergangenen Beschlüsse der Markenstelle erstrebt.

Eine - zunächst angekündigte - Begründung ist nicht zu den Gerichtsakten gelangt. An der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin - gemäß vorheriger Ankündigung - nicht teilgenommen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin (§ 66 MarkenG) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Einer Eintragung der angemeldeten Darstellung als Marke für die beanspruchten Erzeugnisse des Lebensmittelsektors stehen absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.

Ob die angemeldete Marke in der konkreten bildlichen bzw. typographischen Gestaltung als Produktmerkmalsangabe einem Freihaltungsinteresse der Mitbewerber unterliegt (gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), kann dahingestellt bleiben. Allerdings ist nicht zweifelhaft, dass die englischsprachige Wortfolge "Big Pizza" (= große Pizza) für Pizzen (und sämtliche Zutaten bei der Herstellung wie Teig, Belag, Füllung, Würzmittel) unmittelbar warenbeschreibend ist.

Der angemeldeten Marke fehlt jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Auch insoweit ist bei Wort-Bild-Marken auf die Erscheinungsform in der Gesamtheit unter Mitberücksichtigung der Farbwirkung abzustellen. Wenn allerdings - wie hier - der gut lesbare und keinerlei Verständnisschwierigkeiten aufweisende Wortbestandteil innerhalb des Zeichens deutlich dominiert, so muss dessen Beurteilung im Mittelpunkt der Prüfung stehen.

Dass die ursprünglich italienische Produktbezeichnung "Pizza" bereits seit Jahrzehnten international verbreitet ist, somit als Lehnwort auch im deutschen Sprachbereich allgemein geläufig ist, kann und will wohl auch die Anmelderin nicht ernsthaft bestreiten. Zahlreiche italienische Gaststätten in Deutschland, die sich häufig "Pizzeria" nennen, bieten frisch zubereitete Pizzen zum Verzehr im Lokal oder zum Mitnehmen an, in vielen Orten finden sich Pizza-Zustelldienste, in jedem Supermarkt kann man tiefgekühlte Pizzen - von unterschiedlichen Herstellern - erwerben. An der fehlenden Unterscheidungskraft der unmittelbar beschreibenden Bezeichnung "Pizza" ändert vorliegend auch die Voranstellung von "Big" nichts. Dieses, zum Grundwortschatz der englischen Sprache zählende Eigenschaftswort (= groß) ist allgemeinen deutschen Endverbraucherkreisen, an welche sich die beanspruchten Waren richten, so gut wie ausnahmslos vertraut. Dem Verkehr ist weiterhin bekannt, dass Pizzen vom Durchmesser her in unterschiedlichen Größen angeboten werden. Der Wortfolge "Big Pizza" wird daher, wie bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, der sachbezogene Hinweis auf eine "große Pizza" entnommen werden, nicht aber ein solcher auf einen bestimmten Herstellungsbetrieb.

Angesichts der mangelnden Schutzfähigkeit der Wortfolge "Big Pizza" sind an die bildliche und graphische Ausgestaltung der Marke vorliegend ganz erhebliche Anforderungen zu stellen, um im Gesamteindruck gleichwohl zu einer unterscheidungskräftigen Angabe zu gelangen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 99, 100 m. w. Nachw.). Dem wird die Gestaltung aber nicht gerecht. Eine den schutzunfähigen Charakter des Wortbestandteils aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke wird durch diese nicht bewirkt. Die hellrote Farbe und der schräg ansteigende Verlauf des Schriftzugs sind - für sich gesehen und in der Kombination - keine ungewöhnlichen Gestaltungsmittel. Gleichfalls unerheblich ist, ob - wie die Anmelderin im patentamtlichen Verfahren vorgetragen hat - Assoziationen an eine Neonschrift oder an Graffiti-Arbeiten ausgelöst werden. Allein der Umstand, dass der Schriftzug ein ansprechendes Design aufweist, reicht bei einer glatt warenbeschreibenden Angabe nicht aus, um der Anmeldung die erforderliche Unterscheidungskraft zu verschaffen (vgl. BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION).

Die Frage, in welcher Weise sich die Anmelderin gegen "Nachahmer" ihres Zeichens schützen kann, stellt sich im Verfahren der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse nicht. Es besteht auch keine Wechselwirkung zu etwaigen urheberrechtlichen Ansprüchen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 73).

Der Senat sieht keine Möglichkeit zu einer Differenzierung der Beurteilung der Schutzfähigkeit in Bezug auf einzelne Waren. Dass die angemeldete Darstellung für Tiefkühlpizzen aller Art (mit und ohne Belag) jeder Unterscheidungskraft entbehrt, liegt auf der Hand. Für Produkte, welche als Zutaten, insbesondere als Belag, in Betracht kommen, gilt nichts anderes; dies betrifft sämtliche beanspruchten Waren in Klasse 29 sowie einige der Zutaten bzw. Ausgangsprodukte in Klasse 30 (Gewürze, Gewürzmischung; Ketchup; Sauerteig, Soßen). Pizzen sind eine spezielle Art von Backwaren; die Grenzen zu sonstigen Erzeugnissen dieses Produktsektors sind nicht immer scharf zu ziehen. So ist etwa bekannt, dass manche Bäckereien Pizza-Brot und Pizza-Brötchen anbieten. Auch bestimmte Arten von Torten und Kuchen (z. B. Quiche, Flammkuchen, Zwiebelkuchen) weisen große Ähnlichkeiten zu Pizzen auf.

Auf den Gesichtspunkt der Durchsetzung der angemeldeten Marke im Verkehr infolge Benutzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG) hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.






BPatG:
Beschluss v. 28.03.2007
Az: 32 W (pat) 83/05


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