Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juni 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 77/00

(BPatG: Beschluss v. 19.06.2002, Az.: 29 W (pat) 77/00)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. November 1999 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortfolge

"uni @ schule"

soll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16:

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 35:

Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 38:

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen.

Klasse 41:

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I).

Klasse 42:

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationals Wortmarke in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 15. November 1999 zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen weise sowohl in sprachlicher als auch in grafischer Hinsicht schlagwortartig und werbeüblich auf die Art und die Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin, nämlich eine Verbindung zwischen Universität und Schule zu schaffen, mit der sich die Universität elektronisch in den Schulen ihren zukünftigen Studenten präsentiere und über Studienangebote informiere.

Der Sinngehalt ergebe sich im Zusammenhang mit den angebotenen Waren und Dienstleistungen sowie der öffentlichen Diskussion über Bildung Universitäten und Praxisbezug des Studiums ohne weiteres. "uni @ schule" sei damit freihaltungsbedürftig und auf Grund des glatt beschreibenden Inhalts das Zeichen auch nicht geeignet, als Herkunftshinweis zu dienen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt vor, dass die angemeldete Marke die erforderliche geringe Unterscheidungseignung besitze. "uni @ schule" sage nichts über die Eigenschaften der angemeldeten Dienstleistungen aus. Der Begriff sei vielmehr unscharf und müsse mit weiteren sinntragenden Wörtern ergänzt werden, um zu einer hinreichend deutlichen Inhaltsangabe zu gelangen, und wecke beim angesprochenen breiten Publikum lediglich Assoziationen. Da die Bezeichnung "uni @ schule" keinen beschreibenden Inhalt habe, fehle es auch an einem konkreten Freihaltungsbedürfnis.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der angemeldeten Marke weder das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft noch das des Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs.2 Nrn.1 und 2 MarkenG entgegen stehen.

1. Unterscheidungskraft nach § 8 Abs.2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Zeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden für sich genommen nicht schutzfähigen Worten "uni" als gängiges Kurzwort für Universität und "schule" zusammen sowie dem ebenfalls für sich genommen nicht schutzfähigen @ (vgl. 29 W (pat) 195/98). In ihrer maßgeblichen Gesamtheit enthält sie aber keinen hinreichend konkreten im Vordergrund stehenden sprach- oder werbeüblich beschreibenden Sachhinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Durch das @-Zeichen wird, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, grundsätzlich zwar eine Verbindung zwischen den beiden Markenteilen "uni" und "schule" sowie zur Elektronik hergestellt. Welcher Art die Verbindung ist, lässt sich jedoch nicht eindeutig erkennen. Der Annahme, dass die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachangabe aufgefasst wird, nämlich als Bestimmungsangabe im Sinne eines speziellen Zuschnitts auf Schulen und Universitäten, steht auch unter Berücksichtigung von Aktionen wie "Schulen ans (ins) Internet", Wettbewerben oder Sondertarifen von Providern für Schüler und Studenten sowie spezielle Angebote von und für "Schüler-PCs" entgegen, dass das Zeichen nicht einfach als "Uni und Schule" interpretiert werden kann und von dem angesprochenen Fachpublikum auch nicht so aufgefasst wird. "@" ist in seiner Grundbedeutung im englischsprachigen kaufmännischen Verkehr seit langer Zeit üblich und bezeichnet als Symbol statt des englischen Wortes "at" eine Zuordnung, z.B. eines Preises zu einer Ware - "3 units @ 3 $" entsprechend dem französischen "à", das auch im Deutschen vor allem in der Kaufmannssprache i.S.v. "zu je" verwendet wird (vgl. Glossar, Bl. 54 d.A.). Hiervon ausgehend wird es seit Jahrzehnten im EDV-Bereich als Sonderzeichen im Rahmen des genormten ASCII-Zeichensatzes geführt und ist wegen seiner Gebräuchlichkeit auf jeder PC-Tastatur zu finden, zumal es auch als standardisiertes Zeichen bei der Programmentwicklung dient. Schließlich ist das "@" seit langem unverzichtbarer Bestandteil von email-Adressen, um den Provider-Server-Rechner zu bezeichnen und ihn zugleich von der übrigen Adresse zu unterscheiden (vgl. Langenscheidts Internet-Wörterbuch Englisch-Deutsch, 1997, S. 5 und zu alledem die in der mündlichen Verhandlung erörterten Nachweise) (vgl. Senatsbeschluss 29 W (pat) 195/98). @ steht hiervon abgeleitet im Deutschen sinngemäß für "bei" oder "je", nicht aber für "and" (= und), was angesichts der steigenden Verbreitung des Internets als Medium für alle Berufs- und Bevölkerungsgruppen auch allgemein bekannt ist. Da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht, bedeutet die angemeldete Marke entweder "Uni(versität) je Schule", was keinerlei vernünftige Bedeutung hat, oder "Uni(versität) bei Schule". Darin liegt weder ein beschreibender noch ein sonst klar verständlicher Sinn, vielmehr bleibt der Bedeutungsgehalt vage. Insbesondere bei der letztgenannten naheliegenderen Bedeutung bleibt offen, inwiefern sich eine Universität bei welcher Schule befindet. "uni @ schule" könnte auf einen rein geografischen Bezug hinweisen, wobei aber nicht klar wäre, ob sich beide Institutionen nur in örtlicher Nähe oder z.B. im selben Gebäude befänden oder eine Einheit darstellten. Diese Interpretationen stünden aber in keinem sinnvollen Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Auch bei der noch naheliegenden Überlegung, dass sich eine Universität zu einer Schule hinbewegt, ist noch keine Aussage darüber getroffen, ob dies beispielsweise dadurch geschieht, dass die Universität Lehrpersonal für (Nachhilfe-)Unterricht zur Verfügung stellt, ob gemeinsame wissenschaftliche Projekte durchgeführt werden oder ob die Universität Untersuchungen innerhalb des Schulbetriebs anstellt. Auch wenn das @ als Bestandteil der Marke als Hinweis auf Elektronik und/oder Internet angesehen werden kann, enthält das Zeichen insgesamt nicht die Aussage, ob die Verbindung durch elektronische Mittel hergestellt wird oder die möglichen Projekte oder Unterrichtsbeiträge mittels elektronischer Geräte oder gegebenenfalls über das Internet durchgeführt werden. Auch für die von der Markenstelle angesprochene Deutung, dass die Verbindung darin bestehe, dass sich die Universität elektronisch in den Schulen ihren zukünftigen Studenten präsentiere und über Studienangebote informiere, bedürfte es noch weiterer Gedankenschritte, nämlich einmal dass eine Präsentation der Universität gegenüber den Schülern als zukünftigen Studenten gemeint ist, so dass trotz des allgemein gehaltenen Markenteils "schule" nur bestimmte Schulzweige überhaupt angesprochen sein könnten, und zum anderen, dass diese Präsentation über die gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen erfolgt.

Die Marke wirkt auch nicht wie eine (nach der Rechtsprechung des Senats schutzunfähige) gebräuchliche e-Mail- oder Internet-Adresse rein beschreibenden Inhalts. Erstens fehlt ein durch einen Punkt abgetrennte Top-Level-Domain des Servers wie "fr, de, com, gov, org, net" und zweitens ist das Wort "schule" als Adresse für einen Server äußerst ungewöhnlich, was dem hier angesprochenen fachkundigen Verkehrskreisen bekannt ist.

2. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs.2 Nr.2 MarkenG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind nur solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Wie oben bereits ausgeführt wurde, kann der Marke in ihrer konkret angemeldeten Form keine klare Aussage in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden. Die angemeldete Marke erlaubt vielmehr lediglich allgemeine, diffuse Assoziationen. Anhaltspunkte dafür, daß Dritte gegenwärtig oder künftig ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen haben könnten, sind somit nicht ersichtlich.

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BPatG:
Beschluss v. 19.06.2002
Az: 29 W (pat) 77/00


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