Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juli 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 259/00

(BPatG: Beschluss v. 02.07.2002, Az.: 27 W (pat) 259/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Darstellungsiehe Abb. 1 am Endeist für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" als Marke (farbig) eingetragen.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der Marke 1 186 096 "Bicos", die für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computersoftware (soweit in Klasse 9 enthalten) als Textprogramme; Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; ausgenommen sind Input-/Outputsysteme und Baugruppen für elektronische Geräte zur Erfassung von Meßwerten und deren automatische Auswertung" eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 9 hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Marken sich im Gesamteindruck, auf den bei einem Zeichenvergleich grundsätzlich abzustellen sei, offensichtlich unterschieden. Eine Verwechslungsgefahr werde aber auch nicht durch den Bestandteil "BIOS" ausgelöst, da dieser die jüngere Marke nicht präge. Es handele sich dabei um einen beschreibenden Fachbegriff, nämlich die gängige Abkürzung für "Basic Input Output System", der schon von daher gesehen nicht als prägender Bestandteil einer mehrgliedrigen Marke in Frage komme. Aber selbst wenn man, wie die Widersprechende, davon ausgehen wolle, dass er von vielen dennoch als Phantasiebezeichnung gewertet werde, führe dies nicht zu einem anderen Ergebnis; denn es lasse sich keine Begründung dafür finden, dass die Buchstabenfolge "ISL", die optisch durchaus deutlich hervortrete und deren Kennzeichnungskraft nicht geschmälert sei, gar nicht oder nur in ganz unwesentlichem Maße zum Gesamteindruck der Anmeldemarke beitragen sollte. Der Bestandteil "BIOS" könne daher nicht als kollisionsbegründend angesehen werden.

Gegen den Erinnerungsbeschluß hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt. Zunächst hat sie darauf verwiesen, dass die Markenstelle in einem anderen, die hier Beteiligten betreffenden Verfahren die (reinen) Wortzeichen "BIOS" und "Bicos" für verwechselbar erachtet habe. Im übrigen könne sie (die Widersprechende) nicht nachvollziehen, dass die vom Patentamt als schutzunfähig angesehene Bezeichnung "BIOS" durch Hinzufügung der Buchstaben "ISL" eintragungsfähig geworden sein solle. Sie meint schließlich, dass der Verkehr sich bei der Anmeldemarke regelmäßig an "BIOS" orientieren werde, da der durchschnittliche Verbraucher die von der Markenstelle genannte Bedeutung dieses Wortes als Abkürzung für einen Fachausdruck nicht kenne. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen könne dieses Wort auch nicht als Hinweis auf "biologisch" aufgefasst werden. Insgesamt gesehen trete die Buchstabenfolge "ISL", die übrigens als Fachabkürzung ("integrated Schottky logic") in einem technischen Wörterbuch erscheine (Budig, Elektrotechnik Elektronik Englisch-Deutsch, S 368), ihm gegenüber deutlich zurück, zumal der Verkehr sie entweder als (für den kennzeichnenden Charakter der Marke belanglose) Typenbezeichnung oder als Firmenname auffassen könne, der üblicherweise weggelassen werde. Nach allem müsse insbesondere mit klanglichen Verwechslungen der Vergleichsmarken gerechnet werden.

Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde musste in der Sache ohne Erfolg bleiben, da auch beim Anlegen strengster Maßstäbe eine Verwechslungsgefahr im Sinne des Markengesetzes (§ 9 Abs 1 Nr 2) nicht gegeben ist.

Die Markenstelle hat zutreffend dargelegt, dass jedenfalls nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2000, 233 "Elfi Rauch") die Vergleichsmarken schon deshalb nicht verwechselbar sind, weil die angegriffene Marke durch den Bestandteil "BIOS" nicht geprägt wird.

Dieser Annahme steht schon entgegen, dass es sich bei dem Begriff "BIOS" um eine auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungsgebiet gängige beschreibende Angabe (in Form einer Abkürzung, wie in den angefochtenen Beschlüssen ausführlich dargestellt) handelt, die selbst dem Markenschutz gar nicht zugänglich ist. Einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher, von dem grundsätzlich bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr auszugehen ist (vgl zB Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 82 mwNachw), wird der Charakter der Abkürzung "BIOS" als Fachbegriff häufig bekannt sein, zumal diese Buchstabenfolge regelmäßig beim Hochfahren eines Computers (unter sonstigen technischen Daten) auf dem Monitor erscheint. Zwar dürfen schutzunfähige Angaben bei einem Zeichenvergleich generell nicht außer acht gelassen werden, weil sie regelmäßig den Gesamteindruck einer Kennzeichnung mitprägen können; das rechtfertigt aber nicht den Schluß, sie könnten eine Kennzeichnung allein prägen. Aber selbst wenn man mit der Widersprechenden annehmen will, dass - ungeachtet der lexikalisch nachweisbaren Situation - beachtliche Verkehrskreise das Wort "BIOS" als Phantasiebegriff ansehen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Dieses Wort kann jedenfalls bei der hier konkret zu beurteilenden angegriffenen Marke nicht als allein prägend angesehen werden, da der weitere Bestandteil "ISL" nicht in einer Weise zurücktritt, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnte (vgl aaO Rdn 175). Die Kennzeichnungskraft dieser Buchstabenfolge ist jedenfalls nicht geringer zu veranschlagen als die von "BIOS" - gleich, ob sie vom Verkehr als Typenbezeichnung, Phantasiewort oder gar als Firmenname (bzw Bestandteil davon) aufgefasst wird (zu der Bedeutung des - keineswegs generell vernachlässigbaren - Firmennamens in mehrgliedrigen Zeichen vgl iü aaO Rn 190 f). Vor allem aber erscheint sie aufgrund der konkreten graphischen Gestaltung und Farbgebung der Marke in diese integriert und steht trotz der etwas kleineren Schreibweise optisch ersichtlich gleichwertig neben "BIOS", so dass ein Anlaß, sie im markenrechtlichen Sinn (ausnahmsweise) zu ignorieren, nicht erkennbar ist.

Hinreichende Anhaltspunkte für eine assoziative Verwechslungsgefahr, die offenbar auch von der Widersprechenden nicht geltend gemacht wird, sind schon deshalb nicht gegeben, weil bei näherem Hinschauen oder Überlegen, wie dies bei dieser Art von Verwechslungsgefahr grundsätzlich Voraussetzung ist (vgl aaO Rdn 212), dem Verkehr der Unterschied zwischen "BIOS" und "Bicos" ohne weiteres klar wird, andererseits es auch sonst an den hierfür typischen Voraussetzungen fehlt.

Nach allem musste die Beschwerde erfolglos bleiben.

Wegen der Kosten wird auf § 71 Abs 1 MarkenG verwiesen.

Dr. Schermer Friehe-Wich Albertbr/Pü

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/27W(pat)259-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 02.07.2002
Az: 27 W (pat) 259/00


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