Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Oktober 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 105/03

(BPatG: Beschluss v. 26.10.2004, Az.: 27 W (pat) 105/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Schutzbewilligung der für Klasse 18 :

Cuir et imitations du cuir, peau d'animaux, malles et valises, parapluies.

Klasse 25 :

Vêtements (habillement), chaussures (à l'exception des chaussures orthopediques), chapellerie; ceintures, gants.

Klasse 42:

Serigraphie, stylisme.

international registrierten Bildmarke BOCACHICA hat die Widersprechende am 11. November 1998 Widerspruch eingelegt aus ihrer seit 16. Februar 1981 für "Bekleidungsstücke einschließlich Stiefel, Schuhe und Hausschuhe" eingetragenen Bildmarke 1 014 282 Grafik der Marke 1014282 Die Widerspruchsmarke wurde am 8. November 2001 im Register gelöscht, weil die Verlängerungsgebühr nebst Zuschlag nach Schutzrechtsablauf nicht gezahlt worden war.

Die Widersprechende war darüber hinaus Inhaberin der am 9. Oktober 1997 angemeldeten und am 19. April 1999 für "Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Schuh- und Lederpflegemittel; Leder und Lederimitationen und Waren aus diesen Materialien; Reise- und Handkoffer; Schuhwaren, Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" eingetragenen Gemeinschaftsmarke 662 528 Für diese Marke hat sie nach Art. 34 GMV die Seniorität der Widerspruchsmarke in Anspruch genommen, deren Wirksamkeit nach Löschung der Widerspruchsmarke vom HABM mit Schreiben vom 6. Juni 2003 nach Regel 84 der DVO zur GMV bestätigt wurde. Die Widersprechende hat die Gemeinschaftsmarke am 17. März 2004 auf ihre Tochtergesellschaft, die Firma S... GmbH & Co. KG, übertragen; der Rechtsübergang ist am 8. April 2004 in das Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen worden.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 8. Januar 2003 den Widerspruch als unzulässig verworfen, weil wegen der Löschung der Widerspruchsmarke aus dieser keine Rechte mehr hergeleitet werden könnten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, aufgrund der wirksamen Inanspruchnahme der Seniorität der Widerspruchsmarke sei die Gemeinschaftsmarke an deren Stelle getreten, so dass der Widerspruch nach Löschung der ursprünglichen Widerspruchsmarke nicht unzulässig geworden sei. Für den Fall, daß der Senat dieser Rechtsansicht, die nach ihrer Auffassung unabhängig von der Frage der Verwechslungsgefahr nicht dahingestellt bleiben kann, nicht folgt, regt sie die Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs oder die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Im übrigen ist sie der Meinung, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen gegeben sei. Da beide für identische Waren der Klasse 25 beansprucht seien, müsse die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand zur Gemeinschaftsmarke einhalten, der aber nicht gegeben sei. Der Wortbestandteil "BOCACHICA" in der jüngeren Marke sei dabei wegen seiner Länge sowie der schwierigen und unklaren Aussprache nicht geeignet, diese zu prägen; die jüngere Marke werde vielmehr allein von der in ihr enthaltenen bildlichen Darstellung dominiert. Diese sei mit der Tierdarstellung in der Gemeinschaftsmarke nahezu identisch; die Zeichenähnlichkeit werde auch weder durch die unterschiedliche grafische Gestaltung noch durch die Umrahmung des abgebildeten Tieres in der Gemeinschaftsmarke beseitigt. Darüber hinaus bestehe auch eine begriffliche Ähnlichkeit, weil beide Zeichen ein Reptil darstellten und der informierte Durchschnittsverbraucher wegen der Seltenheit der Tiere nicht in der Lage sei, die Darstellungen zu unterscheiden. Für die Zeichenähnlichkeit spreche auch, dass die Widersprechende in der Vergangenheit erfolgreich gegen ähnliche Tierzeichen vorgegangen sei.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der angegriffenen IR-Marke den Schutz in Deutschland zu versagen.

Der Markeninhaber hat bislang keinen Antrag gestellt und sich auch zur Beschwerde nicht geäußert.

In der mündlichen Verhandlung, an welcher der Markeninhaber wie angekündigt nicht teilgenommen hat, hat die Widersprechende ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Die Widersprechende hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage, ob der Zulässigkeit des Widerspruchs die Löschung der Widerspruchsmarke entgegensteht, wenn deren Seniorität nach Art. 34 GMV für eine Gemeinschaftsmarke wirksam in Anspruch genommen worden ist, sowie zur Frage, ob die Zulässigkeit des Widerspruch vorrangig vor dessen Begründetheit geklärt werden müsse, die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn ungeachtet der Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs ist eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben.

1. Es kann letztlich auf sich beruhen, ob dem Widerspruch - worauf die Markenstelle allein abgestellt hat - der Erfolg bereits wegen der Löschung der Widerspruchsmarke zu versagen war, da er jedenfalls ersichtlich unbegründet ist.

a) Allerdings ist fraglich, ob der allein aus der nationalen Marke 1 014 282 erhobene Widerspruch nicht deshalb unzulässig geworden ist, weil diese nach Widerspruchserhebung im Register gelöscht wurde. Denn nach ständiger Rechtsprechung führt der Wegfall der Widerspruchsmarke zur nachträglichen Unzulässigkeit des Widerspruchs (vgl. BPatGE 4, 90, 92; 20, 235, 238; 24, 112, 115; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 42 Rn. 95; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 42 Rn. 8). Ob die wirksame Inanspruchnahme der Seniorität der Widerspruchsmarke bei der Anmeldung der - übrigens gegenüber der angegriffenen Marke ebenfalls prioritätsälteren - Gemeinschaftsmarke 662 528 die Wirksamkeit des Widerspruchs unberührt lässt, weil nach Art. 34 Abs. 2 GMV die Seniorität dazu führt, dass dem Inhaber der Gemeinschaftsmarke weiter dieselben Rechte zugestanden werden, die er gehabt hätte, wenn die ältere nationale Marke weiter eingetragen gewesen wäre, kann letztlich auf sich beruhen, weil - wie unter 2. noch auszuführen sein wird - der Widerspruch selbst im Falle seiner Zulässigkeit keinen Erfolg haben kann.

b) Soweit die Widersprechende hiergegen eingewandt hat, dass nach deutschem Prozessrecht zuerst über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zu entscheiden sei, bevor über dessen Begründetheit entschieden werden könne, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zunächst geht es vorliegend nicht um die Zulässigkeit eines Rechtsmittels (nämlich der Beschwerde), sondern lediglich um die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs "Widerspruch". Darüber hinaus trifft es nicht zu, dass es - wie von der Widersprechenden behauptet - einen allgemeinen prozessualen Grundsatz des Vorrangs der Zulässigkeitsprüfung vor derjenigen der Begründetheit gebe. Ein solcher Vorrang wird vielmehr nur in Zusammenhang mit solchen Vorschriften diskutiert, die ausdrücklich eine vorrangige Prüfung der Zulässigkeit vorschreiben (vgl. z.B. § 522 Abs. 1, § 552 Abs. 1, § 572 Abs. 2 ZPO); ob es einen absoluten Vorrang der Zulässigkeitsprüfung tatsächlich gibt, ist dabei streitig (vgl. hierzu allgemein Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., Einl vor § 511 Rn. 8 und § 575 Rn. 1. jeweils m.w.N.; uneingeschränkt bejahend Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 300 Rn. 14; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., Vor § 1 Rn. 266), wobei die Praxis in aller Regel davon absieht, die Zulässigkeit umständlich zu prüfen, wenn die Unbegründetheit eines Rechtsmittels erkennbar ist (vgl. - diese Praxis befürwortend - Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 572 Rn. 20 sowie Musielak/Ball, 4. Aufl., Vor § 511 Rn. 12 und § 572 Rn. 11). Eine mit diesen Normen vergleichbare Vorschrift sieht das Markengesetz aber gerade nicht vor; vielmehr ist ein Widerspruch nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG, wenn er nicht zur Löschung der jüngeren Marke führt, stets zurückzuweisen, wobei das Gesetz nicht danach unterscheidet, aus welchem Grund die Zurückweisung erfolgt, ob ihr also ein unzulässiger oder ein unbegründeter Widerspruch zugrundelag (a.A. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 43 Rn. 45, der hierzu auf BGH GRUR 1974, 279 - ERBA und BPatG GRUR 1973, 198 - Lordson verweist, obwohl diesen Entscheidungen Gegenteiliges letztlich nicht entnommen werden kann). Dass im ersten Fall die Tenorierungspraxis des Amtes in Anlehnung an § 70 Abs. 2 MarkenG den Widerspruch als unzulässig verwirft, steht dem nicht entgegen, weil die vorgenannte Vorschrift ausdrücklich nur für Entscheidungen des Bundespatentgerichts über eine Beschwerde gilt. Insofern fehlt es an einer mit den Vorschriften über zivilprozessuale Rechtsmittel vergleichbaren Rechtslage zum patentamtlichen Widerspruchsverfahren, aus der sich ergibt, dass die Zulässigkeit des Widerspruchs auch bei dessen Unbegründetheit vorrangig geklärt werden müsse.

Hierfür spricht auch, dass die Rechtsfolgen eines unzulässigen Widerspruchs sich von denjenigen eines unbegründeten Widerspruchs nicht unterscheiden; nur ein solcher Unterschied kann aber nach neuerer Auffassung allein den Vorrang der Zulässigkeitsprüfung auch bei den o.g. Rechtsmittelvorschriften begründen (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O. und Musielak/Ball, a.a.O.). Insofern ist der Widerspruch nach § 42 MarkenG auch nicht mit der klageweisen Geltendmachung eines materiellen Anspruchs vergleichbar. Im Falle der Klage kann die Zulässigkeit deshalb nicht dahingestellt bleiben, weil die Rechtskraft des bloßen Prozessurteils, also die Abweisung der Klage als unzulässig, sich auf die prozessualen Fragen beschränkt und deshalb die erneute gerichtliche Geltendmachung des zugrundeliegenden Anspruchs bei nachträglicher Änderung des prozessualen Hinderungsgrundes nicht ausschließt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 322 Rn. 1a), während die Klageabweisung wegen der Bindung der Gerichte an die darin liegende rechtskräftige Feststellung des Nichtbestehens des geltend gemachten materiellen Anspruchs im Hinblick auf den zugrundeliegenden Streitgegenstand dessen erneuter Geltendmachung entgegensteht (vgl. hierzu i.e. Zöller/Vollkommer, a.a.O., Vor § 322 Rn. 21 ff.). Eine vergleichbare Sachlage besteht aber im Falle des Widerspruchs nach § 42 MarkenG nicht. Denn ungeachtet der Frage, ob der Widerspruch als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wird, scheitert seine erneute Einlegung bereits an seiner Fristgebundenheit. Darüber hinaus steht die Zurückweisung des Widerspruchs als unbegründet nicht der späteren Geltendmachung des materiellen Rechts des Inhabers der älteren Marke nach den §§ 14 ff. MarkenG entgegen, die Benutzung eines verwechslungsfähigen jüngeren Zeichens zu untersagen.

Im Ergebnis sind daher keine Gründe erkennbar oder von der Widersprechenden vorgetragen, welche einer Entscheidung über die Begründetheit des Widerspruchs entgegenstehen könnten, auch wenn dessen Zulässigkeit nicht endgültig geklärt ist.

c) Soweit die Widersprechende im Hinblick auf diese Frage die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt hat, vermag der Senat hierfür einen Zulassungsgrund nicht zu sehen. Denn weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Es ist nicht ersichtlich, dass die von der Widersprechenden aufgeworfene Frage des angeblichen Vorrangs der Zulässigkeit des Widerspruchs für eine größere Zahl gleichgelagerter Fälle entscheidungserheblich werden könnte (vgl. zu dieser Voraussetzung Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 83 Rn. 26); dass sie möglicherweise im vorliegenden Verfahren erstmals sich gestellt hat und bislang noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung war, reicht für sich nicht aus (vgl. Althammer/Ströbele, a.a.O., Rn. 28). Auch zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht erforderlich, weil weder erkennbar noch von der Widersprechenden dargetan worden ist, dass der Senat durch die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung anderer Senate oder Gerichte abweichen würde (vgl. zu dieser Voraussetzung Althammer/Ströbele, a.a.O., § 83 Rn. 39).

2. Ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit ist der Widerspruch jedenfalls unbegründet. Denn unter Berücksichtigung der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243), hält die jüngere Marke den erforderlichen Abstand zur älteren Marke noch ein.

Der Widerspruchsmarke ist dabei eine normale Kennzeichnungskraft zuzubilligen. Für eine Schwächung oder Steigerung der Kennzeichnungskraft ist weder etwas vorgetragen noch sind hierfür Anhaltspunkte aus anderen Gründen ersichtlich. Jedenfalls hinsichtlich der beiderseits beanspruchten Waren der Klasse 25 liegt Warenidentität vor, so dass die jüngere Marke einen großen Abstand zum älteren Zeichen einzuhalten hat. Diesen Anforderungen wird sie aber entgegen der Ansicht der Widersprechenden gerecht.

Was die bildliche Verwechslungsgefahr betrifft, ist bereits zweifelhaft, ob die jüngere Marke, wie die Widersprechende geltend gemacht hat, allein von dem in ihr enthaltenen Bildbestandteil geprägt wird. Denn angesichts der Gewohnheit des Verkehrs, sich bei aus Wort- und Bildbestandteilen bestehenden Marken in der Regel vorrangig am Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform zu orientieren (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 434 m.w.N.), ist fraglich, ob der Verkehr dem Wort "BOCACHICA" keinerlei Bedeutung beimessen wird; entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist auch nicht anzunehmen, dass dieses Wort wegen seiner Länge und schwierigen und unklaren Aussprache nicht geeignet sei, die angegriffene Marke mit zu prägen; denn für den inländischen Verkehr, der romanischsprachigen Worten häufig begegnet, auch wenn er ihre Bedeutung nicht immer kennt, ist dieses Wort ohne weiteres aussprechbar und daher als Bestandteil der angegriffenen Marke erinnerbar. Dies kann aber letztlich dahinstehen, weil auch dann, wenn dem Bildbestandteil eine die jüngere Marke allein prägende Stellung zugemessen würde, eine Verwechslungsgefahr ausscheidet.

Eine schriftbildlich Verwechslungsgefahr zwischen beiden Kennzeichnungen liegt nicht vor. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden weisen beide Bilddarstellungen kaum Gemeinsamkeiten auf, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich stärker ins Gewicht fallen könnten als die Unterschiede (vgl. BGH GRUR 1999, 587, 569 - Cefallone). Denn von dem Widerspruchszeichen, bei dem es naheliegt, hierin die allgemein gehaltene Wiedergabe einer Amphibie in ihrer typischen Form zu erkennen, unterscheidet sich die Darstellung in der angegriffenen Marke erheblich. So stehen bei letzterer die Augen wie beim Menschen nebeneinander, während sie sich bei den meisten Tierarten, insbesondere bei Amphibien, jeweils seitlich am Kopf befinden und einen deutlichen Abstand voneinander aufweisen. Darüber hinaus enthalten sie Pupillen, was beim Betrachter den Eindruck entstehen lässt, dass sie ihn unmittelbar anschauen. Dies wiederum führt dazu, dass der gesamte dargestellte Körper dem Betrachter frontal gegenüberzustehen scheint, während es sich bei der Bilddarstellung im Widerspruchszeichen deutlich um eine vertikale Draufsicht handelt, die ein unmittelbares Anschauen des Betrachters durch das Tier ausschließt. Hinzu kommt, daß die Extremitäten beim jüngeren Zeichen extrem vergrößert sind, was eher an eine verzerrte Darstellung erinnert, wie sie etwa im Rahmen von Comiczeichnungen oder Karikaturen geläufig ist. Schließlich ist in der angegriffenen Marke der Schwanz deutlich verlängert, was jedenfalls bei Amphibien wie dem in der Widerspruchsmarke dargestellten Tier eher ungewöhnlich ist. Bei unbefangener Betrachtung liegt es für den Verkehr sogar näher, im jüngeren Zeichen die Darstellung eines Gespenstes zu sehen, während es kaum an ein bekanntes Tier, insbesondere nicht an eine Amphibie erinnert. Eine sichere Unterscheidung der Marken ist daher selbst dann gewährleistet, wenn die Marken sich wie üblich nicht zum unmittelbaren Vergleich gegenüberstehen.

Auch eine klangliche oder begriffliche Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Wegen der oben dargestellten visuellen Unterschiede kann schon nicht angenommen werden, dass maßgebliche Teile der angesprochenen Verbraucher ungeachtet der Frage, welche konkrete Tierart sie bei Wahrnehmung eines der beiden Zeichen zu erkennen glauben, in beiden Marken jeweils dieselbe Darstellung wiedererkennen und somit beide Marken gleich benennen werden. Aus dem gleichen Grund steht auch nicht zu befürchten, dass der Verkehr beide Darstellungen begrifflich gleich einordnet und deshalb füreinander hält. Denn abgesehen davon, dass ein allgemeiner begrifflicher Sinngehalt, von dem vorliegend allenfalls ausgegangen werden könnte, eine Verwechslungsgefahr nicht begründen kann (vgl. Althammer/Ströbele, a.a.O., § 9 Rn. 238 m.w.N.), kommt eine begriffliche Ähnlichkeit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bei Bildern, die in ihrem Sinngehalt (Motiv) übereinstimmen, in der Regel nur dann in Betracht, wenn der älteren Marke entweder von Haus aus oder kraft Verkehrsgeltung eine besondere Kennzeichnungskraft zukommt (vgl.EuGH GRUR 1998, 387, 390 [Rz. 24 f.] - "Springende Raubkatze"); hierzu fehlt es aber an einem substantiierten Vortrag der Widersprechenden.

3. Da die Markenstelle dem Widerspruch somit im Ergebnis den Erfolg versagt hat, war die hiergegen eingelegte Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

4. Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

5. Zur Frage der von der Widersprechenden angeregten Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf die Ausführungen oben unter 1. c) Bezug genommen. Für eine Zulassung aus sonstigen Gründen sind Anhaltspunkte weder ersichtlich nicht vorgetragen. Mangels Entscheidungserheblichkeit war auch die Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs aus der Marke, die erloschen ist, weil für sie gemäß Art. 34 GMV die Seniorität einer Gemeinschaftsmarke wirksam in Anspruch genommen worden ist, nicht dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

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BPatG:
Beschluss v. 26.10.2004
Az: 27 W (pat) 105/03


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