Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. März 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 134/99

(BPatG: Beschluss v. 29.03.2000, Az.: 29 W (pat) 134/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die für die Waren und Dienstleistungen

"Dienstleistungen eines Providers für Telefon-Festnetz- und -Mobilnetz sowie Fernseh-Netze, insbesondere Pay TV-Netze; Abrechnung von Telekommunikations-, Informations-, Internet- und Pay-TV-Dienstleistungen; Vermittlung von Zugangsberechtigungen für Telefon-Fest- und -Mobilnetzen, Internet sowie für das Fernsehen, insbesondere Pay-TV; Vermittlung von Verträgen für Telekommunikationsdienstleistungen, auch mittels Internet; Telefonansagen und Telefonsonderdienste, wie Übermittlung von Nachrichten, Straßenzustandberichten, Fluginformationen, Übermittlung von Veranstaltungshinweisen; Hotelreservierung, Geräte für die Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk-Telefone; Teile aller vorgenannten Waren (soweit in Klasse 9 enthalten)."

farbig eingetragene Marke Nr. 397 23 524 siehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Marke Nr. 396 13 221 siehe Abb. 2 am Endedie für die Dienstleistungen

"Kommunikation via Satellit, Hertzsche Wellen oder Kabel; Ausstrahlung und Übertragung von Dokumenten, Filmen und Fernsehprogrammen; Dienstleistungen von Presseagenturen und Nachrichtenbüros; Kommunikation mittels Rundfunk, Telegraphie oder Telefon; Datenfernübertragung; Funkdienst (Nachrichtenübermittlung) und Videotext-Dienstleistungen;

Produktion von Filmen, Fernsehserien und Fernsehprogrammen; Produktion von Aufführungen und Shows; Vermietung von bewegten Bildern (Motion Pictures) und Filmen; Vermietung von Bühnendekorationen; Veranstaltung von Wettbewerben für kulturelle und Ausbildungszwecken; Planung und Leitung von Kolloquien; Konferenzen und Symposien."

im Markenregister eingetragen ist.

Ein weiterer Widerspruch der Beschwerdeführerin aus der IR-Marke 579 560 ist im Beschwerdeverfahren zurückgenommen worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 10. März 1999 die Widersprüche aus den Marken 396 13 221 und IR 579 560 zurückgewiesen, weil keine Gefahr von Verwechslungen der jüngeren Marke mit den älteren Marken bestehe. In Bezug auf den Widerspruch aus der Marke 396 13 221 hat die Markenstelle ausgeführt, die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen seien zwar teilweise gleich, was Verwechslungen begünstige. Der Wortbestandteil "Planet Media" in der angegriffenen Marke werde jedoch als Gesamtbegriff verstanden, denn die Verwendung solcher Wortkombinationen sei auf vielen Gebieten von Waren und Dienstleistungen üblich. Auch sei das Wort "Planet" kennzeichnungsschwach. Der Verkehr werde daher dieses Wort bei der jüngeren Marke nicht als selbständig kennzeichnend ansehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Das Wort "Planet" sei in Bezug auf Dienstleistungen der Klasse 38 normal kennzeichnungskräftig, was auch das Landgericht Berlin und das Landgericht Hamburg festgestellt hätten. Die Wortkombination "Planet Media" in der jüngeren Marke stelle keinen Gesamtbegriff dar, weil kein über die Bedeutung der Einzelworte hinausgehender Begriff entstehe. Da der Markenbestandteil "Media" für die Waren und Dienstleistungen rein beschreibend sei, sehe der Verkehr ausschließlich in dem Bestandteil "Planet" der angegriffenen Marke den betrieblichen Herkunftshinweis. Auch das Landgericht Hamburg habe bei "Planet Cinema" das Wort "Planet" als kennzeichnungskräftigen Bestandteil betrachtet, eine Schwächung durch andere "Planet-Marken" sei nicht eingetreten.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Marke 397 23 524 wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 13 221 zu löschen.

Sie regt an, im Falle der Zurückweisung der Beschwerde die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Gesamteindruck der Mehrelementenmarken sei für die Verwechslungsgefahr entscheidend. Es gebe im deutschen Markenrecht keinen Elementenschutz. Da eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil "Planet" als Marken registriert seien, sei dieser Markenbestandteil ungeeignet, selbständig Kollisionen zu begründen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten sowie auf den Inhalt der Amtsakte 397 23 524.0 verwiesen.

II.

1. Durch die Rücknahme des Widerspruchs aus der international registrierten Marke 579 560 ist die Grundlage des betreffenden Widerspruchsverfahrens gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit § 269 Abs. 3 Satz 1 und 3 ZPO entfallen (vgl. dazu BGH BlPMZ 1998, 367 "Puma"; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 42 Rn. 34). Der Beschluß der Markenstelle ist daher insoweit wirkungslos geworden.

2. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

2.1 Nach der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. B der Markenrechtsrichtlinie durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH GRUR Int. 1998, 56, 57 - Sabèl/Puma), die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, die gedankliche Verbindung, die das jüngere Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und zwischen den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. Markenrechtsrichtlinie, 10. Erwägungsgrund). Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen, wobei insbesondere die dominierenden und die sie unterscheidenden Elemente zu berücksichtigen sind. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. BGH 1996, 198 "Springende Raubkatze"; BGHZ 131, 122, 124 f. "Innovadiclophont"). Schließlich impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR Int. 1998, 875, 876 f. "Canon"; GRUR 1999, 731 "Canon II). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen nicht gegeben.

2.2 Zwar können die Marken den angesprochenen Verkehrskreisen in Verbindung mit identischen oder sehr ähnlichen, teilweise auch relativ alltäglichen Dienstleistungen begegnen, die sich zu einem gewissen Teil auch an breite Verkehrskreise wenden, was Verwechslungen begünstigt (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn 14). Allerdings handelt es sich bei dem Wort "Planet", das allein als kollisionsbegründend in Betracht kommt, um einen kennzeichnungsschwachen Markenbestandteil, dessen Schutzumfang gering ist. Wie die Inhaberin der jüngeren Marke bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt vorgebracht hat, sind viele Marken mit diesem Bestandteil auf den betreffenden oder benachbarten Waren- und Dienstleistungsgebieten eingetragen. Außerdem wird - wie allgemein bekannt ist - "planet" mit einem (meist beschreibenden) Zusatz auf allen Waren- und Dienstleistungsgebieten und insbesondere auch auf den vorliegenden, als Alternativbegriff zu "world" bzw. "Welt" in der Bezeichnung von Firmen verwendet, wie etwa "planet interkom, Planet Talk, Pixel Planet, Planet Data BBS, Tronic Planet, Planet-Mahlzeit, Planet Linux, Planet Search, Gamesplanet, Planet Kommunikation & Gestaltung GmbH, MP3 Planet, Planet Video" usw.. Die Firma S... wirbt mit "Planet der elektronischen Freuden". Diese Umstände lassen den Schluß auf eine Kennzeichnungsschwäche zu (vgl. dazu BGH GRUR 67, 246, 251 "Vitapur"; GRUR 1999, 733, 734 "LION DRIVER"; GRUR 1999, 241, 243 "Lions"; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5. Aufl., § 9 Rn. 121, 122). Es reicht daher auch bei den relativ alltäglichen, an breitere Verkehrskreise gerichteten Dienstleistungen ein mittlerer Abstand zwischen den Marken aus, um Verwechslungen zu verhindern.

2.3 Die jüngere Marke hält den erforderlichen Abstand von der Widerspruchsmarke ein.

Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist stets vom Gesamteindruck der Marken auszugehen (st. Rspr. BGH BlPMZ 1997, 28 "Foot-Joy"; Mitt. 1996, 285 f. "Sali-Toft"; GRUR 1999, 241, 243 "Lions"). Weichen - wie im vorliegenden Fall - die Marken in ihrer Gesamtheit betrachtet voneinander ab, so kann trotzdem eine Verwechslungsgefahr bestehen, wenn übereinstimmende oder ähnliche Markenbestandteile den Gesamteindruck der Kombinationsmarken prägen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"; GRUR 1996, 406 "Juwel"; GRUR 1999, 733, 735 "LION DRIVER"; MarkenR 2000, 20, 21 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Dies ist bei dem Bestandteil "Planet" der angegriffenen Marke, der mit dem graphisch ausgestalteten Wort der Widerspruchsmarke klanglich und begrifflich identisch ist, nicht der Fall. Zwar bedient sich der Verkehr bei mündlicher Benennung von Wort-Bildmarken in aller Regel des Wortbestandteils als kürzester und einfachster Bezeichnung (vgl. BGH GRUR 1999, 733, 735 "LION DRIVER"; BGH GRUR 1996, 198, 199 "Springende Raubkatze"). Allerdings ist es im vorliegenden Fall fraglich, ob der graphisch stark hervorgehobenen Weltkugel für den Gesamteindruck überhaupt keine Bedeutung zukommt. Diese Frage kann aber dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind die Wörter "Planet" und "Media", die gleich groß auf beiden Seiten der Weltkugel stehen und gegenüber den weiteren kleineren, rein beschreibenden Wortbestandteilen in den Vordergrund treten, gleichwertig. "Media" ist zwar für die Waren und Dienstleistungen der Marke beschreibend, doch handelt es sich bei "Planet" - wie oben in Verbindung mit dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke näher ausgeführt - ebenfalls um einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil. Dieser Markenbestandteil wird darum nicht als prägend angesehen werden. Angesichts der häufigen Verwendung in Verbindung mit anderen, meist beschreibenden Zusätzen in Firmenbezeichnungen wird der Verkehr deshalb "Planet Media" eher als zusammenhängenden Begriff betrachten. Somit treten im vorliegenden Fall die anderen Bestandteile der jüngeren Marke jedenfalls nicht so stark in den Hintergrund, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck nichts beitragen würden (vgl. dazu BGH MarkenR 2000, 20, 22 "RAUSCH/ELFI RAUCH"). Unmittelbare Verwechslungen der jüngeren mit der älteren Marke sind somit ausgeschlossen. Wegen der Kennzeichnungsschwäche des allein als kollisionsbegründend in Betracht kommenden Bestandteils "Planet" und des Vorliegens eines zusammenhängenden Begriffs in der angegriffenen Marke ist auch eine assoziative Verwechslungsgefahr nicht gegeben.

2.4 Die von der Widersprechenden eingereichten gerichtlichen Entscheidungen sprechen nicht gegen dieses Ergebnis. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg, die nicht rechtskräftig geworden ist, berücksichtigt auch Gesichtspunkte der tatsächlichen Verwendung der Marken, die im Verfahren vor dem Bundespatentgericht unerheblich sind, und verneint außerdem die prägende Wirkung von "Planet" innerhalb der Marke "Planet Cinema". Die vorgelegte Entscheidung des Landgerichts Berlin ist wegen starker Kürzungen wenig aussagekräftig und bezieht sich entscheidungserheblich anders als das hier zur Entscheidung stehende Verfahren auf die Verwendung der Marke "Planet Television".

3. Der Senat sieht keinen Anlaß, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Bundesgerichtshofes. Vielmehr liegt die Problematik des vorliegenden Falls auf tatsächlicher Ebene. Die Widersprechende hat auch keinerlei Begründung für ihre Anregung gegeben.

4. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Meinhardt Dr. Vogel von Falckenstein Guth Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/29W(pat)134-99.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/29W(pat)134-99.3.3.gif






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Beschluss v. 29.03.2000
Az: 29 W (pat) 134/99


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