Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juni 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 338/01

(BPatG: Beschluss v. 11.06.2002, Az.: 33 W (pat) 338/01)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 14. März 2001 die Wortmarke

"Euro Motor "

für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 4. Oktober 2001 mit der Begründung zurückgewiesen, daß der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Die Angabe "Euro Motor" besage hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen lediglich, daß sich diese mit der Präsentation und dem Vertrieb von Motoren beschäftigten, welche nach europäischen Normen gefertigt seien. Euro sei in Wortzusammensetzungen als Präfix ein sprachübliches Kürzel für "Europa, europäisch".

Der Anmelder beantragt mit seiner Beschwerde den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Er hat sein Dienstleistungsverzeichnis nunmehr beschränkt wie folgt:

42:

Veranstaltung von Messen, Ausstellungen, Märkten;

41:

Unterhaltung; gesellschaftliche, sportliche, musikalische und kulturelle Aktivitäten und Veranstaltungen; Radio-, TV- und Filmproduktion;

35:

Werbung; Unternehmensberatung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Marktforschung und -analyse; Makler- und Handelsvertreterdienstleistungen.

Alle vorgenannten Waren und Dienstleistungen soweit diese mit Oldtimer-Fahrzeugen, -Kraftfahrzeugen und -Motorrädern in Verbindung stehen.

Er trägt vor, daß der Zeichenbestandteil "Motor" bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehrdeutig sei; er diene sowohl der Bezeichnung des Antriebsaggregats eines Fahrzeuges als auch als Synonym für motorbetriebene Fahrzeuge. Darüber hinaus vermittle die vorliegende Kombination aus den beiden Wortbestandteilen einen phantasievollen Gesamteindruck.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2002 hat der Senat bei dem Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) angefragt, ob der Begriff "Euro Motor" derzeit als Sachangabe verwendet werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten insbesondere bezüglich der Stellungnahme des ADAC zur Anfrage des Senats wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Wortmarke "Euro Motor" im Zusammenhang mit dem nunmehr eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnis für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG stehen insoweit daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRsp vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer im Inland bekannten Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, daß einem als Marke angemeldeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH 1999, 1089 - YES; BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU mwN).

Zwar ist die angemeldete Bezeichnung "Euro Motor" ohne weiteres ersichtlich aus dem allgemein geläufigen Wort "Euro" und dem Begriff "Motor" sprachüblich zusammengesetzt. Das Bestimmungswort "Euro" tritt nicht nur in Ausdrücken der Umgangssprache, sondern auch auf verschiedenen Fachgebieten in zahlreichen englischen ebenso wie deutschen Fachbegriffen im herkömmlichen Sinne von "Europa"/"europäisch" auf - wie bspw in "Euro-Scheck" oder "Euro-Markt" -, wird in zunehmenden Maße aber auch im engeren speziellen Sinne der neuen europäischen Gemeinschaftswährung verwendet (vgl zB DUDEN-Oxford Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl 1998, S. 1015). Das Substantiv "Motor" wird technisch für die "Antriebskraft erzeugende Maschine", in entsprechenden Wortzusammensetzungen auch als Synonym für "Auto" benutzt (vgl. Duden Oxford Englisch, 1997, S. 464: "motorshow" = Autoausstellung). Im übertragenen Sinn bedeutet "Motor" "vorwärtstreibende Kraft" (vgl DUDEN Online 3.0, 2001).

Die angesprochenen Verkehrskreise, hier neben Fachleuten auch das allgemeine Publikum, werden den Gesamtbegriff daher entweder im technischen Sinne mit der Bedeutung "europäischer Motor" oder "Motoren aus Europa" verstehen und damit als beschreibenden Hinweis auf die Einhaltung eines bestimmten europäischen Standards oder europäischer Normen (so auch BPatG 33 W (pat) 6/00 - Eurowood; 33 W (pat) 193/00 - EUROKERAMIK) oder im übertragenen Sinn von "europäische vorwärtstreibende Kraft".

Für beide Deutungsmöglichkeiten des Begriffes läßt sich nach Auffassung des Senats im Bezug auf das eingeschränkte Dienstleistungsverzeichnis jedoch kein eindeutiger, unmittelbar beschreibender Begriffsinhalt ermitteln. "Oldtimer-Fahrzeuge, -Kraftfahrzeuge und -Motorräder" erfüllen - da nicht neu konstruiert - naturnotwendig keine in jüngerer Zeit eingeführten europäischen Normen bezüglich ihrer Motoren. Im übrigen hat der ADAC in seiner Stellungnahme vom 20. März 2002 mitgeteilt, dass "Euro Motor" als Fachbegriff in der Kfz-Technik nicht bekannt sei. Der Ausdruck werde lediglich von Fahrzeugherstellern als Produktbezeichnung eines von mehreren europäischen Firmen gemeinsam produzierten Motors verwendet, oder um zu kommunizieren, dass es sich um einen Motor handle, der den EU-Abgasrichtlinien entspräche. In dieser Hinsicht, aber auch in der zweiten - übertragenen - Bedeutung bleibt der Begriffsinhalt des Gesamtzeichens im Hinblick auf den eingefügten Disclaimer indessen verschwommen und unklar.

Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr die angemeldete Marke nur im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine Eigenschaft der beanspruchten Dienstleistungen wertet, nicht aber schon als Kennzeichnungsmittel verstehen wird.

2. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH aaO - FOR YOU).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Wortmarke "Euro Motor" nicht oder nicht ausreichend deutlich umschrieben. Eine Verwendung der Bezeichnung als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zu-

kunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Winkler Richter k.A. Kätker ist durch Urlaub verhindert zu unterschreiben.

Winkler Dr. Hock Ko






BPatG:
Beschluss v. 11.06.2002
Az: 33 W (pat) 338/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/b55de8997339/BPatG_Beschluss_vom_11-Juni-2002_Az_33-W-pat-338-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share