Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 140/03

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Nr 398 36 893 die Bezeichnung NAVATECH für die Waren und Dienstleistungen

"Entwicklung von elektromechanischen Bauteilen; Radargeräte und GPS-Geräte; Gaszähler; Meßapparate und -instrumente; Befestigungsvorrichtungen für Leiterplatten in Fluggeräten; Modellhubschrauber".

Widerspruch hat erhoben die Inhaberin der älteren Marke IR 666 816 NAVTECH eingetragen für 9 Bases de donnees electroniques comprenant de l'information geographique, entre autres pour la navigation; supports de donnees magnetiques et optiques sous forme de bandes, de disques et disques compacts; CD-ROM, puces ROM et puces RAM comprenant de l'information geographique, entre autres pour la navigation; supports de donnees digitaux comprenant de l'information geographique, entre autres pour la navigation.

41 Edition de supports de donnees comprenant de l'information geographique, entre autres pour la navigation; instruction et formation.

42 Enregistrement, sur des supports de donnees, d'informations geographiques, entre autres pour la navigation; redaction et adaptation de textes dans le cadre de la composition d'informations geographiques; ecriture, developpement et mise à jour de programmes d'ordinateurs; programmation pour ordinateurs.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Bei sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen im mittleren Ähnlichkeitsbereich halte die angegriffene Marke den zu fordernden mittleren Abstand ein. Wegen des zusätzlichen klangstarken Vokals ergebe sich ein grundlegend anderer Sprechrhythmus für die angegriffene Marke, so daß insoweit keine klangliche Ähnlichkeit bestehe. Die Abweichung wirke auch einer schriftbildlichen Ähnlichkeit ausreichend entgegen.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie begründet diese im wesentlichen damit, daß zwischen den einander gegenüberstehenden Waren hochgradige Ähnlichkeit bestehe, da diese unmittelbar zusammenhingen und sich gegenseitig ergänzten. Die von der jüngeren Marke beanspruchten GPS-Geräte dienten der Navigation und Orientierung, die entsprechende Software gebe nähere Details, so daß die angesprochenen Verkehrskreise das GPS-Gerät und die dazugehörige ähnlich gekennzeichnete Gerätesoftware, für die die Widerspruchsmarke Schutz beanspruche, demselben Hersteller zuordnen würden. Es bestehe Verwechslungsgefahr, in schriftbildlicher Hinsicht falle der eingefügte Vokal "A" in der Wortmitte nicht ins Gewicht. Zudem komme der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, hierfür legt die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung zu Umsatzzahlen und Verbreitung sowie Prospekte und Internetmaterial vor.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle vom 10. März 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz, so daß die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st Rspr, vgl GRUR 2004, 235, 236 - Davidoff II; GRUR 2002, 1067, 1068 - DKV/OKV).

Die Frage, ob die seiner Zeit verfrüht erhobene Nichtbenutzungseinrede nach Ablauf der Benutzungsschonfrist neu erhoben werden muß (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 43 Rdn 40) kann dahingestellt bleiben. Selbst ausgehend von der Registerlage können die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung allenfalls entfernt ähnlicher Waren einander begegnen.

Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer Eigenart als einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, sie stammten aus demselben Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG 7. Aufl § 9 Rdn 57). Dabei reicht der Umstand, daß sich die Waren in irgendeiner Hinsicht ergänzen können, zur Feststellung der Ähnlichkeit noch nicht aus. Vielmehr ist eine gegenseitige Ergänzung in dem Sinne notwendig, daß dadurch die Annahme gemeinsamer oder doch miteinander verbundener Ursprungsstätten nahegelegt wird (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 9 Rdn 105).

Die von der angegriffenen Marke beanspruchten GPS-Geräte können zwar zusammen mit einem Navigationssystem eingesetzt werden, dienen jedoch primär der Standortbestimmung und stellen selbst kein Navigationssystem dar. Die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Datenbanken und Datenträger sind bestimmt zur Erstellung von Kartenmaterial in elektronischer Fassung zum Einsatz für Navigationssysteme und sind damit Bestandteil der eigentlichen Navigationstechnik. Die erfaßten Daten als Kartenmaterial in elektronischer Form zu Navigationszwecken können als Ausrüstungsgegenstand für ein GPS-Gerät verwendet werden, stellen jedoch keinen notwendigen Bestandteil dar, da das GPS-Gerät unabhängig vom Kartenmaterial als Gerät zur Standortbestimmung funktioniert. Da es sich damit nicht um einander notwendig ergänzende, sondern lediglich innerhalb eines Navigationssystems aufeinander abgestimmte Waren handelt und daraus auch noch keine Feststellungen abgeleitet werden können, der Verkehr ordne die Geräte und die zu deren sinnvollem Einsatz dienenden Materialien denselben Herstellern zu, kann zugunsten der Widersprechenden allenfalls eine geringe Warenähnlichkeit unterstellt werden. Denn im Regelfall ordnet der Verkehr vergleichbare Waren nicht denselben Herstellern zu (etwa CD's/CD-Abspielgeräte).

1. Bei seiner Entscheidung geht der Senat von einer reduzierten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Die Widerspruchsmarke setzt sich zusammen aus den beiden Bestandteilen "NAV" und "TECH", die der Verkehr in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen unschwer als Abkürzung für "Navigation" und "Technik" verstehen wird und somit als Bestimmungsangabe. Wie aus den der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Rechercheauszügen ersichtlich, ist die Buchstabenfolge "NAV" auf dem Automarkt als Abkürzung für ein Navigationssystem gebräuchlich (vgl http://www.kfztech.de/abc/kfztechnikabcN:htm; http://www.jahreswagennet.de/Info/mrabkuerzung.htm; http://www.hemsag.de/glossar.htm;). Der Bestandteil "TECH" ist die im deutschen Sprachgebrauch übliche Abkürzung für "Technik/Technologie (vgl zB BPatG 32 W (pat) 071/95 - Ökotech, Kurzfassung auf Pavis-PROMA-Kliems).

Die von der Widersprechenden als Benutzungsunterlagen vorgelegte eidesstattliche Versicherung kann dagegen eine erhöhte Verkehrsbekanntheit und damit gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht belegen. Sie enthält ua lediglich pauschale Angaben zu Verkaufszahlen irgendwelcher Einheiten bzw Datenträger, ohne das Produkt genau zu bezeichnen und ohne Informationen zum Gesamtumsatz im Vergleich zu Konkurrenten zu geben.

2. Bei nur geringer Warenähnlichkeit und einem eher reduzierten Schutzumfang sind damit nur sehr geringe Anforderungen an den einzuhaltenden Abstand zu stellen, den die angegriffene Marke einhält.

Der zusätzliche Vokal "A" in der angegriffenen Marke zwischen den Bestandteilen "NAV" und "TECH" führt zu einer zusätzlichen Sprechsilbe und einem dadurch wesentlich veränderten Klanggepräge der angegriffenen Marke gegenüber der Widerspruchsmarke.

Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Einfluß von Silben in der Wortmitte auf den klanglichen Gesamteindruck eine Frage des Einzelfalls ist. Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, daß die in der Mitte des Wortes "NAVATECH" stehende Silbe "VA" die den gegenüber der Widerspruchsmarke zusätzlichen Vokal A" enthält, sich an unauffälliger Stelle befindet, sondern sie prägt dessen klanglichen Gesamteindruck mit (vgl BGH, MarkenR 2001, 307 - CompuNet/ComNet).

Aus der in der Widerspruchsmarke eher kurz und hart gesprochenen Silbe "NAV" werden durch Hinzufügen des Vokals "A" in der angegriffenen Marke zwei weicher gesprochene Silben "NA-VA", die sich deutlich vor der nachfolgenden kurz und hart gesprochenen Schlußsilbe "-TECH" abheben, so daß sich nach dem zusätzlichen "A" eine Zäsur ergibt.

Es bestehen dagegen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr den auffälligen Vokal "A" in der Wortmitte beim Sprechen unterdrückt oder verschluckt.

Die von der Widersprechenden angeführte Entscheidung (OLG Hamburg, GRUR - RR 2004, 5 - Cellofit/Cellvit) betraf eine nicht vergleichbare Fallgestaltung. Zum einen bildete die Marke "Cellofit" mit dem zusätzlichen Vokal "o" die Klagemarke, zum anderen lagen die sich gegenüberstehenden Waren im engen Ähnlichkeitsbereich. Zudem sieht der Senat wie oben ausgeführt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verkehr den zweiten Vokal "A" in der Mittelsilbe der jüngeren Marke verschlucken oder verwischen sollte.

Der weiteren Entscheidung OLG Düsseldorf, GRUR - RR 2001, 49 - Combit/ComIT) lag ebenfalls eine nicht vergleichbare Fallgestaltung zugrunde. Zum einen war Combit die Klagemarke, zum anderen wurde teilweise Identität und im übrigen weitgehende Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren- und Dienstleistungenbereiche festgestellt.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Vergleichsmarken ausreichend.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmmann Schramm Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 19.07.2004
Az: 30 W (pat) 140/03


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